Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-103151/2/Bi/Fb

Linz, 15.09.1995

VwSen-103151/2/Bi/Fb Linz, am 15. September 1995 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Bissenberger über die Berufung des N S in SG vom 18. August 1995 gegen den Bescheid der Bundespolizeidirektion Linz vom 8. Juli 1995, St.

6592/95-Mi, mit dem sein Einspruch vom 13. Juni 1995 gegen die Strafverfügung vom 29. Mai 1995 in Angelegenheit von Übertretungen der Straßenverkehrsordnung 1960 und des Kraftfahrgesetzes 1967 als verspätet zurückgewiesen wurde, zu Recht erkannt:

Der Berufung wird Folge gegeben und der angefochtene Bescheid der Bundespolizeidirektion Linz behoben.

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24 und 51 Abs.1 VStG.

Entscheidungsgründe:

1. Die Bundespolizeidirektion Linz hat mit dem oben angeführten Bescheid den Einspruch des Rechtsmittelwerbers vom 13. Juni 1995 gegen die an ihn ergangene Strafverfügung vom 29. Mai 1995 gemäß § 49 Abs.1 VStG als verspätet zurück gewiesen. Aus der Begründung geht hervor, daß die Strafverfügung postamtlich hinterlegt und am 1. Juni 1995 erstmals zur Abholung bereitgehalten worden sei. Damit gelte sie als zugestellt und die Rechtsmittelfrist sei am 16. Juni 1995 abgelaufen. Der Einspruch sei aber erst am 19. Juni 1995 zur Post gegeben worden und daher als verspätet zurückzuweisen.

2. Dagegen hat der Rechtsmittelwerber fristgerecht Berufung erhoben, die seitens der Erstinstanz ohne Berufungsvorentscheidung dem unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich vorgelegt wurde. Da in der zugrundeliegenden Strafverfügung keine 10.000 S übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, war durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden (§ 51c VStG). Eine öffentliche mündliche Berufungsverhandlung war nicht anzuberaumen, weil bereits aus der Aktenlage ersichtlich war, daß der angefochtene Bescheid aufzuheben war (§ 51e Abs.1 VStG).

3. Der Rechtsmittelwerber macht im wesentlichen geltend, er könne nicht verstehen, warum er eine Mahnung bereits Ende Juli, den Bescheid dazu jedoch erst am 11. August erhalten habe. Es sei bekannt, daß er Fernfahrer sei und nur samstags die Möglichkeit habe, eigenhändig Briefe entgegenzunehmen und das auch nicht jede Woche. Die Frist der ersten Strafverfügung habe er gar nicht einhalten können. Seine Frau habe die Mahnung entgegennehmen können, aber nicht den Bescheid, was zu einer großen Unklarheit geführt habe. Er ersuche daher um nochmalige Überprüfung.

4. Der unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt der Erstinstanz.

Daraus ergibt sich, daß der Rechtsmittelwerber am 14. März 1995 in L als Lenker eines Sattelkraftfahrzeuges von einem Straßenaufsichtsorgan wegen Übertretungen der Straßenverkehrsordnung und des Kraftfahrgesetzes beanstandet und angezeigt wurde. Im Rahmen des daraufhin eingeleiteten Verwaltungsstrafverfahrens erging seitens der Bundespolizeidirektion L die Strafverfügung vom 29. Mai 1995, die laut RSa-Rückschein nach zwei erfolglosen Zustellversuchen am 30. Mai und 1. Juni, am 1. Juni 1995 beim Postamt hinterlegt wurde.

Der Einspruch gegen die Strafverfügung ist mit 13. Juni 1995 datiert und wurde laut Poststempel am 19. Juni 1995 zur Post gegeben.

Aufgrund der nunmehrigen Berufung gegen den Bescheid vom 8.

Juli 1995 hat die Erstinstanz beim Postamt erhoben, daß der erwähnte RSa-Brief am 12. Juni 1995 eigenhändig übernommen wurde.

In rechtlicher Hinsicht ist auf die Bestimmungen des § 17 ZustellG zu verweisen, wonach das Schriftstück, wenn die Sendung an der Abgabestelle nicht zugestellt werden kann und der Zusteller Grund zur Annahme hat, daß sich der Empfänger oder sein Vertreter regelmäßig an der Abgabestelle aufhält, im Fall der Zustellung durch die Post beim zuständigen Postamt, ansonsten beim Gemeindeamt zu hinterlegen. Gemäß Abs.3 dieser Bestimmung ist die hinterlegte Sendung mindestens zwei Wochen zur Abholung bereitzuhalten, wobei der Lauf dieser Frist mit dem Tag beginnt, an dem die Sendung erstmals zur Abholung bereitgehalten wird. Hinterlegte Sendungen gelten mit dem 1. Tag dieser Frist als zugestellt, es sei denn, es ergibt sich, daß der Empfänger oder dessen Vertreter wegen Abwesenheit von der Abgabestelle nicht rechtzeitig vom Zustellvorgang Kenntnis erlangen konnte; jedoch wird die Sendung an dem der Rückkehr an die Abgabestelle folgenden Tag innerhalb der Abholfrist wirksam, an dem die hinterlegte Sendung behoben werden könnte.

Aus dem Verfahrensakt geht zweifelsfrei hervor, daß der Rechtsmittelwerber Fernfahrer ist, sodaß eine Abwesenheit von der Abgabestelle nach Auffassung des unabhängigen Verwaltungssenates durchaus nachvollziehbar ist. Seitens der Erstinstanz wurden diesbezüglich auch keine Erhebungen durchgeführt.

Gemäß § 7 ZustellG gilt die Zustellung, wenn dabei Mängel unterlaufen, als in dem Zeitpunkt vollzogen, in dem das Schriftstück der Person, für die es bestimmt ist (Empfänger) tatsächlich zugekommen ist.

Seitens des unabhängigen Verwaltungssenates bestehen erhebliche Zweifel, ob die Hinterlegung beim Postamt überhaupt zulässig war, jedoch ist im gegenständlichen Fall aufgrund des Erhebungsergebnisses beim Postamt jedenfalls davon auszugehen, daß die Strafverfügung am 12. Juni 1995 eigenhändig dem Rechtsmittelwerber zugestellt wurde. Ab diesem Tag begann die zweiwöchige Einspruchsfrist zu laufen, sodaß das am 19. Juni 1995 zur Post gegebene Schriftstück jedenfalls als rechtzeitig anzusehen war.

Auf dieser Grundlage war der angefochtene Bescheid zu beheben, wobei sich die Erstinstanz in der Folge mit den im Einspruch dargelegten sachlichen Argumenten des Rechtsmittelwerbers auseinanderzusetzen haben wird.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Mag. Bissenberger

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