Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-102802/2/Bi/Fb

Linz, 16.08.1995

VwSen-102802/2/Bi/Fb Linz, am 16. August 1995 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Bissenberger über die Berufung des Herrn E T, S, W, vom 10. April 1995 gegen die Höhe der mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom 23. März 1995, VerkR96-25315-1994-Hu, wegen Übertretung der Straßenverkehrsordnung 1960, verhängten Strafe zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird teilweise Folge gegeben, die Geldstrafe auf 2.000 S und die Ersatzfreiheitsstrafe auf 72 Stunden herabgesetzt.

II. Der Kostenbeitrag für das Verfahren erster Instanz ermäßigt sich auf 200 S; ein Kostenbeitrag zum Rechtsmittelverfahren entfällt.

Rechtsgrundlage:

zu I.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 51 Abs.1 und 19 VStG, § 99 Abs.3a StVO 1960.

zu II.: §§ 64 und 65 VStG.

Entscheidungsgründe:

zu I.:

1. Die Bezirkshauptmannschaft Linz-Land hat mit dem oben angeführten Straferkenntnis über den Beschuldigten wegen der Verwaltungsübertretung gemäß §§ 52a Z10a und 99 Abs.3 lit.a StVO 1960 eine Geldstrafe von 10.000 S und für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 10 Tagen verhängt, und ihm einen Verfahrenskostenbeitrag von 1.000 S auferlegt.

2. Gegen die Strafhöhe hat der Rechtsmittelwerber fristgerecht Berufung erhoben, die seitens der Erstinstanz ohne Berufungsvorentscheidung dem unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich vorgelegt wurde. Da keine 10.000 S übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, war durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden (§ 51c VStG). Die Anberaumung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung erübrigte sich, weil in der Berufung im wesentlichen die Strafhöhe angefochten, jedoch eine Verhandlung nicht ausdrücklich beantragt wurde (§ 51e Abs.2 VStG).

3. Der Rechtsmittelwerber macht im wesentlichen geltend, er finde es befremdend, wegen Schnellfahrens auf der Autobahn einer "strafbaren Tat" bezichtigt zu werden, und er komme sich wie ein Krimineller vor. Er habe weder rücksichtsloses Fahrverhalten gezeigt noch gar Personen- oder Sachschaden verursacht; er habe auch keine Tiere verletzt oder sonst Beschmutzungen verursacht, womit nur das Schnellfahren ihm als Schuld zur Last zu legen sei.

Im übrigen bemängelt der Rechtsmittelwerber die Strafbemessung mit der Begründung, er könne sich nicht vorstellen, wie weit die Erstinstanz seine aktenkundigen finanziellen Verhältnisse berücksichtigt hätte. Er sei unverschuldet Notstandsbezieher mit einem Jahreseinkommen von 105.339 S, wovon Fixkosten wie Miete, Strom und Schuldrückzahlungen zu leisten seien. Zum Leben verblieben ihm pro Monat 3.600 S, sodaß, sollte man ihm nicht bei der Strafbemessung entgegenkommen, die Ersatzfreiheitsstrafe wohl zum Tragen käme. Für sein Dafürhalten habe er aber nicht wirklich ein so schweres Verbrechen begangen, daß er nun seine Existenz total am Boden zerstört sehen solle. Er ersuche daher um ein Entgegenkommen im Strafausmaß und Ratengewährung.

4. Der unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt der Erstinstanz und zur Strafbemessung folgendes erwogen:

Gemäß § 19 Abs.1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat.

Gemäß § 19 Abs.2 leg.cit. sind überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen und auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der §§ 32 bis 35 des StGB sinngemäß anzuwenden.

Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

Der Strafrahmen des § 99 Abs.3 StVO 1960 reicht bis 10.000 S Geldstrafe bzw bis zwei Wochen Ersatzfreiheitsstrafe.

Aus der Anzeige geht hervor, daß der vom Rechtsmittelwerber im Bereich A in Richtung S gelenkte PKW mit einer Geschwindigkeit von 159 km/h gemessen und nach Abzug der für das verwendete Radargerät vorgesehenen Toleranzwerte eine Geschwindigkeit von 151 km/h dem Verwaltungsstrafverfahren zugrundegelegt wurde, weshalb von einer Geschwindigkeitsüberschreitung von 51 km/h auszugehen war.

Zu den Berufungsausführungen ist darauf hinzuweisen, daß es zweck der Geschwindigkeitsbeschränkung auf 100 km/h auf der W im Bereich A, einem stark frequentierten Autobahnabschnitt mit zahlreichen Ab- und Auffahrten (L, T, Einbindung der L Autobahn Richtung S, Rasthaus A, zahlreiche Gewerbebetriebe, Großkaufhäuser usw) ist, die dort latente Unfallhäufigkeit bzw -gefahr (Schwerverkehr, Stauzonen, ...) möglichst niedrig zu halten.

Geht man davon aus, daß der Rechtsmittelwerber bei km noch immerhin eine Geschwindigkeit von 151 km/h innehatte, so muß er in seiner Fahrtrichtung sämtliche Verkehrszeichen, die auf diese Geschwindigkeitsbeschränkung hinweisen und wiederholt gut sichtbar angebracht sind, passiert haben. Ein Übersehen eines dieser Verkehrszeichen ist daher irrelevant.

Am Rande zu bemerken ist, daß das Verwaltungsstrafrecht keine Bezeichnungen wie "Verbrechen" oder "Vergehen", die aus dem Gerichtsstrafrecht kommen, kennt, sondern lediglich den Begriff der "Verwaltungsübertretung". Die Umschreibung als "strafbare Tat" ist nach Auffassung des unabhängigen Verwaltungssenates wertneutral, wobei die Grenzen zur Kriminalität, insbesondere bei einem auf diese Geschwindigkeit zurückzuführenden Verkehrsunfall, aber auch bei einer Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer, fließend sind.

Zu den Überlegungen der Erstinstanz zur Strafbemessung ist auszuführen, daß bereits auf Aktenseite 3 der Vermerk zu finden ist, daß der Rechtsmittelwerber bei der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land keine Vormerkungen aufweist. Die verwaltungsstrafrechtliche Unbescholtenheit - Gegenteiliges ergibt sich aus dem gesamten Verfahrensakt nicht - wäre daher als wesentlicher Milderungsgrund zu berücksichtigen gewesen. In der straferschwerenden Wertung der erheblichen Überschreitung der erlaubten Höchstgeschwindigkeit - 51 km/h sind nicht mehr als geringfügig zu bezeichnen - vermag der unabhängige Verwaltungssenat hingegen keine Rechtswidrigkeit zu erblicken, insbesondere läßt ein solches Ausmaß einer Geschwindigkeitsüberschreitung, die auch weit über der ansonsten auf Autobahnen zulässigen Höchstgeschwindigkeit liegt, zumindest auf grobe Fahrlässigkeit schließen.

Aus der Begründung des Straferkenntnisses geht auch hervor, daß der Erstinstanz die finanziellen Verhältnisse des Rechtsmittelwerbers, nämlich die Notstandshilfe von 288,60 S täglich und das Nichtvorhandensein von Vermögen und Sorgepflichten, bekannt waren. Überlegungen, warum trotz dieser finanziellen Verhältnisse die Verhängung der im Gesetz vorgesehenen Höchststrafe für gerechtfertigt erachtet wurde, gehen aus der Begründung des Straferkenntnisses nicht hervor.

Der unabhängige Verwaltungssenat vermag die Strafbemessung der Erstinstanz daher in keiner Hinsicht nachzuvollziehen, noch dazu, wenn in einem ähnlich gelagerten Verwaltungsstrafverfahren bei einer Geschwindigkeit von 154 km/h an derselben Stelle der A1 seitens der Erstinstanz eine Geldstrafe von 3.000 S und eine Ersatzfreiheitsstrafe von 72 Stunden verhängt wurde, obwohl der betreffende PKW-Lenker ein Monatsnettoeinkommen von 15.000 S netto monatlich bei sonstigem Nichtbestehen von Vermögen und Sorgepflichten und ebenfalls verwaltungsstrafrechtlicher Unbescholtenheit aufwies. Der damalige Vorfall ereignete sich im Jahr 1993 ebenfalls an einem Samstagmorgen, sodaß eine derartige Ungleichbehandlung beider Fälle bei gleichbleibenden gesetzlichen Bestimmungen ohne entsprechende Begründung nicht einzusehen ist.

Der unabhängige Verwaltungssenat gelangt zu der Auffassung, daß im gegenständlichen Fall mit der nunmehr verhängten Strafe unter Hinweis auf den nicht unwesentlichen Unrechtsund Schuldgehalt der Übertretung das Auslangen gefunden werden kann, wobei die Geldstrafe unter Berücksichtigung der finanziellen Verhältnisse des Rechtsmittelwerbers gegenüber der Ersatzfreiheitsstrafe, bei der diese Umstände unmaßgeblich sind, herabzusetzen war. Die nunmehr verhängte Strafe liegt noch im unteren Bereich des gesetzlichen Strafrahmens und soll den Rechtsmittelwerber in Hinkunft zur genauesten Beachtung der Geschwindigkeitsbestimmungen anhalten.

Die Zuständigkeit zur Entscheidung über den Antrag auf Ratenzahlung liegt bei der Erstinstanz.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

zu II.:

Der Ausspruch über den Verfahrenskostenersatz ist gesetzlich begründet.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichts hof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Mag. Bissenberger

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