Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-103018/9/Bi/La

Linz, 26.07.1996

VwSen-103018/9/Bi/La Linz, am 26. Juli 1996 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Bissenberger über die Berufung des Herrn W S, R, S, vertreten durch die Rechtsanwälte Dr. J L, Dr. E W, G, S, vom 4. Juli 1995 (Datum des Poststempels) gegen das Straferkenntnis der Bundespolizeidirektion Steyr vom 12. Juni 1995, St5689/94, wegen Übertretungen der Straßenverkehrsordnung 1960 und des Kraftfahrgesetzes 1967, zu Recht erkannt:

Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis zur Gänze behoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 51 Abs.1, 44a Z1, 2 und 3 und 45 Abs.1 Z1 und 3 und 66 VStG, §§ 102 Abs.5 lit.a und b iVm 134 Abs.1 KFG 1967, §§ 24 Abs.1 lit.d iVm 99 Abs.3a, 97 Abs.4 lit.b iVm 99 Abs.4 lit.i und 19 Abs.7 iVm 19 Abs.4 und 99 Abs.3a StVO 1960 idF BGBl.Nr. 522/93.

Entscheidungsgründe:

1. Die Bundespolizeidirektion Steyr hat mit dem angefochtenen Straferkenntnis über den Beschuldigten wegen der Verwaltungsübertretungen gemäß 1) §§ 24 Abs.1d iVm 99 Abs.3a StVO 1960 2) §§ 102 Abs.5a iVm 134 Abs.1 KFG 1967, 3) §§ 102 Abs.5b iVm 134 Abs.1 KFG 1967, 4) §§ 97 Abs.4 iVm 99 Abs.3j StVO 1960 und 5) §§ 19 Abs.7 iVm 99 Abs.3a StVO 1960 Geldstrafen von 1) 300 S, 2) und 3) je 400 S, 4) und 5) je 500 S und für den Fall der Uneinbringlichkeit Ersatzfreiheitsstrafen von 1), 2) und 3) je 18 Stunden, 4) und 5) je einen Tag verhängt, weil er am 30. September 1994 von 12.30 Uhr bis 12.35 Uhr in S Kreuzung H-B den PKW im Bereich von weniger als 5 m vom nächsten Schnittpunkt einander kreuzender Fahrbahnränder gehalten habe, 2) habe er auf Verlangen eines Organs der Straßenaufsicht den Führerschein und 3) den Zulassungsschein nicht zur Überprüfung ausgehändigt, 4) habe er einer Anordnung eines Organs der Straßenaufsicht, den PKW zu entfernen und ordnungsgemäß aufzustellen, keine Folge geleistet und 5) habe er anschließend durch Einbiegen nach links in die B einen vorrangberechtigten Radfahrer zum unvermittelten Bremsen seines Fahrzeuges genötigt.

Gleichzeitig wurde ihm ein Verfahrenskostenbeitrag von insgesamt 210 S auferlegt.

2. Dagegen hat der Rechtsmittelwerber fristgerecht Berufung erhoben, die seitens der Erstinstanz ohne Berufungsvorentscheidung dem unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich vorgelegt wurde. Da keine 10.000 S übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, war durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden (§ 51c VStG). Die Anberaumung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung konnte unterbleiben, weil bereits aus der Aktenlage ersichtlich war, daß der angefochtene Bescheid aufzuheben war (§ 51e Abs.1 VStG).

3. Der Rechtsmittelwerber bekämpft das Straferkenntnis seinem gesamten Inhalt nach, begründet dies damit, sein Fahrzeug sei nicht innerhalb von 5 m vom Schnittpunkt einander grenzender Fahrbahnränder gehalten gewesen, und beantragt diesbezüglich die Anfertigung einer maßstabsgetreuen Skizze mit Einzeichnung der Örtlichkeit und des angeblich vorschriftswidrig gehaltenen Fahrzeuges. Er habe das Fahrzeug außerhalb der 5 m-Marke gehalten, wobei die Kreuzung in diesem Bereich versetzt sei und der von der E kommende Straßenzug in der Folge in der B eine Richtungsänderung mit einer Abweichung von ca. 30 Grad beschreibe. Von links münde die H ein und es komme hier wesentlich darauf an, wo genau der Schnittpunkt der einander kreuzenden Fahrbahnränder liege. Schon die Skizze werde zeigen, daß er die Übertretung nicht zu verantworten habe. Diese sei überdies nicht ausreichend konkretisiert, weil sich nicht ersehen lasse, ob er das Fahrzeug in der H oder in der B gehalten habe. Auch der Anzeige sei dahingehend nichts zu entnehmen.

Er habe den Anordnungen des Straßenaufsichtsorgans, ihm den Führerschein und Zulassungsschein auszuhändigen und den PKW zu entfernen, ehest möglich Folge geleistet. Er sei zum fraglichen Zeitpunkt im Hotel M gesessen und habe dort einen Kaffee getrunken. Er habe dem Meldungsleger mitgeteilt, er müsse erst noch bezahlen und werde dann den Anordnungen Folge leisten, jedoch habe der Meldungsleger dies sofort als Verweigerung der Vorlage der Fahrzeugpapiere gewertet. Da sein Fahrzeug ordnungsgemäß abgestellt gewesen sei, sei er auch nicht zu einer Entfernung verpflichtet gewesen.

Der Vorwurf, er hätte durch Einbiegen nach links in die B einen vorrangberechtigten Radfahrer zum unvermittelten Bremsen seines Fahrzeuges genötigt, entspreche nicht den tatsächlichen Gegebenheiten, weil nicht auf die Entfernung des Radfahrers eingegangen worden sei. Dieser habe sich noch auf Höhe der Papierhandlung B in etwa 30 bis 40 m Entfernung befunden und sei daher nicht zu einem unvermittelten Bremsen veranlaßt worden. Auch diesbezüglich beantrage er die Ein holung eines Lageplans. Im übrigen sei die Ursache für das Bremsen nicht dargetan. Dazu wäre jedenfalls die Befragung des Radfahrers notwendig gewesen.

Der Rechtsmittelwerber hat auf die Durchführung einer mündlichen Berufungsverhandlung ausdrücklich verzichtet und beantragt, das Verfahren einzustellen.

4. Der unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt und in rechtlicher Hinsicht folgendes erwogen:

Gemäß § 44a VStG hat der Spruch, wenn er nicht auf Einstellung lautet unter anderem 1. die als erwiesen angenommene Tat, 2. die Verwaltungsvorschrift, die durch die Tat verletzt worden ist, und 3. die verhängte Strafe und die angewendete Gesetzesbestimmung zu enthalten.

Der Vorschrift des § 44a Z1 VStG ist dann entsprochen, wenn im Spruch des Straferkenntnisses die Tat in so konkretisierter Umschreibung vorgeworfen wird, daß der Beschuldigte in die Lage versetzt wird, auf den konkreten Tatvorwurf bezogene Beweise anzubieten und eben diesen zu widerlegen und der Spruch muß geeignet sein, den Beschuldigten rechtlich davor zu schützen, wegen desselben Verhaltens nochmals zur Verantwortung gezogen zu werden.

Zu Punkt 1:

Gemäß § 24 Abs.1 lit.d StVO 1960 ist das Halten und Parken im Bereich von weniger als 5 m vom nächsten Schnittpunkt einander kreuzender Fahrbahnränder verboten.

Nach ständiger Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes ist in Hinblick auf eine Verwaltungsübertretung gemäß § 24 Abs.1 lit.d StVO die Angabe einer Straße iVm einer bestimmten Hausnummer als Tatort im Sinn des § 44a Z1 VStG ausreichend und es bedarf in diesem Fall nicht der Nennung jener beider Straßenzüge, durch welche der Schnittpunkt der einander kreuzenden Fahrbahnränder gebildet wird (vgl. Erk. v.

22.3.1991, 87/18/0054).

Im gegenständlichen Fall wurde dem Rechtsmittelwerber vorgeworfen, den PKW in "S, Kreuzung H-B" gehalten zu haben, wobei sich auch aus der Anzeige kein konkreter Abstellort ergibt. Es geht zwar hervor, daß er anschließend nach links in die B eingebogen ist, sodaß anzunehmen ist, daß er in der H den PKW abgestellt hatte. Es geht auch hervor, daß das Hotel M, in dessen Gastgarten sich der Beschuldigte befunden hat, in der H 1 liegt. Ein konkreter Abstellort - nämlich vor dem Haus H 1 oder auf der anderen Straßenseite gegenüber - wurde bislang nie konkret angeführt, sodaß diesbezüglich Verjährung eingetreten ist.

Zu den Punkten 2 und 3:

Gemäß § 102 Abs.5 KFG 1967 hat der Lenker auf Fahrten a) den Führerschein und b) den Zulassungsschein mitzuführen und den Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes oder der Straßenaufsicht auf Verlangen zur Überprüfung auszuhändigen.

Nach ständiger Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes besteht eine Verpflichtung zum Mitführen und zum Vorweis des Führerscheins bzw. des Zulassungscheins nur, wenn zwischen dem Lenken eines Kraftfahrzeuges und der späteren Überprüfung ein enger Zusammenhang in zeitlicher, räumlicher und sachlicher Hinsicht besteht (vgl. Erk. v. 30.11.1984, 83/17/0121 ua).

Im gegenständlichen Fall ergibt sich aus dem Verfahrensakt, daß das abgestellte Kraftfahrzeug dem Meldungsleger bereits um 12.30 Uhr auf einer Streifendienstfahrt aufgefallen ist, wobei die Amtshandlung erst nach dessen Rückkehr um 12.35 Uhr begonnen hat. Zu diesem Zeitpunkt saß der Rechtsmittelwerber im Gastgarten und konsumierte ein Getränk. Nach der allgemeinen Lebenserfahrung ist davon auszugehen, daß sich der Rechtsmittelwerber zumindest so lange bereits im Gastgarten befunden haben muß, daß das Bestellen und das Servieren des Getränks erfolgen konnte. Ein enger zeitlicher Zusammenhang mit dem Lenken bestand nach Auffassung des unabhängigen Verwaltungssenates daher um 12.35 Uhr nicht mehr, woran auch der Umstand, daß sich der Rechtsmittelwerber zufällig in Sichtkontakt zum Fahrzeug befand - eine vom Straßenaufsichtsorgan in den Gastgarten gerichtete Aufforderung zum Vorweis der Papiere ist überdies befremdend, selbst wenn außer dem Rechtsmittelwerber dort niemand sitzt -, nichts zu ändern vermag.

Im gegenständlichen Fall bildet die dem Beschuldigten zur Last gelegte Tat keine Verwaltungsübertretung, sodaß das Verfahren diesbezüglich einzustellen war.

Zu Punkt 4:

Gemäß § 97 Abs.4 StVO 1960 in der zum Tatzeitpunkt geltenden Fassung sind die Organe der Straßenaufsicht, wenn es die Sicherheit, Leichtigkeit und Flüssigkeit des sich bewegenden oder die Ordnung des ruhenden Verkehrs erfordert, berechtigt, einzelnen Straßenbenützern für den Einzelfall Anordnungen für die Benützung der Straße zu erteilen und zwar auch solche, die von den sonstigen diesbezüglichen Bestimmungen abweichen. Diese Anordnungen dürfen a) nur gegeben werden, wenn ihre Befolgung ohne Gefährdung von Personen und ohne Beschädigung von Sachen möglich ist, und b) nur befolgt werden, wenn dies ohne Gefährdung von Personen und ohne Beschädigung von Sachen möglich ist.

Strafnorm für diese Bestimmung war nach der zum Tatzeitpunkt (30. September 1994) geltenden Fassung § 99 Abs.4 lit.i StVO 1960 (vgl. VwGH v. 16.5.1963, 1270/62), erst in der ab 1.

Oktober 1994 geltenden 19. StVO-Novelle wurde die Bestimmung des § 99 Abs.3 lit.j Strafnorm für eine derartige Übertretung.

Dem Rechtsmittelwerber wurde im Spruch vorgeworfen, er habe einer Anordnung eines Straßenaufsichtsorgans, den PKW zu entfernen und ordnungsgemäß aufzustellen, keine Folge geleistet, ohne daß in diesem Tatvorwurf das Tatbestandsmerkmal enthalten war, daß die Befolgung dieser Anordnung ohne Gefährdung von Personen und ohne Beschädigung von Sachen möglich gewesen wäre. Außerdem geht nicht hervor, ob und aus welchem Grund die Ordnung des ruhenden Verkehrs die Entfernung des Fahrzeuges erfordert hat. Auch diesbezüglich ist eine nachträgliche Spruchergänzung wegen eingetretener Verjährung nicht mehr möglich.

Zu Punkt 5:

Dem Rechtsmittelwerber wird vorgeworfen, durch Einbiegen nach links in die B einen vorrangberechtigten Radfahrer zum unvermittelten Bremsen seines Fahrzeuges genötigt zu haben.

Bei der Übertretung des § 19 Abs.7 StVO ist zur Umschreibung der Tat im Sinn des § 44a Z1 VStG anzuführen, durch welche der in den Absätzen 1 bis 6 angeführten Verhaltensweisen der Beschuldigte den Tatbestand des § 19 Abs.7 erfüllte. Es muß sich bereits aus der Tatumschreibung ergeben, worauf sich die Wartepflicht gründet, deren Verletzung einen Verstoß gegen § 19 Abs.7 StVO darstellt (vgl. ua VwGH v. 23.10.1986, 86/02/0081).

Im gegenständlichen Fall geht auch aus der Anzeige nicht hervor, aus welchem Grund der Rechtsmittelwerber wartepflichtig gewesen sein soll, sodaß auch diesbezüglich eine Spruchergänzung wegen eingetretener Verjährung unmöglich war.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden und erübrigt sich daher auch die Vorschreibung jeglicher Verfahrenskostenbeiträge.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Mag. Bissenberger

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