Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-103125/13/Weg/Ri

Linz, 22.02.1996

VwSen-103125/13/Weg/Ri Linz, am 22. Februar 1996 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Wegschaider über die Berufung des Dr. ... vom 7. August 1995 gegen die Strafhöhe des Straferkenntnisses der Bezirkshauptmannschaft ... vom 26.

Mai 1995, VerkR..., zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird mit der Maßgabe Folge gegeben, daß die Geldstrafe auf 4.000 S und die Ersatzfreiheitsstrafe auf 144 Stunden reduziert wird.

II. Der Kostenbeitrag zum Strafverfahren erster Instanz vermindert sich auf 400 S. Ein Kostenbeitrag zum Berufungsverfahren war nicht vorzuschreiben.

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs.4 AVG iVm § 24, § 19, § 51 Abs.1, § 51e Abs.2, § 64 und § 65 VStG.

Entscheidungsgründe:

1. Die Bezirkshauptmannschaft ... hat mit dem in der Präambel bezeichneten Straferkenntnis über den Berufungswerber wegen der Verwaltungsübertretung nach § 20 Abs.2 iVm § 99 Abs.3 lit.a StVO 1960 eine Geldstrafe von 6.000 S und für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 204 Stunden verhängt, weil dieser am 26. November 1994 um 13.20 Uhr den PKW ... auf der ...autobahn, A.., in Fahrtrichtung ... gelenkt und dabei im Gemeindegebiet von ... bei Kilometer ... die für Autobahnen erlaubte Höchstgeschwindigkeit von 130 km/h um 67 km/h überschritten hat.

Außerdem wurde ein Kostenbeitrag zum Strafverfahren in der Höhe von 600 S in Vorschreibung gebracht.

2. Dagegen wendet der Berufungswerber in seiner rechtzeitigen und auch sonst zulässigen Berufung, die sich nur gegen die Höhe der Strafe richtet, unter Hinweis auf die Ausführungen im Einspruch sinngemäß ein, daß das angefochtene Straferkenntnis aktenwidrig bzw. in sich selbst widersprüchlich sei. Es sei vor allem aktenwidrig, daß er das zur Last gelegte Ausmaß der Geschwindigkeitsüberschreitung eingestanden habe, richtig sei, daß er lediglich eine Überschreitung (nicht das Ausmaß) der zulässigen Höchstgeschwindigkeit zugestanden habe. Es sei desweiteren die Erklärung der erkennenden Behörde unrichtig, das Strafausmaß im untersten Bereich festgesetzt zu haben. Die mit 6.000 S bemessene Geldstrafe sei bei einem Rahmen von 10.000 S im oberen Bereich angesiedelt. Ferner sei es unrichtig, daß lediglich die Unbescholtenheit als Strafmilderungsgrund vorliege, wo er doch ein als mildernd zu wertendes Geständnis abgelegt habe. Die erkennende Behörde sei ferner nicht auf seine Ausführungen im Einspruch eingegangen, was die mit einer ProViDa-Anlage festgestellte Geschwindigkeitsüberschreitung hinsichtlich des Ausmaßes anlangt. Es sei ihm im übrigen wegen des gegenständlichen Deliktes eine Strafverfügung zugegangen und es sei den Grundprinzipien der Gleichheit vor dem Gesetz sowie des fairen Verfahrens widersprechend, wenn im Straferkenntnis gegenüber der Strafverfügung die Strafhöhe mehr als verdoppelt wird, ohne daß eine Änderung des Sachverhaltes vorliegend sei. Die einzige Erklärung für diese exorbitante Erhöhung der Geldstrafe sieht der Berufungswerber darin, daß er es gewagt habe, die Behörde durch den Einspruch weiter zu bemühen. Es bedürfe keiner näheren Erläuterung, daß eine derartige Vorgangsweise einem Rechtsstaat des 20.

Jahrhunderts unwürdig sei. Er stellt schließlich den Antrag, im Hinblick auf die weiteren Milderungsgründe (Geständnis, zumindest subjektiv empfundene Streßsituation und Wohlverhalten nach der Tat) die Strafe gesetzes- und tatsachenkonform zu reduzieren. In eventu beantragt er, den Bescheid aufzuheben und der Erstbehörde die neuerliche (verfassungskonforme) Entscheidung aufzutragen.

In einem weiteren Schriftsatz vom 28. Oktober 1995 bringt der Berufungswerber noch vor, der eigentliche Grund für das Rechtsmittel sei seine Empörung über das ungerechtfertigte Mißverhältnis zwischen dem Strafausmaß in der Strafverfügung und im Straferkenntnis gewesen. Der Berufungswerber (von Beruf Richter) ersucht letztlich, auf die Ehrlichkeit seiner Angaben zu vertrauen und wiederholt das Ersuchen um Reduktion der Geldstrafe.

Insgesamt ist bei verständiger Würdigung des Vorbringens, insbesondere auf Grund der ausdrücklichen Anträge des Berufungswerbers die Berufung als eine solche gegen die Strafhöhe anzusehen. Dem Eventualantrag auf Aufhebung des Bescheides mit dem Auftrag an die Erstbehörde, eine neuerliche verfassungskonforme Entscheidung zu treffen, kann im Hinblick auf den Umstand, daß dies eine Entscheidung iSd § 66 Abs.2 AVG wäre, von vornherein nicht nähergetreten werden, weil diese Bestimmung im Verwaltungsstrafverfahren keine Gültigkeit hat.

3. Auf Grund der Berufungsausführungen, insbesondere durch den Hinweis, es sei wegen des selben Deliktes bereits eine Strafverfügung ergangen, stellte der O.ö. Verwaltungssenat Ermittlungen an und beauftragte die belangte Behörde zuerst mit Schriftsatz vom 4. September 1995 und schließlich mit Schreiben vom 3. November 1995, nach dieser behaupteten Strafverfügung zu forschen. Im Hinblick auf die erste Leermeldung der Erstbehörde vom 3. Oktober 1995 wurde mit Schreiben vom 6. Oktober 1995 auch der Berufungswerber ersucht, die ihm angeblich zugegangene Strafverfügung in Kopie vorzulegen.

In diesem schon zitierten Schreiben des Berufungswerbers vom 28. Oktober 1995 ist allerdings die Mitteilung enthalten, daß die Strafverfügung, mit der eine Geldstrafe von entweder 2.600 S oder 2.800 S verhängt wurde, nicht mehr auffindbar sei. Seine Gattin könne den Erhalt der Strafverfügung ebenso bestätigen wie gut ein halbes Dutzend anderer Personen, mit welchen er lange vor Erhalt des Straferkenntnisses über die Strafverfügung gesprochen habe.

Da durch diese zunächst sehr glaubhaft erschienenen Berufungsausführungen nicht auszuschließen war, daß doch eine Strafverfügung ergangen ist bzw. nicht auszuschließen war, daß eine Verwechslung mit einer anderen Tat (die jedoch der Berufungswerber mit dem Hinweis bestreitet, nie zu einem anderen aber in zeitlicher Nähe liegenden Zeitpunkt in dieser Gegend gefahren zu sein) vorliegt, erging der schon zitierte neuerliche Auftrag an die Bezirkshauptmannschaft, nach dieser Strafverfügung zu forschen und auch bei den sonst in Betracht kommenden Bezirksverwaltungsbehörden Nachforschungen nach einer ev. Strafverfügung (auch wegen einer ev. anderen Tat) anzustellen. Bei der Bezirkshauptmannschaft ... war keine Strafverfügung (die im Computer gespeichert sein müßte) vorzufinden, die befragten Bezirkshauptmannschaften ..., ... und .... Umgebung haben ebenfalls Leermeldungen erstattet. Die Bezirkshauptmannschaft ... hat im übrigen noch mitgeteilt, daß die erste an den Berufungswerber gerichtete Verfolgungshandlung die Aufforderung zur Rechtfertigung als Beschuldigter vom 19. Jänner 1995 war.

Die Angaben der Erstbehörde decken sich mit der Aktenlage und es ist nicht davon auszugehen, daß eine Strafverfügung zum selben Delikt erlassen wurde. Um es zu wiederholen: Da der Berufungswerber selbst nicht in der Lage war, eine Kopie der Strafverfügung vorzulegen und kein Hinweis auf eine von der Erstbehörde ergangene Strafverfügung in nachvollziehbarer Art vorliegt, ist bei der gegenständlichen Entscheidung davon auszugehen, daß eine Strafverfügung nicht ergangen ist.

Dieses Ermittlungsergebnis wurde dem Berufungswerber mit Schreiben vom 5. Dezember 1995 auch mitgeteilt.

Zur Geschwindigkeitsüberschreitung und zur Strafhöhe:

Es liegt ein Tatsachengeständnis des Berufungswerbers vor, daß er die erlaubte Höchstgeschwindigkeit überschritten hat, wenn auch nicht in diesem Ausmaß. Der ProViDa Film, den die Berufungsbehörde anfordern wollte, ist nicht mehr greifbar.

Aus der Anzeige ist unter "Darstellung der Tat" festgehalten, daß der Berufungswerber 197 km/h fuhr. Es ist ist aus der Anzeige nicht abzulesen, wie lange das Nachfahren bei annähernd gleichem Abstand andauerte bzw. ob die sonst üblichen Meßtoleranzen in Abzug gebracht wurden.

Es ist auf Grund der Anzeige eher davon auszugehen, daß ein derartiger Abzug einer Meßtoleranz nicht erfolgte. Diesen Abzug nimmt nun die Berufungsbehörde in Anlehnung an schon mehrfach ergangene kfz-technische Gutachten dergestalt vor, daß - zumal mit der ProViDa-Anlage nur die Eigengeschwindigkeit des Fahrzeuges gemessen wird und von einem annähernd gleichbleibendem Abstand die Rede ist sowie eine ca. 3%ige Meßtoleranz zu berücksichtigen ist - die gefahrene Geschwindigkeit mit ca. 180 km/h angesetzt wird.

Bei dieser von der Berufungsbehörde vorgenommenen Schätzung handelt es sich um eine in allen Belangen für den Berufungswerber günstige Schätzung.

Ansonsten wird hinsichtlich der für die Strafhöhe maßgeblichen Umstände auf die im Straferkenntnis enthaltenen Sachverhaltselemente hingewiesen und werden diese als erwiesen angenommen.

4. Der unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

Neben dem im Materiengesetz normierten Strafrahmen ist gemäß § 19 VStG Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat. Überdies sind die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Mildungerungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen.

Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

Der Strafrahmen beträgt gemäß § 99 Abs.3 StVO 1960 bis zu 10.000 S, im Falle der Uneinbringlichkeit Arrest bis zu zwei Wochen.

Wegen der oben anskizzierten von der Berufungsbehörde zugunsten des Beschuldigten vorgenommenen Reduzierung der gefahrenen Geschwindigkeit ist das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient (nämlich die Verkehrssicherheitsinteressen) nicht mehr so hoch anzusetzen, wie dies bei einer gefahrenen Geschwindigkeit von 197 km/h der Fall wäre. Dieser Umstand, sowie die verwaltungsstrafrechtliche Unbescholtenheit des zum Tatzeitpunkt 32-jährigen Berufungswerbers läßt eine Reduktion der Geldstrafe und demgemäß der Ersatzfreiheitsstrafe im spruchgemäßen Ausmaß gerechtfertigt erscheinen. Die nunmehr reduzierte Geldstrafe ist schuldund tatangemessen und mit einer ausreichenden Präventivwirkung ausgestattet. Die subjektiv empfundene Streßsituation wird nicht als Milderungsgrund gewertet, ebensowenig das straffreie Verhalten nach der Tat, zumal zwischen dieser und der nunmehrigen Entscheidung nur ca. 15 Monate liegen und somit von einer längeren Zeit noch nicht die Rede sein kann. Das Tatsachengeständnis ist nicht vollumfassend und nicht als reumütiges Geständnis, welches ein besonderer Milderungsgrund wäre, zu werten.

5. Die Kostenentscheidung ist eine gesetzliche Folge der §§ 64 und 65 VStG.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Dr. Wegschaider

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