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des Landes Oberösterreich
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VwSen-102796/2/Ki/Shn

Linz, 09.05.1995

VwSen-102796/2/Ki/Shn Linz, am 9. Mai 1995 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch seine 9. Kammer (Vorsitzender Dr. Bleier, Beisitzer Dr. Leitgeb, Berichter Mag. Kisch) über die Berufung des W Z, vom 11. April 1995 gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Braunau am Inn vom 22. März 1995, Zl.VerkR96-7936-1995-Shw, zu Recht erkannt:

I: Der Berufung wird stattgegeben, das angefochtene Straferkenntnis behoben und das Verfahren eingestellt.

II: Es entfällt die Verpflichtung zur Leistung jeglicher Verfahrenskostenbeiträge.

Rechtsgrundlagen:

zu I: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 45 Abs.1 Z1 und 51 VStG zu II: § 66 Abs.1 VStG Entscheidungsgründe:

I.1. Die Bezirkshauptmannschaft Braunau/Inn hat mit dem nunmehr angefochtenen Straferkenntnis vom 22. März 1995, VerkR96-7936-1995-Shw, dem Berufungswerber vorgeworfen, daß er am 7.1.1995 über einen Zeitraum von ca 04.15 Uhr bis zumindest 06.40 Uhr den PKW, Marke Toyota, Kennzeichen auf dem öffentlichen Parkplatz des Gasthauses P, in Betrieb genommen habe, indem er zum Zwecke der Beheizung des Fahrgastraumes den Motor am Stand laufen ließ. Weiters habe er sich am 7.1.1995 um 07.00 Uhr am Gendarmerieposten Friedburg gegenüber einem besonders geschulten und von der Behörde hiezu ermächtigten Organ der Straßenaufsicht, einem Gendarmeriebeamten, geweigert, seine Atemluft mittels Alkomat auf Alkoholgehalt untersuchen zu lassen, obwohl aufgrund von Alkoholisierungsmerkmalen vermutet werden konnte, daß er sich während der Inbetriebnahme seines Kraftfahrzeuges in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand befunden habe.

Er habe dadurch § 5 Abs.2 iVm § 99 Abs.1 lit.b StVO 1960 verletzt und es wurde über ihn gemäß § 99 Abs.1 lit.b StVO 1960 eine Geldstrafe von 13.973 S (abzüglich anrechenbarer Vorhaft) bzw Ersatzfreiheitsstrafe von 11 Tagen, 23 Stunden und 27 Minuten (abzüglich anrechenbarer Vorhaft) verhängt.

Außerdem wurde er gemäß § 64 VStG zur Leistung eines Beitrages zu den Kosten des Strafverfahrens von 1.397,30 S (10 % der verhängten Geldstrafe) verpflichtet.

I.2. Der Berufungswerber erhob gegen dieses Straferkenntnis am 11. April 1995 Berufung mit dem Antrag, der unabhängige Verwaltungssenat möge das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Braunau aufheben und das Verfahren einstellen.

In seiner umfangreichen Argumentation führt der Berufungswerber ua sinngemäß aus, daß nach der geltenden Rechtslage die Gendarmeriebeamten nicht berechtigt gewesen wären, ihn zum Alkotest aufzufordern, weil diese Berechtigung nur gegenüber Personen bestehe, die verdächtig sind, in einem vermutlich durch Alkohol beeinträchtigten Zustand ein Fahrzeug gelenkt zu haben, nicht aber dann, wenn eine Person verdächtig ist, in einem solchen Zustand ein Fahrzeug in Betrieb genommen zu haben.

I.3. Die Erstbehörde hat, ohne von der Möglichkeit einer Berufungsvorentscheidung Gebrauch zu machen, die Berufung samt Verfahrensakt dem O.ö. Verwaltungssenat zur Entscheidung vorgelegt und damit dessen Zuständigkeit ausgelöst. Dieser hatte, da eine 10.000 S übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, durch eine Kammer zu entscheiden.

Eine öffentliche mündliche Verhandlung war nicht anzuberaumen, da sich bereits aus der Aktenlage eindeutige Anhaltspunkte für die spruchgemäße Entscheidung ergeben (§ 51e Abs.1 VStG).

I.4. Nach Einsichtnahme in den Verfahrensakt hat der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erwogen:

Gemäß § 5 Abs.2 StVO 1960 sind Organe des amtsärztlichen Dienstes oder besonders geschulte und von der Behörde hiezu ermächtigte Organe der Straßenaufsicht berechtigt, jederzeit die Atemluft von Personen, die ein Fahrzeug lenken, in Betrieb nehmen oder zu lenken oder in Betrieb zu nehmen versuchen, auf Alkoholgehalt zu untersuchen. Sie sind außerdem berechtigt, die Atemluft von Personen, die verdächtig sind, in einem vermutlich durch Alkohol beeinträchtigten Zustand 1. ein Fahrzeug gelenkt zu haben oder 2. als Fußgänger einen Verkehrsunfall verursacht zu haben, auf Alkoholgehalt zu untersuchen. Wer zu einer Untersuchung der Atemluft aufgefordert wird, hat sich dieser zu unterziehen.

Wer sich bei Vorliegen der im § 5 bezeichneten Voraussetzungen weigert, seine Atemluft auf Alkoholgehalt untersuchen oder sich vorführen zu lassen, oder sich bei Vorliegen der bezeichneten Voraussetzungen nicht der ärztlichen Untersuchung unterzieht, begeht gemäß § 99 Abs.1 lit.b StVO 1960 eine Verwaltungsübertretung.

Dazu wird nachstehender für die Entscheidung relevanter Sachverhalt festgestellt:

Zufolge eines anonymen Anrufes am 7. Jänner 1995 um 6.25 Uhr, wonach der Lenker des PKW seit 04.15 Uhr mit laufendem Motor auf dem verfahrensgegenständlichen Gasthausparkplatz stehe, fanden Gendarmeriebeamte den Berufungswerber um etwa 6.50 Uhr im bezeichneten Fahrzeug schlafend vor. Der PKW stand etwas abseits am Gasthausparkplatz mit laufendem Motor, welcher eine überhöhte Drehzahl aufwies. Die Motorhaube war heiß. Der Berufungswerber befand sich auf dem Fahrersitz und hatte einen Pullover über den Kopf gezogen.

Im Rahmen einer Amtshandlung wurde er von den Gendarmeriebeamten um 6.50 Uhr an Ort und Stelle zum Alkotest aufgefordert und zur Vornahme dieses Alkotestes zum Gendarmerieposten Friedburg verbracht. Dort verweigerte er um 07.00 Uhr ohne Angabe von Gründen den Alkotest. In der Anzeige des Gendarmeriepostens Mattighofen ist nicht die Rede davon, daß der Berufungswerber von den Gendarmeriebeamten verdächtigt worden wäre, das Fahrzeug in einem alkoholisierten Zustand gelenkt zu haben.

In rechtlicher Erwägung des festgestellten Sachverhaltes gelangt der O.ö. Verwaltungssenat zur Auffassung, daß das dem Berufungswerber vorgeworfene Verhalten im vorliegenden Falle keine Verwaltungsübertretung bildet.

Im Gegensatz zur Rechtslage vor dem Inkrafttreten der 19.

StVO-Novelle dürfen nämlich nach dem 2. Satz des § 5 Abs.2 StVO 1960 lediglich Personen zum Alkotest aufgefordert werden, die verdächtig sind, alkoholisiert ein Fahrzeug gelenkt zu haben. Daraus ist abzuleiten, daß bei einer bloßen Inbetriebnahme eine Atemluftuntersuchung nicht durchgeführt werden darf, es sei denn, die Prüfung der Atemluft ist an Ort und Stelle (§ 5 Abs.2 1. Satz) möglich.

Steht ein Alkomat jedoch nicht zur Verfügung, ist eine Verbringung dieser Person zur nächsten Dienststelle unzulässig, weil nicht gelenkt wurde.

Mit Rücksicht auf den klaren Wortlaut der zitierten Gesetzesbestimmung - welche in Entsprechung des Grundsatzes "nullum crimen sine lege" im vorliegenden Fall eine subtile Gesetzesauslegung verbietet - sowie bei Berücksichtigung des systematischen Hinweises auf Abs.4 letzter Halbsatz, wo gleichfalls nur auf die Zeit des Lenkens abgestellt wird, verbietet sich die Annahme einer Gesetzeslücke (vgl auch o. Universitätsprofessor Dr. Harald Stolzlechner, Salzburg, Hauptpunkte der 19. StVO-Novelle in Zeitschrift für Verkehrsrecht, Heft 12, S 355).

Im Hinblick auf die dargelegte Rechtslage waren sohin die Gendarmeriebeamten nicht berechtigt, den Berufungswerber auf den bloßen Verdacht der Inbetriebnahme hin zur Untersuchung der Atemluft auf Alkoholgehalt aufzufordern und es stellt somit die verfahrensgegenständliche Verweigerung keine Verwaltungsübertretung dar.

Ein Verdacht, daß der Berufungswerber sein Fahrzeug in alkoholisiertem Zustand gelenkt haben könnte, wurde weder von den Meldungslegern geäußert noch sind solche Umstände im Zuge des erstinstanzlichen Verfahrens hervorgekommen bzw vorgeworfen worden.

Im Hinblick auf das Verfahrensergebnis erscheint es dem O.ö.

Verwaltungssenat aus verwaltungsökonomischen Gründen für entbehrlich, auf die übrige umfangreiche - über die Sache eher hinausschießende - Argumentation des Berufungswerbers einzugehen.

Zusammenfassend ist daher festzustellen, daß das dem Berufungswerber vorgeworfene Verhalten keine Verwaltungsübertretung bildet. Es war daher spruchgemäß der Berufung Folge zu geben und das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen.

II. Der Kostenausspruch stützt sich auf die im Spruch angeführte gesetzliche Bestimmung.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Dr. B l e i e r

Beachte:

vorstehende Entscheidung wurde aufgehoben;

VwGH vom 26.01.2001, Zl.: 96/02/0232-7

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