Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
FAQs| Sitemap| Weblinks

VwSen-103327/15/Sch/<< Rd>> Linz, am 20. Mai 1996 VwSen103327/15/Sch/<< Rd>>

Linz, 20.05.1996

VwSen 103327/15/Sch/<< Rd>> Linz, am 20. Mai 1996
VwSen-103327/15/Sch/<< Rd>> Linz, am 20. Mai 1996 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch das Mitglied Dr. Schön über die Berufung des AG, vertreten durch die RAe, vom 8. November 1995 gegen die Fakten 1 und 2 des Straferkenntnisses der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom 18. Oktober 1995, VerkR96-11896-1995-Za, wegen zweier Übertretungen der Straßenverkehrsordnung 1960 nach öffentlicher mündlicher Berufungsverhandlung am 10. Mai 1996 zu Recht erkannt:

I. Die Berufung wird hinsichtlich Faktum 1 abgewiesen und das angefochtene Straferkenntnis in diesem Punkt bestätigt.

Bezüglich Faktum 2 wird der Berufung Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis diesbezüglich behoben und das Verfahren eingestellt.

II. Der Berufungswerber hat als Kostenbeitrag zum Berufungsverfahren hinsichtlich Faktum 1 den Betrag von 200 S (20 % der verhängten Geldstrafe) binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu leisten.

Im übrigen (Faktum 2 des angefochtenen Straferkenntnisses) entfällt die Verpflichtung zur Leistung jeglicher Verfahrenskostenbeiträge.

Rechtsgrundlagen:

zu I.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 51, 19 und 45 Abs.1 Z1 und 3 VStG.

zu II.: §§ 64ff VStG.

Entscheidungsgründe:

Zu I.:

1. Die Bezirkshauptmannschaft Linz-Land hat mit Straferkenntnis vom 18. Oktober 1995, VerkR96-11896-1995-Za, über Herrn AG, ua wegen der Verwaltungsübertretungen gemäß 1) § 38 Abs.5 iVm § 38 Abs.1 lit.c StVO 1960 und 2) § 20 Abs.2 StVO 1960 Geldstrafen von 1) 1.000 S und 2) 5.000 S sowie für den Fall der Uneinbringlichkeit Ersatzfreiheitsstrafen von 1) 24 Stunden und 2) sieben Tagen verhängt, weil er am 19. Mai 1995 um 18.10 Uhr im Gemeindegebiet von Leonding auf der Harterplateau Bezirksstraße in Richtung Linz den PKW mit dem Kennzeichen gelenkt habe, wobei er 1) bei der Kreuzung mit der Kremstal Bundesstraße bei rotem Licht der Verkehrsampel das Fahrzeug nicht vor der Kreuzung angehalten habe und 2) in Leonding/Hart die im Ortsgebiet zulässige Höchstgeschwindigkeit im Bereich der Straßenkilometer 2,1 bis 1,9 um 30 km/h und weiters im Ortsgebiet von Leonding/Hart auf der Herderstraße die im Ortsgebiet zulässige Höchstgeschwindigkeit um 70 km/h überschritten habe (Fakten 1 und 2).

Überdies wurde der Berufungswerber zu einem Kostenbeitrag zum Verfahren in der Höhe von insgesamt 650 S verpflichtet.

2. Gegen Faktum 1 und 2 dieses Straferkenntnisses (Faktum 3 ist, wie in der Berufungsverhandlung klargestellt wurde, vom Rechtsmittel nicht erfaßt) hat der Berufungswerber rechtzeitig Berufung erhoben. Vom Instrumentarium der Berufungsvorentscheidung hat die Erstbehörde nicht Gebrauch gemacht und die Berufung vorgelegt. Damit ist die Zuständigkeit des unabhängigen Verwaltungssenates gegeben.

3. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat folgendes erwogen:

Anläßlich der eingangs erwähnten öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung wurde die Ampelphasenschaltung - die unbestrittenerweise seit dem Vorfallszeitpunkt nicht geändert wurde - in Augenschein genommen. Hiebei stellte sich heraus, daß in dem Augenblick, wo die Verkehrslichtsignalanlage auf der Kremstal-Bundesstraße in Fahrtrichtung Linz rot-gelbes Licht zeigt, jene in der damaligen Fahrtrichtung des Berufungswerbers auf rotes Licht umschaltet.

Nach den glaubwürdigen Angaben des einvernommenen Zeugen H überquerte der Berufungswerber mit seinem Fahrzeug in jenem Moment die tatörtliche Kreuzung, in welchem für den Meldungsleger (und den zweiten Gendarmeriebeamten) in deren Funkpatrouillenwagen rot-gelbes Licht der Verkehrsampel angezeigt wurde. Es kann daher der von ihnen gezogene Schluß, daß der Berufungswerber sohin bei Rotlicht in die Kreuzung eingefahren sein mußte, ohne weiteres nachvollzogen werden.

Zur Aussage des Zeugen H anläßlich der Berufungsverhandlung ist im Lichte des § 51i VStG nachstehendes zu bemerken:

Wenngleich der Zeuge bei der Berufungsverhandlung angab, sich an genaue Einzelheiten des Vorfalles aufgrund des inzwischen verstrichenen Zeitraumes nicht mehr erinnern zu können, so vertritt die Berufungsbehörde dennoch die Ansicht, daß seine Aussage, die hinsichtlich dieser Details aus einem Verweis auf den Inhalt der Anzeige vom 24. Juni 1995 besteht, nicht im Widerspruch zur erwähnten Bestimmung steht. Würde man das Unmittelbarkeitsprinzip derartig streng auslegen, so wäre wohl schon dann eine Zeugenaussage nicht mehr verwertbar, wenn sich der Zeuge etwa lediglich an die genaue Uhrzeit eines Vorfalles, der schon länger zurückliegt, nicht mehr erinnern könnte.

Der Zeuge H hat die Angaben in der erwähnten Anzeige zur Zeugenaussage erhoben, weshalb nach Ansicht der Berufungsbehörde der Zugrundelegung dieses Beweismittels für die Berufungsentscheidung nichts entgegenstand.

Abgesehen davon spricht eine solche Aussage eines Zeugen für dessen Glaubwürdigkeit, da es ihm sicherlich ein Leichtes gewesen wäre, sich vor der Berufungsverhandlung die Anzeige durchzulesen und diese dann bei der Berufungsverhandlung wiederzugeben.

Zur Strafzumessung hinsichtlich dieses Faktums wird folgendes ausgeführt:

Gemäß § 19 Abs.1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat.

Die Nichtbeachtung des roten Lichtes einer Verkehrslichtsignalanlage stellt zweifelsfrei einen schweren Verstoß gegen die straßenverkehrsrechtlichen Vorschriften dar. Durch solche Übertretungen kommt es, wie als bekannt vorausgesetzt werden kann, immer wieder zu schweren Verkehrsunfällen bzw.

zumindest zu gefährlichen Situationen. Die von der Erstbehörde festgesetzte Geldstrafe im Ausmaß von 1.000 S, ds 10 % des Strafrahmens, kann daher aus diesem Blickwinkel heraus nicht als überhöht angesehen werden.

Milderungs- und Erschwerungsgründe lagen nicht vor.

Die aktenkundigen persönlichen Verhältnisse des Berufungswerbers lassen erwarten, daß er zur Bezahlung der Verwaltungsstrafe ohne Beeinträchtigung seiner Lebensführung in der Lage sein wird.

Im Zusammenhang mit der dem Berufungswerber zu Faktum 2 erster Satz vorgeworfenen Geschwindigkeitsüberschreitung wurde als Tatortbereich der Straßenkilometer 2,1 bis 1,9 der Harterplateau Bezirksstraße - im Einklang mit den Angaben in der Gendarmerieanzeige - im Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses angeführt.

Wie ein Lokalaugenschein durch die Berufungsbehörde ergeben hat, erstreckt sich der vorgeworfene Tatortbereich auf der Harterplateau Bezirksstraße entgegen der Kilometrierung ca.

von Kreuzung derselben mit der Kremstal Bundesstraße bis zur Kreuzung mit der Herderstraße. Dieser Bereich kann aber nicht jener gewesen sein, in welchem der Berufungswerber bei der An-, Vorbei- und Wegfahrt beobachtet worden ist.

Vielmehr ist es so, daß der Sichtbereich auf den Querverkehr etwa bei Straßenkilometer 2,1, das ist der Kreuzungsbereich mit der Kremstal Bundesstraße, für die Meldungsleger geendet hat. Der tatsächliche Tatort kann sich daher nur bis zu dieser Stelle erstreckt haben.

Im Hinblick auf den zweiten Satz des Faktum 2 des Straferkenntnisses fällt auf, daß der Tatortbereich laut erstbehördlichem Bescheidspruch auf der Herderstraße auf das Ortsgebiet Leonding/Hart "beschränkt" wurde, obwohl in der Gendarmerieanzeige auch noch vom Ortsgebiet Leonding/Haag die Rede ist. In diesem Zusammenhang ergab der erwähnte Lokalaugenschein, daß die (teilweise in völlig unbebautem Gebiet gelegenen Ortsgebiete) nahtlos ineinander übergehen.

Dies bedeutet, daß unmittelbar beim Ende des Ortsgebietes Leonding/Hart jenes mit der Bezeichnung Leonding/Haag beginnt.

Der beim Lokalaugenschein beigezogene verkehrstechnische Amtssachverständige hat im Hinblick auf die Frage, ob die Geschwindigkeitsfeststellung durch Nachfahrt durch die Gendarmeriebeamten (beschränkt auf das Ortsgebiet Leonding/Hart) gutachtlich gestützt werden könne, nachstehendes - hier gekürzt - ausgeführt:

"Die Meldungsleger müßten, nachdem bereits die Fahrgeschwindigkeit auf das Vorderfahrzeug eingeregelt wurde und somit ein gleichbleibender Abstand zum vorausfahrenden Fahrzeug gegeben wäre, folgende Zeiten benötigen:

1,5 sec. für eine Abstandskontrolle, 1 sec. für einen Blicksprung auf den Tachographen, 1,5 sec. für das Ablesen der Geschwindigkeit, 1 sec. für den Blicksprung zur Abstandskontrolle, 1,5 sec. für die Abstandskontrolle selbst, 1 sec. für einen Blicksprung zum Tachographen und 1,5 sec. für das Ablesen des Tachographen Es wird somit als Summe der oa Teilzeiten eine Zeit von mindestens 9 sec. benötigt, um eine solche Geschwindigkeitsfeststellung durchzuführen.

Ausgehend davon, daß abzüglich der Tachofehlabweichung und abzüglich einer gewissen Toleranzgrenze und weiters ausgehend von einer überhöhten Einbiegegeschwindigkeit von annähernd 50 km/h bei der Kreuzung Herderstraße-Wegscheiderstraße auf eine Geschwindigkeit von 120 km/h beschleunigt wurde, ist bei einer mittleren Beschleunigung von 1,0 m/sec2 eine Wegstrecke von ca. 450 m erforderlich. Sodann würde eine Wegstrecke von ca. 300 m genügen, um eine zuverlässige Geschwindigkeitsermittlung durch eine Nachfahrt annehmen zu können. Nachdem aber, wie schon vorangesagt, bereits 595 m nach der Kreuzung mit der Wegscheiderstraße das Ortsgebiet Haag beginnt und hier der Tatortbereich endet (laut Straferkenntnis), bliebe für die zuverlässige Geschwindigkeitsermittlung durch Nachfahrt lediglich ein Weg von 145 m zur Verfügung. Diese Wegstrecke von 145 m ist jedoch für die zuverlässige Fahrgeschwindigkeitsermittlung durch Nachfahrt zu gering." Wenngleich der Sachverständige noch ergänzend ausgeführt hat, daß die Geschwindigkeitsfeststellung zwar dann gestützt werden könnte, wenn der Tatortbereich auch noch das Ortsgebiet Leonding/Haag umfassen würde, kommt dieser Aussage keine Entscheidungsrelevanz mehr zu, da es nicht in der Befugnis der Berufungsbehörde stehen kann, die "Sache" eines Berufungsverfahrens zu erweitern, mit anderen Worten, hier konkret den Tatort über die Feststellungen der Erstbehörde hinaus auszudehnen, mag er nach der Aktenlage auch tatsächlich dieses Ausmaß gehabt haben.

Das Verwaltungsstrafverfahren war daher in diesem Punkt ohne Eingehen auf das Berufungsvorbringen und dessen Schlüssigbzw. Glaubwürdigkeit einzustellen.

Zu II.:

Die Entscheidung über die Kosten stützt sich auf die im Spruch angeführten gesetzlichen Bestimmungen.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

S c h ö n



DruckersymbolSeite drucken
Seitenanfang Symbol Seitenanfang
www.uvs-ooe.gv.at| Impressum