Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-103227/2/Ki/Shn

Linz, 19.10.1995

VwSen-103227/2/Ki/Shn Linz, am 19. Oktober 1995 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch das Mitglied Mag. Alfred Kisch über die Berufung des Leo L vom 28. September 1995 gegen Faktum 2 des Straferkenntnisses der Bundespolizeidirektion .. vom 13.

September 1995, Zl.St.., zu Recht erkannt:

I: Der Berufung wird Folge gegeben und das angefochtene Straferkenntnis hinsichtlich Faktum 2 behoben bzw diesbezüglich eingestellt.

II: Hinsichtlich Faktum 2 des angefochtenen Straferkenntnisses entfällt die Verpflichtung zur Leistung jeglicher Verfahrenskostenbeiträge.

Rechtsgrundlagen:

zu I: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 45 Abs.1 Z1 und 51 VStG zu II: § 66 Abs.1 VStG Entscheidungsgründe:

I.1. Die Bundespolizeidirektion .. hat mit Straferkenntnis vom 13. September 1995, St.., ua über den Berufungswerber gemäß § 134 Abs.1 KFG eine Geldstrafe in Höhe von 2.000 S (Ersatzfreiheitsstrafe 3 Tage) verhängt, weil er am 5.11.1994 um 23.45 Uhr in L., auf den Straßenzügen S - W Straße und anschließend auf der E S Straße bis zum Hause Nr.19 den LKW mit Kennzeichen mit einer im Ausland erteilten und in Österreich nicht mehr gültigen Lenkerberechtigung gelenkt hat. Er habe dadurch § 64 Abs.1 KFG iVm § 64 Abs.5 KFG verletzt. Außerdem wurde er hinsichtlich des gegenständlichen Deliktes gemäß § 64 VStG zur Leistung eines Beitrages zu den Kosten des Strafverfahrens in Höhe von 200 S (10 % der verhängten Geldstrafe) verpflichtet.

Begründet wurde diese Entscheidung im wesentlichen damit, daß im Zuge einer Amtshandlung die einschreitenden Straßenaufsichtsorgane festgestellt hätten, daß sich der Beschuldigte zwar im Besitze eines belgischen Führerscheines befand, dieser jedoch in Österreich seine Gültigkeit insofern bereits verloren hatte, als seit der Begründung des ordentlichen Wohnsitzes in Österreich mehr als ein Jahr verstrichen sei.

I.2. Gegen diese Bestrafung erhob der Rechtsmittelwerber Berufung mit der Begründung, daß er nie einen Hauptwohnsitz in Österreich gehabt hätte. Es sei zwar richtig, daß er seit 26.1.1993 mit ordentlichem Wohnsitz in K polizeilich gemeldet war, er habe sich allerdings an diesem ordentlichen Wohnsitz so gut wie nie aufgehalten. Er sei Fernfahrer und hätte an dieser Adresse Bekannte, bei denen er gelegentlich übernachtet hat. Von einem Zentrum der Lebensinteressen an diesem Wohnsitz könne allerdings keine Rede sein. Das Zentrum der Lebensinteressen habe sich immer in Belgien befunden, zumal dort die Gattin des Berufungswerbers wohne und er auch die Wochenenden - soweit es ihm bei seinem Beruf als Fernfahrer möglich war - regelmäßig an dieser Adresse verbracht hat.

I.3. Die Erstbehörde hat die Berufung samt Verfahrensakt dem O.ö. Verwaltungssenat zur Entscheidung vorgelegt und damit dessen Zuständigkeit ausgelöst. Dieser hatte, weil weder eine primäre Freiheitsstrafe noch eine 10.000 S übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, durch ein Einzelmitglied zu entscheiden. Eine öffentliche mündliche Verhandlung war nicht anzuberaumen, da sich bereits aus der Aktenlage eindeutige Anhaltspunkte für die spruchgemäße Entscheidung ergeben haben (§ 51e Abs.1 VStG).

I.4. Nach Einsichtnahme in den Verfahrensakt hat der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erwogen:

Gemäß § 64 Abs.5 KFG 1967 ist das Lenken eines Kraftfahrzeuges aufgrund einer im Ausland erteilten Lenkerberechtigung durch Personen mit dem ordentlichen Wohnsitz im Bundesgebiet zulässig, wenn seit der Begründung des ordentlichen Wohnsitzes im Bundesgebiet nicht mehr als ein Jahr verstrichen ist.

Die Unzulässigkeit des Lenkens eines Kraftfahrzeuges aufgrund einer im Ausland erteilten Lenkerberechtigung ist demnach gemäß der zitierten Bestimmung mit der Begründung eines ordentlichen Wohnsitzes im Bundesgebiet und darüber hinaus zeitlich auf das Innehaben des ordentlichen Wohnsitzes für die Dauer von mehr als einem Jahr verknüpft.

Unter ordentlichem Wohnsitz iSd zitierten Bestimmung ist derjenige Ort zu verstehen, an dem sich eine Person in der erweislichen Absicht niedergelassen hat, daselbst ihren bleibenden Aufenthalt zu nehmen. Art.9 der bis spätestens 1. Juli 1996 umzusetzenden Richtlinie des (EWG)Rates vom 29. Juli 1991, 91/439/EWG, definiert als ordentlichen Wohnsitz den Ort, an dem ein Führerscheininhaber wegen persönlicher und beruflicher Bindungen oder - im Falle eines Führerscheininhabers ohne berufliche Bindungen - wegen persönlicher Bindungen, die enge Beziehungen zwischen dem Führerscheininhaber und dem Wohnort erkennen lassen, gewöhnlich, dh während mindestens 185 Tage im Kalenderjahr, wohnt. Als Wohnsitz eines Führerscheininhabers, dessen berufliche Bindungen an einem anderen Ort als dem seiner persönlichen Bindungen liegen und der sich daher abwechselnd an verschiedenen Orten in zwei oder mehr Mitgliedstaaten aufhalten muß, gilt jedoch der Ort seiner persönlichen Bindungen, sofern er regelmäßig dorthin zurückkehrt.

Im vorliegenden Fall war zwar der Berufungswerber an einer österreichischen Adresse polizeilich angemeldet, wie jedoch aus den Verfahrensunterlagen zu ersehen ist (Aktenvermerk der BH G. vom 23. November 1994), wurde der Berufungswerber bereits ein halbes Jahr nach seiner Anmeldung in K am 26. Jänner 1993 vom Hauseigentümer nach unbekannt wieder abgemeldet. Weitere Erhebungen im erstinstanzlichen Ermittlungsverfahren haben ergeben, daß im Bereich des Meldeamtes der BPD .. über den Berufungswerber keine Daten für eine Meldeauskunft vorliegen bzw daß er auch in U (damalige Anschrift seines Arbeitgebers) nicht gemeldet war.

Aus den Verfahrensunterlagen sind auch sonst keinerlei Sachverhalte zu ersehen, welche auf eine polizeiliche Meldung des Berufungswerbers an irgend einem anderen Ort in Österreich schließen lassen würden.

Unter Zugrundelegung der dargelegten Umstände wird demnach der Rechtfertigung des Berufungswerbers Glauben geschenkt, daß dieser - zumindest nach Abmeldung in K. seinen Lebensmittelpunkt nicht im Bereich des Bundesgebietes hatte und er letztlich regelmäßig an den Ort seiner persönlichen Bindungen in Belgien zurückgekehrt ist. Dies ist insofern nicht unwahrscheinlich, zumal der Beruf des Berufungswerbers als Fernfahrer eine gewisse Flexibilität hinsichtlich seines Aufenthaltes bedingt.

Demnach vertritt der O.ö. Verwaltungssenat die Auffassung, daß der Berufungswerber zum vorgeworfenen Tatzeitpunkt keinen ordentlichen Wohnsitz in Österreich hatte und er daher berechtigt war, von der ausländischen (belgischen) Lenkerberechtigung in Österreich Gebrauch zu machen. Der Tatvorwurf kann seitens der erkennenden Behörde nicht aufrechterhalten werden und es war spruchgemäß zu entscheiden.

II. Der Kostenausspruch stützt sich auf die im Spruch angeführte gesetzliche Bestimmung.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Beilage Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Mag. K i s c h

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