Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-103405/6/Fra/Ka

Linz, 13.02.1996

VwSen-103405/6/Fra/Ka Linz, am 13. Februar 1996 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Fragner über die Berufung des G B, vertreten durch Herrn Rechtsanwalt Dr. M L, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck vom 29.11.1995, VerkR96-10985-1994, betreffend Übertretungen nach 1.) § 4 Abs.1 lit.b StVO 1960, nach 2.) § 4 Abs.1 lit.c StVO 1960 und nach 3.) § 46 Abs.3 StVO 1960 (Spruchpunkte 2, 3 und 4 des angefochtenen Straferkenntnisses), zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird hinsichtlich der Übertretungen nach § 4 Abs.1 lit.b StVO 1960 und nach § 4 Abs.1 lit.c StVO 1960 (Spruchpunkte 2 und 3 des angefochtenen Straferkenntnisses) wegen Eintritts der Verfolgungsverjährung stattgegeben; das angefochtene Straferkenntnis wird diesbezüglich behoben und das Verfahren eingestellt. Hinsichtlich der Übertretung nach § 46 Abs.3 StVO 1960 (Spruchpunkt 4 des angefochtenen Straferkenntnisses) wird die Berufung als unbegründet abgewiesen. Das angefochtene Straferkenntnis wird diesbezüglich bestätigt.

II. Der Berufungswerber hat zum Verfahren hinsichtlich der Übertretungen nach § 4 Abs.1 lit.b StVO 1960 und nach § 4 Abs.1 lit.c StVO 1960 keinen Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens zu leisten. Hinsichtlich des Verfahrens nach § 46 Abs.3 StVO 1960 hat der Berufungswerber binnen zwei Wochen ab Zustellung dieses Erkenntnisses 20 % der verhängten Geldstrafe, ds 200 S, als Kostenbeitrag zum Verfahren vor dem O.ö. Verwaltungssenat zu zahlen.

Rechtsgrundlage:

zu I.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 16, 19, 24 und 45 Abs.1 Z3 VStG.

zu II.: § 64 Abs.1 und Abs.2 VStG sowie § 66 Abs.1 VStG.

Entscheidungsgründe:

I.1. Die Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck hat mit dem in der Präambel angeführten Straferkenntnis über den Berufungswerber (Bw) unter Punkt 2) wegen Übertretung des § 4 Abs.1 lit.b StVO 1960 gemäß § 99 Abs.2 lit.a leg.cit.

eine Geldstrafe von 3.000 S (Ersatzfreiheitsstrafe 72 Stunden), unter Punkt 3) wegen Übertretung des § 4 Abs.1 lit.c StVO 1960 gemäß § 99 Abs.2 lit.a leg.cit. eine Geldstrafe von 3.000 S (Ersatzfreiheitsstrafe 72 Stunden) und unter Punkt 4) wegen Übertretung des § 46 Abs.3 StVO 1960 gemäß § 99 Abs.3 lit.a leg.cit. eine Geldstrafe von 1.000 S (Ersatfreiheitsstrafe 36 Stunden) verhängt, weil er am 23.6.1994, gegen 02.00 Uhr, den PKW mit dem deutschen Kennzeichen: auf der Westautobahn A1 aus Richtung Staatsgrenze/Salzburg kommend in Fahrtrichtung Wien bis zur Autobahnraststätte Loibichl im Gemeindegebiet von Innerschwand, km 259,100, gelenkt hat. Obwohl er bei dieser Fahrt im Bereich des Bezirkes Salzburg/Umgebung Verkehrsunfälle mit Sachschaden verursacht hatte, wodurch gegen 1.55 Uhr, bei km 262,600, im Gemeindegebiet von Tiefgraben, der brennende linke Hinterreifen des von ihm gelenkten Kraftfahrzeuges auf der Fahrbahn zu liegen kam und deshalb als weitere Folge Schäden von Personen und Sachen zu befürchten waren, unterließe er es, die zur Vermeidung solcher Schäden notwendigen Maßnahmen zu treffen.

Außerdem unterließ er es, obwohl sein Verhalten an den Unfallorten mit diesen Verkehrsunfällen in ursächlichem Zusammenhang stand, insofern an der Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes mitzuwirken, als er nach Fahrtende und vor Abschluß der durchzuführenden Erhebungen um ca. 02.10 Uhr, im Tankstellenbuffet der ÖMV-Tankstelle Loibichl noch Alkohol konsumierte (doppelter Cognac) und dadurch die Nachforschungen hinsichtlich des Grades der Alkoholbeeinträchtigung erschwerte.

Schließlich unterließ er es, um 02.55 Uhr auch dafür zu sorgen, daß das von ihm gelenkte Kraftfahrzeug unverzüglich über die nächste Abfahrtstraße vom öffentlichen LKW-Parkplatz Loibichl der Westautobahn A1 entfernt wird (dem bereits verständigten Abschleppdienst wurde die Fahrzeug-Abschleppung untersagt).

Ferner hat die Erstbehörde gemäß § 64 VStG einen Kostenbeitrag in Höhe von 10 % der verhängten Strafe vorgeschrieben.

I.2. Dagegen richtet sich die fristgerecht durch den ausgewiesenen Vertreter des Bw bei der Erstbehörde eingebrachte Berufung. Diese sah sich zu einer Berufungsvorentscheidung nicht veranlaßt und legte das Rechtsmittel samt bezughabenden Verfahrensakt dem unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich vor, der, weil hinsichtlich der gegenständlichen Verwaltungsübertretungen jeweils 10.000 S nicht übersteigende Geldstrafen verhängt wurden, durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied entscheidet (§ 51c VStG).

I.3. Der unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

Zu den Fakten 2) und 3): (§ 4 Abs.1 lit.b StVO 1960 und § 4 Abs.1 lit.c StVO 1960):

Die Bestimmung des § 44a Z1 VStG stellt das Erfordernis der Angabe der als erwiesen angenommenen Tat auf. Danach ist es rechtlich geboten, die Tat hinsichtlich des Täters und der Tatumstände so genau zu umschreiben, daß ua die Identität der Tat nach Ort und Zeit unverwechselbar feststeht (vgl.

VwGH vom 13.6.1984, Slg.11.466A [vS]). Hiebei kommt dem Tatort bei der Angabe der als erwiesen angenommenen Tat eine besondere Bedeutung zu. Die Anforderungen an die Umschreibung des Tatortes sind von Delikttypus zu Delikttypus verschieden. Im übrigen ist die Tatortumschreibung, soll sie dem Gebot des § 44a Z1 VStG genügen, nicht isoliert, sondern in Verbindung mit Tatzeitangabe zu betrachten (vgl. VwGH 20.2.1986, 86/02/0006). Dem § 44a Z1 VStG wird nicht entsprochen, wenn der Tatort ungenau bezeichnet wird. So hat der Verwaltungsgerichtshof ua im Erkenntnis vom 14.7.1985, Zl.85/18/0205, zu § 4 Abs.1 lit.c StVO 1960 ausgesprochen, daß bei den Übertretungen nach § 4 StVO 1960 die Feststellung, die Tat sei "auf der B ...... von K kommend in Richtung Marktplatz" begangen worden, ohne nähere Bezeichnung des Tatortes zur Konkretisierung der als erwiesen angenommenen Tat nicht genügt, sondern es ist eine genauere Angabe im Bereich welches näher bezeichneten Straßenabschnittes der Beschuldigte die ihm angelastete Tat begangen hat, unbedingt erforderlich.

Die Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck hat nun in den Spruchpunkten 2 und 3 bei der Umschreibung der Tat jeweils einen örtlichen Bezug zu den vom Beschuldigten im Bereich des Bezirkes Salzburg-Umgebung verursachten Verkehrsunfällen hergestellt, ohne diese Unfälle durch Tatzeit und Tatort zu konkretisieren. Diese Tatumschreibungen entsprechen daher nicht den oben dargestellten Erfordernissen. Zumal auch während der Verfolgungsverjährungsfrist keine tauglichen dh keine den Umschreibungserfordernissen im Sinne des § 44a Z1 VStG entsprechenden Tatanlastungen - erfolgt sind, ist Verfolgungsverjährung eingetreten, weshalb diesbezüglich spruchgemäß zu entscheiden war.

Zum Faktum 4) (§ 46 Abs.3 StVO 1960):

Nach dieser Bestimmung ist, wenn ein Fahrzeug auf der Autobahn wegen eines Gebrechens oder dergleichen angehalten werden muß, dieses möglichst auf dem Pannenstreifen abzustellen. Der Lenker des Fahrzeuges hat dafür zu sorgen, daß er mit ihm die Fahrt ehestens fortsetzen kann. Ist dies nicht möglich, so ist das Fahrzeug unverzüglich über die nächste Abfahrtstraße von der Autobahn zu entfernen.

Der Bw bringt zu dem ihm unter Punkt 4 des angefochtenen Straferkenntnisses zur Last gelegten Verhalten vor, daß dieser Vorwurf nur dann gerechtfertigt wäre, wenn durch die Belassung des PKW's eine konkrete Gefährdung hervorgerufen worden wäre, was jedoch nicht der Fall gewesen sei. Es habe sich bei dem Abstellort um einen vom aktiven Fahrbahnbereich der Autobahn getrennten Abstellstreifen gehandelt, von dem für das allgemeine Fahrgeschehen keinerlei Gefahrenmomente ausgegangen seien. Der durch die von ihm veranlaßte Abschleppung von einer Spezialfirma verstrichene Zeitraum habe keinerlei Behinderung irgendwelcher anderer Autobahnbenützer dargestellt. Die kurzfristige Weiterbelassung seines PKW stelle somit kein verwaltungsstrafrechtlich strafbares Fehlverhalten dar.

Diesem Vorbringen wird entgegnet:

Das vom O.ö. Verwaltungssenat durch Abhaltung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung am 5. Februar 1996 durchgeführte Ermittlungsverfahren hat ergeben, daß zwar die Gendarmeriebeamten über Auftrag des Bw per Funk eine Abschleppfirma verständigt haben und er diesen kurz darauf mitgeteilt hat, daß er selbst den PKW in den nächsten Tagen abholen lassen würde, worauf ihm die Gendarmeriebeamten antworteten, daß dies nicht zulässig sei, weil er den PKW nicht auf der Durchfahrtspur stehenlassen könne. Dieser müsse sofort entfernt werden, worauf der Bw die Gendarmeriebeamten wiederum ersuchte, eine Abschleppfirma zu verständigen, was diese in der Folge nochmals veranlaßten, nachdem sie den vorhergehenden Auftrag storniert hatten. In der Folge sagte der Bw den Gendarmeriebeamten wiederum, daß er die Abschleppung selbst veranlasse, worauf der von den Gendarmeriebeamten per Funk gegebene Auftrag nochmals storniert wurde. Schließlich wurde es den Gendarmeriebeamten "zu bunt" und sie teilten dem Bw mit, daß sie sich nicht mehr "pflanzen" lassen, worauf der Bw den Wunsch äußerte, die Gendarmeriebeamten sollten ihm ein Taxi bestellen. Der PKW blieb auf der LKW-Durchfahrtspur stehen.

Dieses Ermittlungsergebnis gründet auf den glaubwürdigen, schlüssigen und nachvollziehbaren unter Wahrheitspflicht stehenden Zeugenaussagen des RI F S, LGK für , VAASt Seewalchen.

Der Bw hat es somit auch zu verantworten, daß sein von ihm gelenkter PKW nicht sofort vom LKW-Parkplatz Loibichl von der Westautobahn A1 entfernt wurde. Daran kann auch der Umstand nichts ändern, wie der Vertreter des Bw in der Berufungsverhandlung vorbrachte, daß dieser zuerst die Firma F, welche in Salzburg ansässig ist, verständigen wollte und auch mit Mailand telefoniert hat, um sich von einer dort ansässigen Firma über die Modalitäten der Abschleppung zu informieren, jedoch niemand erreicht hat.

Es kann auch der verletzten Norm nicht entnommen werden, daß als Tatbestandsvoraussetzung die Gefährdung oder Behinderung anderer Straßenbenützer erforderlich wäre. Es handelt sich hier um ein Ungehorsamsdelikt, dessen Tatbild in einem bloßen Verhalten ohne Merkmal eines Erfolges besteht und bei dem der Täter glaubhaft zu machen hat, daß ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft. Weder im Berufungsvorbringen noch bei der Berufungsverhandlung wurde versucht, fehlendes Verschulden glaubhaft zu machen, wie dies iSd § 5 Abs.1 2. Satz VStG erforderlich wäre. Im Gegenteil:

Aufgrund des Ergebnisses des Ermittlungsverfahrens ist davon auszugehen, daß der Bw die unverzügliche Entfernung des PKW vorsätzlich verhindert hat.

Zur Strafe wird ausgeführt:

Der O.ö. Verwaltungssenat ist der Ansicht, daß im gegenständlichen Fall eine dem Unrechts- und Schuldgehalt unter Berücksichtigung der vom Bw in der Berufungsverhandlung vorgebrachten persönlichen Verhältnisse angemessene Strafe verhängt wurde. Der Berufungswerber ist verheiratet und ist für eine nichtberufstätige Frau und einen 14jährigen Sohn sorgepflichtig. Mangels Angaben geht der O.ö. Verwaltungssenat von guten Einkommensverhältnissen aus. Selbst wenn es sich beim gegenständlichen PKW um ein Leasingfahrzeug gehandelt hat, ist auch davon auszugehen, daß die Leasingraten entsprechend hoch waren, weshalb auch dieser Umstand nicht zur Herabsetzung der Strafe führt. Wenn auch die Erstbehörde in unzutreffender Weise den Milderungsgrund der verwaltungsstrafrechtlichen Unbescholtenheit nicht berücksichtigt hat, ist dennoch im Hinblick auf die oa persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse des Bw eine Herabsetzung der Strafe nicht vertretbar, zumal der gesetzliche Strafrahmen ohnehin nur zu 10 % ausgeschöpft wurde und das Verschulden - siehe die obigen Ausführungen zur Schuldfrage - nicht als geringfügig zu werten ist.

Es war somit spruchgemäß zu entscheiden.

II. Die Kostenentscheidung stützt sich auf die im Spruch angeführte gesetzliche Bestimmung.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Dr. F r a g n e r

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