Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-102804/4/Bi/Fb

Linz, 30.11.1995

VwSen-102804/4/Bi/Fb Linz, am 30. November 1995 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Bissenberger über die Berufung des Herrn G S, Q, N, vom 12. April 1995 gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom 24. März 1995, VerkR96-1082-1995-Hu, wegen Übertretung des Kraftfahrgesetzes 1967, zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis behoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

II. Verfahrenskostenbeiträge sind nicht zu leisten.

Rechtsgrundlage:

zu I.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 51 Abs.1, 9 und 45 Abs.1 Z2 VStG, §§ 103 Abs.2 iVm 134 Abs.1 KFG 1967.

zu II.: § 66 VStG.

Entscheidungsgründe:

zu I.:

1. Die Bezirkshauptmannschaft Linz-Land hat mit dem angefochtenen Straferkenntnis über den Beschuldigten wegen der Verwaltungsübertretung gemäß §§ 103 Abs.2 und 134 Abs.1 KFG 1967 iVm 9 VStG eine Geldstrafe von 1.600 S und für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 48 Stunden verhängt, weil er als Verantwortlicher iSd § 9 VStG 1991 des Zulassungsbesitzers, nämlich der A, der Behörde im Fall einer schriftlichen Aufforderung vom 23. September 1994 am 14. Oktober 1994 in Linz eine unrichtige Auskunft darüber erteilt habe, wer am 1. Juli 1994 um 16.27 Uhr den PKW, Kennzeichen , gelenkt habe. Gleichzeitig wurde ihm ein Verfahrenskostenbeitrag von 160 S auferlegt.

2. Dagegen hat der Rechtsmittelwerber fristgerecht Berufung erhoben, die seitens der Erstinstanz ohne Berufungsvorentscheidung dem unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich vorgelegt wurde. Da keine 10.000 S übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, war durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden (§ 51c VStG). Die Anberaumung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung erübrigte sich, weil aufgrund ergänzender Erhebungen ersichtlich wurde, daß der angefochtene Bescheid aufzuheben war (§ 51e Abs.1 VStG).

3. Der Rechtsmittelwerber macht im wesentlichen geltend, er habe bereits bei der schriftlichen Lenkerauskunft Herrn Mag.

A B in O, P, als die Person namhaft gemacht, die die verlangte Auskunft erteilen könne. Der Genannte habe das Fahrzeug mit dem Probekennzeichen von der A entliehen. Aus der Anzeige gehe hervor, daß eine Lenkerin das Fahrzeug um 16.27 Uhr des 1. Juli 1994 gelenkt habe, jedoch entziehe sich seiner Kenntnis, wer diese Dame gewesen sei, sodaß er richtigerweise den Entleiher, Herrn Mag. A B, bekanntgegeben habe, der darüber genauer Bescheid wissen müßte. Er habe der Auskunftspflicht somit voll entsprochen und auch im Wachzimmer B zu Protokoll gegeben, daß er nicht wisse, wer in der schriftlichen Lenkerauskunft den Punkt "ich selbst habe das Fahrzeug gelenkt" angekreuzt habe. Er sei darüber ent täuscht, daß seiner Anregung im Einspruch, bei nicht einwandfreier (unklarer) Auffassung seitens der Behörde eine weitere Klärung durchzuführen, keine Folge gegeben, seine Rechtfertigungsangaben als Schutzbehauptungen eingestuft wurden und die Lenkerauskunft als "eindeutig unrichtig" qualifiziert worden sei.

Er könne sich nicht erklären, wie dieses Kreuz auf dem Lenkerauskunfts-Formular zustande gekommen sein könnte, zumal es ja nicht in seinem Interesse liege, für eine Geschwindigkeitsübertretung, die er nicht begangen habe, geradezustehen. Eine Verschleierung sei jedenfalls nicht in seinem Sinn gewesen, da er sonst nicht die Person namhaft gemacht habe, die über die Lenkerin Auskunft erteilen könnte. Er sehe ein, daß Lenkererhebungen notwendig seien, sei aber der Meinung, daß bei Einwendungen und Unklarheiten auf die Sache näher eingegangen werden müsse. Er beantragt daher die Aufhebung des Straferkenntnisses.

4. Der unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt der Erstinstanz sowie durch weitere Erhebungen zur Verantwortlichkeit des Rechtsmittelwerbers iSd § 9 VStG.

Dem Tatvorwurf zugrundegelegt ist eine Anzeige des Meldungslegers RI L, wonach die Lenkerin des Porsche mit dem Probefahrt-Kennzeichen am 1. Juli 1994 gegen 16.27 Uhr auf der A zwischen km und im Gemeindegebiet W eine Geschwindigkeit von 170 km/h Richtung W eingehalten habe, obwohl nur eine Geschwindigkeit von 130 km/h erlaubt sei. Beim PKW habe es sich um einen Porsche 944 gehandelt und die Lenkerin sei aus Sicherheitsgründen nicht angehalten worden.

Zulassungsbesitzerin des PKW ist die A, F, L. An diese erging seitens der Bundespolizeidirektion L eine Aufforderung zur Bekanntgabe des Fahrzeuglenkers, datiert vom 6.10.1994, die vom Rechtsmittelwerber dahingehend beantwortet wurde, daß bei den auf dem Formular aufscheinenden drei Antwortmöglichkeiten zwei angekreuzt wurden, nämlich die Rubrik "ich selbst habe das Kraftfahrzeug gelenkt" und die Rubrik "ich kann die verlangte Auskunft nicht erteilen, diese kann Herr Mag. A B, O, P, geben". Das Schreiben wurde am 14. Oktober 1994 zur Post gegeben und von RI R, Wachzimmer B der BPD L, in seinem Bericht ausgeführt, daß der Rechtsmittelwerber nochmals die gleiche Lenkerauskunft erteilt und geäußert habe, er könne sich das Kreuz bei der ersten Antwortmöglichkeit nicht erklären, dieses dürfte irrtümlich zustande gekommen sein.

Daraufhin wurde das Verfahren an die Bezirkshauptmannschaft Linz-Land als Wohnsitzbehörde des Rechtsmittelwerbers abgetreten und von dieser erging die Strafverfügung vom 7.

Februar 1995 und schließlich das nunmehr angefochtene Straferkenntnis, in dem der Rechtsmittelwerber "als Verantwortlicher iSd § 9 VStG 1991 des Zulassungsbesitzers, nämlich der A" schuldig erkannt und bestraft wurde.

In rechtlicher Hinsicht ist auszuführen, daß gemäß § 103 Abs.2 KFG 1967 die Behörde Auskünfte darüber verlangen kann, wer zu einem bestimmten Zeitpunkt ein nach dem Kennzeichen bestimmtes Kraftfahrzeug gelenkt oder einen nach dem Kennzeichen bestimmten Anhänger verwendet hat bzw zuletzt vor einem bestimmten Zeitpunkt an einem bestimmten Ort abgestellt hat. Diese Auskünfte, welche den Namen und die Anschrift der betreffenden Person enthalten müssen, hat der Zulassungsbesitzer - im Fall von Probe- oder von Über stellungsfahrten der Besitzer der Bewilligung - zu erteilen; kann er diese Auskunft nicht erteilen, so hat er die Person zu benennen, die die Auskunft erteilen kann, diese trifft dann die Auskunftspflicht; ... die Auskunft ist unverzüglich, im Fall einer schriftlichen Aufforderung binnen zwei Wochen nach Zustellung zu erteilen; ... (Verfassungsbestimmung) Gegenüber der Befugnis der Behörde, derartige Auskünfte zu verlangen, treten Rechte auf Auskunftsverweigerung zurück.

Grundsätzlich ist darauf hinzuweisen, daß nach ständiger Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes (vgl ua Erkenntnis vom 18. November 1992, 91/03/0294) der Bestimmung des § 103 Abs.2 KFG 1967 die Absicht des Gesetzgebers zugrundeliegt, sicherzustellen, daß der verantwortliche Lenker eines Kraftfahrzeuges jederzeit festgestellt werden kann, weshalb es Sinn und Zweck dieser Regelung ist, der Behörde die jederzeitige Feststellung des verantwortlichen Lenkers des Fahrzeuges ohne langwierige und umfangreiche Erhebungen zu ermöglichen. Die aufgrund einer behördlichen Anfrage nach § 103 Abs.2 erteilte Auskunft darf daher weder in sich widersprüchlich noch unklar sein.

Daß im gegenständlichen Fall durch das Ankreuzen zweier verschiedener Antwortvarianten eine unklare und zumindest aufklärungsbedürftige Auskunft erteilt worden ist, steht außer Zweifel. Da es aber keineswegs Aufgabe der Behörde sein kann, zu einer solcherart erteilten Lenkerauskunft weitere umfangreiche Erhebungen anzustellen, und die im angefochtenen Straferkenntnis dargelegte Rechtsansicht der Erstinstanz somit nicht im Widerspruch zur oben angeführten Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes steht, vermag der unabhängige Verwaltungssenat eine Rechtswidrigkeit darin nicht zu erkennen. Die Ansicht des Rechtsmittelwerbers, das von der Erstinstanz versendete Formular zur Lenkerbekanntgabe sei so kompliziert und unklar gefaßt, daß eine eindeutige Antwort nicht möglich wäre, wird nicht geteilt.

Das angefochtene Straferkenntnis war jedoch dem Grunde nach zu beheben, weil der Rechtsmittelwerber nach den vorliegenden Unterlagen - zumindest zum relevanten Zeitpunkt, nämlich dem der Erteilung der Lenkerauskunft durch ihn - nicht Verantwortlicher der A mit der Konsequenz der verwaltungsstrafrechtlichen Verantwortlichkeit war.

Die Erstinstanz hat, ohne diesbezügliche Erhebungen anzustellen, den Rechtsmittelwerber "als Verantwortlichen iSd § 9 VStG 1991" schuldig erkannt.

Für den unabhängigen Verwaltungssenat stand außer Zweifel, daß der Rechtsmittelwerber nicht selbst Inhaber der Probefahrtbewilligung war, sondern in einer klärungsbedürftigen Beziehung zur A stand, aus der für ihn eine eventuelle verwaltungsstrafrechtliche Verantwortlichkeit erwachsen konnte.

Die Einsichtnahme ins Firmenbuch ergab, daß der Rechtsmittelwerber weder Geschäftsführer noch ein sonst nach außen vertretungsbefugtes Organ der GesmbH ist bzw zum Zeitpunkt der Auskunftserteilung war.

Gemäß § 9 Abs.1 VStG ist für die Einhaltung der Verwaltungsvorschriften durch juristische Personen strafrechtlich verantwortlich, wer zur Vertretung nach außen berufen ist.

Gemäß Abs.2 dieser Bestimmung sind die zur Vertretung nach außen Berufenen berechtigt, und so weit es sich zur Sicherstellung der strafrechtlichen Verantwortlichkeit als erforderlich erweist, auf Verlangen der Behörde ver pflichtet, aus ihrem Kreis eine oder mehrere Personen als verantwortliche Beauftragte zu bestellen, denen für das ganze Unternehmen oder für bestimmte räumlich oder sachlich abgegrenzte Bereiche des Unternehmens die Verantwortung für die Einhaltung der Verwaltungsvorschriften obliegt. Für bestimmte räumlich oder sachlich abgegrenzte Unternehmensbereiche können aber auch andere Personen zu verantwortlichen Beauftragten bestellt werden.

Gemäß Abs.4 leg.cit. kann verantwortlicher Beauftragter nur eine Person mit Wohnsitz im Inland sein, die strafrechtlich verfolgt werden kann, ihrer Bestellung nachweislich zugestimmt hat und der für den ihrer Verantwortung unterliegenden klar abzugrenzenden Bereich eine entsprechende Anordnungsbefugnis zugewiesen ist.

Auf dieser Grundlage erging am 31. Oktober 1995 das Ersuchen an die A um Klärung, ob und inwieweit der Rechtsmittelwerber von ihr zum verantwortlichen Beauftragten bestellt worden ist und ob er dieser Bestellung nachweislich zugestimmt hat.

In diesem Fall wurde ersucht, den Nachweis vorzulegen.

Die A, vertreten durch den Geschäftsführer Ing. F. S, führt im Schreiben vom 3. November 1995 aus, daß die A auf zwei Standorten den Vertrieb von fünf Automobilmarken vertritt, wobei für die Marke Porsche der Rechtsmittelwerber als Markenverantwortlicher zuständig sei. Ihm obliege unter anderem die Verantwortung zur Verwaltung und Führung der Aufzeichnungen in Bezugnahme auf das in Rede stehende Probefahrt-Kennzeichen. Dieses Kennzeichen sei für die Sportwagenmarke Porsche bestimmt und dementsprechend auch versicherungsmäßig höher als die übrigen Kennzeichen abgedeckt.

Der Rechtsmittelwerber habe die Lenkerauskunft für dieses Kennzeichen gegeben, da es seinem Zuständigkeits- und Wissensbereich oblag, wer sich wann mit diesem Kennzeichen auf Probefahrt befand. Das Schreiben war vom Rechtsmittelwerber als "Porsche-Markenverantwortlicher" mitgezeichnet.

Für den unabhängigen Verwaltungssenat ergibt sich aus dieser Mitteilung, daß der Rechtsmittelwerber offensichtlich für alle Angelegenheiten, die die Marke Porsche betreffen, verantwortlich ist, so auch für die Erteilung von Lenkerauskünften, die das genannte Probefahrtkennzeichen betreffen.

Soweit mit dem genannten Schreiben zum Ausdruck gebracht werden soll, daß der Rechtsmittelwerber als gemäß § 9 Abs.4 VStG verantwortlicher Beauftragter anzusehen sei, so vermag es trotz dessen eigenhändiger Unterschrift darauf nicht zu überzeugen: Grundsätzlich ist ein zeichnungsberechtigter Geschäftsführer einer GesmbH ein gemäß § 9 Abs.1 VStG zur Vertretung nach außen berufenes Organ der Gesellschaft und als solches nach der angeführten Gesetzesstelle für die Einhaltung der Verwaltungsvorschriften durch die Gesellschaft strafrechtlich verantwortlich, wobei diese Verantwortlichkeit auch dann gegeben ist, wenn der Geschäftsführer nicht allein zeichnungsberechtigt ist (vgl VwGH vom 14.

Oktober 1986, 85/04/0230).

Die Übertragung der verwaltungsstrafrechtlichen Haftung setzt eine wirksame Bestellung eines verantwortlichen Beauftragten voraus. Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes muß die Zustimmung des verwaltungsstrafrechtlich Verantwortlichen zu seiner Bestellung als verantwortlicher Beauftragter schon vor der Tat belegbar, dh durch ein präsentes Beweismittel erteilt und nicht bloß im nachhinein bewiesen, sein (vgl ua Erkenntnis vom 1. April 1993, 90/06/0209).

Im gegenständlichen Fall wurde die A im Fall der Bestellung des Rechtsmittelwerbers zum verantwortlichen Beauftragten ausdrücklich ersucht, den Nachweis über die Zustimmung des Rechtsmittelwerbers zu dieser Bestellung vorzulegen. Im Schreiben der GesmbH vom 3. November 1995 wurde weder ein Zeitpunkt genannt, an dem diese Bestellung zum verantwortlichen Beauftragten erfolgt sein soll, noch wurde der verlangte Nachweis vorgelegt. Die Unterschrift des Rechtsmittelwerbers könnte lediglich als dessen Zustimmung zur Bestellung als verantwortlicher Beauftragter für die Zukunft anzusehen sein.

Auf dieser Grundlage gelangt der unabhängige Verwaltungssenat zu der Auffassung, daß der Rechtsmittelwerber zum Zeitpunkt der Erteilung der Lenkerauskunft nicht als verantwortlicher Beauftragter der A tätig werden konnte. Dies hat in Ansehung der Beurteilung des in Rede stehenden Tatvorwurfs die Konsequenz, daß ihm nicht eine Verwaltungsübertretung in einer Eigenschaft als Verantwortlicher der A gemäß § 9 VStG zur Last gelegt werden kann, dh er hat die ihm zur Last gelegte Verwaltungsübertretung nicht begangen.

Am Rande ist zu bemerken, daß die Spruchformulierung im angefochtenen Straferkenntnis, der Beschuldigte habe "als Verantwortlicher im Sinne des § 9 VStG 1991" eine Verwaltungsübertretung begangen, ohne Anführung der Merkmale, denenzufolge der Beschuldigte die Eigenschaft als "Verantwortlicher" habe, dem Konkretisierungsgebot des § 44a Z1 VStG nicht Rechnung trägt (vgl VwGH vom 18. September 1987, 86/17/0021).

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

zu II.:

Der Ausspruch über den Entfall des Verfahrenskostenersatzes ist gesetzlich begründet.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Mag. Bissenberger

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