Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-110168/16/SR/Ri

Linz, 30.09.2005

 

 

 

 

VwSen-110168/16/SR/Ri Linz, am 30. September 2005

DVR.0690392

 

 

E R K E N N T N I S

 

 

Der Verwaltungsgerichtshof hat in teilweiser Stattgebung der Beschwerde des Yilmaz Fikret, vertreten durch Rechtsanwalt Mag. Dr. B B, Bplatz, W, das Erkenntnis des Oö. Verwaltungssenates vom 5. April 2001, VwSen-110168/7/SR/Ka hinsichtlich seines Strafausspruches, die diesbezüglichen Kosten des Berufungsverfahrens und über den Verfall der vorläufigen Sicherheit wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit aufgehoben.

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat nunmehr im zweiten Rechtsgang durch sein Mitglied Mag. Stierschneider über die Berufung des Y F, vertreten durch Rechtsanwalt Mag. Dr. B B, Bplatz, W, gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Schärding vom 26. September 2000, VerkGe96-199-2000, wegen Übertretung des Güterbeförderungsgesetzes 1995 (im Folgenden: GütbefG) zu Recht erkannt:

 

  1. Der Berufung wird insoweit Folge gegeben, als die verhängte Geldstrafe auf 72 Euro und die Ersatzfreiheitsstrafe auf 36 Stunden herabgesetzt werden. Bezüglich des Ausspruches des Verfalls der vorläufigen Sicherheitsleistung wird die Berufung mit der Maßgabe abgewiesen, dass der entsprechende Betrag zu lauten hat: 72 Euro. Dieser wird auf die Strafe angerechnet.
  2. Der gemäß § 64 Abs.1 und 2 VStG vorzuschreibende Betrag zu den Kosten des Strafverfahrens erster Instanz vermindert sich auf 7,20 Euro. Es entfällt die Verpflichtung zur Leistung eines Kostenbeitrages zum Berufungsverfahren.

 

 

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 - AVG iVm § 24 Verwaltungsstrafgesetz 1991 - VStG, § 37 Abs.5 und § 51c VStG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit dem oben bezeichneten Straferkenntnis wurde der Berufungswerber (im Folgenden: Bw) wie folgt schuldig erkannt und bestraft:

"Sie haben am 16.8.2000 um 21.30 Uhr auf der Innkreisautobahn A 8, bei Strkm.75,400, Gemeindegebiet Suben, als Fahrer des Lastkraftwagens mit einem höchst zulässigen Gesamtgewicht von über 7,5 t, nämlich dem Sattelzugfahrzeug mit dem deutschen Kennzeichen D (Zulassungsbesitzer: Z Int. Sped., Fstr., D- A/B), gewerbsmäßig einen Straßengütertransitverkehr durch Österreich (Ausgangspunkt: Türkei; Zielpunkt: Deutschland), für welchen Ökopunkte benötigt wurden, durchgeführt, ohne

- ein ordnungsgemäß ausgefülltes Einheitsformular oder eine österreichische Bestätigung der Entrichtung von Ökopunkten für die betreffende Fahrt oder

- ein im Kraftfahrzeug eingebautes elektronisches Gerät, das eine automatische Entwertung der Ökopunkte ermöglichte und als "Umweltdatenträger" ("ecotag") bezeichnet wird, mitgeführt zu haben (der im Lastkraftwagen eingebaute "Umweltdatenträger" ("ecotag") mit der Identifikationsnummer 1234114892 war so eingestellt, dass ersichtlich war, dass vor der Einfahrt in österreichisches Bundesgebiet keine Transitfahrt durchgeführt wird, sodass keine automatische Entwertung der Anzahl von Ökopunkten, die den auf dem Umweltdatenträger des Fahrzeuges gespeicherten Angaben über die NOx-Emissionen entspricht, ermöglicht wurde).

Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschriften verletzt:

§ 23 Abs.1 Z8 des Güterbeförderungsgesetzes 1995, BGBl.Nr.593, d.F. BGBl. I Nr.17/1998, iVm Artikel 1 Abs.1 lit.a) und b) und Artikel 5 Abs.1 der Verordnung (EG) Nr.3298/94 vom 21.12.1994, i.d.F. der Verordnung (EG) Nr.1524/96 vom 30.6.1996

 

Wegen dieser Verwaltungsübertretung(en) wird über Sie folgende Strafe verhängt:

Geldstrafe: 20.000 S

falls diese uneinbringlich ist, Ersatzfreiheitsstrafe von 67 Stunden

gemäß § 23 Abs.1 Einleitungssatz und Abs.2 des Güterbeförderungsgesetzes 1995, BGBl.Nr.593, i.d.F. BGBl. I Nr. 17/1998

 

Ferner haben Sie gemäß § 64 des Verwaltungsstrafgesetzes (VStG) zu zahlen:

2.000 S als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens, ds 10 % der Strafe

 

Weitere Verfügungen:

Gemäß § 37 Abs.5 VStG wird die am 17.8.2000 von den Aufsichtsorganen der Zollwacheabteilung Achleiten/MÜG, eingehobene vorläufige Sicherheit nach § 37a Abs.1 und Abs.2 Z2 VStG iVm § 24 des Güterbeförderungsgesetzes 1995, BGBl.Nr.593, i.d.F. BGBl.I Nr.17/1998, im Betrag von S 20.000,-- für verfallen erklärt.

 

Der zu zahlende Gesamtbetrag (Strafe/Kosten/Barauslagen) beträgt daher:

S 2.000,-- Außerdem sind die Kosten des Strafvollzuges zu ersetzen (§ 54d VStG)."

 

2. Gemäß § 51c VStG entscheiden die unabhängigen Verwaltungssenate in den Ländern durch Einzelmitglied, wenn in dem mit Berufung angefochtenen Bescheid weder eine primäre Freiheitsstrafe noch eine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde.

 

Aufgrund des Umstandes, dass Art.2 Z.3 BGBl. I Nr. 65/2002 mit 20. April 2002 in Kraft getreten ist, ist im zweiten Rechtsgang nunmehr die Zuständigkeit eines Einzelmitgliedes gegeben.

 

3. Der Verwaltungsgerichtshof hat mit Erkenntnis vom 6. September 2005, Zl. 2001/03/01665-5, den Bescheid des Oö. Verwaltungssenates hinsichtlich des Ausspruches über die verhängte Strafe, die diesbezüglichen Kosten des Berufungsverfahrens und über den Verfall der vorläufigen Sicherheit wegen Rechtswidrigkeit seines Inhalts aufgehoben, die Beschwerde hinsichtlich der Schuld jedoch als unbegründet abgewiesen.

 

Sohin ist der Schuldspruch nicht mehr Gegenstand der nunmehrigen Berufungsentscheidung, sondern hat sich diese ausschließlich auf die Überprüfung der Strafbemessung, die Höhe der für verfallen erklärten vorläufigen Sicherheitsleistung und einem allfälligen Kostenausspruch für das Berufungsverfahren zu beschränken.

 

Der Verwaltungsgerichtshof begründet den aufhebenden Teil seiner Entscheidung damit, dass mit Erkenntnis vom 14. Dezember 2001, G 181/2001 u.a., kundgemacht am 8. Februar 2002 im BGBl. I Nr. 37, der Verfassungsgerichtshof festgestellt hat, dass die Wortfolge "und Z. 7 bis 9" im zweiten Satz des § 23 Abs. 2 GütbefG 1995, BGBl. Nr. 593 idF BGBl. I Nr. 17/1998, verfassungswidrig war. Der Verfassungsgerichtshof sprach in diesem Erkenntnis gemäß Art. 140 Abs. 7 zweiter Satz B-VG weiters aus, dass diese Bestimmung "insofern nicht mehr anzuwenden" ist, "als sie sich auf Z. 8 bezieht".

 

Da auch der Verwaltungsgerichtshof diese Bestimmung daher nicht mehr anzuwenden hat, ist somit eine maßgebliche gesetzliche Grundlage für die Bestrafung des Beschwerdeführers im vorliegenden Verwaltungsstrafverfahren weggefallen. Dies gilt auch für den mit dem Strafausspruch in einem untrennbaren Zusammenhang stehenden Ausspruch der Anordnung des Verfalls der eingehobenen vorläufigen Sicherheit.

Vom Verfassungsgerichtshof wurde die o.a. Aufhebung im Wesentlichen damit begründet, dass die angefochtene Bestimmung, welche für den Lenker eine Mindestgeldstrafe in der Höhe von 20.000 S vorsieht, sich als überschießend und sachlich nicht gerechtfertigt erweist. Dies vor allem im Hinblick darauf, dass keinesfalls davon ausgegangen werden kann, dass der Lenker eines Lkw als Arbeitnehmer des Güterbeförderungsunternehmens aus der Begehung der angelasteten Verwaltungsübertretung des GütbefG einen unmittelbaren Nutzen zieht. Ein solcher könnte im Ergebnis nämlich nur dem Transportunternehmer zu Gute kommen, der jedoch nach der bisher maßgebenden Rechtslage nicht belangt werden konnte. Die Strafdrohung richtete sich somit gegen einen Personenkreis (Lenker und Arbeitnehmer), der an der Begehung der Straftat in der Regel kein eigenes wirtschaftliches Interesse hatte, vielmehr diesbezüglich nicht selten unter dem Druck seines Arbeitgebers steht. Im Hinblick auf die Komplexität der maßgebenden gemeinschaftsrechtlichen Vorschriften vermag der Lenker und Arbeitnehmer die Tatbestandsmäßigkeit seines Verhaltens meist nur im eingeschränkten Maß zu erkennen bzw. die für die Einhaltung dieser Vorschriften erforderlichen Vorkehrungen oft gar nicht im eigenen Verantwortungsbereich zu treffen.

 

Diesen im Wesentlichen wiedergegebenen Überlegungen des Verfassungsgerichtshofes hat zwischenzeitig auch der Gesetzgeber mit der Novelle zum GütbefG 1995, BGBl. I Nr. 106/2001, insoweit Rechnung getragen, als nunmehr einerseits die Mindeststrafe für Lenker bei Verletzung unmittelbar anwendbarer Vorschriften der Europäischen Union über den Güterverkehr auf der Straße zur Gänze entfallen und statt dessen eine Höchststrafe von 10.000 S getreten ist. Durch Art. 9 des Euro-Umstellungsgesetzes Verkehr, Innovation und Technologie - EUGVIT, BGBl. I Nr. 32/2002, wurde § 23 Abs.2 GütbefG 1995 dahingehend geändert, dass an die Stelle des Schillingbetrages von "10.000" rückwirkend mit 1. Jänner 2002 der Eurobetrag "726" getreten ist.

 

§ 23 Abs. 2 GütbefG idFd Novelle BGBl. I Nr. 106/2001 lautet:

"Wer als Lenker § 6 Abs. 1, 3 oder 4 oder § 9 Abs. 2 zuwiderhandelt oder unmittelbar anwendbare Vorschriften der Europäischen Union über den Güterverkehr auf der Straße verletzt, ist mit einer Geldstrafe bis zu 10.000 S zu bestrafen". Die ausgeführte Strafnorm ist aber im gegenständlichen Fall nicht anwendbar, weil das erstbehördliche Straferkenntnis vor der Novellierung des GütbefG idF BGBl. I Nr. 106/200, nämlich am 16. Jänner 2001 erlassen wurde, sodass das in § 1 Abs. 2 VStG normierte Günstigkeitsprinzip im gegenständlichen Fall nicht schlagend werden kann.

 

Als Verwaltungsstrafnorm iSd Z. 3 des § 44a VStG ist daher nach wie vor § 23 Abs.1 GütbefG 1995 idF BGBl. I Nr. 17/1998 mit der Strafobergrenze von 100.000 S - allerdings ohne Anordnung einer Mindeststrafe - heranzuziehen.

 

Diesem Umstand steht aber nicht entgegen, dass bei der Strafbemessung der Unabhängige Verwaltungssenat als Berufungsbehörde der gegenständlichen Tat generell einen wesentlich geringeren Schuld- und Unrechtsgehalt zu Grunde legt. Davon geht auch der Gesetzgeber in der Novelle BGBl. I Nr. 106/2001 mit der vorgesehenen Höchststrafe von 10.000 S aus.

 

Gemäß § 19 Abs.1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat.

 

Gemäß § 19 Abs. 2 VStG sind im ordentlichen Verfahren (§§ 40 bis 46) überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die §§ 32 bis 35 des StGB sinngemäß anzuwenden.

 

Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

 

Im Hinblick auf die Strafzumessungskriterien des § 19 VStG einerseits und in Orientierung an der nunmehrigen Strafobergrenze von 726 Euro gemäß der novellierten Strafbestimmung des § 23 Abs.2 GütbefG andererseits erscheint das im Spruch nunmehr festgesetzte Strafausmaß dem Schuld- und Unrechtsgehalt der Tat angemessen.

 

In Anbetracht der bisherigen verwaltungsstrafrechtlichen Unbescholtenheit des Bw und dem Nichtvorliegen von Erschwerungsgründen konnte zunächst mit einer 10%igen Ausschöpfung des novellierten Strafrahmens bei gleichzeitiger Bedachtnahme auf den Strafzweck der Prävention das Auslangen gefunden werden.

 

Ein Absehen von der Strafe gemäß § 21 VStG war nicht in Erwägung zu ziehen, weil die hiefür kumulativ notwendigen Voraussetzungen, nämlich Geringfügigkeit des Verschuldens und unbedeutende Folgen der Übertretung nicht vorliegen. Dies wäre nur dann der Fall gewesen, wenn das tatbildmäßige Verhalten des Bw erheblich hinter dem in der betreffenden Strafdrohung typisierten Schuld- und Unrechtsgehalt der Tat zurückgeblieben wäre.

 

Hinsichtlich des Ausspruches des Verfalls der vorläufigen Sicherheit wird ausdrücklich auf die Ausführungen in der Begründung des erstinstanzlichen Straferkenntnisses verwiesen. Die nunmehr festgesetzte Höhe der für verfallen erklärten vorläufigen Sicherheit ist in den obigen Ausführungen zur Strafbemessung begründet.

 

Aus den dargelegten Gründen war wie im Spruch zu entscheiden.

 

4. Aufgrund dieses Verfahrensergebnisses fallen für den Bw keine Kosten für das Berufungsverfahren an (§ 65 VStG).

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

 

 

Mag. Stierschneider

 

 

 

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