Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-103505/3/Fra/Ka

Linz, 04.03.1996

VwSen-103505/3/Fra/Ka Linz, am 4. März 1996 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch seine 6. Kammer (Vorsitzende: Dr. Klempt, Berichter: Dr. Fragner, Beisitzer: Dr. Schieferer) über die Berufung des M B, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. H P, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom 22.1.1996, VerkR96-25498-1994, betreffend Übertretung des § 5 Abs.2 iVm § 99 Abs.1 lit.b StVO 1960, zu Recht erkannt:

Der Berufung wird stattgegeben. Das angefochtene Straferkenntnis wird aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt; der Berufungswerber hat keine Beiträge zu den Kosten des Strafverfahrens zu leisten.

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24 und 45 Abs.1 Z1 VStG; § 66 Abs.1 VStG.

Entscheidungsgründe:

1. Die BH Linz-Land hat mit dem in der Präambel angeführten Straferkenntnis unter Punkt 1 über den Berufungswerber (Bw) wegen Übertretung des § 99 Abs.1 lit.b iVm § 5 Abs.2 StVO 1960 eine Geldstrafe von 17.000 S (Ersatzfreiheitsstrafe 15 Tage) verhängt, weil er am 22.12.1994 zwischen 7.05 Uhr bis ca. 7.25 Uhr von Leonding, Haidfeldstraße (nächst Café Memorie) nach Pasching, Haidbachstraße 52, verdachtsweise den PKW, Kz.: in einem vermutlich durch Alkohol beeinträchtigten Zustand gelenkt und entgegen der von einem besonders geschulten und von der Behörde hiezu ermächtigten Straßenaufsichtsorgan an ihn gerichteten Aufforderung am 22.12.1994 um 7.35 Uhr in eine Untersuchung seiner Atemluft auf Alkoholgehalt verweigerte. Ferner wurde gemäß § 64 VStG ein Kostenbeitrag zum Strafverfahren von 10 % der verhängten Strafe vorgeschrieben.

2. Dagegen richtet sich die fristgerecht durch den ausgewiesenen Vertreter bei der Erstbehörde eingebrachte Berufung. Die Bezirkshauptmannschaft Linz-Land - als nunmehr belangte Behörde - sah sich zu einer Berufungsvorentscheidung nicht veranlaßt und legte das Rechtsmittel samt Akt dem unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich vor, der, weil eine 10.000 S übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, durch die nach der Geschäftsverteilung zuständige Kammer entscheidet (§ 51c VStG). Von der Anberaumung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung konnte gemäß § 51e Abs.1 VStG Abstand genommen werden, weil bereits aus der Aktenlage ersichtlich ist, daß der angefochtene Bescheid aufzuheben ist.

3. Der unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

Gemäß § 5 Abs.2 2. Satz Z1 StVO 1960 sind Organe des amtsärztlichen Dienstes oder besonders geschulte und von der Behörde hiezu ermächtigte Organe der Straßenaufsicht berechtigt, die Atemluft von Personen, die verdächtig sind, in einem vermutlich durch Alkohol beeinträchtigten Zustand ein Fahrzeug gelenkt zu haben, die Atemluft auf Alkoholgehalt zu untersuchen.

Im Zeitpunkt der Aufforderung durch das Straßenaufsichtsorgan zur Atemluftmessung genügt es, wenn gegen den Aufgeforderten lediglich der Verdacht besteht, ein Fahrzeug gelenkt zu haben, um die gesetzliche Pflicht, sich der Atemluftuntersuchung zu unterziehen, auszulösen. Wird dieser Verdacht jedoch im Verwaltungsstrafverfahren nicht erhärtet, darf die aufgeforderte Person nicht wegen der Weigerung, ihre Atemluft auf Alkoholgehalt untersuchen zu lassen, gemäß § 5 Abs.2 und § 99 Abs.1 lit.b StVO 1960 bestraft werden. Bei anderer Auslegung erscheint eine Beweissicherung der Alkoholbeeinträchtigung nicht sinnvoll.

Die Bestimmung ist daher verfassungskonform auszulegen (vgl.

Anm.9 zu § 5 StVO 1960 in Messiner, Straßenverkehrsordnung in der Fassung der 19. StVO-Novelle, Manz-Verlag, Wien 1995).

Für die Aufforderung zur Untersuchung der Atemluft auf Alkoholgehalt genügt zwar die Vermutung der Alkoholbeeinträchtigung. Das Lenken des Fahrzeuges muß jedoch durch die Behörde im Verwaltungsstrafverfahren nachgewiesen werden. Ein derartiger Nachweis liegt jedoch im gegenständlichen Fall nicht vor. Die Erstbehörde gründet den Verdacht, daß der Bw das Fahrzeug gelenkt hat, lediglich auf Angaben bzw. Vermutungen von anonymen Personen, die, weil sie der Behörde gar nicht bekannt sind, auch nicht einvernommen werden konnten. Dafür, daß der Bw das gegenständliche Fahrzeug auch zu dem im Spruch angeführten Zeitpunkt gelenkt hat, liegt kein Beweis vor. In diesem Zusammenhang ist auch zu berücksichtigen, daß sich der Bw von vornherein dahin verantwortet hat, das Fahrzeug nicht gelenkt zu haben. Das Lenken des Fahrzeuges muß jedoch durch die Behörde - siehe oben - nachgewiesen sein, wenngleich es für die Aufforderung zur Untersuchung der Atemluft auf Alkoholgehalt für die Straßenaufsichtsorgane genügt, daß ein Fahrzeuglenker verdächtigt ist, ein Fahrzeug gelenkt zu haben. Würde man die hier in Betracht kommende gesetzliche Bestimmung so auslegen, daß eine Person wegen Verweigerung des Alkotests bestraft werden kann, obwohl nicht erwiesen ist, daß diese Person auch ein Fahrzeug auf Straßen mit öffentlichen Verkehr gelenkt hat, würde dies eine unsachliche Schlechterstellung gegenüber Fahrzeuglenker bedeuten, die sich der Untersuchung der Atemluft auf Alkoholgehalt unterziehen, was jedoch dem Gesetzgeber nicht zugesonnen werden kann. Diese Auslegung könnte zur Folge haben, daß tatsächlich Personen, die kein Fahrzeug auf Straßen mit öffentlichen Verkehr gelenkt haben, jedoch - wie hier - von anonymen Personen angezeigt werden, und sich von vornherein mit der Begründung weigern, sich dem Alkotest zu unterziehen, weil sie ein Fahrzeug nicht gelenkt haben, nach § 99 Abs.1 StVO 1960 bestraft würden. Darüber hinaus würde ihnen auch noch die Lenkerberechtigung entzogen. Erläuternde Bemerkungen zur Regierungsvorlage stellen zur gegenständlichen Bestimmung klar, daß diese dafür Vorsorge trifft, daß auch Personen, die nicht vor Ort einer Atemalkoholuntersuchung unterzogen werden konnten, insbesondere etwa, weil sie einer Aufforderung, ihr Fahrzeug anzuhalten, nicht Folge geleistet haben oder auch bei Fahrerflucht im Zusammenhang mit einem Verkehrsunfall nachträglich zum Zwecke der Beweissicherung einer Alkoholkontrolle zugeführt werden können. Zusammenfassend wird daher nochmals festgestellt, daß für die Aufforderung zur Durchführung der Atemluftalkoholuntersuchung für die Straßenaufsichtsorgane ua der Verdacht des Lenkens genügt, während die Behörde dieses Lenken nachzuweisen hat, um einen Fahrzeuglenker wegen Übertretung des § 5 iVm § 99 Abs.1 StVO 1960 bestrafen zu können.

Da im gegenständlichen Fall kein Beweis dafür vorliegt, daß der Bw das in Rede stehende Fahrzeug gelenkt hat, war spruchgemäß zu entscheiden.

4. Die Kostenentscheidung ist gesetzlich begründet.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Dr. K l e m p t

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