Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-102789/5/Bi/Fb

Linz, 06.07.1995

VwSen-102789/5/Bi/Fb Linz, am 6. Juli 1995 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Bissenberger über die Berufung des Herrn H S, I, L, vertreten durch Dr. G L und Mag. T F, Rechtsanwälte in L, L, vom 25. April 1995 gegen Punkt I des Bescheides der Bundespolizeidirektion Linz vom 6. April 1995, VU/S/2464/94, in Angelegenheit einer beantragten Wiederaufnahme eines Verwaltungsstrafverfahrens wegen Übertretung gemäß § 4 Abs.5 StVO 1960, zu Recht erkannt:

Der Berufung wird keine Folge gegeben und der angefochtene Bescheid im oben angeführten Umfang bestätigt.

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs.4 und 69 Abs.1b AVG iVm §§ 24 und 51 Abs.1 VStG.

Entscheidungsgründe:

1. Die Bundespolizeidirektion Linz hat mit dem oben angeführten Bescheid den Antrag des Rechtsmittelwerbers vom 13. Februar 1995 auf Wiederaufnahme des Verwaltungsstrafverfahrens VU/S/2464/94, in dem er mit Strafverfügung vom 21. Juli 1994 wegen einer Verwaltungsübertretung gemäß § 4 Abs.5 StVO 1960 rechtskräftig schuldig erkannt und bestraft wurde, unter Hinweis auf die Bestimmungen der §§ 69 Abs.1 lit.b AVG iVm 24 VStG abgewiesen. Begründet wurde dies damit, das Verwaltungsstrafverfahren sei mit Strafverfügung vom 21. Juli 1994 rechtskräftig abgeschlossen worden, da der dagegen eingebrachte Einspruch sowie der Antrag auf Wieder einsetzung in den vorigen Stand rechtskräftig zurück- bzw abgewiesen worden sei.

Der Antrag auf Wiederaufnahme stützt sich auf ein im zivilgerichtlichen Verfahren eingeholtes Sachverständigengutachten, wonach im vorliegenden Fall nicht von einer vom Rechtsmittelwerber begangenen Vorrangverletzung auszugehen sei.

Die Erstinstanz hat hiezu angemerkt, daß dieses Gutachten hinsichtlich des Vorwurfs einer Verwaltungsübertretung gemäß §§ 19 Abs.4 iVm 19 Abs.7 StVO 1960 grundsätzlich einen anderslautenden Bescheid herbeigeführt hätte, und hat mit Bescheid vom 6. April 1995, VU/S/2464/94, die Strafverfügung vom 21. Juli 1994 hinsichtlich dieses Tatvorwurfs gemäß § 52a VStG von Amts wegen aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt. Weiters wurde ausgeführt, daß solche Befundergebnisse nur dann einen Wiederaufnahmegrund bilden können, wenn die weiteren Voraussetzungen gemäß § 69 Abs.1 lit.b AVG, insbesondere der Mangel eines Verschuldens, gegeben seien. Dazu sei aber bereits festgestellt worden, daß der Rechtsmittelwerber einen Einspruch gegen die Strafverfügung aus eigenem Verschulden verspätet eingebracht habe, weshalb die Strafverfügung ohne Einleitung eines ordentlichen Verfahrens und ohne Einholung eines Sachverständigengutachtens rechtskräftig geworden sei. Aus diesem Grund sei dem Antrag nicht Folge zu geben gewesen.

2. Dagegen hat der Rechtsmittelwerber fristgerecht Berufung erhoben, die seitens der Erstinstanz ohne Berufungsvorentscheidung dem unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich vorgelegt wurde. Da im zugrundeliegenden Verwaltungsstrafverfahren keine 10.000 S übersteigende Geld strafe verhängt wurde, war durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden (§ 51c VStG). Die Anberaumung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung erübrigte sich, weil in der Berufung ausdrücklich nur eine unrichtige rechtliche Beurteilung behauptet, eine Verhandlung aber nicht ausdrücklich verlangt wurde (§ 51e Abs.2 VStG).

3. Der Rechtsmittelwerber macht nunmehr geltend, die Erstinstanz habe ihm zwar ein Verschulden an der Verspätung des Einspruchs angelastet, jedoch sehe § 69 AVG die Wiederaufnahme für den Fall vor, daß neue Tatsachen und Beweismittel ohne Verschulden nicht im abgeführten Verfahren geltend gemacht werden konnten. Es sei daher zu prüfen, ob er, ungeachtet der Verspätung des Einspruches, überhaupt in der Lage gewesen wäre, Beweismittel und Tatsachen vorzubringen, welche einen im Spruch anders lautenden Bescheid herbeigeführt hätten. Im Rahmen des im Verfahren 10 C 2457/94 s des BG L am 9. Februar 1995 durchgeführten Lokalaugenscheines habe der kraftfahrzeugtechnische Sachverständige Dr. S das als wesentliche Stütze seiner Verantwortung anzusehende Gutachten erstellt. Die Zeugen der Gegenseite hätten allesamt die Version des Unfallgegners bestätigt, sodaß aus diesen Zeugenaussagen für ihn nichts zu gewinnen gewesen wäre. Im Fall eines fristgerecht erhobenen Einspruchs im Verwaltungsstrafverfahren wäre ihm nichts anderes übrig geblieben, als die Einvernahme dieser Zeugen zu beantragen. Dabei sei grundsätzlich auch denkbar, im Verwaltungsstrafverfahren einen Lokalaugenschein abzuhalten und einen Sachverständigen dazu zu beantragen, jedoch werde ihm aber beizupflichten sein, daß dies nur in extremsten Ausnahmefällen stattfinde. In der Praxis wären die Zeugen einvernommen und aufgrund der eindeutig gegen ihn sprechenden Aussagen des Lenkers und der Mitfahrer im gegnerischen Fahrzeug die Notwendigkeit der Durchführung eines Lokalaugenscheins und der Einholung eines technischen Sachverständigengutachtens abgelehnt worden. Ihm sei andererseits bewußt gewesen, daß im Zivilverfahren sehr wohl ein Lokalaugenschein unter Beiziehung eines technischen Sachverständigen stattfinden würde, und durch dieses Gutachten im Zivilprozeß habe er auch den objektiven Beweis für seine Unschuld in die Hand bekommen.

Im übrigen liege auch ein Verstoß gegen § 4 Abs.5 StVO nicht vor, weil der Unfallbeteiligte zwar behauptet habe, er, der Beschuldigte, sei zu seinem Auto gegangen, hätte aber behauptet, am Unfall nicht schuld zu sein und sei weitergefahren, jedoch habe sich der Vorfall vielmehr so zugetragen, daß der Unfallgegner an Ort und Stelle den Fahrfehler zugegeben habe, der sich später auch objektivieren habe lassen, und darauf verzichtet habe, die Polizei beizuziehen. Offensichtlich sei ihm später bewußt geworden, daß die Rechtsschutzversicherung die Kosten des Zivilprozesses decken würde und er daher versuchen könne, eine anderslautende Erklärung gegenüber den unfallerhebenden Beamten abzugeben.

Er vertrete daher die Auffassung, daß die Voraussetzungen für eine Wiederaufnahme des Verfahrens gegeben seien, obwohl das Ermittlungsverfahren in erster Instanz nicht eingeleitet worden sei. Er beantrage daher, den angefochtenen Bescheid aufzuheben und das Verfahren einzustellen, in eventu Rückverweisung an die Erstinstanz.

4. Der unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

Gemäß § 69 Abs.1 Z2 AVG, der gemäß § 24 VStG auch im Verwaltungsstrafverfahren anzuwenden ist, ist dem Antrag einer Partei auf Wiederaufnahme eines durch Bescheid abgeschlossenen Verfahrens stattzugeben, wenn ein Rechtsmittel gegen den Bescheid nicht oder nicht mehr zulässig ist und neue Tatsachen oder Beweismittel hervorgekommen, die im Verfahren ohne Verschulden der Partei nicht geltend gemacht werden konnten und allein oder in Verbindung mit dem sonstigen Ergebnis des Verfahrens voraussichtlich einen im Hauptinhalt des Spruches anders lautenden Bescheid herbeigeführt hätten.

Grundsätzlich ist zum Berufungsvorbringen auszuführen, daß das vom Rechtsmittelwerber eingewendete kraftfahrzeugtechnische Sachverständigengutachten aus dem zivilgerichtlichen Verfahren als Beweismittel dafür anzusehen ist, daß seinerseits zum damaligen Zeitpunkt keine Vorrangverletzung begangen wurde, dh daß ihn am in Rede stehenden Verkehrsunfall kein Verschulden trifft.

Der Tatvorwurf des § 4 Abs.5 StVO 1960 bezieht sich auf die Nichteinhaltung der gesetzlichen Verpflichtungen, die nach einem Verkehrsunfall mit Sachschaden den an diesem Unfall ursächlich beteiligten Fahrzeuglenker treffen. Auf das Verschulden beim Verkehrsunfall kommt es dabei nicht an, sondern nur auf die ursächliche Beteiligung an diesem Verkehrsunfall, die beim Rechtsmittelwerber zweifellos gegeben war, auch wenn der Verkehrsunfall nicht von ihm selbst verschuldet wurde, weil er keinen Vorrang verletzt hat.

Ob nun der Rechtsmittelwerber den Tatbestand des § 4 Abs.5 StVO 1960 tatsächlich erfüllt hat, konnte im Verwaltungsstrafverfahren deshalb nicht geklärt werden, weil der Einspruch gegen die Strafverfügung verspätet eingebracht wurde.

Für den unabhängigen Verwaltungssenat ist nachvollziehbar, daß diese verfahrensrechtliche Entscheidung für den Rechtsmittelwerber äußerst unbefriedigend ist, weil die entscheidende Behörde damit gehindert war, sich sachlich mit seinen Argumenten auseinanderzusetzen. Das nunmehr vorgelegte Gutachten stellt weder ein Beweismittel im Hinblick auf den Tatvorwurf des § 4 Abs.5 StVO dar, noch ist es geeignet, einen im Hauptinhalt des Spruchs anderslautenden Bescheid (als die Zurückweisung des Einspruchs gegen die Strafverfügung als verspätet) herbeizuführen.

Die Überlegungen des Rechtsmittelwerbers über den Verlauf bzw den Ausgang eines eventuell durchgeführten Ermittlungsverfahrens, wäre sein Einspruch nicht als verspätet zurückgewiesen worden, erübrigen sich unter diesem Gesichtspunkt, wobei seiner Behauptung, es sei zwar denkbar, im Verwaltungsstrafverfahren einen Lokalaugenschein unter Beiziehung eines technischen Sachverständigen abzuhalten, jedoch finde dies nur in extremsten Ausnahmefällen statt, seitens des unabhängigen Verwaltungssenates, soweit es das Rechtsmittelverfahren und damit die Zuständigkeit des unabhängigen Verwaltungssenates betrifft, keineswegs zuzustimmen ist.

Da somit die Voraussetzungen für eine Wiederaufnahme des Verfahrens im Hinblick auf den Vorwurf einer Verwaltungsübertretung gemäß § 4 Abs.5 StVO 1960 nicht erfüllt waren und in der angefochtenen erstinstanzlichen Entscheidung keine Rechtswidrigkeit zu erblicken war, war spruchgemäß zu entscheiden.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Mag. Bissenberger

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