Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-103038/17/Bi/Fb

Linz, 09.10.1995

VwSen-103038/17/Bi/Fb Linz, am 9. Oktober 1995 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Bissenberger über die Berufung des Herrn A T in W, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. E B in W, vom 12. Juli 1995 gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Kirchdorf/Krems vom 10. Juni 1995, VerkR96-4794-1994/Bi/Hu, wegen Übertretungen der Straßenverkehrsordnung 1960, aufgrund des Ergebnisses der am 4. Oktober 1995 durchgeführten öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird keine Folge gegeben und das angefochtene Straferkenntnis in beiden Punkten sowohl hinsichtlich des Schuldspruches als auch der verhängten Strafen mit der Maßgabe bestätigt, daß im Punkt 1) eine Übertretung gemäß § 4 Abs.1 lit.b iVm § 99 Abs.2 lit.a StVO 1960 vorliegt und der Spruchteil "und Sie die Unfallstelle verließen" zu entfallen hat.

II. Der Rechtsmittelwerber hat zusätzlich zu den Verfahrenskosten der Erstinstanz im Punkt 1) 400 S und im Punkt 2) 600 S, ds 20 % der verhängten Geldstrafen, als Kostenbeitrag zum Rechtsmittelverfahren zu leisten.

Rechtsgrundlage:

zu I.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 51 Abs.1, 51i, 44a Z1 und 2 und 19 VStG, §§ 4 Abs.1 lit.b iVm 99 Abs.2 lit.a und 31 Abs.1 iVm 99 Abs.2 lit.e StVO 1960.

zu II.: § 64 Abs.1 und 2 VStG.

Entscheidungsgründe:

zu I.:

1. Die Bezirkshauptmannschaft Kirchdorf/Krems hat mit dem oben angeführten Straferkenntnis über den Beschuldigten wegen der Verwaltungsübertretungen gemäß 1) §§ 4 Abs.2 lit.b iVm 99 Abs.2 lit.a StVO 1960 und 2) §§ 31 Abs.1 iVm 99 Abs.2 lit.e StVO 1960 Geldstrafen von 1) 2.000 S und 2) 3.000 S und für den Fall der Uneinbringlichkeit Ersatzfreiheitsstrafen von 1) 60 und 2) 72 Stunden verhängt, weil er am 21.

August 1994 um 23.50 Uhr den PKW auf der V Landesstraße im Gemeindegebiet von V bei Strkm 6,500 in Richtung R gelenkt und es unterlassen habe, 1) nach einem Verkehrsunfall, mit dem sein Verhalten am Unfallort in ursächlichem Zusammenhang gestanden sei und als dessen Folge Schäden für Personen und Sachen zu erwarten gewesen seien, die zur Vermeidung solcher Schäden notwendigen Maßnahmen zu treffen, da die Fahrbahn mit Splittern und Plastikteilen übersät gewesen sei, 2) nach dem unter Punkt 1) angeführten Verkehrsunfall, bei dem Einrichtungen zur Regelung und Sicherung des Verkehrs (Leitschiene und Plastikleitpflock) beschädigt worden seien, den Straßenerhalter oder die nächste Polizei- oder Gendarmeriedienststelle von der Beschädigung unter Bekanntgabe seiner Identität ohne unnötigen Aufschub zu verständigen.

Gleichzeitig wurde ihm ein Verfahrenskostenbeitrag von insgesamt 500 S auferlegt.

2. Dagegen hat der Rechtsmittelwerber fristgerecht Berufung erhoben, die seitens der Erstinstanz ohne Berufungsvorentscheidung dem unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich vorgelegt wurde. Da keine 10.000 S übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, war durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden (§ 51c VStG). Am 4. Oktober 1995 wurde eine öffentliche mündliche Berufungsverhandlung in Anwesenheit des Rechtsmittelwerbers, seines rechtsfreundlichen Vertreters Rechtsanwalt Dr. B, des Vertreters der Erstinstanz Herrn B, der Zeugen S und RI P sowie des technischen Amtssachverständigen Ing. A durchgeführt. Der Zeuge L hat sich entschuldigt, auf seine Einvernahme wurde verzichtet.

3. Der Rechtsmittelwerber macht im wesentlichen geltend, er sei aufgrund des massiven Unfallschocks und der örtlichen Gegebenheiten (der Unfallort sei ein nahezu unbewohntes Freilandgebiet) an der sofortigen Verständigung der nächsten Gendarmeriedienststelle verhindert gewesen. Er habe beim Anwesen S jedenfalls kein Licht erblickt und beim Landwirt S, den er kenne, Hilfe gesucht. Er sei auch nicht beim Zeugen S vorbeigegangen. Er habe am darauffolgenden Morgen sowohl bei der Gendarmeriedienststelle in W als auch bei der Straßenmeisterei W, nämlich bei Herrn L, den Verkehrsunfall mit Schaden an der Leitschiene und dem Leitpflock gemeldet.

Der Gendarmeriedienststelle W sei bereits um 2.00 Uhr früh des Unfalltages seine Identität und die genauen Fahrzeugdaten bekannt gewesen.

Die Tankstelle H und das Gasthaus S hatten zur Unfallzeit geschlossen; die Erstinstanz habe diesbezüglich einen Ortsaugenschein unterlassen. Nach stundenlangem Fußmarsch sei er zuhause angekommen und seine Mutter habe ihm mitgeteilt, daß die Gendarmerie bereits dagewesen sei und sie dem Beamten mitgeteilt habe, daß das Auto ihm gehöre und auch von ihm gelenkt worden sei.

Die Erstinstanz habe es trotz mehrfachem Antrag unterlassen, ein technisches Sachverständigengutachten zur Frage einzuholen, ob durch herumliegende Splitter und Plastikteile überhaupt eine Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer vorhanden gewesen sei und auch zur Frage der Beleuchtung am Fahrzeug zu dem Zeitpunkt, als der Zeuge S aus dem Fenster gesehen habe.

Überdies seien die verhängten Geldstrafen bei weitem zu hoch, weil er vor Antritt seines Präsenzdienstes ein Einkommen von etwa 9.800 S bezogen habe und die Erstinstanz bei richtiger und zweckmäßiger Ermessensübung unter Berücksichtigung der Existenzminimumverordnung und der damit festgelegten unpfändbaren Beträge niedrigere Strafen verhängen hätte müssen.

Der Rechtsmittelwerber beantragt daher die Aufhebung des Straferkenntnisses und Einstellung des Verfahrens nach Durchführung einer mündlichen Berufungsverhandlung mit Durchführung eines Ortsaugenscheins unter Beiziehung des kraftfahrtechnischen Sachverständigen, in eventu Herabsetzung der verhängten Geldstrafen auf ein angemessenes Maß.

4. Der unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt der Erstinstanz sowie Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung, bei der sowohl der Rechtsmittelwerber und sein rechtsfreundlicher Vertreter als auch der Vertreter der Erstinstanz gehört und bei der RI P und S zeugenschaftlich vernommen, die vom Zeugen L vorgelegten Unterlagen eingesehen und nach Durchführung eines Ortsaugenscheins an der Unfallstelle ein kraftfahrtechnisches Sachverständigengutachten erstellt wurden.

4.1. Folgender Sachverhalt ist wesentlich:

Der Rechtsmittelwerber lenkte am Sonntag, dem 21. August 1994, gegen 23.50 Uhr seinen PKW auf der V Landesstraße von V kommend Richtung R, kam bei Strkm 6,500 ins Schleudern, prallte gegen die linksseitige Leitschiene und schleuderte zurück auf die rechte Straßenseite, wo er nach Überfahren einer 2 m hohen Böschung im Straßengraben zum Stillstand kam. Der Rechtsmittelwerber wurde bei dem Unfall nicht verletzt; am Fahrzeug entstand laut Besichtigungsbericht der Versicherung Totalschaden.

Der in unmittelbarer Nähe der Unfallstelle wohnende Zeuge S sah aufgrund des Unfallgeräusches aus dem Fenster und stellte fest, daß ein beleuchteter PKW in Fahrtrichtung bergauf im Straßengraben lag. Nachdem er sich notdürftig angezogen hatte, liefen er und sein Sohn, der unabhängig von ihm die Unfallgeräusche gehört hatte, auf die Straße, wobei mehrere Fenster des Hauses und die im Bereich der Eingangstür befindliche Hauslaterne beleuchtet wurden. Der Zeuge stellte fest, daß das Fahrzeug im Straßengraben dunkel war, sah aber sonst niemanden.

Zum selben Zeitpunkt fand in H eine Veranstaltung statt, sodaß mehrere Fahrzeuge auf der V Landesstraße unterwegs waren. Der Zeuge stellte fest, daß Kleinteile, die offensichtlich vom Fahrzeug stammten, nämlich Glassplitter sowie kleinere Kunststoffteile, auf der Fahrbahn lagen, wobei zum einen das Glitzern dieser Teile im Licht und zum anderen ein Knirschen beim Überfahren dieser Teile durch mehrspurige und einspurige Fahrzeuge feststellbar war. Der Zeuge S und sein Sohn haben anschließend die V Landesstraße von diesen Splittern gesäubert und diese in einem 10 l-Kübel, der ca zu einem Drittel voll wurde, aufbewahrt.

Während der gesamten Zeit dieser Säuberungsarbeiten war keine Person beim Fahrzeug festzustellen; der Zeuge bemerkte lediglich eine Person in heller Kleidung, die auf der V Landesstraße Richtung V ging, es erfolgte jedoch keine Kontaktaufnahme. Der Zeuge S hat, weil ihm der Vorfall eigenartig erschien, um 1.05 Uhr den Gendarmerieposten W verständigt, worauf die Meldungsleger RI P sowie RI S zur Unfallstelle kamen und zunächst den Bereich der V Landesstraße Richtung R und dann Richtung V nach einem eventuellen Unfallenker absuchten. Über das Fahrzeugkennzeichen wurde der Zulassungsbesitzer, nämlich der Rechtsmittelwerber, ermittelt und RI P suchte daraufhin die angegebene Adresse auf, wo die Mutter des Rechtsmittelwerbers erklärte, ihr Sohn sei nicht zuhause, sondern mit dem Fahrzeug unterwegs und normalerweise fahre nur er mit diesem Fahrzeug.

RI P hat im Rahmen der mündlichen Verhandlung ausgeführt, er habe die Eltern ersucht, dem Lenker mitzuteilen, daß er zum Gendarmerieposten kommen solle.

Das Beweisverfahren hat ergeben, daß der Gendarmerieposten W, nachdem die beiden Gendarmeriebeamten zur Unfallstelle gefahren waren, nicht besetzt war, daß die Telefonschaltung jedoch so erfolgte, daß nach vier- bis fünfmaligem Läuten ein Anrufer zum Gendarmerieposten K umgeleitet wurde, dh wenn jemand beim Gendarmerieposten W angerufen hätte, wäre der Anruf zum Gendarmerieposten K gekommen. Beim Gendarmerieposten W sei auch ein Hinweis angebracht, wo die nächste Telefonzelle sei. Der Zeuge ist um 7.00 Uhr früh aus dem Dienst gegangen, ohne daß der Rechtsmittelwerber bis dahin irgendwie in Erscheinung getreten wäre.

Der Rechtsmittelwerber hat sich dahingehend verantwortet, er habe nach dem Unfall, bei dem er zwar keinen Schock im medizinischen Sinn, jedoch einen Unfallschreck erlitten habe, versucht, jemanden zu erreichen, bei dem er telefonieren könne und der ihm den PKW aus dem Straßengraben ziehen könnte. Er sei zu diesem Zweck, nachdem rings um die Unfallstelle kein Licht gewesen sei - ihm sei bekannt, daß ein Teil der umliegenden Häuser im Bereich der Unfallstelle Wochenendhäuser seien, in denen niemand erreichbar sei -, zum oberhalb der Unfallstelle, Richtung V gesehen, befindlichen Gasthaus S gegangen, wo ihm aber nicht geöffnet worden sei. Er habe sich daraufhin entschlossen, zum ca 3 km entfernt befindlichen, ihm persönlich bekannten Landwirt S zu gehen, wobei er zum Teil die V Landesstraße, zum Teil eine Abkürzung durch den Wald benützt habe. Auch beim Landwirt S, der sich in unmittelbarer Nähe des Ortsgebietes V befindet, sei ihm nicht geöffnet worden, sodaß er den Rückweg angetreten habe, an der Unfallstelle vorbei zur Tankstelle H gegangen sei und als ihm auch dort niemand geöffnet habe, auf der Straße Richtung Tierpark E und nachdem er auch sonst niemanden erreicht habe, schließlich nachhause gegangen. Auf der ganzen Gehstrecke seien ihm keinerlei Fahrzeuge entgegengekommen, die er anhalten hätte können. Gegen 5.00 Uhr früh sei er zuhause angekommen, wo ihm seine Eltern mitgeteilt hätten, daß bereits die Gendarmerie hiergewesen sei. Er sei aufgrund seines nächtlichen Fußmarsches erschöpft gewesen und habe sich schlafen gelegt, aber gegen 8.00 Uhr früh beim Gendarmerieposten W angerufen, wo ihm ein Beamter gesagt habe, die Unfallmeldung sei telefonisch jetzt nicht mehr möglich. Der Beamte habe ihm aber nicht gesagt, daß er persönlich kommen müsse. Beim neuerlichen Anruf um 11.00 Uhr sei ihm mitgeteilt worden, er solle zum Posten kommen, worauf er um 14.00 Uhr dort erschienen sei. Bereits am Vormittag habe er die Straßenmeisterei W verständigt, wo ihm der Zeuge L gesagt habe, er müsse schon persönlich bei der Gendarmerie erscheinen.

Die Situation an der Unfallstelle sei so gewesen, daß sich der PKW zur Gänze neben der Fahrbahn befunden habe und seiner Meinung nach sei die Situation für nachfolgende Fahrzeuglenker vollkommen gefahrlos gewesen. Das Fahrzeug sei nur für Lenker aus Richtung V feststellbar gewesen, die seiner Meinung nach nicht irritiert werden konnten. Die Fahrzeugteile bzw die Nummertafel seien auf dem Bankett gelegen und nicht auf der Fahrbahn. Die Lichtverhältnisse seien für die Feststellung dieses Umstandes ausreichend gewesen.

Nach Aussage von RI P ist die Unfallmeldung beim Gendarmerieposten W gegen 13.00 Uhr des 22. August 1994 telefonisch erfolgt und der Rechtsmittelwerber ist gegen 14.00 Uhr dort persönlich erschienen.

Laut Mitteilung des Zeugen L wurde die Beschädigung der Verkehrsleiteinrichtungen, nämlich der Leitschiene sowie eines Leitschienenstehers und eines Leitpflocks, um 14.40 Uhr des 22. August 1994 vom Rechtsmittelwerber telefonisch der Straßenmeisterei W gemeldet.

4.2. In rechtlicher Hinsicht ist auszuführen:

Zu Punkt 1) des Straferkenntnisses:

Gemäß § 4 Abs.1 lit.b StVO 1960 haben alle Personen, deren Verhalten am Unfallort mit einem Verkehrsunfall in ursächlichem Zusammenhang steht, wenn als Folge des Verkehrsunfalles Schäden für Personen oder Sachen zu befürchten sind, die zur Vermeidung solcher Schäden notwendigen Maßnahmen zu treffen.

Gemäß § 99 Abs.2 lit.a leg.cit. begeht der Lenker eines Fahrzeuges, dessen Verhalten am Unfallort mit einem Verkehrsunfall in ursächlichem Zusammenhang steht, eine Verwaltungsübertretung und ist zu bestrafen, sofern er den Bestimmungen des § 4 Abs.1 und 2 zuwiderhandelt.

Das Beweisverfahren hat zweifelsfrei ergeben, daß sich nach dem Verkehrsunfall Glasscherben und kleinere Kunststoffteile auf der Fahrbahn befunden haben. Auch wenn sich der Großteil davon im Bereich des Banketts auf der linken Seite bei der Anstoßstelle an die Leitschiene befunden hat, so hat der Zeuge S eindeutig und glaubwürdig bestätigt, daß auch auf der Fahrbahn solche Teile gelegen sind. Das hat sich zum einen aus dem Glitzern im Licht der Hauslaterne ergeben, zum anderen aus dem Knirschen beim Überfahren durch die Fahrzeuge auf der V Landesstraße. Die Überlegung, daß dadurch ein eventueller Schaden eintreten könnte, hat den Zeugen S bzw seinen Sohn dazu veranlaßt, diese Teile aufzusammeln und von der Fahrbahn zu entfernen.

Der technische Sachverständige hat im Rahmen der mündlichen Verhandlung ausgeführt, daß scharfkantige Glassplitter auch geringerer Abmessungen zum einen in die Reifenlauffläche eindringen und den Reifen beschädigen können, zum anderen dadurch Folgeschäden verursachen können, daß Teile hochgeschleudert werden und nachfolgende oder im Gegenverkehr ankommende Fahrzeuge beschädigt bzw Personen im Nahebereich dieser Stelle verletzt werden könnten. Eine Schleudergefahr zB im Zuge eines Bremsmanövers hat der Sachverständige erst bei einer Anhäufung kleinerer Teile oder beim Vorhandensein einzelner größerer Teile auf der Fahrbahn angenommen, was aber im gegenständlichen Fall nicht vorliegt, sodaß eine Schleudergefahr vom Sachverständigen nicht bejaht werden konnte.

Für den unabhängigen Verwaltungssenat ist durchaus vorstellbar, daß einzelne Glassplitter durch die Unfallstelle passierende Fahrzeuge hochgeschleudert und dadurch Schäden an entgegenkommenden oder nachfolgenden Fahrzeugen bzw auch Verletzungen von eventuell die Unfallstelle passierenden Fußgängern hervorrufen hätten können. Der Zeuge S hat bestätigt, daß bei seiner Anwesenheit an der Unfallstelle dort sehr wohl Fahrzeuge vorbeikamen, auch wenn der Rechtsmittelwerber im Zuge seines Fußmarsches offenbar keine Fahrzeuge wahrgenommen hat. Da jedoch feststeht, daß zum selben Zeitpunkt in H eine Veranstaltung stattfand, war nicht auszuschließen, daß Fahrzeuglenker die Unfallstelle passieren.

Der Rechtsmittelwerber hat zwar eingewendet, daß der Hauptanteil dieser Glasscherben bzw Kunststoffteile im Bankettbereich lagen, jedoch gelangt der unabhängige Verwaltungssenat aufgrund seiner Schilderungen von der Situation an der Unfallstelle zu der Auffassung, daß sich der Rechtsmittelwerber in keiner Weise überzeugt hat, ob überhaupt Kunststoffteile oder Glasscherben sich auf der Fahrbahn befinden und daß er überhaupt nicht in Erwägung gezogen hat, für eine eventuelle Entfernung zu sorgen oder die Unfallstelle abzusichern.

Für den unabhängigen Verwaltungssenat steht fest, daß nach dem Verkehrsunfall eben durch diese Glasscherben bzw Kunststoffsplitter Schäden für Personen oder Sachen zu befürchten waren und daß das Verhalten des Rechtsmittelwerbers zweifellos nicht zur Vermeidung oder Abwendung solcher Schäden geeignet war. Er hat daher den ihm zur Last gelegten Tatbestand zweifellos erfüllt, wobei allein das Wissen, daß das Fahrzeug sich zur Gänze neben der Fahrbahn befand und davon keine Gefahr ausging, nicht geeignet ist, eine Überprüfung des Unfallorts auf sonstige nicht ungefährliche Überreste entbehrlich zu machen. Das Argument des Rechtsmittelwerbers, die meisten Splitter seien nach Aussagen des Zeugen S ohnehin beim Bankett gelegen, geht schon deshalb ins Leere, weil der Rechtsmittelwerber diesbezüglich gar nicht nachgesehen, sondern die Unfallstelle unverzüglich verlassen hat.

Die Spruchabänderung erfolgte zum einen im Hinblick darauf, daß das Verlassen der Unfallstelle nicht Tatbestandsmerkmal der vorgeworfenen Verwaltungsübertretung ist, und zum anderen zur richtigen Zitierung der übertretenen Norm.

Zu Punkt 2) des Straferkenntnisses:

Gemäß § 99 Abs.2 lit.e StVO 1960 begeht eine Verwaltungsübertretung und ist zu bestrafen, wer Einrichtungen zur Regelung und Sicherung des Verkehrs beschädigt, es sei denn, die Beschädigung ist bei einem Verkehrsunfall entstanden und die nächste Polizei- oder Gendarmeriedienststelle oder der Straßenerhalter ist von der Beschädigung unter Bekanntgabe der Identität des Beschädigers ohne unnötigen Aufschub verständigt worden.

Gemäß § 31 Abs.1 leg.cit. sind unter dem Begriff "Einrichtungen zur Regelung und Sicherung des Verkehrs" auch Verkehrsleiteinrichtungen zu verstehen. Dazu zählen auch Leitpflöcke und Leitschienen.

Unbestritten ist, daß beim Verkehrsunfall die auf der linken Seite der V Landesstraße befindliche Leitschiene samt -steher sowie ein Leitpflock beschädigt wurden. Aufgrund des Unfallherganges mußte dieser Umstand dem Rechtsmittelwerber bekannt sein.

Die tatsächliche Verständigung vom Verkehrsunfall erfolgte hinsichtlich des Straßenerhalters, nämlich der Straßenmeisterei W, um 14.40 Uhr des 22. August 1994, hinsichtlich der nächsten Gendarmeriedienststelle, nämlich des Gendarmeriepostens W, jedenfalls um 13.00 Uhr des 22. August 1994 telefonisch bzw um 14.00 Uhr desselben Tages persönlich durch den Rechtsmittelwerber.

Dessen ungeachtet vertritt der unabhängige Verwaltungssenat die Auffassung, daß aufgrund der Lage des Hauses S in unmittelbarer Nähe des Unfallortes unter Aufwendung der erforderlichen Sorgfalt und Aufmerksamkeit eine Verständigung iSd § 99 Abs.2 lit.e StVO 1960 durch den Rechtsmittelwerber erfolgen hätte können, ohne daß dieser 3 km Richtung V und über Umwege (die Straße zum Tierpark E liegt in entgegengesetzter Richtung zum Wohnhaus) nachhause gehen hätte müssen. Erwiesen ist auch, daß sowohl im Ortsgebiet V, in dessen unmittelbarer Nähe sich der Landwirt S befindet, als auch im Ortsgebiet R (dorthin hätte der Rechtsmittelwerber, wäre er auf der V Landesstraße heimgegangen, kommen müssen) öffentliche Telefonzellen befinden, von denen aus eine Verständigung zumindest des Gendarmeriepostens K erfolgen hätte können. Abgesehen davon bestehen beim unabhängigen Verwaltungssenat Zweifel, ob der Rechtsmittelwerber bei entsprechendem Bemühen nicht ein Fahrzeug anhalten hätte können, das ihn in einen der beiden Orte bringen hätte können, zumal der Zeuge S bestätigt hat, daß Fahrzeuge die Unfallstelle während seiner Anwesenheit passiert haben. Eine Telefoniermöglichkeit hätte im Hause S für den Rechtsmittelwerber zweifellos bestanden. Bei diesem Haus handelt es sich nach Auffassung des unabhängigen Verwaltungssenates schon dem äußeren Eindruck nach nicht um ein Wochenendhaus, wobei der Rechtsmittelwerber auch nicht behauptet hat, dort versucht zu haben, jemanden zu erreichen, jedoch ist davon auszugehen, daß sowohl der Zeuge S als auch sein Sohn nach Feststellung des Verkehrsunfalls das Licht in einzelnen Zimmern des Hauses bzw die Hauslaterne eingeschaltet haben, wobei der Rechtsmittelwerber auch vom Gasthaus S aus in der Lage gewesen wäre, sich davon zu überzeugen, ob im Haus S jemand erreichbar ist.

Für den unabhängigen Verwaltungssenat entsteht auf der Grundlage der Schilderung des Rechtsmittelwerbers trotz dessen groß angelegten Nachtwanderungen der Eindruck, daß dieser nichts Realistisches unternommen hat, um tatsächlich jemanden anzutreffen, sondern daß offensichtlich nur ein Interesse bestanden hat, den ihm persönlich bekannten Landwirt S zu ersuchen, ihm den PKW aus dem Straßengraben zu ziehen. Hätte er tatsächlich niemanden erreicht, hätte jedenfalls um 5.00 Uhr früh bei seinem Eintreffen zuhause die Möglichkeit bestanden, den Gendarmerieposten K telefonisch zu erreichen, jedoch hat der Rechtsmittelwerber auch diesbezüglich nichts unternommen, obwohl ihm klar sein mußte, daß die Mitteilung seiner Mutter an die Gendarmerie nur die Vermutung seiner Lenkereigenschaft begründen konnte.

Im Zweifel ist jedoch davon auszugehen, daß er um 8.00 Uhr früh tatsächlich den Gendarmerieposten W telefonisch verständigt hat, wobei die im Rahmen der mündlichen Verhandlung gemachten Aussagen insofern widersprüchlich waren, als er zunächst betont hat, dort habe man ihm gesagt, telefonisch gehe nun nichts mehr, er müsse persönlich beim Posten erscheinen, sich dann aber sofort berichtigt hat, es habe ihm niemand gesagt, daß er persönlich zum Gendarmerieposten kommen müsse.

Für den unabhängigen Verwaltungssenat besteht der Eindruck, daß der Rechtsmittelwerber, aus welchen Gründen auch immer, nicht sehr daran interessiert war, sich persönlich beim Gendarmerieposten W zu melden, wobei bei seinem tatsächlichen Erscheinen laut Meldungsleger keine Anhaltspunkte für eine eventuelle Alkoholisierung bestanden haben.

Bei der Bestimmung des § 99 Abs.2e StVO 1960 handelt es sich um ein Ungehorsamsdelikt iSd § 5 Abs.1 VStG 1950. Demnach genügt zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten, welches bei Nichtbefolgung eines Gebotes dann ohne weiteres anzunehmen ist, wenn zum Tatbestand der Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und der Täter nicht glaubhaft macht, daß ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft. Die Verständigung des Gendarmeriepostens W durch den Rechtsmittelwerber ist jedenfalls nicht mehr als "ohne unnötigen Aufschub" erfolgt anzusehen, wobei das tatsächliche Tätigwerden der Gendarmerie aufgrund der Anzeige durch den Zeugen S nicht dem Rechtsmittelwerber im Hinblick auf die diesen treffenden Meldepflicht des Schadens an den Verkehrsleiteinrichtungen zuzurechnen ist. Auch der eingewendete Unfallschreck ist nicht geeignet, das Verhalten des Rechtsmittelwerbers zu rechtfertigen, zumal von einem Kraftfahrzeuglenker so viel Willens- und Charakterstärke zu erwarten ist, daß er mit zwar ungünstigen aber nicht denkunmöglichen oder gar lebensfremden Situationen umzugehen imstande ist.

Der Rechtsmittelwerber hat daher zweifellos auch diesen ihm vorgeworfenen Tatbestand erfüllt und sein Verhalten insofern als Verwaltungsübertretung zu verantworten, als eine Verständigung zumindest des Gendarmeriepostens W bzw K mit Sicherheit zu einem früheren Zeitpunkt möglich gewesen wäre, weshalb ihm die in § 99 Abs.2e StVO 1960 normierte Rechtswohltat nicht mehr zugute kommt.

Zur Strafbemessung ist auszuführen:

Gemäß § 19 Abs.1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat.

Gemäß § 19 Abs.2 leg.cit. sind überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen und auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der §§ 32 bis 35 des StGB sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

Der Strafrahmen des § 99 Abs.2 StVO 1960 reicht von 500 S bis 30.000 S Geldstrafe bzw 24 Stunden bis sechs Wochen Ersatzfreiheitsstrafe.

Der Rechtsmittelwerber ist unbescholten, was von der Erstinstanz laut Begründung des angefochtenen Straferkenntnisses als wesentlicher Milderungsgrund berücksichtigt wurde.

Das Beweisverfahren hat ergeben, daß der Rechtsmittelwerber als Kaufmann ein Einkommen von ca 9.800 S bezieht, nachdem er mittlerweile seinen Präsenzdienst absolviert hat. Er hat kein Vermögen und keine Sorgepflichten.

Unter Zugrundelegung dieser Umstände vermag der unabhängige Verwaltungssenat nicht zu finden, daß die Erstinstanz den ihr bei der Strafbemessung zustehenden Ermessensspielraum in irgendeiner Weise überschritten hätte. Dem allenfalls zu berücksichtigenden Milderungsgrund, daß der Rechtsmittelwerber zum Zeitpunkt des Vorfalls das 21. Lebensjahr noch nicht vollendet gehabt hat, ist zum einen die von ihm an den Tag gelegte auffallende Sorglosigkeit entgegenzuhalten, sein Argument, die Räumarbeiten seien ohnehin von der Familie S durchgeführt worden, spricht für sich; seine Vorstellung, er hätte die Kennzeichentafeln entfernen können, wenn er etwas verschleiern hätte wollen, ist realitätsfremd - zum anderen vertritt der unabhängige Verwaltungssenat die Auffassung, daß die eher niedrig bemessenen Strafen unter dem Gesichtspunkt ihres spezialpräventiven Zwecks durchaus gerechtfertigt sind. Sie liegen im untersten Bereich des gesetzlichen Strafrahmens und berücksichtigen zum einen den nicht geringfügig zu wertenden Unrechts- und Schuldgehalt der Übertretungen, zum anderen die finanziellen Verhältnisse des Rechtsmittelwerbers, wobei es diesem offensteht, mit der Erstinstanz eine Ratenvereinbarung zu treffen. Eine Herabsetzung der verhängten Strafen erscheint auf der Grundlage dieser Überlegungen nicht gerechtfertigt, wobei unter anderem die unter den Begriff "Fahrerflucht" zu subsumierenden Übertretungen zu den schwersten der Straßenverkehrsordnung überhaupt gehören.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

zu II.:

Der Ausspruch über den Verfahrenskostenersatz ist gesetzlich begründet.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Mag. Bissenberger

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