Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-103240/8/Bi/Fb

Linz, 26.06.1996

VwSen-103240/8/Bi/Fb Linz, am 26. Juni 1996 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Bissenberger über die Berufung des Herrn L S, R, B, D, vom 16. August 1995 (Poststempel 19.

September 1995) gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft .. vom 14. März 1995, VerkR96..

(zugestellt am 11. September 1995), wegen Übertretung der Straßenverkehrsordnung 1960, nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung und Verkündung am 20.

Juni 1996 zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird insofern Folge gegeben, als das angefochtene Straferkenntnis sowohl hinsichtlich des Schuldspruches als auch der verhängten Geldstrafe bestätigt, die Ersatzfreiheitsstrafe jedoch auf 36 Stunden herabgesetzt wird.

II. Der Kostenbeitrag von 100 S für das erstinstanzliche Verfahren bleibt aufrecht. Ein Kostenbeitrag zum Rechtsmittelverfahren entfällt.

Rechtsgrundlage:

zu I.: § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG) iVm §§ 24, 51 Abs.1, 51i und 19 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (VStG), §§ 20 Abs.2 iVm 99 Abs.3a Straßenverkehrsordnung 1960 (StVO 1960).

zu II.: §§ 64 und 65 VStG.

Entscheidungsgründe:

zu I.:

1. Die Bezirkshauptmannschaft .. hat mit dem oben angeführten Straferkenntnis über den Beschuldigten wegen der Verwaltungsübertretung gemäß §§ 20 Abs.2 iVm 99 Abs.3a StVO 1960 eine Geldstrafe von 1.000 S und für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 2 Tagen verhängt, weil er am 28. Mai 1994 gegen 14.44 Uhr den PKW mit dem Kennzeichen (D) auf der A W von km bis im Gemeindegebiet von E in Fahrtrichtung S mit einer Geschwindigkeit von 160 km/h gelenkt und damit die auf Autobahnen erlaubte Höchstgeschwindigkeit von 130 km/h um 30 km/h überschritten habe.

Gleichzeitig wurde ihm ein Verfahrenskostenbeitrag von 100 S auferlegt.

2. Dagegen hat der Rechtsmittelwerber fristgerecht Berufung erhoben, die seitens der Erstinstanz ohne Berufungsvorentscheidung dem unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich vorgelegt wurde. Da keine 10.000 S übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, war durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden (§ 51c VStG). Am 11. Juni 1996 wurde eine öffentliche mündliche Berufungsverhandlung in Anwesenheit des Zeugen Chefinsp. B durchgeführt. Der Vertreter der Erstinstanz hat sich entschuldigt, der Rechtsmittelwerber, wie bereits von ihm angekündigt, weder die Ladung noch die Mitteilung über die Verlegung der Verhandlung entgegengenommen. Beide Sendungen wurden hinterlegt, aber nicht abgeholt und daher von der Post rückübermittelt. Sie gelten gemäß § 20 Abs.2 Zustellgesetz als zugestellt.

3. Der Rechtsmittelwerber führt im wesentlichen aus, er erhebe gegen den Strafbefehl Einspruch und habe bereits in zwei Schreiben eindeutig klar gemacht, daß er nicht zu schnell gefahren sei, daß die Beweisfotos nicht seinem Fahrzeug entsprächen und daß er die Strafe auf gar keinen Fall zahlen werde.

4. Der unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt der Erstinstanz sowie Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung, bei der der Meldungsleger zeugenschaftlich einvernommen wurde. Im Anschluß daran wurde die Berufungsentscheidung mündlich verkündet.

Folgender Sachverhalt ist wesentlich:

Der Meldungsleger Obstlt. S führte am 28. Mai 1994 gegen 14.44 Uhr zusammen mit AI B auf der W mit dem Dienstfahrzeug mit eingebauter ProViDa-Anlage Verkehrsüberwachungsdienst durch. Als sie gerade hinter einem mit überhöhter Geschwindigkeit fahrenden PKW mit italienischem Kennzeichen nachfuhren, stellten sie fest, daß ihnen der deutsche PKW in gleichbleibendem Abstand auf der Überholspur folgte.

Der Anzeige beigelegt waren zwei Lichtbilder, aus denen die vom Gendarmeriefahrzeug eingehaltene Geschwindigkeit von einmal 162 und einmal 166 km/h hervorgeht. Auf den Lichtbildern zu sehen ist der italienische PKW, der laut Anzeige ebenso wie der nachfolgende deutsche PKW angehalten wurde.

Der Lenker des italienischen PKW bezahlte ein Organmandat, der Lenker des deutschen PKW, nämlich der Rechtsmittel werber, gab an, daß der Beweis für die überhöhte Fahrgeschwindigkeit nicht zu erbringen wäre und er deshalb die Bezahlung ablehne. Daraufhin wurde Anzeige erstattet und eine Geschwindigkeit von 160 km/h dem Tatvorwurf zugrundegelegt.

Der Zeuge Chefinsp. B hat im Rahmen seiner Einvernahme den bereits aus der Anzeige hervorgehenden Vorfall nachvollziehbar geschildert und auch betont, der Rechtsmittelwerber habe auf die Länge von 2 km einen annähernd gleichbleibenden Abstand von schätzungsweise 50 m eingehalten. Die Anhaltung sei so erfolgt, daß der italienische PKW mittels durch die Windschutzscheibe gezeigtes Blaulicht und der Rechtsmittelwerber mittels durch die Heckscheibe gezeigtes Blaulicht und die Heckjalousie mit der Aufschrift "Gendarmerie - Stop" angehalten wurden. Der Zeuge hat ausgeführt, er habe dem Rechtsmittelwerber die Art der Feststellung der Geschwindigkeitsüberschreitung erklärt. Der Tachometer im Gendarmeriefahrzeug sei geeicht gewesen und die Geschwindigkeit von 160 km/h sei die mindestens vom Beschuldigtenfahrzeug eingehaltene gewesen.

Der Rechtsmittelwerber hat sich im Rahmen des erstinstanzlichen Verfahrens darauf berufen, daß der Meldungsleger weder an seinem Fahrstil noch an seinem Auto eine Verletzung der österreichischen Straßenverkehrsordnung festgestellt habe und daß die zwei angeblichen Beweisfotos gar nicht sein Fahrzeug zeigten, weshalb er davon ausgehe, daß die Beamten bewußt die Beweislage verfälscht hätten, um ihn einzuschüchtern.

Für den unabhängigen Verwaltungssenat besteht kein Zweifel am Wahrheitsgehalt bzw der Richtigkeit der Aussage des Zeugen, der bei seiner Einvernahme unter der Wahrheitspflicht des § 289 Strafgesetzbuch sowie unter Diensteid stand, wobei zu betonen ist, daß seitens der Behörde nie behauptet wurde, daß die vorgelegten Fotos den PKW des Rechtsmittelwerbers zeigen. Die Fotos waren vor allem wichtig im Hinblick auf die Anzeige der vom Gendarmeriefahrzeug eingehaltenen Geschwindigkeit, wobei auch kein Zweifel daran bestehen kann, daß Gendarmeriebeamte in der Lage sind, zu beurteilen, ob ihnen ein Fahrzeug in annähernd gleichbleibendem Abstand nachfährt. Da zum damaligen Zeitpunkt, wie den Fotos zu entnehmen ist, keine Sichtbehinderung geherrscht hat und der PKW vor dem Gendarmeriefahrzeug einwandfrei zu sehen war, ist auch anzunehmen, daß das hinter dem Gendarmeriefahrzeug fahrende Beschuldigtenfahrzeug einwandfrei sichtbar und im Hinblick auf den gleichbleibenden Abstand zweifelsfrei einzuschätzen war.

In rechtlicher Hinsicht hat der unabhängige Verwaltungssenat folgendes erwogen:

Gemäß § 20 Abs.2 StVO 1960 darf der Lenker eines Fahrzeuges auf Autobahnen nicht schneller als 130 km/h fahren.

Dabei handelt es sich nicht wie in Deutschland um eine Richtgeschwindigkeit, sondern um eine unter den besten Bedingungen erlaubte Höchstgeschwindigkeit, an die auch ausländische Fahrzeuglenker gebunden sind. Diese sind daher verpflichtet, sich entsprechend Kenntnis von in Österreich geltenden und auch von ihnen zu beachtenden gesetzlichen Bestimmungen zu verschaffen (vgl. VwGH v. 23.Oktober 1986, 86/02/0064 ua).

In einem ähnlich wie der gegenständliche Fall gelagerten hat der Verwaltungsgerichtshof überdies ausgesprochen, daß das Nachfahren mit einem Dienstfahrzeug und das Ablesen des Tachometers grundsätzlich ein taugliches und zulässiges Beweismittel zur Feststellung einer von einem Fahrzeug eingehaltenen Geschwindigkeit darstellt. Voraussetzung hiefür ist jedoch, daß das Nachfahren über eine Strecke und über eine Zeitspanne erfolgt, die lang genug sind, um die Einhaltung etwa derselben Geschwindigkeit wie der des beobachteten Fahrzeuges prüfen und sodann das Ablesen der eigenen Geschwindigkeit ermöglichen zu können. Eine Beobachtungsstrecke von ca.

100 m wird dabei für ausreichend erachtet. Es ist nicht zu erkennen, warum diese Grundsätze nicht auch auf den Fall gelten sollten, daß das noch zusätzlich mit einem die eingehaltene Geschwindigkeit ermittelndem Videogerät ausgestattete Dienstfahrzeug dem beobachteten Fahrzeug über eine entsprechende Strecke in gleichbleibendem Abstand nachfährt (vgl. VwGH v. 12. Juli 1995, 95/03/0171).

Die von der Behörde dem Tatvorwurf zugrundegelegte Geschwindigkeit von 160 km/h ist sowohl im Hinblick auf die vorliegenden Fotos nachvollziehbar, als auch stellt sie auch nach dem Ergebnis des Beweisverfahrens die vom Rechtsmittelwerber eingehaltene Mindestgeschwindigkeit dar. Der unabhängige Verwaltungssenat gelangt zweifelsfrei zu der Auffassung, daß der Rechtsmittelwerber den ihm zur Last gelegten Tatbestand erfüllt und sein Verhalten als Verwaltungsübertretung zu verantworten hat.

Aus dem Verfahrensakt geht hervor, daß dem Rechtsmittelwerber seitens der Erstinstanz zwar die ihm zur Last gelegte Verwaltungsübertretung in konkreter Umschreibung innerhalb der Verfolgungsverjährungsfrist vorgeworfen wurde, daß ihm aber in der Folge nur der Bericht des Meldungslegers Obstlt.

S zu diesem konkret gestellten Fragen und die tatsächlich nicht sein Fahrzeug zeigenden Fotos zur Kenntnis gebracht wurden. Der Rechtsmittelwerber hat aber nie die Anzeige, die die Geschwindigkeitsfeststellung erklärt hätte, gesehen, sodaß seine in der Folge etwas ausartenden Stellungnahmen für den unabhängigen Verwaltungssenat zumindest psychologisch erklärbar sind.

Zur Strafbemessung ist auszuführen:

Gemäß § 19 Abs.1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat.

Gemäß § 19 Abs.2 VStG sind überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen, und auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

Der Strafrahmen des § 99 Abs.3 StVO 1960 reicht bis zu 10.000 S Geldstrafe bzw bis zu 2 Wochen Ersatzfreiheitsstrafe.

Aus der Begründung des angefochtenen Straferkenntnisses geht hervor, daß die Erstinstanz zutreffend die bisherige verwal tungstrafrechtliche Unbescholtenheit als mildernd und nichts als erschwerend gewertet und mangels jeglicher Angaben ein Monatsnettoeinkommen von umgerechnet 12.000 S sowie das Nichtbestehen von Vermögen und Sorgepflichten der Strafbemessung zugrundegelegt hat.

Der unabhängige Verwaltungssenat vermag in diesen Überlegungen der Erstinstanz keinerlei Rechtswidrigkeit zu erblicken, wobei weiters zu betonen ist, daß eine Geschwindigkeitsüberschreitung um 30 km/h nicht mehr als geringfügig anzusehen ist.

Die verhängte Geldstrafe entspricht daher dem Unrechts- und Schuldgehalt der Übertretung ebenso wie den finanziellen Verhältnissen des Rechtsmittelwerbers - dieser hat der Schätzung nicht widersprochen - und hält auch general- sowie vor allem spezialpräventiven Überlegungen stand.

Die Herabsetzung der Ersatzfreiheitsstrafe erfolgte im Verhältnis zur Geldstrafe.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

zu II.:

Der Ausspruch über den Verfahrenskostenersatz ist gesetzlich begründet.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Mag. Bissenberger

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