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des Landes Oberösterreich
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VwSen-103124/16/Gu/Km

Linz, 28.12.1995

VwSen-103124/16/Gu/Km Linz, am 28. Dezember 1995 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Hans GUSCHLBAUER über die Berufung des P.F. gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft V. vom 19.7.1994, VerkR96.., wegen Übertretung der StVO 1960, nach der am 21. November 1995 durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung, zu Recht erkannt:

Die Berufung wird abgewiesen und das angefochtene Straferkenntnis wird bestätigt.

Der Rechtsmittelwerber hat als Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens den Betrag von 500 S binnen zwei Wochen nach Zustellung der Entscheidung zu bezahlen.

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs.4 AVG iVm § 24 VStG, § 19 VStG, § 64 Abs.1 und 2 VStG, § 20 Abs.2 iVm § 99 Abs.3 StVO 1960.

Entscheidungsgründe:

Die Bezirkshauptmannschaft V. hat den Rechtsmittelwerber mit dem angefochtenen Straferkenntnis schuldig erkannt am 16.5.1993 gegen 10.50 Uhr das Motorrad mit dem Kennzeichen WB-229 U auf der Westautobahn A1 in Fahrtrichtung S. gelenkt zu haben, wobei er im Gemeindegebiet von S.am A. von km 234,00 bis 238,00 die für Autobahnen erlaubte Höchstgeschwindigkeit von 130 km/h um 47 km/h überschritten habe.

Wegen Verletzung des § 20 Abs.2 StVO 1960 wurde ihm in Anwendung des § 99 Abs.3 lit.a StVO 1960 eine Geldstrafe von 2.500 S (Ersatzfreiheitsstrafe 84 Stunden) und ein 10%iger Verfahrenskostenbeitrag für das erstinstanzliche Verfahren auferlegt.

Die erste Instanz stützt ihr Straferkenntnis auf die Aussage des meldungslegenden Gendarmeriebeamten, welcher die Geschwindigkeitsübertretung durch Nachfahren mit einem Dienstmotorrad festgestellt habe.

In seiner rechtzeitig dagegen eingebrachten Berufung macht der Rechtsmittelwerber im wesentlichen geltend, daß er wohl zur genannten Tatzeit mit einem Motorrad auf der Westautobahn Richtung S. unterwegs gewesen sei. Er habe jedoch zwischen Kilometer 234,00 und km 238,00 die Höchstgeschwindigkeit von 130 km/h nicht überschritten, wofür er drei Kollegen als Zeugen namhaft gemacht habe. Er bekämpft somit die Beweiswürdigung, daß nicht diesen Zeugen sondern dem Meldungsleger geglaubt wurde.

Darüber hinaus gibt er bekannt, daß er verheiratet ist und ihn zwischenzeitig die Sorgepflicht für ein Kind trifft.

Aufgrund der Berufung wurde am 21. November 1995 die öffentliche mündliche Verhandlung durchgeführt, in deren Rahmen der Beschuldigte vernommen, die seinerzeit mit unterwegs gewesenen M.S. und C.H., gegen welche ebenfalls wegen Geschwindigkeitsüberschreitung Verwaltungsstrafverfahren eingeleitet wurden, angehört, das erstinstanzliche Verfahren erörtert und der Meldungsleger Rev.Insp. G.A. als Zeuge vernommen.

Demnach ist folgender Sachverhalt erwiesen: Am 16.5.1993 fand am S.ein Grand Prix-Motorradrennen statt, weshalb von seiten der Gendarmerie mit einem stärkeren Aufkommen von Motorradfahrern gerechnet wurde. Der meldungslegende Zeuge Rev.Insp. G.A. bezog Position auf der Höhe eines Parkplatzes an der A1 Richtungsfahrbahn S. Bei Annäherung einer Vierergruppe von Motorradfahrern fiel dem Beamten auf, daß eines der Motorräder ein Probefahrkennzeichen trug. Um den Lenker dieses Motorrades zu kontrollieren, machte er sich an die Verfolgung der Vierergruppe und schloß ca. nach 6 km zu dieser auf. Bei km 234,00 bis 238,00 blickte der Beamte auf den Tachometer seines Dienstmotorrades. Indem er der in gleichförmiger Fahrweise sich bewegenden Vierergruppe nach dem Aufschließen in annähernd gleichem Abstand folgte, stellte er fest, daß sein Tachometer, der wie sein Dienstmotorrad überhaupt, regelmäßig gewartet worden war, ca. 180 km/h als Geschwindigkeit anzeigte. Er schaltete das Blaulicht und das Folgetonhorn ein und konnte die Gruppe eine Zeit lang nicht überholen. Anschließend machte er drei von den Vieren stellig. Der Vierte fuhr noch ein Stück weiter und wurde nach Ende der Kontrolle der drei Lenker ein Stück weiter vorne angetroffen und als letzte Person beanstandet und im händischen Aufzeichnungsbuch des Beamten vermerkt.

Unmittelbar nach der Beanstandung gab der Beschuldigte dem Organ gegenüber an, er habe nicht auf den Tacho geschaut.

Später, von der Behörde zur Rechenschaft gezogen, bestritt er eine Geschwindigkeit von 130 km/h überschritten zu haben und berief sich auf die Aussage der mitangeklagten Kollegen, welche dann auch diese Ansicht vertraten.

Bei der Würdigung der Beweise kam der O.ö. Verwaltungssenat zur Überzeugung, daß dem meldungslegenden Beamten, welcher für die Wahrnehmung seiner Aufgaben besonders geschult ist und der mit einer bewußt falschen Aussage seine Existenz aufs Spiel setzen würde, volle Glaubwürdigkeit zukommt.

Schon die Aufnahme der Verfolgung, in Folge der Wahrnehmung des Probefahrkennzeichens an einem Sonntag erschien plausibel. Im übrigen zeigt der Umstand, daß der Meldungsleger trotz Zeitablaufes und vieler Einsätze sich noch an das Absondern eines Motorradfahrers der Vierergruppe nach vorne (von den vier Lenkern unwidersprochen) erinnern konnte, der Beamte ein geschärftes Wahrnehmungs- und Erinnerungsvermögen besitzt. Demgegenüber erschienen dem O.ö. Verwaltungssenat die Angaben der vom Beschuldigten als Auskunftspersonen benannten Kollegen nicht glaubwürdig, zumal sie sich offensichtlich erst nach der Einleitung von Verwaltungsstrafverfahren gegen jeden einzelnen von ihnen verabredeten und nachdem sie als Beschuldigte behandelt wurden daher straflos die Unwahrheit sagen konnten, zumal hier der von den höchsten europäischen Instanzen entwickelnde Grundsatz zur Anwendung kommt "nemo tenetur se ipse accusare" (niemand kann gezwungen werden, sich selbst zu belasten). Dies wäre nämlich zwangsweise der Fall gewesen, weil die Vierergruppe mit der selben Geschwindigkeit fuhr.

Auch auf der subjektiven Tatseite ist dem Beschuldigten nicht die Glaubhaftmachung seiner Unschuld gelungen, zumal er als geprüfter Lenker eines Kraftfahrzeuges stets darauf zu achten hat, die zulässige Höchstgeschwindigkeit nicht zu überschreiten.

Angesichts der Umstände, daß der Beschuldigte trotz des vom nachfahrenden Gendarmeriebeamten eingeschalteten Blaulichtes und Folgetonhornes nicht sofort reagierte und der Gendarm Mühe hatte die Lenker stellig zu machen, ist dem Beschuldigten bedingter Vorsatz anzulasten.

Gemäß § 20 Abs.2 StVO 1960 in der zum Tatzeitpunkt geltenden Fassung BGBl.Nr. 650/1991 darf der Lenker eines Fahrzeuges auf Autobahnen, soferne die Behörde nicht eine geringere Höchstgeschwindigkeit erläßt oder eine höhere Geschwindigkeit erlaubt, nicht schneller als 130 km/h fahren.

Wer dies mißachtet, ist gemäß § 99 Abs.3 StVO 1960 mit Geld bis zu 10.000 S oder mit Ersatzfreiheitsstrafe bis zu zwei Wochen zu bestrafen.

Gemäß § 19 Abs.1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat.

Gemäß § 19 Abs.2 VStG sind im ordentlichen Verfahren (§§ 40 bis 46) überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

Angesichts der hohen Geschwindigkeitsüberschreitung und der damit einhergehenden wesentlichen Erhöhung der Betriebsgefahren, welche ein hohes Maß des Unrechtsgehaltes der verpönten Handlung darstellt, war wie vorhin erwähnt auch ein erhebliches Maß an Verschulden bei der Strafbemessung zu würdigen. Die erste Instanz hat, offensichtlich ohne bei der Wohnsitz-BH nachzufragen, Unbescholtenheit und keinen Erschwerungsgrund angenommen. Demgegenüber hat die Auskunft von der Wohnsitz-BH Wiener Neustadt ergeben, daß der Beschuldigte wegen mehrerer Übertretungen der Verkehrsvorschriften, darunter zwei einschlägigen (Geschwindigkeitsüberschreitungen) verwaltungsstrafbehördlich vorgemerkt ist.

Dies bedeutet das Vorliegen eines Erschwerungsgrundes gemäß § 33 Z2 StGB und das Nichtvorliegen von Milderungsgründen.

Was die persönlichen und Einkommensverhältnisse anlangt, so hat der Beschuldigte im erstinstanzlichen Verfahren angegeben, verheiratet zu sein und 8.890 S monatlich zu verdienen. Nunmehr ist nach eigenen Angaben eine Sorgepflicht hinzugetreten und verdient der Beschuldigte rund 10.000 S monatlich.

Berücksichtigt man alle Strafzumessungsgründe, insbesondere die Gewichte der objektiven und subjektiven Tatseite, das Vorliegen eines Erschwerungsgrundes die Sorgepflicht und das geringfügig gestiegene Monatseinkommen, so erscheint die Ausschöpfung des Strafrahmens mit einem Viertel angemessen und allen Strafzwecken zu genügen.

Aus diesem Grunde war der Berufung ein Erfolg zu versagen.

Dies hatte auf der Kostenseite zur Folge, daß aufgrund der gesetzlichen Bestimmung des § 64 Abs.1 und 2 VStG der Rechtsmittelwerber einen Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens im Ausmaß von 20 % der bestätigten Geldstrafe zu tragen hat.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Dr. Guschlbauer

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