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des Landes Oberösterreich
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VwSen-103342/2/Weg/Ri

Linz, 11.12.1995

VwSen-103342/2/Weg/Ri Linz, am 11. Dezember 1995 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Wegschaider über die Berufung des M K, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. S, vom 27.

November 1995 gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft ... vom 9. November 1995, VerkR96-..., zu Recht erkannt:

Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis behoben und das Verfahren eingestellt.

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs.4 AVG iVm § 24, § 45 Abs.1 Z1 und Z3, § 51 Abs.1 und § 51e Abs.2 VStG.

Entscheidungsgründe:

1. Die Bezirkshauptmannschaft ... als im Wege des § 29a VStG zuständig gewordene Behörde hat mit dem in der Präambel zitierten Straferkenntnis über den Berufungswerber wegen der Verwaltungsübertretungen nach 1.) § 16 Abs.2 lit.b StVO 1960 und 2.) § 16 Abs.1 lit.c StVO 1960 Geldstrafen von 1.) 1.000 S und 2.) 1.000 S und für den Fall der Uneinbringlichkeit Ersatzfreiheitsstrafen von 1.) 30 Stunden und 2.) 30 Stunden verhängt, weil dieser am 13. Oktober 1994 um 06.41 Uhr den PKW SE... auf der ... Bezirksstraße aus Richtung ... kommend in Richtung ... gelenkt hat, wobei er 1.) bei Strkm ... bei einer Sichtbehinderung durch dichten Nebel vor der dortigen Fahrbahnkuppe den Klein-LKW LL... links überholte, obwohl er 2.) nicht einwandfrei erkennen konnte, daß er sich nach dem Überholen wieder in den Verkehr einordnen kann, ohne daß dadurch andere Straßenbenützer hätten behindert oder gefährdet werden können.

Außerdem wurde ein Kostenbeitrag zum Strafverfahren in der Höhe von 200 S in Vorschreibung gebracht.

2. Begründend führt die Bezirkshauptmannschaft ... hiezu sinngemäß aus, daß die Tat auf Grund der zeugenschaftlichen Aussage des Rev.Insp. ..., eines straßenverkehrstechnischen Amtssachverständigengutachtens und einer Mitteilung der Zentralanstalt für Meteorologie und Geodynamik erwiesen sei.

Dies auch hinsichtlich der Tatzeit, wobei der zeugenschaftlichen Aussage des Dienstgebers des Beschuldigten, daß der Berufungswerber bereits um 6.45 Uhr in der 20 km entfernten Betriebsstätte anwesend gewesen sei, kein Glauben geschenkt wurde. Hinsichtlich der Tatzeit und dem Ablesen des Kennzeichens könne dem Meldungsleger kein Irrtum unterlaufen sein.

3. Der Berufungswerber wendet dagegen sinngemäß ein, er habe die Verwaltungsübertretung nicht begangen. Er habe seinen Dienst um 6.45 Uhr begonnen und es sei - ausgehend von der angenommenen Tatzeit um 6.41 Uhr - unmöglich, bereits um 6.45 Uhr den Dienst zu beginnen, was sein Dienstgeber zeugenschaftlich bestätigt habe. Der Berufungswerber wendet auch ein, daß der Zeuge Rev.Insp. ... anläßlich seiner zeugenschaftlichen Befragung am 30. Dezember 1994 als Tatort die ... Bezirksstraße bei km ... angab und hierüber sowohl Lichtbilder als auch eine Skizze anfertigte. Erst später habe Rev.Insp. ... - allerdings nicht zeugenschaftlich - in Mitteilung gebracht, daß hinsichtlich des Tatortes eine Verwechslung vorliege und das Überholmanöver auf der ...

Bezirksstraße bei Str.km. ... stattgefunden habe. Es wurden hiezu auch Lichtbilder angefertigt und ist aus diesen ersichtlich, daß es sich um eine völlig andere Tatörtlichkeit handelt, als dies in der zeugenschaftlichen Aussage vom 30. Dezember 1994 zu Protokoll gegeben wurde.

Weil der Meldungsleger angegeben habe, das Überholmanöver hätte bei Kilometer ... stattgefunden, wegen dieser Tat aber keine Verfolgungshandlung stattgefunden habe, sei auch aus diesem Grund das Straferkenntnis zu beheben.

4. Wenn im bekämpften Bescheid eine 3.000 S nicht übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, kann eine Verhandlung unterbleiben, es sei denn, daß eine Partei die Durchführung einer Verhandlung ausdrücklich verlangt. Nachdem ein derartiges Verlangen von keiner Partei gestellt wurde und aus der Durchführung der Verhandlung keine anderen Beweisergebnisse zu erwarten sind als sie ohnehin schon vorliegen, war auf Grund der Aktenlage zu entscheiden.

Zum Aktengang:

In der Anzeige wird dem Berufungswerber vorgeworfen, bei Str.km ... der ... Bezirksstraße trotz dichten Nebels vor der dortigen Fahrbahnkuppe aus Richtung ... kommend in Richtung ... den Klein-LKW mit dem Kennzeichen ... überholt zu haben. Als Tatzeit wird in dieser Anzeige 6.41 Uhr angegeben. Der Berufungswerber bringt dagegen mit einem am 7. November 1994 bei der Bezirkshauptmannschaft ...

eingelangten Schreiben vor, die Tatzeit sei unrichtig, da er bereits um 6.45 Uhr bei der Firma ...in ... an der ... zu arbeiten begonnen habe. Dies würde bedingen, daß er die 20 km lange Fahrstrecke in vier Minuten zurückgelegt haben müßte. Dazu wurde Rev.Insp. ... zeugenschaftlich befragt, welcher ausführte, ein Irrtum in der Angabe der Uhrzeit oder im Ablesen des Kennzeichens sei mit Sicherheit auszuschließen. In dieser zeugenschaftlichen Vernehmung schildert der Anzeigenleger jedoch einen Vorfall auf einer völlig anderen Straßenstrecke und zwar durch die Anfertigung von Skizzen und Lichtbildern derartig exakt, daß im darauffolgenden Ladungsbescheid der Bezirkshauptmannschaft ... auch noch ein Überholvorgang im Bereiche einer Kreuzung zum Vorwurf gemacht wurde.

Nachdem der Berufungswerber eine Bestätigung des Dienstgebers vorlegte, daß er bereits um 6.45 Uhr den Dienst begonnen habe, wurde der Dienstgeber am 2. Mai 1995 zeugenschaftlich befragt und gab dieser dabei zu Protokoll, daß eine ev. Verspätung des Berufungswerbers in die Personalkartei eingetragen werden würde. Am Tattag fehlt eine derartige Eintragung. Der Berufungswerber sei um 6.45 Uhr sicher schon anwesend gewesen, da ihm dies wegen der stattgefundenen Dienstbesprechung ansonsten aufgefallen wäre. Im übrigen sei der Berufungswerber ein pünktlicher Arbeiter.

Auffallend ist, daß jener Lenker, der mit dem Klein-LKW ...

überholt worden sei, zur Tatzeitproblematik nicht befragt wurde, was in Anbetracht der sonstigen Verfahrensschritte (Einholung eines meteorologischen Gutachtens und Einholung eines straßenverkehrstechnischen Gutachtens) verwaltungsökonomisch auch noch vertretbar gewesen wäre.

Eine derartige Befragung müßte jedoch knapp nach der Tatzeit erfolgen und würde eine solche im Zuge des Berufungsverfahrens nach länger als einem Jahr eine zuverlässige Aussage kaum möglich machen. Die Erstbehörde hätte auf Grund der schon ca. 3 Wochen nach der Tat virulent gewordenen Tatzeitungenauigkeit diese Möglichkeit gehabt.

Nach der Einholung eines meteorologischen Gutachtens wird der Anzeigenleger schriftlich noch einmal befragt, ob nun der Überholvorgang bei Str.km ... (wie in der Anzeige) oder bei Str.km ... (so die Zeugenaussage) stattgefunden hat.

Daraufhin teilt der Anzeigenleger mit, daß der Tatort aus unerklärlichen Gründen verwechselt worden sei und das Überholmanöver doch bei Str.km ... stattgefunden habe.

Dieser schriftlichen Antwort sind Lichtbilder des Tatortes bei km ... beigelegt.

In der Folge wird ein Amtssachverständiger des Amtes der o.ö. Landesregierung ersucht, eine gutächtliche Äußerung hinsichtlich des Überholvorganges während dieser Fahrt in Richtung ... abzugeben. Der Sachverständige Ing. ... teilt daraufhin mit, daß diese Fragestellung nicht mit dem in der Anzeige dargestellten Sachverhalt übereinstimme, weil der Beschuldigte in die Gegenrichtung unterwegs war. Erst nach Berichtigung dieses Fehlers wurde schließlich zum Tatort bei Str.km. ... ein Gutachten abgegeben. Somit die Aktenlage, auf Grund der das Straferkenntnis erlassen wurde.

3. Der unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

Die Berufungsbehörde schließt sich den Schlußfolgerungen der Erstbehörde, daß die Tat - insbesondere hinsichtlich der Tatzeit - mit einer für ein Strafverfahren notwendigen Sicherheit erwiesen ist, nicht an. Die Gründe für diesen Tatzeitzweifel ergeben sich aus der geschilderten Aktenlage, welche den berechtigten Schluß zuläßt, daß auch hinsichtlich der Tatzeit ein Irrtum nicht auszuschließen ist. Dies insbesondere auch im Hinblick auf die Zeugenaussage des Dienstgebers des Beschuldigten. Die vorliegenden Zweifel hinsichtlich der genauen Tatzeit hätten allenfalls durch die Vernehmung des Lenkers des Klein-LKWs mit dem Kennzeichen ... ausgeräumt werden können. Eine Vernehmung dieses Lenkers bringt zum heutigen Zeitpunkt mit einer an Sicherheit grenzenden Wahrscheinlichkeit kein zweifelsfreies Ergebnis mehr.

Nachdem für die Bewältigung einer 20 km langen Strecke etwa eine Zeit von 20 bis 30 Minuten zu veranschlagen ist, könnte auch eine Tatzeit zwischen 6.15 und 6.25 Uhr denkbar sein.

Gemäß § 44a Z1 VStG hat der Spruch eines Straferkenntnisses die als erwiesen angenommene Tat zu enthalten, worunter nach der ständigen Rechtsprechung auch die genaue Anführung der Tatzeit zu verstehen ist. In einer nicht auszuschließenden Differenz der Tatzeit um 20 bis 30 Minuten wird ein Konkretisierungsmangel erblickt, der zur Rechtswidrigkeit des Spruches des Straferkenntnisses führt. Eine Berichtigung durch die Berufungsbehörde ist wegen des Ablaufes der Verfolgungsverjährungsfrist nicht mehr möglich.

Nachdem die Tat hinsichtlich der Tatzeit nicht erwiesen ist war - weil diesbezüglich schon Verfolgungsverjährung eingetreten ist - gemäß § 45 Abs.1 Z3 VStG die Einstellung zu verfügen.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Dr. Wegschaider

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