Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-102740/30/Bi/Fb

Linz, 08.08.1995

VwSen-102740/30/Bi/Fb Linz, am 8. August 1995 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Bissenberger über die Berufung des Herrn H S, H, T, Schweiz, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. K S, P, S, vom 30. März 1995 gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Gmunden vom 15. März 1995, VerkR96-1-303-1994-Ga, wegen Übertretungen der Straßenverkehrsordnung 1960, aufgrund des Ergebnisses der am 11. Mai und 2. Juni 1995 durchgeführten öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird keine Folge gegeben und das erstinstanzliche Straferkenntnis vollinhaltlich bestätigt.

II. Der Rechtsmittelwerber hat zusätzlich zu den Verfahrenskosten der Erstinstanz und dem vorgeschriebenen Barauslagenersatz Beträge von 1) 2.000 S und 2) 400 S, ds jeweils 20 % der verhängten Geldstrafe, als Kostenbeitrag zum Rechtsmittelverfahren zu leisten.

Rechtsgrundlage:

zu I.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 51 Abs.1, 51i und 19 VStG, §§ 99 Abs.1a, 5 Abs.1, 4 Abs.5 und 99 Abs.3b StVO 1960.

zu II.: § 64 Abs.1 und 2 VStG, § 5 Abs.9 StVO 1960.

Entscheidungsgründe:

zu I.:

1. Die Bezirkshauptmannschaft Gmunden hat mit dem oben angeführten Straferkenntnis über den Beschuldigten wegen der Verwaltungsübertretungen gemäß 1) §§ 99 Abs.1a iVm 5 Abs.1 StVO 1960 und 2) §§ 4 Abs.5 iVm 99 Abs.3b StVO 1960 Geldstrafen von 1) 10.000 S und 2) 2.000 S und für den Fall der Uneinbringlichkeit Ersatzfreiheitsstrafen von 1) 10 und 2) 2 Tagen verhängt, weil er am 27. Juli 1994 gegen 18.00 Uhr den PKW 1) in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand (1,0 mg/l Atemluftalkoholgehalt zum Zeitpunkt der Messung um 20.08 Uhr) auf Straßen mit öffentlichem Verkehr im Gemeindegebiet von S (Parkplatz Nr. 3 in S) gelenkt habe und 2) nachdem er in eine Parklücke zurückfahren wollte, habe er einen auf dem angeführten Parkplatz abgestellten PKW gestreift bzw beschädigt und es unterlassen, vom angeführten Verkehrsunfall bzw von der Beschädigung ohne unnötigen Aufschub die nächste Polizei- oder Gendarmeriedienststelle zu verständigen, obwohl er der Geschädigten seinen Namen und seine Anschrift nicht nachgewiesen habe.

Gleichzeitig wurde ihm ein Verfahrenskostenbeitrag von 1.200 S sowie der Barauslagenersatz für das Alkomatmundstück in Höhe von 10 S auferlegt.

2. Dagegen hat der Rechtsmittelwerber fristgerecht Berufung erhoben, die seitens der Erstinstanz ohne Berufungsvorentscheidung dem unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich vorgelegt wurde. Da im einzelnen keine 10.000 S übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, war durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden (§ 51c VStG). Am 15. Mai und am 2. Juni 1995 wurde eine öffentliche mündliche Berufungsverhandlung durchgeführt.

3. Der Rechtsmittelwerber bemängelt unter anderem die Nichtdurchführung der von ihm beantragten zeugenschaftlichen Einvernahme der Meldungsleger sowie die Nichtabhaltung eines Ortsaugenscheines, zumal die "Berichte" des Gendarmeriepostens S für die Wahrheitsfindung größtenteils wertlos seien. Ebenso seien die Zeugenaussagen H und H hinsichtlich der Alkoholangaben widersprüchlich zum Gendarmeriebericht.

Bei Durchführung eines Ortsaugenscheines hätte sich herausgestellt, daß der Unfallort vom Lokal K sehr wohl eingesehen werden könne und den Ausführungen des Gendarmeriepostens zu den Örtlichkeiten nicht zugestimmt werden könne. Seine Verantwortung sei durch keinen im Zuge des Ermittlungsverfahrens aufgenommenen Beweis widerlegt worden, sodaß nach dem Grundsatz "in dubio pro reo" seine Aussage nicht einfach als Schutzbehauptung abgetan werden könne. Wenn sich die englische Staatsbürgerin C P nunmehr im Ausland befinde, könne dies nicht zu seinen Lasten gehen.

Aus dem Straferkenntnis gehe der diesem zugrundegelegte Sachverhalt nicht eindeutig hervor, jedoch werde die unrichtige Beweiswürdigung und die unrichtige Annahme über die Beweislastverteilung ausdrücklich gerügt. § 5 Abs.1 StVO stelle zwar ein Ungehorsamsdelikt dar, jedoch werde die Beweislast in der Frage der Schuld, nicht aber in der objektiven Tatseite oder Rechtswidrigkeit umgekehrt.

Hinsichtlich § 4 Abs.5 StVO vertrete er weiterhin die Ansicht, daß sich ein anerkennenswerter Verzögerungsgrund darin ergeben habe, daß er sich unweit des Unfallortes aufgehalten und auf die Rückkehr des geschädigten Fahrzeuginhabers gewartet habe. Er sei überdies aufgrund der ganzen Situation deprimiert gewesen, weshalb ein Entschuldigungsgrund vorliege. Die Erstinstanz habe diesbezüglich keine Nachforschungen angestellt. Sie habe auch zu Unrecht Nachforschungen bezüglich seiner finanziellen Verhältnisse unter lassen und habe auch nicht berücksichtigt, daß er bei dem Unfall einen schweren Schock erlitten habe, der einem Entschuldigungsgrund gleichkomme. Außerdem sei er bislang in keinen Unfall oder sonstige Verkehrsdelikte verwickelt gewesen, was mildernd zu bewerten gewesen wäre, sodaß die Anwendung des § 20 VStG wohl naheliegend gewesen wäre. Er beantragt daher die Einstellung des Verwaltungsstrafverfahrens nach Durchführung einer mündlichen Berufungsverhandlung, in eventu die schuldangemessene Herabsetzung der verhängten Strafen.

4. Der unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt der Erstinstanz, Abhaltung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung, bei der der Rechtsmittelwerber und sein rechtsfreundlicher Vertreter Dr. S H ebenso gehört wurden wie der Vertreter der Erstinstanz F G und bei der die Zeugen RI A M, Insp. K P, GI S G, J H, H I und W H einvernommen wurden sowie ein Ortsaugenschein im Bereich des Parkplatzes 3 und dem Lokal "K" in S durchgeführt wurde. Die Zeugin R K wurde im Rechtshilfeweg vernommen.

4.1. Folgender Sachverhalt ist entscheidungswesentlich:

Der Rechtsmittelwerber hielt sich zusammen mit der Zeugin R K am 27. Juli 1994 im Rahmen seines Urlaubsaufenthaltes in S auf, wobei er seinen PKW, ein Mercedes Cabrio mit dem Kennzeichen , auf dem Parkplatz Nr. 3 in S abgestellt hatte.

Nach dem Mittagessen, zu dem der Rechtsmittelwerber laut eigenen Angaben ein Viertel Weißwein trank, besuchten beide gegen 14.30 Uhr das Lokal "K" in der Nähe des Parkplatzes Nr. 3 und hielten sich dort bis ca 18.00 Uhr auf. Gegen 18.00 Uhr suchte der Rechtsmittelwerber seinen auf dem Parkplatz abgestellten PKW auf, um bei diesem das Verdeck zu schließen. Da das Fahrzeug zu nahe beim benachbarten PKW stand, lenkte der Rechtsmittelwerber sein Fahrzeug ca 1,5 bis 2 m nach vorne und beschädigte anschließend beim Zurückfahren in die Parklücke den daneben stehenden PKW, Kennzeichen , der S L. Der Rechtsmittelwerber stieg aus und stellte fest, daß der benachbarte PKW im Bereich der Stoßstange und der Seitenwand bzw der Heckleuchte links hinten beschädigt war. Er hielt sich dann einige Zeit im Bereich des Parkplatzes auf und die Zeugin K kam aus dem Lokal zum Fahrzeug. Nach einem Streitgespräch mit dem Rechtsmittelwerber blieb diese beim Fahrzeug, während sich der Rechtsmittelwerber in Richtung Ortszentrum entfernte.

Der Zeugin H I, die im unmittelbaren Sichtbereich des Abstellplatzes des PKW des Rechtsmittelwerbers einen Souvenir-Stand betreibt, sind der Rechtsmittelwerber und die Zeugin K bereits vor dem Vorfall aufgrund eines lauteren Wortwechsels aufgefallen, und die Zeugin hat auch den Anstoß am benachbarten PKW wahrgenommen. Da sie beobachtete, daß der Rechtsmittelwerber offensichtlich nichts zur Verständigung des geschädigten Fahrzeuginhabers unternahm, sondern nach dem Streitgespräch mit der offensichtlich stark betrunkenen Zeugin K, die beim Fahrzeug blieb, sich dort auf die Motorhaube legte und schlief, in Richtung Ortszentrum entfernte, blieb sie bis ca 19.00 Uhr im Souvenir-Stand und verständigte die mittlerweile eingetroffene Zulassungsbesitzerin des beschädigten PKW von ihren Beobachtungen. Auf deren Ersuchen verständigte die Zeugin I anschließend den Gendarmerieposten S. RI M und Insp. P fuhren daraufhin zum Parkplatz, wo sie die Zeugin K auf der Motorhaube liegend antrafen und zum Gendarmerieposten brachten. Aufgrund der Beschreibung der Kleidung des Rechtsmittelwerbers und der Tasche der Zeugin K, die dieser mitgenommen hatte, suchten Insp. P und GI G den Rechtsmittelwerber im Ort, trafen ihn aber erst gegen 19.30 Uhr in der K an. Laut Aussage von Insp. P hatte der Rechtsmittelwerber zu diesem Zeitpunkt ein Seidel Bier vor sich stehen, hatte aber nach Angaben der Kellnerin, der südafrikanischen Staatsbürgerin C P, die mittlerweile wieder nachhause zurückgekehrt ist, nichts mehr zu bezahlen. Der Rechtsmittelwerber bestätigte, den in Rede stehenden Verkehrsunfall mit Sachschaden verursacht zu haben, und wurde zum Gendarmerieposten S gebracht, wo er aufgrund des deutlichen Alkoholgeruchs der Atemluft von Insp. P zur Überprüfung des Atemluftalkoholgehalts mittels Alkomat aufgefordert wurde. Der um 20.08 Uhr durchgeführte Alkotest ergab einen niedrigsten Wert von 1,0 mg/l Atemalkoholgehalt, wobei der Rechtsmittelwerber angegeben hat, zu Mittag 1 Viertel Weißwein und am Nachmittag in der Kraftstoffbar 3 bis 4 Seidel Bier getrunken zu haben. Ihm wurde nach einem Gespräch mit einem Vertreter der Erstinstanz der Führerschein abgenommen, dieser ihm jedoch am nächsten Tag nach Hinterlegung der Sicherheitsleistung ausgefolgt.

Das Beweisverfahren hat ergeben, daß der Rechtsmittelwerber im Lokal K beim Zeugen H - die Zeugin H hat den Zeugen zwar gesehen, jedoch an diesem Nachmittag nicht im Lokal gearbeitet - unter anderem insgesamt 8 bis 9 Seidel Bier bezahlt hat, wovon 1 Seidel Bier die Zeugin K getrunken hat und er den Gastwirt zu 2 Seidel Bier eingeladen hat. Zum Zeitpunkt seines Aufenthalts in der Kraftstoffbar nach 19.00 Uhr befand sich nur die südafrikanische Kellnerin im Lokal, die aber zu einem Nachtrunk des Rechtsmittelwerbers nicht befragt wurde und nicht mehr in Österreich ist. Der Rechtsmittelwerber wurde beim Gendarmerieposten S zu einem Nachtrunk konkret nicht gefragt und hat diesbezüglich auch keine Angaben gemacht. Nach seinen Angaben ist ihm die Funktionsweise des verwendeten Geräts zur Atemalkoholfeststellung unbekannt und auch das Ergebnis des Alkotests wurde mit ihm nicht erörtert.

Erst bei seiner Einvernahme im Rahmen der mündlichen Verhandlung am 2. Juni 1995 hat der Rechtsmittelwerber geltend gemacht, er sei nach der Beschädigung des benachbarten PKW derart deprimiert gewesen, daß er in einem nicht näher bezeichneten Gasthaus im Ortszentrum 1 Seidel Bier und 2 Klare und anschließend in der K weitere 1 bis 2 Seidel Bier und noch 1 Klaren getrunken habe. Er habe zum damaligen Zeiptunkt 62 bis 63 kg gewogen.

Der Rechtsmittelwerber hat weiters angegeben, er sei Außendienstmitarbeiter bei einer Versicherung, bearbeite dort aber keine Schadensfälle. Er sei noch nie in einen Verkehrsunfall verwickelt und im übrigen der Meinung gewesen, wenn er sein Fahrzeug nach dem Vorfall stehenlasse, sei die Kennzeichentafel ja sichtbar; außerdem sei seine Freundin beim Fahrzeug geblieben. Er habe weder daran gedacht, einen Zettel auf das beschädigte Fahrzeug zu stecken noch die Gendarmerie anzurufen. Er sei immer in der Nähe des Fahrzeuges geblieben und auch von der Kraftstoffbar aus sehe man zum Fahrzeug.

Beim Ortsaugenschein wurde festgestellt, daß der Souvenir-Stand der Zeugin I vor dem Parkplatz 3 liegt, wobei die Zeugin uneingeschränkte Sicht auf beide, in einer Entfernung von etwa 20 m geparkte PKW hatte. Festgestellt wurde auch, daß von der K aus keine direkte Sicht auf die Fahrzeuge besteht, weil sich dazwischen eine mit Grünpflanzen bewachsene Verkehrsinsel befindet und auch die Bäume beim Parkplatz die Sicht verdecken. Ob jemand zu einem bestimmten PKW auf den Parkplatz geht, kann erst ab der Verkehrsinsel festgestellt werden, nicht aber vom Lokal oder dessen Eingang aus.

Für den unabhängigen Verwaltungssenat sind die Angaben der Zeugin I ebenso glaubwürdig wie die Schilderungen des Zeugen H, wobei es nicht verwunderlich ist, daß sich dieser ein Dreivierteljahr nach dem Vorfall nicht an den konkreten Alkoholkonsum des Rechtsmittelwerbers am Nachmittag des 27.

Juli 1994 erinnern konnte. Die von den Gendarmeriebeamten erhobenen Trinkangaben, wonach der Rechtsmittelwerber 8 oder 9 Seidel Bier bezahlt hat, wovon allerdings 2 der Zeuge H und 1 Seidel die Zeugin K getrunken haben, stammen vom Zeugen H, wobei laut Aussage von RI M die diesbezüglichen Vermerke (Blatt 37 des erstinstanzlichen Verfahrensaktes) von ihm gemacht wurden. Der geschilderte Bierkonsum wurde demnach von GI G beim Zeugen H telefonisch am Abend des 27.

Juli 1994 erhoben, weshalb davon auszugehen ist, daß der Zeuge H zu diesem Zeitpunkt noch eine konkretere Erinnerung daran gehabt haben muß.

Die divergierenden Zeitangaben im Verfahrensakt der Erstinstanz wurden im Rahmen der mündlichen Verhandlung vom 11.

Mai 1995 geklärt, wobei der Telefonanruf der Zeugin I beim Gendarmerieposten schriftlich festgehalten wurde. Nachvollziehbar ist auch, daß die Gendarmeriebeamten primär Interesse daran hatten, den Beschädiger des PKW festzustellen, wobei erst im Rahmen des Gesprächs mit dem Rechtsmittelwerber die Vermutung einer Alkoholbeeinträchtigung entstand. Fest steht auch, daß der Rechtsmittelwerber sogar zum Zeitpunkt der Alkomatmessung, bei der immerhin 1 mg/l AAG, das entspricht ca 2 %o Blutalkoholgehalt, festgestellt wurde, für die Gendarmeriebeamten nicht den Eindruck einer starken Alkoholisierung erweckt hat. Auch der Zeugin I ist der Rechtsmittelwerber nicht wegen einer Alkoholisierung sondern wegen des für sie eigenartigen Verhaltens nach dem Unfall auf dem Parkplatz und wegen des Wortwechsels mit der Zeugin K aufgefallen.

Zur Aussage der Zeugin K ist auszuführen, daß diese im wesentlichen Schilderungen des Rechtsmittelwerbers ihr gegenüber wiedergibt, jedoch grundsätzlich den Alkoholkonsum des Rechtsmittelwerbers Mittag und am Nachmittag des 27. Juli 1994 bestätigt, wobei die Angaben von denen des Rechtsmittelwerbers zu dessen Gunsten divergieren. So hat die Zeugin angegeben, der Rechtsmittelwerber habe Mittag 1 Viertel gespritzten Weißwein getrunken, während der Rechtsmittelwerber von 1 Viertel Weißwein gesprochen hat, und sie hat den Konsum am Nachmittag mit 2 bis 3 Seidel zu je 2,5 dl Bier angegeben, während der Rechtsmittelwerber bereits bei der Amtshandlung angegeben hat, 3 bis 4 Seidel getrunken zu haben und unter einem Seidel in Österreich jedenfalls 0,33 l zu verstehen sind, was der Zeugin als Österreicherin bekannt sein müßte. Zu einem eventuellen Nachtrunk konnte sie keine Angaben machen. Geht man jedoch von der Richtigkeit der Aussagen der Zeugin I aus, wonach die Zeugin K zumindest nach dem Vorfall einen relativ stark alkoholisierten Eindruck gemacht hat, so ist für den unabhängigen Verwaltungssenat fraglich, ob sich die Zeugin K tatsächlich an den Alkoholkonsum des Rechtsmittelwerbers konkret erinnern kann.

4.2. In rechtlicher Hinsicht ist auszuführen:

Zum Vorwurf der Übertretung gemäß § 5 Abs.1 StVO 1960:

Gemäß § 5 Abs.1 StVO 1960 in der zum Tatzeitpunkt geltenden Fassung darf ein Fahrzeug weder lenken noch in Betrieb nehmen, wer sich in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand befindet. Bei einem Alkoholgehalt des Blutes von 0,8 %o oder darüber oder bei einem Alkoholgehalt der Atemluft von 0,4 mg/l oder darüber gilt der Zustand einer Person als von Alkohol beeinträchtigt.

Der Rechtsmittelwerber hat zweifellos um 18.00 Uhr des 27.

Juli 1994 ein Fahrzeug gelenkt und bei der Atemalkoholmessung um 20.08 Uhr wurde ein günstigster Wert von 1,00 mg/l Atemluftalkoholgehalt ermittelt. Aufgrund des Beweisverfahrens ist auch davon auszugehen, daß der Rechtsmittelwerber bei seinem Aufenthalt in der K nach dem Lenken des Kraftfahrzeuges 1 Seidel Bier zu sich genommen hat, während er ansonsten bis zu seiner Einvernahme im Rahmen des Berufungsverfahrens keine Angaben über einen eventuellen Nachtrunk gemacht hat. Erst am 2. Juni 1995 hat er angegeben, nach dem Verkehrsunfall bzw dem Lenken des Kraftfahrzeuges in verschiedenen Lokalen insgesamt 2 bis 3 Seidel Bier und 3 Klare getrunken zu haben. Eine Nachprüfung dieser Angaben ist nicht möglich, weil die damalige Kellnerin in der K nicht mehr in Österreich ist und der Rechtsmittelwerber keine konkreten Angaben über den Ort des weiteren Alkoholkonsums gemacht hat.

Für den unabhängigen Verwaltungssenat ist befremdend, warum der Rechtsmittelwerber diesen Nachtrunk nicht schon im Rahmen der Amtshandlung am 27. Juli 1994 behauptet hat, wenn ihm schon aufgrund der Führerscheinabnahme klar sein mußte, daß die Alkomatuntersuchung ein für ihn negatives Ergebnis erbracht hat. Selbst wenn ihm das verwendete Gerät tatsächlich unbekannt war, wäre es naheliegend gewesen, sich das Ergebnis vom amtshandelnden Beamten Insp. P erörtern zu lassen. Dem Rechtsmittelwerber mußte auch klar sein, daß der Alkotest aufgrund des Vorfalls um 18.00 Uhr durchgeführt wurde, sodaß nur eine Alkoholbeeinträchtigung für den Lenkzeitpunkt relevant war. Seine Argumente, man habe ihn nicht nach einem Nachtrunk gefragt, deshalb habe er auch nichts gesagt, gehen jedenfalls ins Leere. Der vom Rechtsmittelwerber nunmehr erstmals im Juni 1995 (aber auch nicht konkret) behauptete Nachtrunk ist insofern zweifelhaft, als dahingehend ihm die Beweispflicht obliegt (vgl VwGH vom 25.

April 1985, 85/02/0019 ua).

Unter Zugrundelegung der sich aus dem Beweisverfahren ergebenden Trinkangaben von 1 Viertel Weißwein Mittag und 5 Seidel Bier in der Zeit von 14.30 Uhr bis 18.00 Uhr des 27.

Juli 1994 (zu Gunsten des Rechtsmittelwerbers wird angenommen, daß er nur 8 Seidel Bier bezahlt hat, wovon zwei vom Zeugen H und 1 Seidel von der Zeugin K konsumiert wurde; die Zeitangaben stammen vom Rechtsmittelwerber) gelangt der unabhängige Verwaltungssenat zu der Auffassung, daß der Rechtsmittelwerber um 18.00 Uhr des 27. Juli 1994 jedenfalls alkoholbeeinträchtigt im Sinne eines Blutalkoholgehalts von jedenfalls 0,8 %o gewesen sein muß. Er hat sein damaliges Körpergewicht mit 62 kg angegeben, wobei er unter Zugrundelegung allein des amtsbekannten Ethanolgehalts von 1 Seidel Bier, ds durchschnittlich 13 g, der alleinige Konsum von 5 Seidel Bier nach der Widmarkformel zu einem Blutalkoholgehalt von 1,49 %o führt (nach der Widmarkformel wird der Blutalkoholgehalt errechnet, indem der Alkoholgehalt in Gramm durch das reduzierte Körpergewicht (Körpergewicht x 0,7) dividiert wird; ds 13 g x 5 = 65 : 62 x 0,7 = 43,4 = insgesamt 1,49 %o). Zieht man nun für den Zeitraum 14.30 Uhr bis 18.00 Uhr, ds dreieinhalb Stunden - den stündlichen Abbauwert mit 0,12 %o gerechnet - sohin insgesamt 0,42 %o, ab, verbleibt immer noch ein Blutalkoholgehalt für 18.00 Uhr von etwas über 1 %o.

Bei Heranziehung des für 20.08 Uhr ermittelten und umgerechneten Blutalkoholwerts von 2,00 %o gelangt man bei Abzug des stündlichen Abbauwertes von 0,24 %o (2 Stunden von 18.00 bis 20.00 Uhr) sowie des sich aus dem erwiesenen Nachtrunk des Seidel Bier ergebenden Alkoholgehalts von annähernd 0,3 %o (13 g : 43,4 = 0,29 %o) zu einem Blutalkoholwert für 18.00 Uhr von jedenfalls 1,46 %o. Unter Vernachlässigung der nunmehrigen Nachtrunkversion des Rechtsmittelwerbers ergibt sich damit zweifellos eine Alkoholbeeinträchtigung zum Unfallzeitpunkt, die aber allein mit den Nachmittagstrinkangaben nicht vereinbar ist.

Für den unabhängigen Verwaltungssenat ergibt sich daher, daß entweder der um 20.00 Uhr festgestellte Atemalkoholgehalt von 1,0 mg/l nicht allein auf den behaupteten am Nachmittag konsumierten Alkohol zurückzuführen und auch nicht mit dem kurz vor 19.30 Uhr getrunkenen Seidel Bier zu erklären ist, was den Schluß zuläßt, daß der Rechtsmittelwerber tatsächlich Alkohol in Form eines weiteren Nachtrunks konsumiert oder vor dem Besuch in der Kraftstoffbar bereits größere Mengen Alkohol getrunken haben müßte.

Für den unabhängigen Verwaltungssenat steht aber andererseits auch fest, daß allein aufgrund der am Nachmittag in der K erwiesenermaßen getrunkenen Alkoholmenge der Rechts mittelwerber einen den Grenzwert von 0,8 %o überschreitenden Blutalkoholgehalt aufgewiesen hat, weshalb er zweifellos den ihm zur Last gelegten Tatbestand erfüllt und sein Verhalten als Verwaltungsübertretung zu verantworten hat.

Zum Vorwurf der Übertretung gemäß § 4 Abs.5 StVO 1960:

Gemäß § 4 Abs.5 StVO 1960 haben alle Personen, deren Verhalten am Unfallort mit einem Verkehrsunfall in ursächlichem Zusammenhang steht, wenn bei einem Verkehrsunfall nur Sachschaden entstanden ist, die nächste Polizei- oder Gendarmeriedienststelle vom Verkehrsunfall ohne unnötigen Aufschub zu verständigen. Eine solche Verständigung darf jedoch unterbleiben, wenn diese Personen oder jene, in deren Vermögen der Schaden eingetreten ist, einander ihren Namen und ihre Anschrift nachgewiesen haben.

Im gegenständlichen Fall hat der Rechtsmittelwerber nicht bestritten, beim Wiedereinparken den neben seinem abgestellten PKW beschädigt zu haben, sodaß für den unabhängigen Verwaltungssenat davon auszugehen ist, daß der Rechtsmittelwerber an einem Verkehrsunfall, bei dem lediglich Sachschaden entstanden ist, ursächlich beteiligt war.

Da im gegenständlichen Fall niemand beim beschädigten PKW anwesend war und daher ein Identitätsnachweis mit der Geschädigten nicht möglich war, wäre der Rechtsmittelwerber verpflichtet gewesen, ohne unnötigen Aufschub die nächste Sicherheitsdienststelle, nämlich den Gendarmerieposten S, vom Verkehrsunfall zu verständigen.

Er hat geltend gemacht, er habe nie im Sinn gehabt, Fahrerflucht zu begehen, was sich auch insofern gezeigt habe, daß der PKW mit ablesbarem Kennzeichen auf dem Parkplatz stehengeblieben sei, er sich in der Nähe befunden habe und bei seinem Entfernen sich ohnehin die Zeugin K beim Fahrzeug befunden habe, so ist dem entgegenzuhalten, daß ein Ablesen des Kennzeichens bei einem im Ausland zugelassenen Kraftfahrzeug nicht geeignet ist, unmittelbar Auskunft über den Schädiger zu geben, er sich - wie die Zeugin I bestätigt hat - zwar einige Zeit im Sichtbereich des Fahrzeuges aufgehalten, dann aber entfernt hat, wobei er aus der K jedenfalls keine Einsichtsmöglichkeit auf sein Fahrzeug hatte, und weiters die Zeugin K schon begrifflich nicht zu einem Nachweis der Identität des Rechtsmittelwerbers in der Lage war. Dieser Nachweis wäre nämlich nur dann iSd § 4 Abs.5 StVO 1960 ausreichend gewesen, wenn Name und Anschrift durch amtliche Lichtbildausweise, zB Führerschein, Zulassungsschein, Paß und ähnliches, dokumentiert worden wären und es der geschädigten PKW-Lenkerin möglich gewesen wäre, das Lichtbild mit dem Gesicht des Rechtsmittelwerbers in der Natur zu vergleichen.

Das Verhalten des Rechtsmittelwerbers, nämlich der Aufenthalt in offenbar verschiedenen Lokalen, kann aus der Sicht des und unabhängigen Verwaltungssenates nicht einmal dahingehend gedeutet werden, daß er sich bemüht hätte, die Geschädigte ausfindig zu machen oder deren Rückkehr zum PKW abzuwarten.

Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes hat die Verständigung der nächsten Sicherheitsdienststelle ohne unnötigen Aufschub zu erfolgen, wobei darunter ein dem jeweiligen Sachverhalt angepaßter Zeitraum zu verstehen ist, dieser Begriff jedoch sehr eng ausgelegt wird. Nach dem Lenken des Fahrzeuges um 18.00 Uhr hat der Rechtsmittelwerber bis 19.30 Uhr jedenfalls nichts unternommen, was zu einer Meldung des Verkehrsunfalls führen hätte können. Der behauptete "Unfallschock" im Sinn einer Deprimiertheit wegen des Sachschadens vermag den Rechtsmittelwerber, der immerhin noch fähig war, verschiedene Lokale aufzusuchen, jedoch ohne Absicht von dort die Gendarmerie telefonisch zu verständigen, weil er laut eigener Aussage an solches "nicht gedacht" hat, nicht zu entschuldigen. Er hat daher zweifellos auch diesen ihm zur Last gelegten Tatbestand erfüllt und sein Verhalten als Verwaltungsübertretung zu verantworten.

Zur Strafbemessung:

Gemäß § 19 Abs.1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat.

Gemäß § 19 Abs.2 leg.cit. sind überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen und auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der §§ 32 bis 35 des StGB sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

Der Strafrahmen des § 99 Abs.1 StVO 1960 reicht von 8.000 S bis 50.000 S Geldstrafe bzw einer bis sechs Wochen Ersatzfreiheitsstrafe. Der Strafrahmen des § 99 Abs.3 StVO 1960 reicht bis 10.000 S Geldstrafe bzw zwei Wochen Ersatzfreiheitsstrafe.

Der Rechtsmittelwerber ist verwaltungsstrafrechtlich unbescholten, was als wesentlicher Milderungsgrund zu berücksichtigen gewesen wäre. Von einem schuldmindernden "Schockzustand" im Sinne einer Deprimiertheit oder Enttäuschung (wie es der Rechtsmittelwerber selbst umschreibt) kann im gegenständlichen Fall nicht ausgegangen werden, weil von einem am Straßenverkehr teilnehmenden Kraftfahrzeuglenker (der noch dazu von der Schweiz nach Österreich auf Urlaub fährt) erwartet werden muß, daß er auch mit für ihn weniger erfreulichen Situationen im Straßenverkehr umgehen kann, ohne ihm von der Straßenverkehrsordnung auferlegte Verpflichtungen zu verletzen. Auch ist ein geringfügiges Verschulden diesbezüglich nicht anzunehmen.

Die Erstinstanz hat hingegen als Milderungsgrund das Geständnis des Rechtsmittelwerbers bezüglich der Beschädigung des PKW bzw seine Einsichtigkeit gewertet, was nach Auffassung des unabhängigen Verwaltungssenates nicht als mildernd anzusehen war, zumal der Vorgang ja von einer Zeugin beobachtet wurde und sein PKW auch beim Eintreffen der Gendarmerie immer noch neben dem beschädigten PKW abgestellt war, sodaß jederzeit eine Rekonstruktion des Unfallhergangs stattfinden konnte. Unter diesen Voraussetzungen ist ein Geständnis nicht als Milderungsgrund zu betrachten (vgl VwGH ua vom 5.

September 1986, 86/18/0118).

Erschwerend war kein Umstand, jedoch ist allein im Vorliegen des Milderungsgrundes der verwaltungsstrafrechtlichen Unbescholtenheit bei Wegfall des Milderungsgrundes des Geständnisses kein beträchtliches Überwiegen dieses Milderungsgrundes gegenüber nicht vorhandenen Erschwerungsgründen zu erblicken. Der Rechtsmittelwerber hat sich zum damaligen Zeitpunkt lediglich auf einer Urlaubsreise in Österreich befunden, sodaß seiner verwaltungsstrafrechtlichen Unbescholtenheit kein außerordentliches Gewicht zukommt. Besondere Erschwerungs- oder Milderungsgründe iSd §§ 33 und 34 StGB liegen nicht vor und wurden auch vom Rechtsmittelwerber nicht behauptet.

Nach ständiger Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes (vgl Erkenntnis vom 27. Februar 1992, 92/02/0095) kommt es für die Anwendung der außerordentlichen Strafmilderung nach § 20 VStG nicht bloß auf das Vorliegen von Milderungsgründen an, sondern vielmehr allein darauf, daß solche Gründe die Erschwerungsgründe erheblich überwiegen, und zwar nicht der Zahl, sondern dem Gewicht nach. Es kommt sohin nicht auf die Zahl der gegebenen Milderungs- und Erschwerungsgründe, sondern ausschließlich auf deren Bedeutung im Rahmen des konkret gegebenen Sachverhaltes an.

Unter Berücksichtigung der oben angeführten Überlegungen gelangt der unabhängige Verwaltungssenat zu der Auffassung, daß die Voraussetzungen für eine außerordentliche Strafmilderung im gegenständlichen Fall nicht vorliegen, obwohl in der zum Tatzeitpunkt geltenden Fassung des § 100 Abs.5 StVO 1960 eine solche auch für Alkoholdelikte noch in Betracht kam.

Der Rechtsmittelwerber ist Außendienstmitarbeiter einer Versicherung, sodaß die von der Erstinstanz vorgenommene Schätzung seines Nettomonatseinkommens auf 15.000 S, der er konkret nicht widersprochen hat, nicht lebensfremd ist. Er hat keine Sorgepflichten und kein Vermögen.

Zusammenfassend gelangt der unabhängige Verwaltungssenat zu der Auffassung, daß die von der Erstinstanz verhängten Strafen unter Bedachtnahme auf die Bestimmungen des § 19 VStG sowohl dem Unrechts- und Schuldgehalt der Übertretungen entsprechen, als auch den finanziellen Verhältnissen des Rechtsmittelwerbers angemessen sind, wobei diesem die Möglichkeit offensteht, mit der Erstinstanz eine Ratenvereinbarung zu treffen.

Die verhängten Strafen liegen jeweils im unteren Bereich des jeweiligen gesetzlichen Strafrahmens und sollen den Rechtsmittelwerber in Hinkunft zur genauesten Beachtung der straßenverkehrsrechtlichen Vorschriften in Österreich anhalten.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

zu II.:

Die Verfahrenskostenentscheidung ist gesetzlich begründet.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Mag. Bissenberger

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