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des Landes Oberösterreich
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VwSen-102866/19/Bi/Fb

Linz, 12.12.1995

VwSen-102866/19/Bi/Fb Linz, am 12. Dezember 1995 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch seine 4. Kammer (Vorsitzender: Dr. Wegschaider, Berichterin: Mag. Bissenberger, Beisitzer: Dr. Weiß) über die Berufung des Herrn C, vom 25. April 1995 gegen Punkt 1. des Straferkenntnisses der Bezirkshauptmannschaft Grieskirchen vom 11. April 1995, VerkR96-5187-1994-Ga, wegen Übertretung der Straßenverkehrsordnung 1960, aufgrund des Ergebnisses der am 16. Oktober 1995 durchgeführten öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis im Punkt 1. behoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

II. Verfahrenskostenbeiträge sind nicht zu leisten.

Rechtsgrundlage:

zu I.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 51 Abs.1, 51i, 1 Abs.2 und 45 Abs.1 Z1 VStG, §§ 99 Abs.1 lit.b iVm 5 Abs.2 StVO 1960 idF BGBl.Nr. 518/94.

zu II.: § 66 VStG.

Entscheidungsgründe:

zu I.:

1. Die Bezirkshauptmannschaft Grieskirchen hat im Punkt 1.

des oben angeführten Straferkenntnisses über den Beschuldigten wegen der Verwaltungsübertretung gemäß §§ 99 Abs.1b iVm 5 Abs.2 und 2a StVO 1960, BGBl.Nr. 159 idgF eine Geldstrafe von 13.000 S und für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 260 Stunden verhängt, weil er am 21. August 1994 um 6.26 Uhr auf dem öffentlichen Parkplatz westlich des Objektes 4625 Offenhausen Nr. 102a (Mehrzweckhalle der Gemeinde) im Gemeindegebiet Offenhausen die aufgrund der festgestellten Alkoholisierungssymptome und der Tatsache, daß er gegen 6.10 Uhr den Kombinationskraftwagen auf der oben angeführten öffentlichen Verkehrsfläche durch Starten des Motors in Betrieb genommen habe, von einem besonders geschulten und von der Behörde hiezu ermächtigten Organ der Straßenaufsicht berechtigt verlangte Alkomatentestprobe ohne Angabe näherer Gründe verweigert habe. Gleichzeitig wurde ihm ein anteiliger Verfahrenskostenbeitrag von 1.300 S auferlegt.

2. Dagegen hat der Rechtsmittelwerber fristgerecht Berufung erhoben, die seitens der Erstinstanz ohne Berufungsvorentscheidung dem unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich vorgelegt wurde. Da eine 10.000 S übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, war durch die nach der Geschäftsverteilung zuständige, aus drei Mitgliedern bestehende 4.

Kammer zu entscheiden (§ 51c VStG). Am 16. Oktober 1995 wurde eine öffentliche mündliche Berufungsverhandlung in Anwesenheit des Rechtsmittelwerbers, seines rechtsfreundlichen Vertreters Rechtsanwalt Dr. B, des Vertreters der Erstinstanz Herrn S, sowie der Zeugen RI D, GI F, Klaus F, Joachim S, Christian J und Roland H durchgeführt.

3. Der Rechtsmittelwerber macht in der Berufung geltend, durch das Unterlassen des Ortsaugenscheines, der im übrigen ausdrücklich beantragt worden sei, habe es die Erstinstanz unterlassen, die Angaben der beiden Gendarmeriebeamten über die angebliche Inbetriebnahme des Kraftfahrzeuges auf ihre Richtigkeit hin zu überprüfen, nämlich dahingehend, ob derartige Wahrnehmungen aus der von ihnen eingehaltenen Position - sie hätten gerade andere Kraftfahrzeuglenker in einiger Entfernung kontrolliert - überhaupt möglich gewesen seien. Die damalige Situation auf dem Parkplatz hätte geklärt werden müssen und auch die Frage, welche Sicht und welchen Blickwinkel die Gendarmeriebeamten auf den abgestellten PKW gehabt hätten. Da sich auf dem Parkplatz auch andere Personen und Fahrzeuge befunden hätten, hätten die von den Beamten geschilderten Beobachtungen auch von anderen als seinem PKW herrühren können. Die Widersprüche in den Schilderungen der beiden Beamten zueinander und zu seiner Beschuldigtenverantwortung, die auch durch seine Bekannten gestützt würde, ließen letztlich nur den Schluß zu, daß die Beamten derartige Beobachtungen über sein Verlassen der Mehrzweckhalle und die Inbetriebnahme des Fahrzeuges gar nicht machen hätten können, wenn doch ihre ganze Aufmerksamkeit anderen von ihnen kontrollierten Fahrzeuglenkern gegolten habe. Die als Schutzbehauptungen enttarnten Aussagen der beiden Beamten stellten lediglich den Versuch dar, ihre nachfolgende gesetzwidrige Vorgangsweise ihm gegenüber zu rechtfertigen. Alle anderen Zeugen hätten im übrigen eine Inbetriebnahme seines Fahrzeuges nicht wahrgenommen.

Das Straferkenntnis sei zudem aktenwidrig, da er in keiner Phase des Verfahrens auch nur andeutungsweise zugegeben habe, den PKW in Betrieb genommen zu haben. Die Behörde habe diese wesentliche Frage der Inbetriebnahme nur ungenügend erörtert und dabei unter Außerachtlassung des Grundsatzes "in dubio pro reo" unrichtig gelöst. Sie habe insbesondere eine vollständige Ermittlung des Sachverhalts unterlassen und habe auch keine Feststellung darüber getroffen, wer das Kraftfahrzeug zum fraglichen Zeitpunkt tatsächlich aufgesperrt habe. Der Autoschlüssel habe sich nämlich in der Hosentasche des Zeugen F befunden. Die Entlastungszeugen hätten ebenso wie er bestätigt, daß eine Überprüfung der Wärme der Motorhaube mit der Hand nie stattgefunden habe, wobei im Straferkenntnis nur davon ausgegangen werde, wie Amtshandlungen in derartigen Fällen üblicherweise durchgeführt würden. Er habe das Fahrzeug nicht in Betrieb genommen, indem er den Motor gestartet habe, und begehre die Feststellung, es könne nicht mit der hiefür erforderlichen Gewißheit festgestellt werden, daß er das Fahrzeug in Betrieb genommen habe. Es seien wesentliche Verfahrensgrundsätze verletzt worden, weshalb das Straferkenntnis gesetzund auch verfassungswidrig sei.

Dem Straferkenntnis mangle es auch am Bestimmtheitsgebot des § 44a VStG, da die Gesetzesbestimmung, die er verletzt haben solle, mit dem Hinweis "idgF" umschrieben werde, was jedenfalls im Hinblick auf die Novellierung des § 5 durch die 19. StVO-Novelle eine Strafbarkeit seinerseits nach § 5 Abs.2a StVO idgF unmöglich mache. Die Beweiswürdigung der Erstinstanz sei derart einseitig, daß für ihn günstige Beweisergebnisse als seltsam hingestellt würden, ohne diese in der Folge auch nur ansatzweise zu beachten. Die Erstinstanz habe ihre Vorgangsweise mit einer Scheinbegründung versehen, die den Grundsätzen eines fairen Verfahrens klar zuwiderlaufe.

Der Rechtsmittelwerber beantragt, das Straferkenntnis allenfalls nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung ersatzlos aufzuheben und das Verfahren einzustellen, hilfsweise die über ihn verhängte Strafe tat- und schuldangemessen herabzusetzen.

4. Der unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt der Erstinstanz sowie Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung, bei der der Rechtsmittelwerber sowie beide Parteienvertreter gehört, die angeführten Personen zeugenschaftlich einvernommen wurden und ein Ortsaugenschein auf dem neben der Mehrzweckhalle Offenhausen gelegenen und zum in Rede stehenden Zeitpunkt als Parkplatz benützten Grundstück durchgeführt wurde.

4.1. Folgender Sachverhalt ist wesentlich:

Der Rechtsmittelwerber hatte zum damaligen Zeitpunkt seinen PKW in der Wiese neben der Mehrzweckhalle in Offenhausen, und zwar im Bereich zwischen der Betonmauer und der Hecke des Hauses gegenüber dem Haus Wiesenstraße Nr. 2, mit der Frontseite zur Thujenhecke abgestellt. Er hatte mit dem Zeugen F in der Mehrzweckhalle ein Fest besucht, bei dem dieser laut eigenen Angaben seit Mitternacht keinen Alkohol mehr getrunken hatte, um heimfahren zu können und auch die Fahrzeugschlüssel des PKW verwahrte. Beim Fest trafen die beiden den Zeugen S und gingen zusammen gegen 6.00 Uhr zum Fahrzeug, um darin eine mitgebrachte Jause zu essen.

Zur gleichen Zeit führten die beiden Gendarmeriebeamten auf der westlich der Wiese Richtung Hauptstraße führenden Siedlungsstraße Amtshandlungen durch, nämlich insbesondere auch Kontrollen der den Parkplatz verlassenden Fahrzeuge. Im Zuge dieser Kontrollen nahmen beide Gendarmeriebeamte, die nach eigenen Angaben gute Sicht auf den abgestellten PKW des Rechtsmittelwerbers hatten, wahr, daß dieser vom PKW aus freche Bemerkungen in Richtung der Gendarmeriebeamten rief und auch in beleidigender Weise gestikulierte. Aus eben diesem Grund wurden die beiden Gendarmeriebeamten auf den Rechtsmittelwerber aufmerksam und beide sagten aus, daß zu diesem Zeitpunkt der Motor des PKW bereits gestartet gewesen sei und das Fahrzeug etwa 5 min gelaufen sei; man habe nicht nur das Motorengeräusch gehört, sondern auch die Auspuffgase sehen können. Nach Beendigung der auf der Siedlungsstraße begonnenen Amtshandlung seien die Beamten dann ca eine Viertelstunde später zum PKW des Rechtsmittelwerbers gefahren. Zu diesem Zeitpunkt sei der Motor nicht mehr gelaufen. Die Motorhaube sei aber warm gewesen und im Fahrzeug hätten sich zwei Personen befunden, nämlich der Rechtsmittelwerber auf dem Lenkersitz und ein Beifahrer. Der Rechtsmittelwerber habe geschlafen oder sich schlafend gestellt und erst nach hartnäckigem Klopfen des Zeugen RI D und dem guten Zureden des Zeugen F, der im übrigen schon vorher das Beschuldigtenfahrzeug in Richtung einer Personengruppe, bei denen sich die Zeugen J und H befanden, verlassen hatte und der aufgrund des Erscheinens der Gendarmeriebeamten zum Fahrzeug zurückgegangen war, das Fenster einen Spalt geöffnet. RI D habe dann die Verriegelung gelöst und die PKW-Tür geöffnet. Dabei habe er beim Rechtsmittelwerber Alkoholisierungssymptome wahrgenommen und ihn zum Alkotest aufgefordert, was dieser aber mit der Begründung verweigert habe, er sei nicht gefahren. Er habe dem Rechtsmittelwerber daraufhin den Führerschein abgenommen, die Abnahmebestätigung aber nicht mehr fertiggeschrieben, weil dieser versucht habe, ihm den Führerschein zu entreißen. Eine Schlüsselabnahme sei nicht erfolgt, weil der Fahrzeugschlüssel plötzlich verschwunden gewesen sei. Es sei aber keine Rede davon gewesen, daß jemand anderer den Schlüssel habe.

Sowohl der Zeuge F als auch der Zeuge S haben be stätigt, daß der Rechtsmittelwerber bei der Veranstaltung Alkohol getrunken und ihnen mitgeteilt habe, er fahre nicht mehr mit dem PKW. Nach dem Jausnen hätten der Rechtsmittelwerber und der Zeuge S beschlossen, im Fahrzeug zu schlafen und der Zeuge F sei ausgestiegen und hätte sich mit Bekannten unterhalten. Die Zeugen F und S haben bestätigt, daß der Motor nicht gestartet worden sei, zumal es wegen der Wärme nicht notwendig gewesen sei, die Heizung einzuschalten, noch das Radio gelaufen sei. Es sei möglich, daß der Rechtsmittelwerber vor dem Jausnen Bemerkungen über die Gendarmeriebeamten in Richtung einer entfernten Peronengruppe gerufen habe. Bei der Amtshandlung sei nicht darüber gesprochen worden, daß der Rechtsmittelwerber gar keine Fahrzeugschlüssel habe. Auch die Zeugen J und H haben die drei Personen im Beschuldigten-PKW sitzen und jausnen gesehen, haben jedoch ein Laufen des Motors oder ein Anstarten nicht bemerkt.

Für den unabhängigen Verwaltungssenat ergeben sich auf der Grundlage des Beweisverfahrens und des auf der damals als Parkplatz verwendeten Wiese durchgeführten Ortsaugenscheins im wesentlichen zwei verschiedene Schilderungen des Vorfalls. Daß der Rechtsmittelwerber offenbar wahrscheinlich als Scherz gedachte, jedoch von den Gendarmeriebeamten durchaus zutreffend als frech und beleidigend empfundene Äußerungen in deren Richtung gerufen hat, wurde auch von den vom Rechtsmittelwerber beantragten Zeugen mehr oder weniger direkt bestätigt. Divergenzen bestehen jedoch zwischen den Gendarmeriebeamten und den Zeugen des Rechtsmittelwerbers dahingehend, daß die Gendarmeriebeamten übereinstimmend behaupten, der Motor des Beschuldigtenfahrzeuges sei in Betrieb gewesen, als sich der Rechtsmittelwerber auf dem Lenkersitz befunden habe, weshalb für sie davon auszugehen gewesen sei, daß dieser den Motor gestartet und damit den PKW in Betrieb genommen habe. Diese Beobachtung sei akustisch und optisch uneingeschränkt möglich gewesen und eine Verwechslung ausgeschlossen. Die Zeugen F, S, J und H behaupten hingegen, eine Inbetriebnahme des Fahrzeuges sei während der Anwesenheit der Gendarmeriebeamten auf dem Parkplatz nie erfolgt und der Rechtsmittelwerber habe auch das Fahrzeug gar nicht starten können, weil der Zeuge F die Schlüssel gehabt habe.

Der unabhängige Verwaltungssenat vermag auf der Grundlage des Beweisverfahrens weder die zeugenschaftlichen Aussagen der Gendarmeriebeamten noch die unter eindringlichem Hinweis auf die Wahrheitspflicht gemachten Angaben der vom Rechtsmittelwerber geltend gemachten Zeugen als unrichtig zu qualifizieren und entsprechend zu widerlegen.

4.2. In rechtlicher Hinsicht ist auszuführen, daß sich der in Rede stehende Vorfall am 21. August 1994, also zum Geltungszeitpunkt der Straßenverkehrsordnung idFd 18.

StVO-Novelle ereignet hat. Eine Verweigerung der Atemalkoholuntersuchung nach einer auf der Vermutung der Alkoholbeeinträchtigung basierenden Aufforderung durch ein hiezu ermächtigtes Straßenaufsichtsorgan nach einer Inbetriebnahme eines Fahrzeuges erfüllte zum damaligen Zeitpunkt den Tatbestand des § 99 Abs.1 lit.b iVm § 5 Abs.2 der Straßenverkehrsordnung 1960 idF BGBl.Nr. 522/93.

Gemäß den Bestimmungen des § 1 Abs.2 VStG richtet sich die Strafe nach dem zur Zeit der Tat geltenden Recht, es sei denn, daß das zur Zeit der Fällung des Bescheides in erster Instanz geltende Recht für den Täter günstiger wäre.

Mit 1. Oktober 1994 ist die Straßenverkehrsordnung idFd 19.

StVO-Novelle, BGBl.Nr.518/94, in Kraft getreten und hat somit zum Zeitpunkt der Fällung des Straferkenntnisses (11.

April 1995) bereits gegolten. Es war daher zu beurteilen, ob, hätte sich der Vorfall nach Inkrafttreten der 19.

StVO-Novelle ereignet, das Verhalten des Rechtsmittelwerbers zum einen überhaupt als Verwaltungsübertretung dargestellt hätte und wenn ja, ob diese Bestimmung nach der neuen Rechtslage für den Rechtsmittelwerber günstiger gewesen wäre.

Gemäß § 99 Abs.1 lit.b StVO 1960 idFd 19. StVO-Novelle begeht eine Verwaltungsübertretung und ist zu bestrafen, wer sich bei Vorliegen der in § 5 bezeichneten Voraussetzungen weigert, seine Atemluft auf Alkoholgehalt untersuchen oder sich vorführen zu lassen ....

Gemäß § 5 Abs.2 leg.cit. sind Organe des amtsärztlichen Dienstes oder besonders geschulte und von der Behörde hiezu ermächtigte Organe der Straßenaufsicht berechtigt, jederzeit die Atemluft von Personen, die ein Fahrzeug lenken, in Betrieb nehmen oder zu lenken oder in Betrieb zu nehmen versuchen auf Alkoholgehalt zu untersuchen. Sie sind außerdem berechtigt, die Atemluft von Personen, die verdächtig sind, in einem vermutlich durch Alkohol beeinträchtigten Zustand 1. ein Fahrzeug gelenkt zu haben oder 2. als Fußgänger einen Verkehrsunfall verursacht zu haben, auf Alkoholgehalt zu untersuchen. Wer zu einer Untersuchung der Atemluft aufgefordert wird, hat sich dieser zu unterziehen.

§ 5 Abs.2 in der neuen Fassung enthält grundsätzlich drei Tatbestände. Nach dem ersten Satz dieser Bestimmung können Straßenaufsichtsorgane jederzeit die Atemluft von Personen, die ein Fahrzeug lenken, in Betrieb nehmen oder dies versuchen auf Alkoholgehalt untersuchen, ohne daß hiezu eine Vermutung der Alkoholbeeinträchtigung erforderlich ist. Aus der Regierungsvorlage geht hiezu hervor, daß mit dieser Bestimmung planquadratmäßige Atemalkoholkontrollen eine gesetzliche Grundlage erhalten sollen. Voraussetzung ist damit, daß das auffordernde Straßenaufsichtsorgan das Untersuchungsgerät, nämlich den Alkomat, an Ort und Stelle mitführt, und der Lenker des Fahrzeuges an Ort und Stelle eine Atemalkoholuntersuchung durchführen kann. Diese Bestimmung ist jedoch dann nicht anzuwenden, wenn das Straßenaufsichtsorgan kein Atemalkoholuntersuchungsgerät mitführt und der aufgeforderte Fahrzeuglenker zum nächstgelegenen Gendarmerieposten mitfahren muß, um dort einen Alkotest durchzuführen.

Im gegenständlichen Fall hat sich aus dem Verfahrensakt und auch aus dem durchgeführten Beweisverfahren ergeben, daß die Meldungsleger ein Atemalkoholuntersuchungsgerät nicht mitgeführt haben, dh der Rechtsmittelwerber hätte zum nächstgelegenen Gendarmerieposten, bei dem sich ein einsatzbereites Atemalkoholtestgerät befand, mitkommen müssen. Ein solches Vorgehen wäre aber unter den zweiten Satz der Bestimmung des § 5 Abs.2 leg.cit. zu subsumieren, wobei hier jedoch der Kreis der Personen, die durch ein Straßenaufsichtsorgan unter der Voraussetzung der Vermutung der Alkoholbeeinträchtigung zur Durchführung einer Atemalkoholuntersuchung aufgefordert werden können, eingeschränkt wurde auf 1.

Personen die verdächtig sind, ein Fahrzeug gelenkt zu haben, oder 2. Personen, die verdächtig sind, als Fußgänger einen Verkehrsunfall verursacht zu haben.

Die Regierungsvorlage 1994 führt hiezu aus:

"Ziffer 1 trifft dafür Vorsorge, daß auch Personen, die nicht vor Ort einer Atemalkoholuntersuchung unterzogen werden konnten, insbesondere etwa weil sie einer Aufforderung, ihr Fahrzeug anzuhalten nicht Folge geleistet haben, oder auch bei "Fahrerflucht" im Zusammenhang mit einem Verkehrsunfall, nachträglich zum Zweck der Beweissicherung einer Alkoholkontrolle zugeführt werden können." Im zweiten Satz Ziffer 1 der maßgebenden Bestimmung sind aber nur mehr Personen angeführt, die verdächtig sind, ein Fahrzeug gelenkt zu haben, nicht aber Personen, die verdächtig sind, ein Fahrzeug in Betrieb genommen zu haben oder versucht haben, ein Fahrzeug zu lenken oder in Betrieb zu nehmen.

In seinem Überblick zur 19. StVO-Novelle führt Univ.-Prof.

Dr. Stolzlechner zu dieser Bestimmung aus:

"... Wesentlich ist noch ein anderer Unterschied zum ersten Satz des Absatzes 2. Nach Satz 2 dürfen (lediglich) Personen kontrolliert werden, die verdächtig sind, alkoholisiert "ein Fahrzeug gelenkt zu haben". Im Umkehrschluß ist daraus abzuleiten: Bei einem Lenkversuch bzw. bei (einem) Inbetriebnahme(versuch) dürfen weder eine Atemluftuntersuchung noch eine Verbringung nach Abs.4 durchgeführt werden. Beobachten danach Exekutivorgane eine Person, die alkoholisiert ihr Auto öffnet und startet (ohne wegzufahren), so darf die Atemluft zwar an Ort und Stelle geprüft werden (Abs.2 erster Satz), steht ein Alkomat jedoch nicht zur Verfügung, ist eine Verbringung dieser Person zur nächsten Dienststelle unzulässig, weil nicht gelenkt wurde. Damit aber fehlt es am Beweis für eine Übertretung nach § 5 Abs.1 iVm § 99 Abs.1 lit.a in Form der Inbetriebnahme. Die Einleitung eines Verwaltungsstrafverfahrens wäre daher sinnlos.

Die Annahme einer (unbeabsichtigten) Gesetzeslücke verbietet sich, einmal mit Rücksicht auf den klaren Wortlaut und die diesen bestätigenden Erlässe, sowie ferner bei Berücksichtigung des systematischen Hinweises auf Abs.4 letzter Halbsatz, wo gleichfalls nur auf die "Zeit des Lenkens" abgestellt wird." (vgl. Stolzlechner "Hauptpunkte der 19.

StVO-Novelle" in: Zeitschrift für Verkehrsrecht, Heft 12, Dezember 1994, S 353ff).

Nach Auffassung des unabhängigen Verwaltungssenates besteht die durchaus schlüssige und auch nicht als unbillig anzusehende Hintergrundüberlegung dieser Bestimmung darin, daß eine Person, die ein Fahrzeug zwar in Betrieb genommen bzw solches oder ein Lenken versucht hat, es aber dann doch unterläßt, dieses Fahrzeug zu lenken, gleichsam als "Belohnung" für diesen Willensentschluß nicht wegen dieser Inbetriebnahme strafbar sein soll.

Nähme man nun die für den Rechtsmittelwerber ungünstigste Variante an, nämlich daß er tatsächlich den PKW durch Starten des Motors in Betrieb genommen hätte, führte dies zur Konsequenz, daß, hätte er zum Zeitpunkt der Geltung der 19. StVO-Novelle dieses Verhalten gesetzt, er keinen der in § 5 Abs.2 iVm § 99 Abs.1 lit.b StVO 1960 normierten Tatbestände erfüllt hätte und daher seine Verweigerung der Atemluftalkoholuntersuchung straflos wäre.

Unter Bedachtnahme auf die Bestimmung des § 1 Abs.2 VStG ist die 19. StVO-Novelle zweifellos das für den Rechtsmittelwerber günstigere Recht, das auch zum Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Straferkenntnisses bereits in Geltung stand. Aus diesem Grund wäre das Verhalten des Rechtsmittelwerbers aus der Sicht der 19. StVO-Novelle zu sehen gewesen.

Gemäß § 45 Abs.1 Z1 VStG hat die Behörde von der Einleitung oder Fortführung eines Strafverfahrens abzusehen und die Einstellung zu verfügen, wenn die dem Beschuldigten zur Last gelegte Tat keine Verwaltungsübertretung bildet.

Auf dieser Grundlage war spruchgemäß zu entscheiden.

zu II.:

Der Entfall der Verfahrenskosten ist gesetzlich begründet.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Beilagen Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Dr. Wegschaider

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