Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-102945/6/Bi/Fb

Linz, 17.11.1995

VwSen-102945/6/Bi/Fb Linz, am 17. November 1995 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Bissenberger über die Berufung des J S in S vom 16. Mai 1995 gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck vom 13. April 1995, VerkR96-4441-1995, in Angelegenheit einer Übertretung der Straßenverkehrsordnung 1960, zu Recht erkannt:

Der Berufung wird Folge gegeben und der angefochtene Bescheid behoben.

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24 und 51 Abs.1 VStG.

Entscheidungsgründe:

1. Die Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck hat mit dem angefochtenen Bescheid den Einspruch des Rechtsmittelwerbers vom 12. April 1995 gegen die Strafverfügung vom 7. Februar 1995, VerkR96-4441-1995, wegen Übertretung der Straßenverkehrsordnung 1960 gemäß § 49 Abs.1 VStG als verspätet eingebracht zurückgewiesen.

2. Dagegen hat der Rechtsmittelwerber fristgerecht Berufung erhoben, die seitens der Erstinstanz ohne Berufungsvorentscheidung dem unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich vorgelegt wurde. Da in der zugrundeliegenden Strafverfügung keine 10.000 S übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, war durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden (§ 51c VStG). Die Anberaumung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung erübrigte sich, weil bereits aufgrund der Aktenlage ersichtlich war, daß der angefochtene Bescheid aufzuheben war (§ 51e Abs.1 VStG).

3. Der Rechtsmittelwerber wendet ein, er sei zum Zeitpunkt der Hinterlegung nicht in S sondern in G im Baustellenbüro durchgehend beschäftigt gewesen und habe keine Information erhalten. Es sei daher der Einwand berechtigt, daß er eine Neuzustellung verlangen könne, zumal der Wagen neben ihm auch von anderen Personen benützt werde.

4. Der unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt der Erstinstanz sowie Einholung einer Auskunft des Postamtes 5033 Salzburg über die Rechtzeitigkeit der Berufung.

Demnach steht fest, daß der PKW, Kennzeichen, am 13.

Dezember 1994 um 16.07 Uhr auf der A1 Westautobahn, km 237,9, im Gemeindegebiet S Richtung W fahrend, mit einer Geschwindigkeit von 178 km/h gemessen wurde, obwohl nur 130 km/h erlaubt waren. Die in den Verwendungsbestimmungen für das verwendete Radargerät Multanova 6F vorgesehenen Toleranzwerte wurden abgezogen und eine tatsächliche Geschwindigkeit von 169 km/h der Anzeige zugrundegelegt. Als Zulassungsbesitzer wurde der Rechtsmittelwerber ermittelt und an diesen seitens der Erstinstanz die Strafverfügung vom 7. Februar 1995 abgesendet. Laut RSa-Rückschein wurde die Strafverfügung nach zwei erfolglosen Zustellversuchen am 15.

und 16. Februar 1995 mit Beginn der Abholfrist 17. Februar 1995 beim Postamt 5033 Salzburg hinterlegt. Die Sendung wurde mit dem Vermerk "nicht behoben" am 7. März 1995 an die Erstinstanz zurückgesendet.

In der Zahlungsaufforderung vom 11. April 1995 wurde auf den "rechtskräftigen Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck vom 7. Februar 1995, VerkR96-4441-1995" verwiesen und der Rechtsmittelwerber darauf hingewiesen, daß er zu einer - noch ausständigen - Leistung von 2.000 S verpflichtet worden sei.

Der Rechtsmittelwerber hat im Einspruch vom 12. April 1995 den genannten Bescheid als unbekannt bezeichnet, weil er ihm von der Post nicht zugestellt worden sei. Er hat weiters ersucht, ihm die Einspruchsfrist neu einzuräumen.

Daraufhin erging der nunmehr angefochtene Bescheid.

In rechtlicher Hinsicht ist auszuführen, daß die Erstinstanz laut Begründung des nunmehr angefochtenen Bescheides offenbar den Hinterlegungszeitpunkt dieser Strafverfügung am 17.

Februar 1995 als Grundlage für die Berechnung der Rechtsmittelfrist angenommen hat. Sie ist aber mit keinem Wort darauf eingegangen, aus welchem Grund sie zu dieser Auffassung gelangte, noch dazu, wenn das Straferkenntnis seitens der Post mit 7. März 1995 retourniert wurde.

§ 49 Abs.1 VStG knüpft nämlich die Rechtsmittelfrist eindeutig an die Zustellung der Strafverfügung. Gemäß § 17 Abs.1 ZustellG ist das Schriftstück, wenn die Sendung an der Abgabestelle nicht zugestellt werden kann und der Zusteller Grund zur Annahme hat, daß sich der Empfänger regelmäßig an der Abgabestelle aufhält, im Fall der Zustellung durch die Post beim zuständigen Postamt zu hinterlegen. Gemäß Abs.3 dieser Bestimmung ist die hinterlegte Sendung mindestens zwei Wochen zur Abholung bereitzuhalten, wobei der Lauf dieser Frist mit dem Tag beginnt, an dem die Sendung erstmals zur Abholung bereitgehalten wird - im gegenständlichen Fall also dem 17. Februar 1995. Hinterlegte Sendungen gelten mit dem ersten Tag dieser Frist als zugestellt, außer es ergibt sich, daß der Empfänger wegen Abwesenheit von der Abgabestelle nicht rechtzeitig vom Zustellvorgang Kenntnis erlangen konnte. Jedoch wird die Zustellung an dem der Rückkehr an die Abgabestelle folgenden Tag innerhalb der Abholfrist wirksam, an dem die hinterlegte Sendung behoben werden konnte.

Gemäß § 7 ZustellG gilt, wenn bei der Zustellung Mängel unterlaufen, diese als in dem Zeitpunkt vollzogen, in dem das Schriftstück der Person, für die es bestimmt ist, tatsächlich zugekommen ist.

Aus dem Akteninhalt ist eindeutig ersichtlich, daß die Strafverfügung vom Rechtsmittelwerber nicht behoben und seitens der Post an die Erstinstanz zurückgesendet wurde, sodaß sie dem Rechtsmittelwerber nicht zur Kenntnis gelangen konnte.

Daraus folgt aber, daß seitens der Erstinstanz der Einspruch vom 12. April 1995 nicht als verspätet zurückgewiesen hätte werden dürfen, sondern daß zumindest erhoben hätte werden müssen, ob der Rechtsmittelwerber zum Hinterlegungszeitpunkt ortsabwesend im Sinn der Bestimmung des § 17 Abs.3 ZustellG war.

In seiner Berufung vom 16. Mai 1995 hat der Rechtsmittelwerber geltend gemacht, er sei zum Zeitpunkt der Hinterlegung nicht in Salzburg gewesen, sondern hätte sich durchgehend im Baustellenbüro in Graz aufgehalten. Für den unabhängigen Verwaltungssenat besteht keinerlei Zweifel an der Richtigkeit dieser Mitteilung, zumal ein solcher länger dauernder Aufenthalt auch vom beruflichen Umfeld des Rechts mittelwerbers her durchaus nachvollziehbar ist.

Zusammenfassend gelangt der unabhängige Verwaltungssenat zu der Auffassung, daß die in Rede stehende Strafverfügung dem Rechtsmittelwerber bislang nicht ordnungsgemäß zugestellt wurde, sodaß spruchgemäß zu entscheiden war.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Mag. Bissenberger

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