Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
FAQs| Sitemap| Weblinks

VwSen-103173/9/Bi/La

Linz, 17.06.1996

VwSen-103173/9/Bi/La Linz, am 17. Juni 1996 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Bissenberger über die Berufung des Herrn O S, E, G, vertreten durch die Rechtsanwälte Dr.

S, Dr. W, B, L, vom 28. August 1995 gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft .. vom 16. August 1995, VerkR96.., wegen Übertretung der Straßenverkehrsordnung 1960, zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird insofern Folge gegeben, als das Straferkenntnis hinsichtlich des Schuldspruches mit der Maßgabe bestätigt wird, daß die vorgeworfene Fahrstrecke auf "von km 177,480 bis km 176,000" eingeschränkt wird; die Geldstrafe wird jedoch auf 5.000 S und die Ersatzfreiheitsstrafe auf 7 Tage herabgesetzt.

II. Der erstinstanzliche Verfahrenskostenersatz beträgt demnach 500 S; im Rechtsmittelverfahren fallen keine Kosten an.

Rechtsgrundlage:

zu I.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 51 Abs.1 und 19 VStG, §§ 52 lit.a Z 10a iVm 99 Abs.3 lit.a StVO 1960.

zu II.: §§ 64 und 65 VStG.

Entscheidungsgründe:

zu I.:

1. Die Bezirkshauptmannschaft .. hat mit dem angeführten Straferkenntnis über den Beschuldigten wegen der Verwaltungsübertretung gemäß §§ 52a Z 10a iVm 99 Abs.3 lit.a StVO 1960 eine Geldstrafe von 10.000 S und für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 14 Tagen verhängt, weil er am 13. Februar 1995 um 10.15 Uhr im Gemeindegebiet von P auf der A1, Westautobahn, von Strkm bis in Richtung W den PKW, Kz., im Bereich des Vorschriftszeichens "Geschwindigkeitsbeschränkung (erlaubte Höchstgeschwindigkeit) 100 km/h" mit einer Geschwindigkeit von 160 km/h gelenkt habe.

Gleichzeitig wurde ihm ein Verfahrenskostenbeitrag von 1.000 S auferlegt.

2. Dagegen hat der Rechtsmittelwerber fristgerecht Berufung erhoben, die seitens der Erstinstanz ohne Berufungsvorentscheidung dem unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich vorgelegt wurde. Da keine 10.000 S übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, war durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden (§ 51c VStG). Am 12. Juni 1996 fand eine öffentliche mündliche Berufungsverhandlung in Anwesenheit der Beschuldigtenvertreterin Mag. K und der Zeugen RI S und RI K statt. Ein Vertreter der Erstinstanz ist nicht erschienen.

3. Der Rechtsmittelwerber macht im wesentlichen geltend, er habe im Zuge des erstinstanzlichen Verfahrens keine Gelegenheit zur Stellungnahme gehabt, weil er zum Zeitpunkt der Ladung zur BPD .. nicht in .. gewesen sei, und bei seiner Rückkehr sei der Akt bereits wieder zurückgesendet worden.

Er habe bereits gegenüber den Meldungslegern eine etwas überhöhte Geschwindigkeit im Bereich von 140 bis 150 km/h zugestanden, sei aber sicher nie 160 km/h gefahren. Das sei schon deswegen nicht möglich, weil er die Meldungsleger im Rückspiegel beobachtet habe. Es entspreche aber nicht den Tatsachen, daß ihm diese über eine längere Entfernung in gleichbleibendem Abstand nachgefahren seien.

Er bezweifle außerdem, daß zwischen den angegebenen Straßenkilometern eine Geschwindigkeit von 100 km/h verordnet sei und beantrage die Beischaffung der zugrundeliegenden Verordnung.

Darüber hinaus sei die verhängte Strafe nicht tat- und schuldangemessen, zumal er weder bei der Erstinstanz noch bei der BPD G.eine Vormerkung habe.

Er beantrage daher die Einstellung des Verfahrens, in eventu die Herabsetzung der Strafe.

4. Der unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt der Erstinstanz und Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung, bei der die Beschuldigtenvertreterin gehört und der Zeuge RI S einvernommen wurde. Auf die Einvernahme von RI K wurde von der Beschuldigtenvertreterin verzichtet.

Das Beweisverfahren hat ergeben, daß beide Gendarmeriebeamte zum damaligen Zeitpunkt mit einem Zivilgendarmeriefahrzeug, einem VW-Passat mit Deckkennzeichen, das nach außen hin nicht als Gendarmeriefahrzeug erkennbar und mit einem geeichten Tachometer sowie Moving Radar - einem Radar, das den Geschwindigkeitsunterschied zwischen dem Gendarmeriefahrzeug und einem überholenden Fahrzeug mißt, - ausgerüstet war, unterwegs waren. Lenker war RI S. Das Moving Radar wird nur im Freilandbereich verwendet.

Der Zeuge hat ausgeführt, der PKW des Rechtsmittelwerbers habe sie schon im ebenen Bereich vor dem P Berg überholt, jedoch habe das Moving Radar vermutlich wegen einer Bodenwelle nicht ausgelöst. Sie seien dem PKW nachgefahren und hätten im Bereich des P Berges einen konstanten Nachfahrabstand erreicht gehabt. Im Bereich der 100 km/h-Beschränkung sei die Nachfahrt im Zwei-Sekunden-Abstand ohne Schwierigkeiten erfolgt, wobei der Rechtsmittelwerber konstant eine Geschwindigkeit von 160 km/h eingehalten habe. Er habe sogar vermutet, daß das Beschuldigtenfahrzeug mit einem Tempomat ausgerüstet gewesen sein könnte, weil die Geschwindigkeit so konstant gewesen sei. Der Rechtsmittelwerber habe bei dieser Fahrt über den P Berg niemanden gefährdet, es sei auch nicht so viel Verkehr gewesen.

Die vorgeworfene Geschwindigkeit sei auf dem geeichten Tachometer einwandfrei ablesbar gewesen und bei der Anhaltung habe der Rechtsmittelwerber nicht bestritten, zu schnell gefahren zu sein. Eine Geschwindigkeit von 140 bis 150 km/h habe dieser sicher nicht eingehalten.

Der unabhängige Verwaltungssenat sieht keine Veranlassung für Zweifel am Wahrheitsgehalt der Aussagen des Zeugen, der als Beamter der Verkehrsabteilung des Landesgendarmeriekommandos für Oberösterreich für solche Geschwindigkeitsfeststellungen besonders geschult ist und über eine entsprechende Praxis verfügt. Nicht nachvollziehbar ist allerdings die Verantwortung des Rechtsmittelwerbers, er habe die Gendarmerie schon im Rückspiegel bemerkt, zumal das Zivilfahrzeug nach außen hin nicht als solches der Gen darmerie erkennbar ist und auch die Beamten in Zivil gekleidet sind. Die Verantwortung des Rechtsmittelwerbers dürfte hier auf Vermutungen beruhen.

In rechtlicher Hinsicht ist auszuführen, daß gemäß § 52 lit.a Z10a StVO 1960 das Vorschriftszeichen "Geschwindigkeitsbeschränkung (erlaubte Höchstgeschwindigkeit)" anzeigt, daß das Überschreiten der Geschwindigkeit, die als Stundenkilometeranzahl im Zeichen angegeben ist, ab dem Standort des Zeichens verboten ist.

Die Verordnung des Bundesministers für öffentliche Wirtschaft und Verkehr vom 24. September 1991, Zl.

165.001/38-I/6-91, idF vom 31. Oktober 1991, Zl.

165.001/72-I/6-91, bestimmt im Punkt 1., daß zur Hintanhaltung von Unfallgefahren ua auf der Richtungsfahrbahn W der A, W, von km bis km die erlaubte Höchstgeschwindigkeit auf 100 km/h beschränkt wird.

Da somit bei km der A noch keine Geschwindigkeitsbeschränkung auf 100 km/h gilt, wurde der Tatvorwurf entsprechend eingeschränkt.

Zweck der Geschwindigkeitsbeschränkung im Bereich A - P Berg, einem stark frequentierten Autobahnabschnitt mit zahlreichen Auf- und Abfahrten (L, T, Einbindung der L Autobahn Richtung S, Rasthaus A, zahlreiche Gewerbebetriebe, Großkaufhäuser usw.) ist es, die dort latente Unfallhäufigkeit bzw.

-gefahr (Schwerverkehr, Stauzonen ...) möglichst gering zu halten.

Daß der Rechtsmittelwerber tatsächlich eine Geschwindigkeit von 160 km/h eingehalten hat, steht außer Zweifel. Er hat daher den ihm nunmehr vorgeworfenen Tatbestand erfüllt und sein Verhalten als Verwaltungsübertretung zu verantworten, zumal es ihm nicht gelungen ist, glaubhaft zu machen, daß ihn an der Mißachtung der Geschwindigkeitsbestimmung kein Verschulden trifft.

Zur Strafbemessung ist zu bemerken:

Gemäß § 19 Abs.1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat.

Gemäß § 19 Abs.2 VStG sind überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen, und auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

Der Strafrahmen des § 99 Abs.3 StVO reicht bis zu 10.000 S Geldstrafe bzw bis zu 2 Wochen Ersatzfreiheitsstrafe.

Der Begründung des angefochtenen Straferkenntnisses läßt sich entnehmen, daß - nach Auffassung des unabhängigen Verwaltungssenates zutreffend - die erhebliche Überschreitung der erlaubten Höchstgeschwindigkeit als erschwerend gewertet wurde. Aus dem gesamten Verfahrensakt ergibt sich aber kein Hinweis darauf, daß der Rechtsmittelwerber Vormerkungen auf weisen könnte, im Bereich der Erstinstanz wird sogar dezidiert das Nichtvorliegen von Vormerkungen bescheinigt.

Nicht erklärbar ist deshalb, aus welchem Grund die Erstinstanz nicht von der verwaltungsstrafrechtlichen Unbescholtenheit des Rechtsmittelwerbers ausgegangen ist. Diese stellt einen wesentlichen Milderungsgrund dar, sodaß die Strafe schon deshalb herabzusetzen war.

Eine weitere Herabsetzung war gerechtfertigt, weil der Zeuge betont hat, die Geschwindigkeitsüberschreitung sei wegen des nicht so starken Verkehrsaufkommens ohne nachteilige Folgen geblieben. Die Spruchkorrektur hat eher kosmetischen Charakter und daher keine nachhaltige Wirkung auf die Strafbemessung.

Die Erstinstanz hat mangels einer Auskunft des Rechtsmittelwerbers dessen Einkommen mit 15.000 S netto monatlich sowie das Nichtbestehen von Vermögen und Sorgepflichten angenommen. Diese Angaben wurden von der Beschuldigtenvertreterin bestätigt, sodaß sie auch der unabhängige Verwaltungssenat seiner Entscheidung zugrundelegt.

Die nunmehr herabgesetzte Strafe entspricht sowohl dem Unrechts- und Schuldgehalt der Übertretung - diesbezüglich ist zumindest von grober Fahrlässigkeit auszugehen, zumal die eingehaltene Geschwindigkeit auch weit über der auf Autobahnen grundsätzlich erlaubten Höchstgeschwindigkeit liegt und der Lenker die Tachometeranzeige ständig in seinem Blickfeld hat, sodaß ihm eine augenscheinliche Überschreitung der Geschwindigkeit im festgestellten Ausmaß jedenfalls auffällt. Außerdem hat der Rechtsmittelwerber bei der Anhaltung angegeben, er habe es sehr eilig, was den Schluß zuläßt, daß die Übertretung nicht nur in Kauf genommen wurde, sondern sogar auch vom Ausmaß her beabsichtigt war. Beruflich be dingte Eile kann aber keinen Schuldausschließungsgrund für derartige Geschwindigkeitsüberschreitungen darstellen (vgl ua VwGH v. 23. September 1985, 85/18/0301), weil die Interessen des Einzelnen vom allgemeinen Interesse an Verkehrssicherheit übertroffen werden -, als auch ist sie den finanziellen Verhältnissen des Rechtsmittelwerbers angemessen. Sie ist auch geeignet, ihn in Hinkunft zur genauesten Beachtung von Geschwindigkeitsbeschränkungen anzuhalten.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

zu II.:

Der Ausspruch über den Verfahrenskostenersatz ist gesetzlich begründet.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Mag. Bissenberger

DruckersymbolSeite drucken
Seitenanfang Symbol Seitenanfang
www.uvs-ooe.gv.at| Impressum