Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
FAQs| Sitemap| Weblinks

VwSen-102954/15/Ki/Shn

Linz, 09.10.1995

VwSen-102954/15/Ki/Shn Linz, am 9. Oktober 1995 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch das Mitglied Mag. Alfred Kisch über die Berufung des Günther W gegen das Straferkenntnis der Bundespolizeidirektion Linz vom 31. Mai 1995, Zl.St.17.125/94 In, aufgrund des Ergebnisses der am 6. September 1995 bzw am 2. Oktober 1995 durchgeführten öffentlichen Berufungsverhandlungen hinsichtlich Fakten 1 bis 7 und 9 zu Recht erkannt:

I: Der Berufung wird hinsichtlich Fakten 3 und 4 stattgegeben, diesbezüglich wird das angefochtene Straferkenntnis behoben und das Verfahren eingestellt.

Bezüglich der Fakten 1, 2, 5, 6 und 7 wird festgestellt, daß lediglich eine Verwaltungsübertretung vorliegt und es wird der Strafvorwurf wie folgt spruchgemäß modifiziert:

"Sie haben am 10.12.1994 zwischen 03.16 Uhr und 03.20 Uhr 1) auf der S bei km und in der Folge 2) auf der Auffahrt von der S B1 zur Mühlkreisautobahn A7 bzw auf der A7, Richtungsfahrbahn Nord, zwischen km und den PKW mit dem Kennzeichen gelenkt und in diesen Bereichen die durch Beschilderungen festgesetzten Höchstgeschwindigkeiten von 1) 70 km/h, 2) 80 km/h bis zu um 50 km/h überschritten".

Die von der belangten Behörde für diese Verwaltungsübertretung insgesamt festgelegte Strafe wird auf 5.000 S Geldstrafe bzw 5 Tage Ersatzfreiheitsstrafe herabgesetzt.

Hinsichtlich Faktum 9 wird der Berufung keine Folge gegeben und diesbezüglich das angefochtene Straferkenntnis bestätigt.

II: Hinsichtlich der Fakten 3 und 4 des angefochtenen Straferkenntnisses entfällt die Verpflichtung zur Leistung jeglicher Verfahrenskostenbeiträge.

Hinsichtlich der Fakten 1, 2, 5, 6 und 7 wird der Beitrag des Berufungswerbers zu den Kosten des Verfahrens vor der Strafbehörde auf 500 S herabgesetzt, diesbezüglich entfällt der Beitrag zu den Kosten des Verfahrens vor dem unabhängigen Verwaltungssenat.

Hinsichtlich Faktum 9 hat der Berufungswerber zusätzlich zu den Verfahrenskosten erster Instanz als Kosten für das Berufungsverfahren einen Beitrag von 60 S, ds 20 % der verhängten Geldstrafe, zu entrichten.

Rechtsgrundlagen:

zu I: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 19, 24, 45 Abs.1 Z3 und 51 VStG zu II: §§ 64 Abs.1 und 2, 65 bzw 66 Abs.1 VStG Entscheidungsgründe:

I.1. Die Bundespolizeidirektion Linz hat mit dem nunmehr angefochtenen Straferkenntnis vom 31. Mai 1995, Zl.St.17.125/94 In, über den Berufungswerber ua gemäß § 99 Abs.3 lit.a StVO 1960 bzw § 134 Abs.1 KFG Geldstrafen in Höhe von insgesamt 11.300 S bzw Ersatzfreiheitsstrafen von insgesamt 11 Tagen und 10 Stunden verhängt, weil er am 10.12.1994 um 3.16 Uhr in Linz auf der S bei km den PKW mit dem Kz 1) mit einer Geschwindigkeit von ca 90-100 km/h Ri. A7 gelenkt und dadurch die durch Beschilderung festgesetzte Höchstgeschwindigkeit von 70 km/h um ca 20-30 km/h überschritten hat, 2) auf der Auffahrt von der S zur Mühlkreisautobahn A7 zw den beiden Straßenzügen das Fahrzeug mit einer Geschwindigkeit von 120 km/h gelenkt und dadurch die durch Beschilderung festgesetzte Höchstgeschwindigkeit von 80 km/h um 40 km/h überschritten hat, 3) auf dieser Auffahrt den Fahrstreifen von links nach rechts gewechselt hat, ohne dies anderen Verkehrsteilnehmern rechtzeitig anzuzeigen, 4) um 3.17 Uhr auf der A7, Rfb Nord beim Einordnen vom Beschleunigungsstreifen auf die linke Fahrspur der A7 den Wechsel des Fahrstreifens anderen Verkehrsteilnehmern nicht rechtzeitig angezeigt hat, 5) um 3.18 Uhr auf der A7, Rfb Nord, zwischen km 6,5 und 7,0 das Fahrzeug mit einer Geschwindigkeit von 120 km/h gelenkt und dadurch die durch Beschilderung festgesetzte Höchstgeschwindigkeit von 80 km/h um 40 km/h überschritten hat, 6) auf der A7, Rfb Nord, zwischen km 7,0 und 8,0 das Fahrzeug mit einer Geschwindigkeit von 130 km/h gelenkt und dadurch die durch Beschilderung festgesetzte Höchstgeschwindigkeit von 80 km/h um 50 km/h überschritten hat, 7) um 3.20 Uhr auf der A7, Rfb Nord zwischen km 8,0 und 9,0 das Fahrzeug mit einer Geschwindigkeit 130 km/h gelenkt und dadurch die durch Beschilderung festgesetzte Höchstgeschwindigkeit von 80 km/h um 50 km/h überschritten hat, 9) den Zulassungsschein für den PkW nicht mitgeführt bzw den Straßenaufsichtsorganen auf Aufforderung nicht ausgehändigt hat.

Außerdem wurde er hinsichtlich der gegenständlichen Delikte gemäß § 64 VStG zur Leistung eines Beitrages zu den Kosten des Strafverfahrens von insgesamt 1.130 S (jeweis 10 % der verhängten Geldstrafen) verpflichtet.

I.2. Der Berufungswerber erhob gegen dieses Straferkenntnis mit Schriftsatz vom 16. Juni 1995 rechtzeitig Berufung und er ficht darin das vorgenannte Straferkenntnis seinem gesamten Inhalte nach an. Die im Straferkenntnis zur Last gelegten Tatbestände würden jeweils zu Unrecht angelastet werden. Im wesentlichen werden die ihm vorgehaltenen Geschwindigkeitsüberschreitungen bestritten und darüber hinaus diesbezüglich ausgeführt, daß zufolge vorliegender Deliktseinheit gemäß § 22 VStG lediglich ein Delikt nach § 52a Z10a StVO bestraft werden könnte.

Bezüglich Fahrstreifenwechsel habe er gar keinen solchen durchgeführt, weil dies nach der jeweils angeführten Örtlichkeit in dieser Form technisch gar nicht möglich sei.

Die Verurteilung nach § 102 Abs.5b KFG sei ebenfalls unzutreffend erfolgt, zumal sich der Zulassungsschein zum gegenständlichen Zeitpunkt im PKW befunden habe und er naturgemäß diesen im Wachzimmer nicht vorweisen konnte.

I.3. Die Erstbehörde hat die Berufung samt Verfahrensakt dem O.ö. Verwaltungssenat zur Entscheidung vorgelegt und damit dessen Zuständigkeit ausgelöst. Dieser hatte, weil weder ein primäre Freiheitsstrafen noch 10.000 S übersteigende Geldstrafen verhängt wurden, durch ein Einzelmitglied zu entscheiden.

I.4. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt und Durchführung von mündlichen Berufungsverhandlungen am 6. September 1995 bzw am 2. Oktober 1995 Beweis erhoben.

Bei der Berufungsverhandlung wurden der Berufungswerber sowie als Zeugen RI Franz P, BI Peter W einvernommen. Der Rechtsvertreter des Berufungswerbers sowie ein Vertreter der belangten Behörde haben an der Verhandlung ebenfalls teilgenommen.

I.5. Der Berufungswerber hat bei seiner Einvernahme im wesentlichen ausgeführt, daß er mitbekommen habe, daß ihm ein Fahrzeug nachfährt, daß es sich um ein Polizeifahrzeug handeln könnte, daran habe er nicht gedacht. Dieses Fahrzeug sei ihm in unterschiedlichem Abstand nachgefahren, manchmal sei der Abstand sehr klein gewesen und es sei ihm angedeutet worden, daß der Lenker dieses Fahrzeuges rechts überholen möchte, dann sei der Abstand wieder größer geworden. Das Fahrzeug sei ihm im Bereich der Auffahrt auf die Stadtautobahn (A7) aufgefallen. Angehalten sei er im Bereich der P geworden. Er sei mit etwa 80 bis 90 km/h gefahren, habe jedoch selbst die meiste Zeit nicht auf das Tacho geschaut, er habe das im Gefühl. Bei den Radarüberprüfungsgeräten habe er intuitiv gebremst. Er sei anfangs auf der Überholspur gefahren und habe dann auf den rechten Fahrstreifen gewechselt und sei bis zur Anhaltung auf dem rechten Fahrstreifen geblieben. Nachdem das nachfolgende Fahrzeug angedeutet habe, daß es rechts überholen wolle, habe er etwas beschleunigt und er sei eben auf dem rechten Fahrstreifen weitergefahren. Der Zulassungsschein sei bei der Anhaltung nicht direkt gefordert worden. Das Fahrzeug werde von vier Personen benützt, der Zulassungsschein sei üblicherweise immer im Handschuhfach. Auf der Polizeistation habe er den Zulassungsschein nicht vorweisen können, da sich die Ausweistasche im Handschuhfach befunden habe. Er sei bei der Anhaltung ausschließlich wegen des Führerscheines gefragt worden.

Die beiden als Zeugen einvernommenen Polizeibeamten haben ausgeführt, daß ihnen der Berufungswerber auf der S bereits aufgefallen sei. Der Berufungswerber habe das Dienstfahrzeug linksseitig mit erhöhter Geschwindigkeit überholt und sie hätten daraufhin die Nachfahrt aufgenommen. Lenker des Dienstfahrzeuges war BI W. BI W habe auf der Rampe zur A7 einen gleichbleibenden Abstand herstellen können, in der Regel werde so vorgegangen, daß der Fahrer auf den gleichbleibenden Abstand schaut, während der Beifahrer die Tachoablesung bzw Feststellung von Ort und Zeit vornimmt. Im wesentlichen sei während der gesamten Nachfahrzeit die Geschwindigkeit des Berufungswerbers über 130 km/h gelegen.

Bei den fixen Radargeräten habe der Berufungswerber dann jeweils seine Geschwindigkeit verringert, anschließend habe er wieder beschleunigt. Das Tacho des Dienstfahrzeuges sei radarüberprüft, eine Tabelle hinsichtlich der festgestellten Tachoabweichungen liege im Fahrzeug auf. RI P führte dazu aus, daß er die Liste damals zur Hand genommen und seine Geschwindigkeitsangaben entsprechend dieser Liste angeführt habe. Er selbst habe sich als Beifahrer auf Tatort, Uhrzeit und Tacho konzentriert, wobei die Überprüfung fortlaufend erfolgte. Bezüglich Zulassungsschein hat RI P ausgeführt, daß der Berufungswerber zum Vorweis bei der Anhaltung aufgefordert wurde. Dieser habe erklärt, daß es sich um das Fahrzeug seiner Mutter handle und er daher den Zulassungsschein nicht mithabe.

I.6. In freier Beweiswürdigung gelangt der O.ö.

Verwaltungssenat zur Auffassung, daß den Aussagen der Zeugen Glauben zu schenken ist. Die Aussagen wurden unter Wahrheitspflicht getätigt und sind in sich schlüssig und den Denkgesetzen nachvollziehbar. Der Beschuldigte konnte sich in jede Richtung verteidigen. Dieser Umstand darf zwar nicht schlechthin für ihn belastend gewertet werden, im konkreten Falle ist es ihm jedoch, wie noch dargelegt wird, nicht gelungen, die Aussagen der beiden Zeugen zu widerlegen.

I.7. Unter Zugrundelegung des im Berufungsverfahren gewonnenen Ermittlungsergebnisses hat der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich wie folgt erwogen:

I.7.1. Gemäß § 11 Abs.2 StVO 1960 hat der Lenker eines Fahrzeuges die bevorstehende Änderung der Fahrtrichtung oder den bevorstehenden Wechsel des Fahrstreifens so rechtzeitig anzuzeigen, daß sich andere Straßenbenützer auf den angezeigten Vorgang einstellen können. Er hat die Anzeige zu beenden, wenn er sein Vorhaben ausgeführt hat oder von ihm Abstand nimmt.

Gemäß § 31 Abs.1 VStG ist die Verfolgung einer Person unzulässig, wenn gegen sie binnen der Verjährungsfrist von der Behörde keine Verfolgungshandlung vorgenommen wurde.

Die Verjährungsfrist beträgt in Anwendung des § 31 leg.cit.

ua bei Verwaltungsübertretungen nach der StVO 1960 sechs Monate.

Verfolgungshandlung ist gemäß § 32 Abs.2 VStG jede von einer Behörde gegen eine bestimmte Person als Beschuldigten gerichtete Amtshandlung (Ladung, Vorführungsbefehl, Vernehmung, Ersuchen um Vernehmung, Auftrag zur Ausforschung, Strafverfügung udgl) und zwar auch dann, wenn die Behörde zu dieser Amtshandlung nicht zuständig war, die Amtshandlung ihr Ziel nicht erreicht oder der Beschuldigte davon keine Kenntnis erlangt hat.

Wesentlich ist, daß sich eine Verfolgungshandlung iSd § 32 Abs.2 VStG auf alle die Tat betreffenden Sachverhaltselemente zu beziehen hat.

Ein wesentliches Tatbestandsmerkmal iSd § 44a Z1 VStG stellt hinsichtlich § 11 Abs.2 StVO 1960 der Umstand dar, daß der Fahrtrichtungswechsel so rechtzeitig angezeigt wird, daß sich die anderen Straßenbenützer auf diesen Vorgang rechtzeitig einstellen können (vgl ua VwGH vom 22. März 1995, Zl.94/03/0319). Auf diesen Umstand sind weder die Meldungsleger in ihrer Anzeige eingegangen, noch hat die belangte Behörde dem Berufungswerber dieses Sachverhaltselement im erstinstanzlichen Strafverfahren vorgeworfen. Es wurde lediglich festgestellt, daß der Berufungswerber auf der Auffahrt von der S B1 zur M A7 den Fahrstreifen von links nach rechts gewechselt hat, ohne dies anderen Verkehrsteilnehmern rechtzeitig anzuzeigen bzw er auf der A7, Richtungsfahrbahn Nord beim Einordnen vom Beschleunigungsstreifen auf die linke Fahrspur der A7 den Wechsel des Fahrstreifens anderen Verkehrsteilnehmern nicht rechtzeitig angezeigt hat.

Da hinsichtlich der gegenständlichen Verwaltungsübertretungen keine tauglichen Tatvorwürfe iSd § 32 Abs.2 VStG innerhalb der Verfolgungsverjährungsfrist des § 31 Abs.2 VStG erhoben wurden, ist mittlerweile Verjährung eingetreten und es ist der erkennenden Behörde verwehrt, diesbezüglich eine Spruchergänzung vorzunehmen. Das Straferkenntnis war daher in den Spruchpunkten 3 und 4 aufzuheben und das Strafverfahren gemäß § 45 Abs.1 Z3 VStG einzustellen.

I.7.2. Das Zeichen "Geschwindigkeitsbeschränkung (erlaubte Höchstgeschwindigkeit)" zeigt an, daß das Überschreiten der Fahrgeschwindigkeit, die als Stundenkilometeranzahl im Zeichen angegeben ist, ab dem Zeitpunkt des Zeichens verboten ist (§ 52 lit.a Z10a StVO 1960).

Die dem Berufungswerber vorgeworfene Überschreitung der erlaubten Höchstgeschwindigkeit wurde von den als Zeugen einvernommenen Polizeibeamten durch Nachfahrt mit einem Dienstfahrzeug festgestellt.

Laut Rechtsprechung des VwGH ist das Nachfahren mit einem Behördenfahrzeug zur Ermittlung der Geschwindigkeit eines Kfz eine brauchbare Grundlage für die Ermittlung einer Geschwindigkeitsüberschreitung und es muß einem verkehrsgeschulten Polizeibeamten ein, wenn auch nur im Schätzweg gewonnenes, Urteil zugebilligt werden, ob ein Fahrzeug die zulässige Höchstgeschwindigkeit in erheblichem Maß überschreitet oder nicht.

Überdies hat der VwGH ausgesprochen, daß es beim festgestellten (geschätzten) Ausmaß der Geschwindigkeitsüberschreitung nicht auf einen geeichten Tachometer des nachfahrenden Dienstfahrzeuges ankommt (vgl VwGH vom 24.6.1983, 83/02/0035).

Allerdings ist die Schätzung der gefahrenen Geschwindigkeit durch Nachfahren mit dem Behördenkraftfahrzeug als Beweismittel nur dann zulässig, wenn bei der Nachfahrt verschiedene Kriterien eingehalten wurden.

Diese Kriterien sind:

a) annähernd gleichbleibender Tiefenabstand und möglichst durchgehender Sichtkontakt zum verfolgten Fahrzeug, b) genaue Kenntnis der Geschwindigkeitsanzeige bzw deren Fehlergröße, c) längerzeitiges Nachfahren mit gleichbleibender Geschwindigkeit und d) die Geschwindigkeitsfeststellung muß mindestens zweimal erfolgen.

Sämtliche dieser angeführten Kriterien sind im vorliegenden Falle erfüllt. Die beiden Zeugen sind über eine längere Strecke dem Berufungswerber in annähernd gleichem Tiefenabstand nachgefahren und es bestand auch durchgehender Sichtkontakt zum verfolgten Fahrzeug. Aus der im Fahrzeug befindlichen Tabelle war ihnen die Geschwindigkeitsanzeige bzw die Fehlergröße des Tachometers bekannt und es ist auch das Kriterium des längerzeitigen Nachfahrens mit gleichbleibender Geschwindigkeit erfüllt. Diesbezüglich ist, wie von den technischen Amtssachverständigen in gleichgelagerten Fällen bereits mehrmals ausgeführt wurde, zumindest eine Zeit von 9 Sekunden erforderlich, um eine solche Geschwindigkeitsfeststellung durchführen zu können.

Bei einer Geschwindigkeit von maximal 130 km/h wird hiezu eine Strecke von 325 Metern benötigt. Im vorliegenden Falle betrug die Nachfahrstrecke ein Mehrfaches dieser Mindestdistanz. Schließlich hat der als Beifahrer fungierende Zeuge RI Platzer ausgesagt, daß die Tachoüberprüfung während der Nachfahrt fortlaufend erfolgte, weshalb auch das letzte Kriterium, nämlich die mindestens zweimalige Geschwindigkeitsfeststellung, erfüllt ist.

Im Hinblick auf diese von den Polizeibeamten ordnungsgemäß durchgeführten Nachfahrt bzw Schätzung der gefahrenen Geschwindigkeit steht es für die erkennende Behörde außer Zweifel, daß der Berufungswerber die vorgeworfene Überschreitung der erlaubten Höchstgeschwindigkeit begangen hat und ist die Verwaltungsübertretung als erwiesen anzusehen. Dem Beweisantrag des Berufungswerbers um Beiziehung eines technischen Sachverständigen war im Hinblick auf den objektiv festgestellten eindeutigen Sachverhalt nicht näherzutreten, wobei darauf hingewiesen wird, daß es im Wesen der freien Beweiswürdigung liegt, daß weitere Beweisanträge nicht mehr berücksichtigt werden müssen, wenn die Verwaltungsbehörde sich aufgrund der bisher vorliegenden Beweise ein klares Bild über die maßgebenden Sachverhalte machen konnte (vgl VwGH 94/09/0270 vom 24.2.1995).

Allerdings ist aus den Aussagen der beiden Polizeibeamten abzuleiten, daß der Berufungswerber seine Geschwindigkeit im Bereich der fixmontierten Radarüberprüfungsgeräte nicht exakt auf die erlaubte Höchstgeschwindigkeit reduziert sondern diese auch in diesen Bereichen, wenn auch allenfalls geringfügig, überschritten hat. Aus diesem Grunde liegt lediglich eine Verwaltungsübertretung vor und ist § 22 VStG im vorliegenden Falle nicht anzuwenden, weshalb durch den O.ö. Verwaltungssenat diesbezüglich eine entsprechende Modifizierung des Straferkenntnisses vorzunehmen war. Diese Modifizierung des Tatvorwurfes war zulässig, zumal ausschließlich eine von der belangten Behörde abweichende rechtliche Subsumtion des der Bestrafung zugrundeliegenden Sachverhaltes vorgenommen wurde.

I.7.3. Gemäß § 102 Abs.5 lit.b KFG 1967 hat der Lenker auf Fahrten den Zulassungsschein oder Heereszulassungsschein für das von ihm gelenkte Kraftfahrzeug und einen mit diesem gezogenen Anhänger mitzuführen und den Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes oder der Straßenaufsicht auf Verlangen zur Überprüfung auszuhändigen.

Auch diesbezüglich hat das Ermittlungsverfahren unter Berücksichtigung der Aussage des Meldungslegers ergeben, daß der Berufungswerber jedenfalls am Orte der Anhaltung behauptet hat, daß er den Zulassungsschein nicht mithabe.

Wie bereits oben ausgeführt, bestehen keine Bedenken, der diesbezüglichen Aussage des Meldungslegers Glauben zu schenken, weshalb auch diese Verwaltungsübertretung als erwiesen anzusehen ist.

I.7.4. Zum Verschulden ist festzustellen, daß hinsichtlich der verfahrensgegenständlichen Verwaltungsübertretungen fahrlässiges Verhalten genügt. Gründe, welche ein Verschulden des Berufungswerbers an der Verletzung der gegenständlichen Verwaltungsvorschriften ausschließen würden, wurden nicht behauptet und sind im Verfahren auch nicht hervorgekommen. Der Berufungswerber hat daher die vorgeworfenen Verwaltungsübertretungen auch in subjektiver Hinsicht zu vertreten.

I.8. Zur Strafbemessung (§ 19 VStG) ist festzustellen, daß die nunmehr einheitlich hinsichtlich der Überschreitung der erlaubten Höchstgeschwindigkeit festgesetzte Geld- bzw Ersatzfreiheitsstrafe tat- und schuldangemessen ist. Der vorgesehene Strafrahmen (bis zu 10.000 S) wurde trotz gravierender Überschreitung der erlaubten Höchstgeschwindigkeit (bis zu um 50 km/h) nur zur Hälfte ausgeschöpft und ist im Hinblick auf die Länge der Tatstrecke gerechtfertigt. Die von der Berufungsbehörde vorgenommene Neufestsetzung der Geld- bzw Ersatzfreiheitsstrafe bei gleichzeitiger Einschränkung des Tatvorwurfes auf bloß ein einziges tateinheitliches Delikt steht dem Grundsatz der reformatio in peius nicht entgegen (vgl VwGH vom 6.4.1970, Slg 7771/A, ua).

Die hinsichtlich Punkt 9 des angefochtenen Straferkenntnisses festgelegte Geldstrafe von 300 S stellt bei dem gegebenen Strafrahmen von bis zu 30.000 S Geldstrafe lediglich eine Ahndung der bloßen Ordnungswidrigkeit des Verhaltens des Berufungswerbers dar, weshalb der belangten Behörde diesbezüglich keinerlei Überschreitung ihres Ermessensspielraumes unterstellt werden kann.

Im Hinblick auf die zahlreichen Verwaltungsstrafvormerkungen kommt dem Berufungswerber der Milderungsgrund der verwaltungsstrafrechtlichen Unbescholtenheit nicht zugute.

Berücksichtigt wurde bei der Straffestsetzung, daß der Berufungswerber als Student ein eher niedrigeres Einkommen (laut seinen Angaben 9.000 S jährlich) hat. Sowohl aus spezialpräventiven als auch aus generalpräventiven Gründen ist eine Herabsetzung der festgelegten Strafen nicht vertretbar.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

II. Der Kostenausspruch stützt sich auf die im Spruch angeführten gesetzlichen Bestimmungen.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Beilage Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Mag. K i s c h

DruckersymbolSeite drucken
Seitenanfang Symbol Seitenanfang
www.uvs-ooe.gv.at| Impressum