Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
FAQs| Sitemap| Weblinks

VwSen-102949/36/Bi/Fb

Linz, 22.07.1996

VwSen-102949/36/Bi/Fb Linz, am 22. Juli 1996 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Bissenberger über die Berufung des Herrn W S, R, S, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. K P, A, S, vom 8. Juni 1995 gegen die Punkte 1), 2), 3), 5) und 6) sowie die im Punkt 4) des Straferkenntnisses der Bezirkshauptmannschaft Gmunden vom 23. Mai 1995, VerkR96-11120-1993, verhängte Strafe wegen Übertretungen der Straßenverkehrsordnung 1960, nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung am 16. November 1995 und 14. Februar 1996 und Verkündung der Berufungsentscheidung am 9. Juli 1996 zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird in den Punkten 1), 3) und 5) keine Folge gegeben und diese hinsichtlich Schuld und Strafe mit der Maßgabe bestätigt, daß im Punkt 1) eine Geschwindigkeit von 188 km/h zugrundegelegt wird, im Punkt 3) von einem Nachfahrabstand von 13 m bei einer Geschwindigkeit von 154 km/h ausgegangen wird und im Punkt 5) von einem Nachfahrabstand von 8 m bei einer Geschwindigkeit von 170 km/h ausgegangen wird.

Der Berufung wird im Punkt 2) mit der Maßgabe Folge gegeben, daß "besonders gefährliche Verhältnisse" im Zweifel nicht anzunehmen sind und sohin von einer Verwaltungsübertretung gemäß §§ 18 Abs.1 iVm 99 Abs.3 lit.a StVO 1960 auszugehen ist, der ein Nachfahrabstand von 6 m bei einer Geschwindigkeit von 129 km/h zugrundegelegt wird.

Die Geldstrafe wird auf 2.500 S herabgesetzt, die Ersatzfreiheitsstrafe jedoch bestätigt.

Im Punkt 4) wird der Berufung gegen das Strafausmaß keine Folge gegeben und die verhängte Strafe bestätigt.

Der Berufung wird im Punkt 6) mit der Maßgabe Folge gegeben, daß "besonders gefährliche Verhältnisse" nicht vorlagen und sohin von einer Verwaltungsübertretung gemäß §§ 20 Abs.2 iVm 99 Abs.3 lit.a StVO 1960 auszugehen ist, der eine Geschwindigkeit von 199 km/h zugrundegelegt wird. Die Geldstrafe wird auf 4.500 S herabgesetzt, die Ersatzfreiheitsstrafe bestätigt.

II. Der Rechtsmittelwerber hat in den Punkten 1), 3), 4) und 5) zusätzlich zu den Verfahrenskosten der Erstinstanz Beträge von 1) 600 S, 3) 600 S, 4) 200 S und 5) 600 S, zusammen 2.000 S, ds jeweils 20 % der verhängten Geldstrafen, als Kostenbeitrag zum Rechtsmittelverfahren binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu leisten.

Der Verfahrenskostenbeitrag erster Instanz ermäßigt sich im Punkt 2) auf 250 S und im Punkt 6) auf 450 S; Kostenbeiträge zum Rechtsmittelverfahren entfallen diesbezüglich.

Der Rechtsmittelwerber hat weiters die dem nichtamtlichen Sachverständigen für die fotogrammetrische Auswertung der Lichtbilder und des Videofilms zuerkannten Gebühren (Barauslagen) in Höhe von insgesamt 8.648 S incl.

MWSt binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Rechtsgrundlage:

zu I.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 51 Abs.1, 51i, 44a Z 1 und 3 und 19 VStG, §§ 20 Abs.2, 18 Abs.1, 99 Abs.3 lit.a und 99 Abs.2 lit.c StVO 1960 idF BGBl.Nr. 522/93.

zu II.: § 64 Abs.1, 2 und 3 VStG.

Entscheidungsgründe:

zu I.:

1. Die Bezirkshauptmannschaft Gmunden hat mit dem oben angeführten Straferkenntnis über den Beschuldigten wegen der Verwaltungsübertretungen gemäß 1) §§ 20 Abs.2 iVm 99 Abs.3a StVO 1960, 2), 3) und 5) je §§ 18 Abs.1 iVm 99 Abs.2 lit.c StVO 1960, 4) §§ 15 Abs.1 iVm 99 Abs.3a StVO 1960 und 6) §§ 20 Abs.2 iVm 99 Abs.2 lit.c StVO 1960 Geldstrafen von 1) 3.000 S, 2) 3.000 S, 3) 3.000 S, 4) 1.000 S, 5) 3.000 S und 6) 5.000 S und für den Fall der Uneinbringlichkeit Ersatzfreiheitsstrafen von 1) 3 Tagen, 2) 3 Tagen, 3) 3 Tagen, 4) 1 Tag, 5) 3 Tagen und 6) 5 Tagen verhängt, weil er am 16.

Oktober 1993 um 11.14 Uhr den PKW auf der A in Richtung W gelenkt habe, wobei er 1) zwischen Strkm und , Gemeindegebiet L, die auf Autobahnen erlaubte Höchstgeschwindigkeit von 130 km/h erheblich überschritten habe, 2) bei Strkm es unterlassen habe, vom vor ihm fahrenden Fahrzeug einen solchen Abstand einzuhalten, daß ihm jederzeit das rechtzeitige Anhalten möglich gewesen wäre, auch wenn das vordere Fahrzeug plötzlich abgebremst worden wäre, da er bei einer Geschwindigkeit von ca 150 km/h einen Sicherheitsabstand von lediglich ca 5 m eingehalten habe, 3) bei Strkm es neuerlich unterlassen habe, vom nächsten vor ihm fahrenden Fahrzeug einen solchen Sicherheitsabstand einzuhalten, daß ihm jederzeit das rechtzeitige Anhalten möglich gewesen wäre, auch wenn das vordere Fahrzeug plötzlich abgebremst worden wäre, da er bei einer Fahrgeschwindigkeit von ca 150 km/h einen Sicherheitsabstand von lediglich 8 bis 10 m eingehalten habe, 4) im Gemeindegebiet von V auf Höhe des Strkm ein mehrspuriges Kraftfahrzeug vorschriftswidrig auf der rechten Seite überholt habe, 5) bei Strkm es neuerlich unterlassen habe, vom nächsten vor ihm fahrenden Fahrzeug einen solchen Sicherheitsabstand einzuhalten, daß ihm jederzeit das rechtzeitige Anhalten möglich gewesen wäre, auch wenn das vordere Fahrzeug plötzlich abgebremst worden wäre, da er bei einer Fahrgeschwindigkeit von 194 km/h einen Sicherheitsabstand von lediglich ca 10 m eingehalten habe und 6) zwischen Strkm und die auf Autobahnen erlaubte Höchstgeschwindigkeit von 130 km/h erheblich überschritten habe.

Da zum Tatzeitpunkt starker Fahrzeugverkehr geherrscht habe, seien die unter Punkt 2), 3), 5) und 6) angeführten Verwaltungsübertretungen von ihm unter besonders gefährlichen Verhältnissen begangen worden. Gleichzeitig wurde ihm ein Verfahrenskostenbeitrag von insgesamt 1.800 S auferlegt.

2. Die dagegen fristgerecht eingebrachte Berufung wurde seitens der Erstinstanz ohne Berufungsvorentscheidung dem unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich vorgelegt. Da im einzelnen keine 10.000 S übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, war durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden (§ 51c VStG). Am 16. November 1995 und am 14. Februar 1996 wurde eine öffentliche mündliche Berufungsverhandlung in Anwesenheit der Beschuldigtenvertreter Dr. S und Dr. P - nicht aber des Rechtsmittelwerbers -, des Behördenvertreters Herrn G, der Zeugen CI B und RI H und des technischen Amtssachverständigen Ing. M durchgeführt. Nach der fotogrammetrischen Auswertung der Lichtbilder und des Videofilms wurde Parteiengehör gewahrt und trotz Verzicht des Rechtsmittelwerbers nicht aber der Erstinstanz - die Berufungsentscheidung am 9.

Juli 1996 öffentlich mündlich verkündet.

3. Der Rechtsmittelwerber macht im wesentlichen geltend, er habe weder den erforderlichen Sicherheitsabstand nicht eingehalten, noch seien die vorgeworfenen Geschwindigkeiten denkbar. Auf den Lichtbildern sei sichtbar, daß sein Fahrzeug hinter anderen Fahrzeugen nachfahre, was unterstellen würde, daß diese Fahrzeuge ebenfalls eine derartig hohe Geschwindigkeit eingehalten haben müßten, da es sonst unweigerlich zur Kollision gekommen wäre. Die abgebildeten Fahrzeuge seien aber schon von ihrer Bauart her dafür gar nicht in der Lage. Daraus sei zu schließen, daß die Messung unrichtig erfolgte und jedenfalls nicht aussagekräftig sei, weil das eingesetzte Meßgerät offensichtlich völlig versagt habe.

Die Behauptung der Nichteinhaltung des Sicherheitsabstandes sei ebenfalls nicht schlüssig, weil der Abstand zwischen den Fahrzeugen nicht meßbar, sondern allenfalls spekulativ schätzbar sei, was aber keine taugliche Grundlage für ein Verwaltungsstrafverfahren sei. Die Behörde hätte daher schwere Verfahrensmängel begangen. Ihm sei außerdem die Einsichtnahme in den Videofilm nicht möglich gewesen.

Die Strafen seien im Hinblick auf den Unwertgehalt der Übertretungen völlig überhöht.

Der Rechtsmittelwerber beantragt ausdrücklich die neuerliche Einholung eines Gutachtens eines unabhängigen Sachverständigen zu den bereits im erstinstanzlichen Verfahren aufgelisteten Fragen, die zeugenschaftliche Einvernahme der mel dungslegenden Beamten und die Ausforschung und zeugenschaftliche Einvernahme der Lenker der anderen auf den Lichtbildern ersichtlichen Fahrzeugen.

Er führt weiters aus, wegen des mangelhaften Bescheides sei ein ausführliches meritorisches Eingehen darauf derzeit noch gar nicht möglich, weil dem Bescheid weder eindeutig zu entnehmen sei, von welchem genauen Sachverhalt die Erstinstanz ausgegangen sei, noch, welche rechtlichen Überlegungen sie angestellt habe. Er beantrage daher die Einstellung des Verfahrens.

4. Der unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt der Erstinstanz samt Videofilm und, nachdem dem Rechtsmittelwerber zu Handen seines rechtsfreundlichen Vertreters eine Kopie des Videofilms direkt übermittelt worden war, Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung, bei der die Beschuldigten- wie der Behördenvertreter gehört wurden, in den der Anzeige zugrundeliegenden Videofilm Einsicht genommen wurde, beide Gendarmeriebeamte zeugenschaftlich einvernommen wurden und ein technisches Sachverständigengutachten durch den Amtssachverständigen Ing. M eingeholt wurde. Weiters wurde eine fotogrammetrische Auswertung der im Akt befindlichen Lichtbilder und des Videofilms durch den gerichtlich beeideten Sachverständigen Dipl.-Ing. L zur Frage der konkreten Nachfahrabstände vorgenommen.

Folgender Sachverhalt ist wesentlich:

Der Rechtsmittelwerber hat am 16. Oktober 1993 gegen 11.14 Uhr als Lenker des PKW , eines Porsche 911 Carrera, im Bereich der Gemeindegebiete L und V die W in Richtung W befahren. Zur gleichen Zeit versahen die Zeugen CI B und RI H mit dem Zivilstreifenwagen mit Deckkennzeichen, einem Mercedes 300 E, in den eine ProViDa-Anlage eingebaut war, Verkehrsüberwachungsdienst auf der A, Richtungsfahrbahn W, wobei sie mit einer Geschwindigkeit von 120 km/h auf dem rechten Fahrstreifen fahrend vom Beschuldigten-PKW mit hoher Geschwindigkeit überholt wurden. Bei km hatten sie einen annähernd gleichbleibenden Nachfahrabstand erreicht.

Der Lenker RI H hat bei seiner zeugenschaftlichen Einvernahme ausgeführt, er habe sich während der Nachfahrt um einen gleichbleibenden Abstand zum Vorderfahrzeug bemüht und dem Beifahrer das Erreichen eines solchen bzw dessen Verlust mitgeteilt. CI B habe das ProViDa-Gerät bedient und im Rahmen der Nachfahrt sei auch die ProViDa-Messung mit der Tachoanzeige verglichen worden.

Der Zeuge CI B hat darauf hingewiesen, daß die in der Anzeige aufgeschlüsselte Nachfahrstrecke im nachhinein noch einmal abgefahren und dabei die Kilometerangaben der einzelnen Tatvorwürfe anhand des Videofilms und markanter Punkte überprüft und auf dieser Grundlage von ihm die Anzeige verfaßt wurde. Nach Erinnerung des Zeugen erfolgte die Nachfahrt bis ca km ohne Blaulicht und wurde der Rechtsmittelwerber auf einem Parkplatz bei km angehalten.

Das ProViDa-Gerät sei bei Verwendung auf der Autobahn so eingestellt, daß die Meßstrecke mit 1 km vorgegeben sei, sodaß bei den Geschwindigkeitsmessungen nur noch auf eine Taste getippt zu werden braucht. Es bestehe auch die Möglichkeit, die Messung ohne fixe Entfernungsvorgabe auszulösen.

Im Rahmen der mündlichen Verhandlung wurde festgestellt, daß der Videofilm kurz nach dem Beginn einen Bildausfall von ca 9 sec Dauer zeigt, wobei die vom ProViDa-Gerät angezeigte Zeit weitergelaufen ist; daraus geht hervor, daß der Film nicht zusammengeschnitten wurde. CI B hat den Bildausfall auf einen Fehler beim Überspielen auf eine andere Kassette zurückgeführt, im übrigen aber betont, daß die Geschwindigkeitsfeststellung im Bereich zwischen km und in annähernd gleichbleibendem Nachfahrabstand erfolgte, wobei auch der Zeuge RI H ausschloß, daß diese Geschwindigkeit von einem Aufholmanöver stammt.

Die Nachfahrabstände in den Punkten 2), 3) und 5) des Straferkenntnisses sind auf dem Videofilm dokumentiert, wobei es sich bei den angegebenen Abständen zwischen dem Beschuldigten-PKW und dem jeweils vor ihm fahrenden Fahrzeug um eine Schätzung der beiden Zeugen gehandelt hat. Da auch der kraftfahrtechnische Amtssachverständige diesbezüglich keine genaueren Aussagen treffen konnte, wurden auf ausdrücklichen Antrag des Beschuldigtenvertreters Dr. P der Videofilm und der Verfahrensakt samt den der Anzeige beigeschlossenen Lichtbildern dem gerichtlich beeideten Sachverständigen für Verkehrssicherheit, Straßenverkehr, Verbrennungsmotoren und Fahrzeugbau Dipl.-Ing. J L zur fotogrammetrischen Auswertung übermittelt. Dieser hat unter Zugrundelegung zweier Verfahren die Abstände ermittelt, wobei sich Differenzen von einem halben Meter ergaben. Zugunsten des Rechtsmittelwerbers wurde nunmehr der jeweils größere Wert, nämlich im Punkt 2) 6 m, im Punkt 3) 13 m und im Punkt 5) 8 m, für den jeweiligen Tatvorwurf herangezogen.

Die jeweiligen Geschwindigkeiten bei Einhaltung dieser Nachfahrabstände wurden vom Amtssachverständigen Ing. M anhand des Videofilms und der vom ProViDa-Gerät angezeigten Geschwindigkeit ermittelt. In seinen gutachtlichen Ausführungen gelangt der Amtssachverständige zu der Aussage, daß im Punkt 2) eine Geschwindigkeit von 129 km/h und im Punkt 3) von 154 km/h dem jeweiligen Nachfahrabstand zugrundezulegen ist. Bei der Nachfahrt im Punkt 5) hielt der Rechtsmittelwerber zunächst eine Geschwindigkeit von 194 km/h ein, jedoch ist auf dem Videofilm ein Aufleuchten der Bremslichter beim Auflaufen auf einen weißen Fiat erkennbar.

Dabei ist klar ersichtlich, daß die im Videobild rechts unten aufscheinende Geschwindigkeit von 194 km/h die Eigengeschwindigkeit des im Aufholvorgang begriffenen Gendarmeriefahrzeuges ist. Aus dem weiteren Verlauf des Videofilms, nämlich nach dem Umspuren des weißen Fiat, ergibt sich im Brems- und Beschleunigungsvorgang des Gendarmeriefahrzeuges ein Mindestwert von 171 km/h. Zu diesem Zeitpunkt war der Rechtsmittelwerber bereits wieder im Beschleunigen begriffen, sodaß der Amtssachverständige eine Mindestgeschwindigkeit des Rechtsmittelwerbers von 170 km/h zugrundegelegt hat.

Der Rechtsüberholvorgang betreffend einen Volvo mit L Kennzeichen ist auf dem Videofilm eindeutig zu sehen und der Beschuldigtenvertreter Dr. S hat im Rahmen der mündlichen Verhandlung am 16. November 1995 die Berufung gegen Punkt 4) hinsichtlich Schuld zurückgezogen und auf das Strafausmaß eingeschränkt.

Zum Vorwurf der Geschwindigkeitsüberschreitung im Punkt 6) des Straferkenntnisses ergibt sich aus dem Videofilm eindeutig, daß der Rechtsmittelwerber nach dem Abdrängen des weißen Fiat auf dem freien linken Fahrstreifen beschleunigt hat, wobei kurzfristig ein Spitzenwert von 211 km/h auf dem Videogerät ersichtlich ist. Er ist jedoch in diesem Moment auf einen vor ihm fahrenden PKW aufgelaufen und man sieht deutlich das Aufleuchten der Bremslichter. Der vom Sachverständigen gutachtlich gestützte Geschwindigkeitswert von 199 km/h erklärt sich daraus, daß innerhalb der Strecke zwischen km und zum Zeitpunkt, als das Gendarmeriefahrzeug eine Geschwindigkeit von 199 km/h eingehalten hat, sich der Beschuldigten-PKW vom Gendarmeriefahrzeug entfernt hat, dh eine etwas höhere Geschwindigkeit eingehalten haben muß. Der Wert von 199 km/h entspricht daher unter Bezugnahme auf den Videofilm zweifelsfrei der Realität.

Festzustellen ist weiters, daß zum Zeitpunkt des Vorfalls auf der Richtungsfahrbahn W im angeführten Bereich auf dem rechten Fahrstreifen aufgelockerter Kolonnenverkehr herrschte, wobei beste Straßen- und Sichtverhältnisse bei Sonnenschein und trockener Fahrbahn gegeben waren. Der linke, vom Rechtsmittelwerber - mit Ausnahme des Rechtsüberholens - ständig benützte Fahrstreifen war mäßig befahren, wobei teilweise PKW beim Herannahen des Beschuldigtenfahrzeuges von sich aus den Fahrstreifen wechselten und teilweise die im Spruch unter den Punkten 2), 3) und 5) genannten Fahrzeuge von diesem zum Teil unter Verwendung des linken Blinkers zum Umspuren gebracht wurden.

Für den unabhängigen Verwaltungssenat sind die Aussagen der beiden Gendarmeriebeamten, die im übrigen durch den Videofilm gut dokumentiert sind, ebenso schlüssig und nachvollziehbar wie die Ausführungen des technischen Amtssachverständigen. Der Rechtsmittelwerber vermochte auch der fotogrammetrischen Auswertung grundsätzlich nichts entgegenzusetzen.

Seine Berufungsausführungen lassen darauf schließen, daß ihm der Videofilm während des erstinstanzlichen Verfahrens nie gezeigt wurde, weil sonst seine Verantwortung nicht erklärbar wäre, der Nachfahrabstand hätte jedenfalls ausgereicht.

Er hat sich im übrigen darauf beschränkt, der Erstinstanz Verfahrens- und Begründungsmängel im einzelnen aufzuzählen und durch geeignete Judikatur zu dokumentieren, ohne sich mit den Tatvorwürfen sachlich auseinanderzusetzen. So ist zB nicht nachvollziehbar, warum ein PKW der Marke Mercedes von der Bauart her nicht eine Geschwindigkeit von 150 km/h erreichen sollte, und bezüglich des im Punkt 5) angeführten weißen Fiat ist zu betonen, daß es sich beim festgestellten Nachfahrabstand nicht um einen solchen bei gleichbleibender Geschwindigkeit gehandelt hat, sondern damit der beim Aufschließen erreichte Mindestabstand bei einer Momentangeschwindigkeit von 170 km/h gemeint ist. Die dabei eingehaltene Geschwindigkeit des Fiat wurde nie ermittelt. Die Beweisanträge auf Ausforschung und zeugenschaftliche Einvernahme der jeweiligen PKW-Lenker zum Beweis des Gegenteils sind angesichts des Videos und der der Anzeige angeschlossenen Fotos unlogisch und verzichtbar.

In rechtlicher Hinsicht ist auszuführen:

Zu den Vorwürfen gemäß §§ 20 Abs.2 iVm 99 Abs.3 lit.a StVO 1960 (Punkte 1) und 6) des Straferkenntnisses):

Gemäß § 20 Abs.2 StVO 1960 darf der Lenker eines Fahrzeuges, sofern die Behörde nicht eine geringere Höchstgeschwindigkeit erläßt oder eine höhere Geschwindigkeit erlaubt beides kommt hier nicht in Betracht -, auf Autobahnen nicht schneller als 130 km/h fahren.

Daß das Verhalten des Rechtsmittelwerbers beide Male unter Zugrundelegung einer Geschwindigkeit von 188 km/h im Punkt 1) bzw 199 km/h im Punkt 6) unter diesen Tatbestand zu subsumieren ist, steht außer Zweifel. Dabei wurden die widerspruchsfreien Aussagen der beiden Zeugen dem Tatvorwurf zugrundegelegt und das Beweisverfahren ergab keinen Hinweis auf eine Fehlmessung oder eventuelle Funktionsstörungen der ProViDa-Anlage bzw des in das Kraftfahrzeug eingebauten Geschwindigkeitsmessers, der im übrigen zuletzt vor dem Vorfall am 11. Juni 1993 vom Bundesamt für Eich- und Vermessungswesen geeicht wurde.

Die Behauptungen des Rechtsmittelwerbers, die Messungen seien nicht aussagekräftig und das Gerät habe völlig versagt, konnten im Rahmen der mündlichen Verhandlung nicht verifiziert werden. Zum einen sind beide Gendarmeriebeamte für die Handhabung und Bedienung der ProViDa-Anlage ebenso geschult wie für die Durchführung solcher Nachfahrvorgänge und die Beurteilung der Kriterien für die Heranziehbarkeit eines Meßergebnisses, zum anderen läßt sich, selbst wenn dieses Verfahren der Geschwindigkeitsfeststellung - was bei technischen Geräten nie auszuschließen ist - inzwischen tatsächlich bereits als veraltet angesehen werden müßte, daraus noch nicht der Schluß auf die Nichtverwertbarkeit solcher Messungen ableiten. Der Rechtsmittelwerber hat überdies nicht dargelegt, worauf er seine Behauptung stützt, und im gesamten Beweisverfahren hat sich für eine solche Annahme kein Anhaltspunkt gefunden.

Am Rande zu bemerken ist, daß es für den unabhängigen Verwaltungssenat etwas befremdend ist, daß ein Zivilstreifenfahrzeug der Gendarmerie über eine Strecke von immerhin mehr als 6 km einem offensichtlich zu beanstandenden Fahrzeuglenker ohne Verwendung von Blaulicht bei einem derartigen Verkehrsaufkommen nachfährt. Zweck einer solchen Nachfahrt kann nämlich nicht das "Sammeln von Verwaltungsübertretungen" sein. Abgesehen davon ist auch nicht auszuschließen, daß Fahrzeuglenker dadurch zu "Verfolgungsjagden" geradezu animiert werden. Nach ständiger Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes kann sich ein Rechtsmittelwerber jedoch darauf nicht mit Erfolg berufen (vgl.ua VwGH v 27. Februar 1984, 83/10/0026 Slg 11339A).

Im Punkt 6) wurde seitens der Erstinstanz die Strafnorm des § 99 Abs.2 lit.c StVO 1960 herangezogen, wonach eine Verwaltungsübertretung begeht und mit einer Geldstrafe von 500 S bis 30.000 S, im Fall ihrer Uneinbringlichkeit mit Arrest von 24 Stunden bis zu sechs Wochen zu bestrafen ist, wer ua als Lenker eines Fahrzeuges zB im Hinblick auf eine allgemeine oder durch Straßenverkehrszeichen kundgemachte Geschwindigkeitsbeschränkung unter besonders gefährlichen Verhältnissen oder mit besonderer Rücksichtslosigkeit gegenüber anderen Straßenbenützern gegen die Vorschriften dieses Bundesgesetzes oder der aufgrund dieses Bundesgesetzes erlassenen Verordnungen verstößt.

Im gegenständlichen Fall wurde dem Rechtsmittelwerber seitens der Erstinstanz die Begehung der Verwaltungsübertretung gemäß § 20 Abs.2 leg.cit. unter besonders gefährlichen Verhältnissen zur Last gelegt und dies mit dem starken Verkehrsaufkommen begründet.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in ständiger Judikatur ausgeführt, daß die besonders gefährlichen Verhältnisse Tatbestände erfassen, die außerhalb der Person des Täters liegen (VwGH vom 9. Juli 1964, 76/63). Zum Verstoß gegen eine Geschwindigkeitsbeschränkung muß noch ein weiteres, die be sondere Gefährlichkeit der Verhältnisse begründendes Sachverhaltselement hinzutreten. Als solches kommen insbesondere beeinträchtigte Sichtverhältnisse, ungünstige Fahrbahnbeschaffenheit, starkes Verkehrsaufkommen, Verlauf und Breite der Straße, die körperliche und geistige Verfassung des Lenkers, die Beschaffenheit des Fahrzeuges und in Verbindung mit diesen Umständen auch das absolute Ausmaß der eingehaltenen Fahrgeschwindigkeit in Betracht (vgl VwGH vom 13.

Juni 1989, 89/11/0061).

Im gegenständlichen Fall ergibt sich aus dem Videofilm eindeutig, daß zum Zeitpunkt der Geschwindigkeitsüberschreitung zwar auf dem rechten Fahrstreifen der Richtungsfahrbahn W Fahrzeuge, insbesondere PKW, unterwegs waren, ansonsten aber keinerlei Umstände vorlagen, die eine besondere Gefährlichkeit des Verhaltens des Rechtsmittelwerbers über die nicht als geringfügig anzusehende Geschwindigkeitsüberschreitung hinaus zu begründen vermögen. Die Westautobahn ist zweifellos von der baulichen Gestaltung her für die Einhaltung höherer Geschwindigkeiten geeignet und der linke, vom Rechtsmittelwerber benutzte Fahrstreifen war frei, trocken und übersichtlich.

Auf der Grundlage des Videofilms kann nach Ansicht des unabhängigen Verwaltungssenates im örtlichen Bereich des Tatvorwurfs zu Punkt 6) nicht von "starkem Verkehrsaufkommen" gesprochen werden; ob zur maßgeblichen Zeit sonstwo oder überhaupt auf der Richtungsfahrbahn W der A ein starkes Verkehrsaufkommen herrschte, ist für die konkrete Beurteilung des qualifizierten Tatvorwurfs nicht relevant. Daß ein Fahrzeug mit 199 km/h einige auf dem rechten Fahrstreifen befindliche PKW links überholt, war für deren Lenker im Rückspiegel sichtbar, und ist dieser Umstand für sich allein noch nicht geeignet, besonders gefährliche Verhältnisse zu begründen (vgl VwGH v. 11. Jänner 1984, 82/03/0100). Die Verkehrssituation unmittelbar vor Beginn des Anhaltevorgangs ist vom Tatvorwurf nicht mehr erfaßt.

Der unabhängige Verwaltungssenat gelangt aufgrund dieser Überlegungen zu der Auffassung, daß im gegenständlichen Fall die generelle Strafnorm des § 99 Abs.3 lit.a StVO zur Anwendung zu kommen hat; der Spruch war daher entsprechend abzuändern. Die konkrete Anführung der dem Tatvorwurf zugrundeliegenden Geschwindigkeiten stellt keine inhaltliche Spruchänderung dar, sondern waren diese Werte bereits der erstinstanzlichen Entscheidung zugrundegelegt worden.

Zur Strafbemessung ist auszuführen:

Gemäß § 19 Abs.1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat.

Gemäß § 19 Abs.2 leg.cit. sind überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen und auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der §§ 32 bis 35 des StGB sinngemäß anzuwenden.

Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

Der Strafrahmen des § 99 Abs.3 lit.a StVO 1960 reicht bis 10.000 S Geldstrafe bzw bis zwei Wochen Ersatzfreiheitsstrafe.

Die Erstinstanz hat mangels entsprechender Auskünfte des Rechtsmittelwerbers dessen Nettomonatseinkommen als Transportunternehmer auf 45.000 S geschätzt und das Nichtbestehen von Vermögen und Sorgepflichten angenommen. Dem hat der Rechtsmittelwerber bislang nichts entgegengesetzt, sodaß auch der unabhängige Verwaltungssenat von dieser Schätzung ausgeht.

Die Erstinstanz hat das Nichtbestehen von Milderungs- oder Erschwerungsgründen angenommen. Aus dem Verfahrensakt ergibt sich, daß der Rechtsmittelwerber bei der Erstinstanz verwaltungsstrafrechtlich unbescholten ist und die Vormerkung bei der Bundespolizeidirektion Salzburg aus dem Jahr 1994, also der Zeit nach dem gegenständlichen Vorfall, stammt. Es ist daher von seiner verwaltungsstrafrechtlichen Unbescholtenheit als Milderungsgrund auszugehen. Dem stehen jedoch das Ausmaß der Geschwindigkeitsüberschreitungen - im Punkt 1) 58 km/h und im Punkt 6) 69 km/h - sowie die Häufung der Übertretungen als erschwerend zu wertende Umstände gegenüber. In beiden Fällen ist von vorsätzlicher Tatbegehung die Geschwindigkeit ist für den Lenker analog zum Durchtreten des Gaspedals auf dem Tacho ablesbar und die Differenz zur von den anderen Fahrzeugen eingehaltenen Geschwindigkeit war äußerst auffällig - auszugehen.

Die Herabsetzung der Geldstrafe im Punkt 6) ist im Strafrahmen des § 99 Abs.3 StVO begründet. Im übrigen sind die verhängten Geldstrafen bei hohem Unrechts- und Schuldgehalt und günstigen Einkommensverhältnissen als äußerst mild zu bezeichnen, weshalb eine (weitere) Herabsetzung auch im Hinblick auf general- sowie vor allem spezialpräventive Über legungen nicht gerechtfertigt war. Die Belassung der Ersatzfreiheitsstrafe im Punkt 6) ist darin begründet, daß diese im Verhältnis zur Geldstrafe niedriger bemessen wurde, sodaß auch diesbezüglich der Berufung der Erfolg versagt blieb.

Zu den Vorwürfen gemäß §§ 18 Abs.1 iVm 99 Abs.2 lit.c StVO 1960 (Punkte 2), 3) und 5) des Straferkenntnisses):

Gemäß § 18 Abs.1 StVO 1960 hat der Lenker eines Fahrzeuges stets einen solchen Abstand vom nächsten vor ihm fahrenden Fahrzeug einzuhalten, daß ihm jederzeit das rechtzeitige Anhalten möglich ist, auch wenn das vordere Fahrzeug plötzlich abgebremst wird.

Das Beweisverfahren hat ergeben, daß im Punkt 2) von einer Geschwindigkeit von 129 km/h auszugehen war, zumal der silberfarbene Mercedes, auf den der Rechtsmittelwerber aufgeschlossen hat, sich offenbar an die auf Autobahnen erlaubte Höchstgeschwindigkeit gehalten hat. Der Rechtsmittelwerber war daher gezwungen, die Geschwindigkeit von ca 150 km/h auf 129 km/h zu verlangsamen, wobei zu diesem Zeitpunkt bei gleichbleibendem Nachfahrabstand des Gendarmeriefahrzeuges zum Beschuldigten-PKW 129 km/h die geringste Geschwindigkeit darstellt. Die fotogrammetrische Auswertung des Nachfahrabstandes zu diesem Zeitpunkt ergab unter günstigsten Voraussetzungen 6 m. Beim Aufschließen auf das Fahrzeug hat der Rechtsmittelwerber sofort den linken Blinker betätigt und sich äußerst links, nahe am Mittelstreifen, eingeordnet, um dem Lenker des Mercedes seine Überholabsicht entsprechend klarzumachen. Dieser war daraufhin gezwungen, auf den rechten Fahrstreifen zu wechseln und sich hinter einem weißen Golf einzuordnen.

Daß dieses Verhalten des Rechtsmittelwerbers den Tatbestand des § 18 Abs. 1 StVO 1960 erfüllt, steht außer Zweifel. Der unabhängige Verwaltungssenat gelangt jedoch nach dem Grundsatz "in dubio pro reo" zu der Ansicht, daß der Rechtsmittelwerber im Punkt 2) nicht unter besonders gefährlichen Verhältnissen gehandelt hat, weil aufgrund des fehlerhaften Videofilms das Verkehrsaufkommen im von ihm vor dem Aufschließen zum silberfarbenen Mercedes befahrenen Autobahnabschnitt nicht einschätzbar ist, die Straßen- und Sichtverhältnisse aber einwandfrei waren.

Zu bemerken ist jedoch, daß bei 129 km/h der Lenker eines Fahrzeuges in einer Sekunde 36 m zurücklegt. Bei einer maximalen Reaktionszeit von 0,8 sec und einer Bremsschwellzeit von 0,2 sec folgt daraus, daß in 1 sec der Lenker nur noch die Möglichkeit zur Reaktion und zur Betätigung der Bremse hat, jedoch reicht die Zeit nicht mehr für das Eintreten der Bremswirkung.

Der vom Rechtsmittelwerber eingehaltene Abstand von 6 m beträgt somit gerade ein Sechstel des 1-Sekunden-Abstandes. Er hätte beim kleinsten Fahrfehler des Vordermannes keine Möglichkeit mehr gehabt, einen Auffahrunfall zu verhindern, abgesehen davon, daß auf dem Video einwandfrei eine Person auf dem Beifahrersitz im Beschuldigten-PKW zu erkennen ist, die bei einem solchen Unfall zweifellos Schaden davongetragen hätte.

Die Begehung der Übertretung "mit besonderer Rücksichtslosigkeit" iSd § 99 Abs.2 lit.c StVO 1960 (vgl. ua VwGH v 25.

September 1986, 86/02/0058) wurde dem Rechtsmittelwerber jedoch innerhalb der sechsmonatigen Verfolgungsverjährungsfrist nicht vorgeworfen, sodaß eine Spruchänderung - auch im Hinblick auf die Aussagen der Meldungsleger, die sogar Gegenstand eines fristgerecht erfolgten Parteiengehörs waren, ausgeschlossen ist.

Zur Strafbemessung zu Punkt 2) ist auszuführen, daß die Herabsetzung der Geldstrafe wegen der nunmehr heranzuziehenden Strafnorm des § 99 Abs.3 lit.a StVO 1960 zu erfolgen hatte.

Die gegenüber dem Straferkenntnis geringer anzunehmende Geschwindigkeit (dort wurden 5 m Abstand bei ca. 150 km/h angenommen) sowie die verwaltungsstrafrechtliche Unbescholtenheit rechtfertigen eine weitere Strafherabsetzung nicht, weil zum einen die von der Erstinstanz verhängte Strafe als sehr niedrig auch iZm dem nun anzuwendenden Strafrahmen anzusehen ist, und zum anderen unter Bedachtnahme auf die zweifellos vorsätzliche Tatbegehung, den hohen Unrechtsgehalt der Übertretung und general- und vor allem spezialpräventive Überlegungen bei nicht ungünstigen Einkommensverhältnissen (siehe oben) die Strafe in diesem Ausmaß geboten war. Die Ersatzfreiheitsstrafe wurde im Verhältnis zur Geldstrafe zu gering bemessen.

Im Punkt 3) ist von einem durch fotogrammetrische Auswertung ermittelten Nachfahrabstand des Rechtsmittelwerbers zu einem grünen Mercedes von 13 m bei einer Geschwindigkeit von 154 km/h auszugehen, wobei aus dem Videofilm ersichtlich ist, daß der Rechtsmittelwerber nach dem Überholen des silberfarbenen Mercedes bereits wieder beschleunigt hat, obwohl für ihn zweifellos die relativ geringe Entfernung und die Geschwindigkeit des grünen Mercedes erkennbar war. Da sich zu diesem Zeitpunkt auf dem rechten Fahrstreifen Fahrzeuge befanden, sodaß dem Lenker des grünen Mercedes ein Umspuren unmöglich war, fuhr der Rechtsmittelwerber unter Einhaltung eines wesentlichen zu geringen Sicherheitsabstandes hinter ihm nach, wobei auf dem Videofilm erkennbar ist, daß trotz einer Beschleunigung des Gendarmeriefahrzeuges von 141 bis 151 km/h sich der PKW des Rechtsmittelwerbers noch entfernt hat. Es ist daher davon auszugehen, daß er den MercedesLenker geradezu "vor sich hergetrieben" hat, bis dieser eine Möglichkeit fand, auf den rechten Fahrstreifen zu wechseln.

Der unabhängige Verwaltungssenat vertritt hinsichtlich Punkt 3) die Auffassung, daß hier besonders gefährliche Verhältnisse aufgrund des starken Verkehrsaufkommens deshalb anzunehmen waren, weil der kleinste Fahrfehler des Lenkers des grünen Mercedes unweigerlich zur Gefahr eines Unfalles geführt hätte, wobei sich zu diesem Zeitpunkt mehrere PKW in unmittelbarer Nähe neben diesen beiden Fahrzeugen befunden haben, die mit Sicherheit in einen Auffahrunfall verwickelt worden wären.

Der Verwaltungsgerichtshof hat ua in seinem Erkenntnis vom 23. Oktober 1985, 85/11/0052, ausgesprochen, daß eine bei einem Verstoß gegen die für das Lenken eines Kraftfahrzeuges maßgebenden Verkehrsvorschriften unterlaufene Fahrlässigkeit dann "unter besonders gefährlichen Verhältnissen" anzunehmen ist, wenn sie entweder unter Umständen erfolgt, unter denen nach allgemeiner Erfahrung der Eintritt eines besonders umfangreichen und schweren und zunächst gar nicht überblickbaren Schadens zu erwarten ist, oder wenn die Wahrscheinlichkeit, daß ein umfangreicher und schwerer und zunächst gar nicht überblickbarer Schaden eintreten werde, wegen der vorliegenden Umstände besonders groß ist, und der Lenker, obwohl ihm die eine solche Verschärfung der Verkehrssituation bedingenden Umstände bewußt oder bei gehöriger Aufmerksamkeit erkennbar waren, sich auf diese vom Vorstellungselement der Fahrlässigkeit umfaßten höheren Gefahrenmomente dennoch eingelassen hat.

Im gegenständlichen Fall mußte dem Rechtsmittelwerber sowohl die Überholposition des vor ihm fahrenden grünen PKW bzgl der neben diesem fahrenden Fahrzeugen auffallen, als auch mußte ihm deren Gefährdung zum Zeitpunkt des Nachfahrens mit wesentlich zu geringem Abstand bewußt sein, wobei er sich nicht darauf verlassen durfte, daß dem Lenker des grünen PKW kein Fehler unterlaufen werde. Für diesen war durch das Verhalten des Rechtsmittelwerbers zweifellos eine höhere Nervenanspannung schon durch das Bewußtsein gegeben, daß lediglich eine geringfügige Berührung der Fahrzeuge bei einer solchen Geschwindigkeit genügt, um diese von ihrer Fahrlinie abzubringen, wobei sich der Rechtsmittelwerber auch keinen Eindruck zB vom Alter oder der Persönlichkeit des Lenkers verschaffen konnte. Er hat sich dennoch auf ein solches Manöver eingelassen, wobei weiters zu bedenken ist, daß die Nachfahrgeschwindigkeit von 154 km/h mit der auf Autobahnen höchstzulässigen Geschwindigkeit nicht vereinbar ist und ein zusätzliches Gefahrenmoment schafft, zumal die Beschleunigung zum Teil auch während der direkten Nachfahrt erfolgte.

Auch hier ist eine Spruchergänzung im Hinblick auf eine nach Ansicht des unabhängigen Verwaltungssenates wohl anzunehmende "besondere Rücksichtslosigkeit" wegen bereits eingetretener Verjährung nicht möglich.

Im Punkt 5) ist nach den Ergebnissen des Beweisverfahrens von einem Nachfahrabstand zum weißen Fiat von 8 m bei einer Geschwindigkeit von mindestens 170 km/h auszugehen. Die Geschwindigkeit wurde von Amtssachverständigen auf der Grundlage ermittelt, daß der Rechtsmittelwerber beim Auflaufen auf den Fiat gebremst hat, was aus dem Aufleuchten der Bremslichter erkennbar ist. Zu diesem Zeitpunkt hatte das Gen darmeriefahrzeug die zunächst in den Spruch aufgenommene Geschwindigkeit von 194 km/h, nicht aber der Beschuldigten-PKW. Der Fiat war zu dieser Zeit gerade selbst im Überholen begriffen und fuhr seinerseits hinter einem beigefarbenen PKW nach, der wegen eines auf dem rechten Fahrstreifen befindlichen Fahrzeuges noch keine Möglichkeit zum Umspuren hatte. Unmittelbar nach dem Umspuren wurde nun der weiße Fiat seinerseits durch den Rechtsmittelwerber zum Umspuren nach rechts gedrängt, wobei er auf Grund der massiv kundgetanenen Überholabsicht des Rechtsmittelwerbers (dichtes Auffahren in Position nahe am Mittelstreifen) gezwungen war, sich noch hinter dem beigefarbenen PKW einzuordnen. In diesem Brems- und Beschleunigungsvorgang beträgt die geringste Geschwindigkeit des Gendarmeriefahrzeuges 171 km/h. Auf der Grundlage der gutachtlichen Ausführungen ist die Annahme einer Geschwindigkeit von 170 km/h für den unabhängigen Verwaltungssenat nachvollziehbar.

Der dem nunmehrigen Tatvorwurf zugrundegelegte Nachfahrabstand bei dieser Geschwindigkeit wurde vom nichtamtlichen Sachverständigen DI. L durch fotogrammetrische Auswertung ermittelt, wobei der Rechtsmittelwerber diesem nichts entgegenzusetzen vermocht hat.

Auch im gegenständlichen Fall ist von "besonders gefährlichen Verhältnissen" wegen des starken Verkehrsaufkommens zum maßgeblichen Zeitpunkt auszugehen, zumal in einen bei einer eventuellen Fehlreaktion des Lenkers des weißen Fiat unausweichlichen Auffahrunfall mit Sicherkeit mehrere unmittelbar in der Nähe befindliche PKW verwickelt gewesen wären, sodaß auf die obigen Ausführungen zu Punkt 3) zu verweisen ist. Auch hier ist eine Spruchergänzung im Hinblick auf eine zweifellos bestanden habende "besondere Rücksichtslosigkeit" gegenüber dem Fiat-Lenker mangels geeigneter Ver folgungshandlung nicht möglich.

Zur Strafbemessung in den Punkten 3) und 5) ist auszuführen, daß § 99 Abs.2 StVO 1960 einen Strafrahmen von 500 S bis 30.000 S Geldstrafe bzw. von 24 Stunden bis 6 Wochen Ersatzfreiheitsstrafe vorsieht.

Die von der Erstinstanz jeweils verhängten Geldstrafen sind unter Bedachtnahme auf den Unrechts- und Schuldgehalt - auch hier ist zweifellos von Vorsatz auszugehen - der jeweiligen Übertretung trotz des Umstandes gerechtfertigt, daß die Nachfahrabstände auf Grund des technischen Gutachtens hinsichtlich der Geschwindigkeit sowie der fotogrammetrischen Auswertung geringfügig vom ursprünglichen Tatvorwurf abweichen.

In beiden Fällen hat der Rechtsmittelwerber jedwede Nachfahrabstände überhaupt ignoriert und im Punkt 3) lediglich ein Drittel, im Punkt 5) gar nur ein Sechstel des Einsekundenabstandes eingehalten.

Mildernd war zwar auch hier die verwaltungsstrafrechtliche Unbescholtenheit zu beachten, zusätzlich erschwerend war jedoch die Häufung der Übertretungen, wobei auch die überhöhte Geschwindigkeit - im Punkt 3) 154 km/h und im Punkt 5) 170 km/h - beachtenswert ist. Unter Zugrundelegung der oben erwähnten Einkommensverhältnisse und der vorsätzlichen Tatbegehung vermag der unabhängige Verwaltungssenat keine Überschreitung des bei der Strafbemessung zustehenden Ermessensspielraumes zu erkennen, zumal die Strafen im untersten Bereich des gesetzlichen Strafrahmens liegen und vor allem im Hinblick auf general- sowie spezialpräventive Überlegungen sogar geboten sind.

Zum Strafausmaß im Punkt 4) (Übertretung gemäß §§ 15 Abs.1 iVm 99 Abs.3 lit.a StVO 1960):

Auch hier war die verwaltungsstrafrechtliche Unbescholtenheit mildernd zu werten. In der Einschränkung der Berufung auf das Strafausmaß angesichts des das Rechtsüberholmanöver eindeutig dokumentierenden Videofilms vermag der unabhängige Verwaltungssenat jedoch kein reumütiges Geständnis iSd § 34 Z 17 StGB zu erblicken.

Aus dem Video läßt sich ersehen, daß der Rechtsmittelwerber auch hier versucht hat, den Lenker des Volvo mit Linzer Kennzeichen durch Betätigen des linken Blinkers durch knappes Auffahren zum Umspuren zu veranlassen, jedoch kein Glück hatte, weil sich dieser offensichtlich zum Überholen des auf dem rechten Fahrstreifen befindlichen Autobusses entschlossen hatte. Der Rechtsmittelwerber überholte daraufhin den PKW rechts und wechselte noch unmittelbar hinter dem Autobus wieder auf den linken Fahrstreifen. Auf vorsätzliche Begehung ist deshalb zu schließen, weil der Rechtsmittelwerber die ihm vorgeworfene Übertretung nicht nur in Kauf genommen, sondern offensichtlich in seinem Drang, ohne Rücksicht auf Verluste vorwärts zu kommen, dieses sogar beabsichtigt hat.

Für den unabhängigen Verwaltungssenat besteht aus diesen und aus den gleichen Überlegungen wie oben angeführt (Strafe im untersten Bereich des Strafrahmens, günstige Einkommensverhältnisse, Spezialprävention) kein Anlaß für eine Herabsetzung der sehr niedrigen Geldstrafe bzw der Ersatzfreiheitsstrafe, die auch hier unverhältnismäßig niedrig bemessen wurde.

Zur Auferlegung des Barauslagenersatzes:

Gemäß § 64 Abs.3 VStG ist, wenn im Zuge des Verwaltungsstraf verfahrens Barauslagen erwachsen sind (§ 76 AVG), dem Bestraften der Ersatz dieser Kosten aufzuerlegen, sofern sie nicht durch das Verschulden einer anderen Person verursacht worden sind... Gemäß § 76 Abs.1 AVG gelten als Barauslagen ua auch die Gebühren, die den Sachverständigen zustehen.

Im gegenständlichen Fall wurde zwar ein technischer Amtssachverständiger zur Gutachtenserstellung herangezogen, der jedoch mangels technischer Gegebenheiten nicht in der Lage war, die vom Beschuldigtenvertreter ausdrücklich beantragte und auch vom unabhängigen Verwaltungssenat für erforderlich befundene fotogrammetrische Auswertung der Fotos und des Videofilms durchzuführen. Aus diesem Grund wurde der gerichtlich beeidete nichtamtliche Sachverständige Dipl.Ing. L um Auswertung ersucht.

Nichtamtliche Sachverständige haben gemäß § 53a Abs.1 AVG iVm § 24 VStG Anspruch auf Gebühren unter den gleichen Voraussetzungen wie Sachverständige im gerichtlichen Verfahren.

Die Sachverständigengebühr für DI L (Institut für Verkehrsunfallforschung und Verkehrsunfallrekonstruktion GesmbH = IVVGesmbH) wurde nach den Bestimmungen des Gebührenanspruchsgesetzes 1975 mit (aufgerundet) 8.684 S - davon 250 S Gebühr für das Aktenstudium gem. § 36, 4.900 S Gebühr für die durchgeführten Ermittlungen, 14 Stunden, gem. § 35 Abs.1, 2.056 S für den Ersatz der notwendigen Auslagen gem. §§ 30 und 31 und 20% Umsatzsteuer gem. § 31 Abs.6 GebAG 1975, ds 1.441,20 S - bestimmt, mit Bescheid des unabhängigen Verwaltungssenates vom 21. Mai 1996, VwSen-102949/28/Pf/Km, festgesetzt und am 13. Juni 1996 überwiesen.

Dem geradezu als mutwillig anzusehenden Einwand des Rechts mittelwerbers in seiner Stellungnahme vom 13. Juni 1996 ist entgegenzusetzen, daß nicht bloß ein kurzer Videofilm eingesehen wurde, sondern, wie auch im Gutachten dargelegt, die Fotos und das Video einer genauen Untersuchung im Meßmikroskop unterzogen und einerseits im Computer entzerrt und ausgewertet und andererseits im "Verfahren nach PC-Rect." die Nachfahrabstände ermittelt wurden. Es wurden demnach zwei voneinander unabhängige Verfahren angewandt, sodaß mit Sicherheit mehr als drei Stunden dafür verwendet wurden. Im übrigen vertritt der unabhängige Verwaltungssenat die Auffassung, daß es wohl dem SV selbst überlassen bleiben muß, die tatsächlich für die Ermittlung und Auswertung der Unterlagen für das zu erstellende Gutachten aufgewendete Zeit zu bestimmen, wobei es für jemanden, der mit solchen technischen Verfahren nicht vertraut ist, verständlicherweise schwierig ist, die Zeitkomponente nachzuvollziehen. Lediglich auf Schätzung beruhende gegenteilige Mutmaßungen sind aber nicht geeignet, Zweifel an dieser Aufstellung zu begründen.

In der auch dem Rechtsmittelwerber zur Kenntnis gebrachten Gebührenaufstellung des SV sind als "Barauslagen" ausdrücklich die "Kosten für Spezialmikroskop, Computer und Programm" bezeichnet und diese somit von den für (Farbfoto)kopien, Schreibgebühr (für 3 begonnene Seiten) und Porti (Rücksendung des Verfahrensaktes samt Videokassette) verrechneten Beträgen getrennt ausgewiesen.

Der unabhängige Verwaltungssenat gelangt daher zu der Auffassung, daß die vorgeschriebenen Barauslagen sowohl dem Grunde als auch der Höhe nach als angemessen anzusehen sind und dem Rechtsmittelwerber auf der Grundlage der oben zitierten Gesetzesbestimmungen aufzuerlegen waren.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

zu II.:

Der Ausspruch über den Verfahrenskostenersatz ist gesetzlich begründet.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Mag. Bissenberger

DruckersymbolSeite drucken
Seitenanfang Symbol Seitenanfang
www.uvs-ooe.gv.at| Impressum