Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-103322/2/Bi/Fb

Linz, 20.05.1996

VwSen-103322/2/Bi/Fb Linz, am 20. Mai 1996 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Bissenberger über die Berufung des Herrn A U, R, vom 19. November 1995 gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung vom 8.

November 1995, VerkR96-2156-1995-SR/GA, wegen Übertretung des Kraftfahrgesetzes 1967, zu Recht erkannt:

Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis behoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 51 Abs.1, 45 Abs.1 Z1 und 66 VStG, §§ 134 Abs.1 iVm 50 Abs.1 KFG 1967.

Entscheidungsgründe:

1. Die Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung hat mit dem oben angeführten Straferkenntnis über den Beschuldigten wegen der Verwaltungsübertretung gemäß §§ 134 Abs.1 iVm 50 Abs.1 KFG 1967 eine Geldstrafe von 200 S und für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 12 Stunden verhängt, weil er am 13. Mai 1995 um 19.55 Uhr den PKW, Kennzeichen , in L, nächst dem Haus W Nr. 3 gelenkt und an seinem Fahrzeug eine Vorrichtung angebracht habe, mit der das Kennzeichen des Fahrzeuges teilweise verdeckt worden sei, da die rot-weiß-roten Streifen des hinteren Kennzeichens mit dunklem Klebeband überdeckt gewesen seien.

Gleichzeitig wurde ihm ein Verfahrenskostenbeitrag von 20 S auferlegt.

2. Dagegen hat der Rechtsmittelwerber fristgerecht Berufung erhoben, die seitens der Erstinstanz ohne Berufungsvorentscheidung dem unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich vorgelegt wurde. Da keine 10.000 S übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, war durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden (§ 51c VStG). Die Anberaumung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung erübrigte sich, weil im bekämpften Bescheid eine 3.000 S nicht übersteigende Geldstrafe verhängt und eine Verhandlung nicht ausdrücklich verlangt wurde (§ 51e Abs.2 VStG).

3. Der Rechtsmittelwerber bestreitet im wesentlichen, den PKW zum damaligen Zeitpunkt selbst gelenkt zu haben und führt aus, er habe vom diesbezüglichen Tatvorwurf erstmals durch die angefochtene Entscheidung Kenntnis erlangt und im Verlauf des Verfahrens nie eine Möglichkeit gehabt, zu einem solchen Vorwurf Stellung zu nehmen. Ihm sei nämlich zunächst nur vorgeworfen worden, er hätte an seinem Fahrzeug die im Spruch näher beschriebene Vorrichtung angebracht. Die Behörde habe auch nicht begründet, wie sie zu dieser aktenwidrigen Feststellung gelangt sei. Im übrigen lasse die Formulierung des Spruches offen, was ihm nun eigentlich vorgeworfen werde.

Im Spruch sei zwar ausgeführt, daß er am 13. Mai 1995 um 19.55 Uhr den PKW gelenkt hätte, was er ausdrücklich bestreite, jedoch enthalte der zweite Teil des Spruches keine Angaben darüber, wann er die näher beschriebene Vorrichtung angebracht haben solle. Die Behörde habe diesbezüglich nichts ermittelt und der Spruch sei daher widersprüchlich, zumal es auch nicht möglich sein dürfte, ein Fahrzeug zu lenken und gleichzeitig eine Vorrichtung daran anzubringen.

Er habe auch nicht am 13. Mai 1995 um 19.55 Uhr die angeführte Vorrichtung angebracht, weil er sich zu diesem Zeitpunkt gar nicht beim Fahrzeug befunden habe.

Er habe bereits ausgeführt, daß die Voraussetzungen für die Anwendung des § 21 Abs.1 VStG vorlägen, jedoch sei die Behörde darauf in keiner Weise eingegangen. Ebenso seien die Überlegungen der Erstinstanz zur Strafbemessung nicht schlüssig. Das Straferkenntnis leide außerdem an dem schweren Mangel, daß die Behörde gemäß der Vorschrift des § 49 Abs.3 VStG, wonach im Fall eines Einspruchs die Strafverfügung außer Kraft tritt, das ordentliche Verfahren einzuleiten hat. Es sei auch nicht ersichtlich, auf welche Weise die Behörde ein ordentliches Verfahren eingeleitet habe, und er beantrage daher, das Straferkenntnis zu beheben.

4. Der unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt der Erstinstanz.

Daraus geht hervor, daß RI P und RI G am 13. Mai 1995 um 19.55 Uhr in Linz nächst dem Haus W 3 Richtung stadtauswärts im Funkwagen unterwegs waren, wobei ihnen der vor ihnen fahrende PKW auffiel, weil dieser die rot-weiß-roten Streifen der hinteren Kennzeichentafel mit einem dunklen Klebestreifen überklebt hatte. Aus der Anzeige geht hervor, daß aus entsprechender Entfernung das Kennzeichen nicht als österreichisches Kennzeichen erkennbar gewesen wäre. Eine Anhaltung sei aber aufgrund eines dringenden Auftrages nicht möglich gewesen.

Das Verfahren wurde an die Bezirkshauptmannschaft UrfahrUmgebung gemäß § 29a VStG abgetreten und der Rechtsmittelwerber hat gegen die Strafverfügung der Erstinstanz vom 24.

Mai 1995 Einspruch erhoben. Dieser dürfte von der Erstinstanz vorerst als verspätet angesehen worden sein, weil an den Rechtsmittelwerber ein diesbezügliches Schreiben gerichtet wurde, das dieser damit beantwortet hat, er leiste derzeit seinen Präsenzdienst beim österreichischen Bundesheer und sei nur fallweise an manchen Wochenenden zuhause.

Der Brief sei nicht an die Kaserne H nachgesendet, sondern beim Postamt in R hinterlegt worden.

Die Erstinstanz hat daraufhin den Einspruch offenbar als fristgerecht eingebracht gewertet, sofort das nunmehr angefochtene Straferkenntnis erlassen und in der Begründung ausgeführt, daß aufgrund des Einspruchs, mit dem die Bemessung der Strafe in Beschwerde gezogen worden sei, zu prüfen gewesen sei, ob die Bestimmungen des § 19 VStG eingehalten worden seien.

In rechtlicher Hinsicht ist auszuführen:

Gemäß § 102 Abs.1 KFG 1967 darf der Kraftfahrzeuglenker ein Kraftfahrzeug erst in Betrieb nehmen, wenn er sich, soweit dies zumutbar ist, davon überzeugt hat, daß das von ihm zu lenkende Kraftfahrzeug und ein mit diesem zu ziehender Anhänger sowie deren Beladung den hiefür in Betracht kommenden Vorschriften entsprechen.

Gemäß § 50 Abs.1 leg.cit. ist das Ändern der Kennzeichentafeln und das Anbringen von Vorrichtungen, mit denen das Kennzeichen eines Fahrzeuges ganz oder teilweise verdeckt oder unlesbar gemacht werden kann, verboten.

Gemäß § 44a Z1 VStG hat der Spruch eines Straferkenntnisses, wenn er nicht auf Einstellung lautet, die als erwiesen angenommene Tat zu enthalten. Diese ist hinsichtlich des Täters und der Tatumstände so genau zu umschreiben, daß die Zuordnung des Tatverhaltens zur Verwaltungsvorschrift, die durch die Tat verletzt worden ist, in Ansehung aller Tatbestandsmerkmale ermöglicht wird und daß die Identität der Tat unverwechselbar feststeht, dh der Spruch muß insbesondere geeignet sein, den Bestraften rechtlich davor zu schützen, wegen desselben Verhaltens nochmals zur Verantwortung gezogen zu werden (vgl ua VwGH vom 14. Jänner 1987, 86/06/0017 uva).

Im Spruch des Straferkenntnisses wurde dem Rechtsmittelwerber zur Last gelegt, als Lenker des PKW zu einer bestimmten Zeit an einem bestimmten Ort eine Verwaltungsübertretung begangen zu haben, jedoch wurde zum einen § 102 Abs.1 KFG 1967 nicht zitiert und zum anderen die darin formulierte Zumutbarkeit des Sich-Überzeugens, ob das Kraftfahrzeug den maßgeblichen Bestimmungen entspricht, nicht angeführt. Dabei handelt es sich aber um ein wesentliches Tatbestandsmerkmal und eine nachträgliche Ergänzung des Spruches ist aufgrund der mittlerweile eingetretenen Verfolgungsverjährung nicht mehr zulässig.

Gemäß § 45 Abs.1 Z3 VStG hat die Behörde von der Einleitung oder Fortführung eines Strafverfahrens abzusehen und die Einstellung zu verfügen, wenn Umstände vorliegen, die die Verfolgung ausschließen.

Schon aus diesem Grund war daher der Berufung Folge zu geben und das Straferkenntnis ersatzlos zu beheben.

Am Rande ist zu bemerken, daß auch nach der Auffassung des unabhängigen Verwaltungssenates den Ausführungen des Rechtsmittelwerbers keine stichhaltigen Argumente entgegenzusetzen sind.

Er hat im Einspruch gegen die Strafverfügung die Erfüllung des Tatbestandes zugestanden, jedoch gleichzeitig sein Verschulden grundsätzlich bestritten und nur für den Fall, daß die Behörde trotzdem von einem Verschulden seinerseits ausgeht, die Geringfügigkeit dieses Verschuldens geltend gemacht und darauf den Eventualantrag auf ein Absehen von der Strafe und die Erteilung einer Ermahnung gestützt. Der Einspruch gegen die Strafverfügung war nach Auffassung des unabhängigen Verwaltungssenates nicht bloß als solcher gegen die Strafbemessung anzusehen, sondern als Einspruch gegen Schuld und Strafe.

Auch die Strafverfügung bildet im gegenständlichen Fall keine ausreichende Verfolgungshandlung, weil daraus in keiner Weise hervorgeht, ob sich der Tatvorwurf auf die Eigenschaft des Rechtsmittelwerbers als Lenker oder als Zulassungsbesitzer des PKW bezieht.

Für den unabhängigen Verwaltungssenat ist in diesem Zusammenhang nicht nachvollziehbar, worauf die Erstinstanz den Schuldspruch im Hinblick auf den Tatvorwurf des Lenkens des Kraftfahrzeuges stützt, zumal sich die Anzeige eindeutig und zweifelsfrei gegen den Rechtsmittelwerber als Zulassungsbesitzer des PKW richtet, und darin ausdrücklich ausgeführt ist, daß der Lenker unbekannt war und wegen eines dringenden Auftrages auch nicht in Erfahrung gebracht werden konnte.

Insoweit ist der Schuldspruch des angefochtenen Straferkenntnisses, wie der Rechtsmittelwerber zutreffend bemerkt, aktenwidrig.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden, wobei auch keine Verfahrenskostenbeiträge anfallen.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Mag. Bissenberger

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