Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-103507/2/Le/Ri

Linz, 19.08.1996

VwSen-103507/2/Le/Ri Linz, am 19. August 1996 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Leitgeb über die Berufung des W F, .. Straße Nr..., ..., vertreten durch Rechtsanwalt Dr. D G, ..., ..., gegen das Straferkenntnis der Bundespolizeidirektion ... vom 30. Jänner 1996, Zl. III/ST.

... wegen Übertretung der Straßenverkehrsordnug zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird keine Folge gegeben und das angefochtene Straferkenntnis vollinhaltlich bestätigt.

II. Der Berufungswerber hat einen Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens in Höhe von 20 % der verhängten Strafe, das sind 1.800 S, binnen zwei Wochen ab Zustellung dieses Erkenntnisses bei sonstiger zwangsweiser Einhebung zu entrichten.

Rechtsgrundlage:

Zu I.: § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 - AVG, BGBl.Nr. 51/1991 idgF iVm §§ 24, 51 Abs.1, 51c und 51e Abs.2 des Verwaltungsstrafgesetzes 1991 - VStG, BGBl.Nr. 52/1991 idgF.

Zu II.: § 64 Abs.1 und Abs.2 VStG.

Entscheidungsgründe:

Zu I.:

1. Mit dem angefochtenen Straferkenntnis der Bundespolizeidirektion ... vom 30. Jänner 1996 wurde über den nunmehrigen Berufungswerber (im folgenden kurz: Bw) wegen Übertretung des § 5 Abs.1 der Straßenverkehrsordnung 1960 (im folgenden kurz: StVO) eine Geldstrafe in Höhe von 9.000 S (Ersatzfreiheitsstrafe in der Dauer von 9 Tagen) verhängt; gleichzeitig wurde er zum Ersatz der Verfahrenskosten in Höhe von 10% der verhängten Strafe verpflichtet.

Im einzelnen wurde ihm vorgeworfen, am 1. November 1995 um 17.30 Uhr in ... auf der ...autobahn A.., Richtungsfahrbahn ..., bei Kilometer ..., den PKW mit dem Kennzeichen ... in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand gelenkt zu haben.

In der Begründung dazu wurde im wesentlichen ausgeführt, daß der Beschuldigte zur angeführten Zeit zu einer Lenker- und Fahrzeugkontrolle angehalten wurde, bei der festgestellt wurde, daß er deutlich nach alkoholischen Getränken roch. Er wurde sodann einem Alkotest unterzogen und ergab die Untersuchung der Atemluft auf Alkoholgehalt mittels Alkomat einen Atemluftalkoholgehalt von 0,43 mg/l (das entspricht einem Blutalkoholgehalt von mindestens 0,86%o).

Zur Rechtfertigung des Beschuldigten, daß er sich vom Gemeindearzt Dr. J P in ... Blut abnehmen hätte lassen, das er dann an das Institut für gerichtliche Medizin in Salzburg weitergeleitet hätte, wo bei der quantitativen Bestimmung des Blutalkoholgehaltes für den Zeitpunkt der Blutabnahme am 1. November 1995 um 19.30 Uhr ein Gehalt von 0,11 %o Ethanol gemessen worden sei, weshalb er zum Zeitpunkt des Lenkens seines PKW's nicht alkoholbeeinträchtigt gewesen sei, führte die Erstbehörde aus, daß diese Blutalkoholbestimmung nicht als entlastendes Beweismittel herangezogen werden könne. Die Erstbehörde stützte ihre Ansicht auf die Bestimmung des § 5 Abs.8 StVO und folgerte daraus, daß ein Gemeindearzt von der gesetzlichen Möglichkeit einer Blutabnahme im Sinne der StVO nicht erfaßt sei. Überdies sei ihm die Blutampulle mitgegeben worden, wobei dem Beschuldigten zwar nicht unterstellt wurde, daß er mit der Ampulle bzw. mit dem abgenommenen Blut eine Manipulation durchgeführt hätte, doch könne diese Möglichkeit nicht hundertprozentig ausgeschlossen werden. Das Blut, das bei der Untersuchungsanstalt zwecks Ermittlung des Blutalkoholgehaltes eingelangt sei, müsse nicht notwendigerweise Blut von dem Beschuldigten gewesen sein und wenn schon, dann nicht unbedingt das, welches ihm vom Gemeindearzt abgenommen worden war.

2. Dagegen richtet sich die rechtzeitig eingebrachte Berufung vom 7. Februar 1996, mit der beantragt wird, das angefochtene Straferkenntnis zu beheben und das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen.

In der Begründung führte der Bw aus, daß er am 1. November 1995 vor dem Alkotest insgesamt nur drei gespritzte Weißwein getrunken habe und das Alkomatmeßergebnis daher nicht richtig sein konnte. Er hätte sich daher zum Gemeindearzt Dr. P nach ... begeben, der eine Blutabnahme durchführte.

Diese Blutprobe wäre von Dr. P in den Blutprobeutensilien, die er zuvor vom Gendarmerieposten geholt hätte, verpackt worden. Dr. P hätte den Stempel der Spritze abgebrochen und ihm übergeben, um die Blutprobe an das Institut für gerichtliche Medizin nach Salzburg zu schicken.

Bei der Auswertung des Institutes wäre ein Gehalt von 0,11%o Ethanol, bezogen auf den Zeitpunkt der Blutabnahme am 1.

November 1995 um 19.30 Uhr, erhoben worden. Bei der Rückrechnung, unter Zugrundelegung der durchschnittlichen Verbrennungswerte von 0,12%o pro Stunde, wäre er auf der ...autobahn nicht alkoholisiert gefahren.

Die Feststellung der ersten Instanz, wonach die Blutprobe aus formellen Gründen nicht als Entlastungsbeweis herangezogen werden könne, sei nicht ausreichend begründet.

Überdies übersehe die erstinstanzliche Behörde, daß der Grundsatz "im Zweifel für den Angeklagten" anzuwenden sei.

Da erhebliche Zweifel vorlägen, ob das Alkomatergebnis tatsächlich stimme oder ein Meßfehler vorliege, hätte die Erstbehörde das Strafverfahren einstellen müssen.

3. Die Bundespolizeidirektion ... hat die Berufung und den zugrundeliegenden Verwaltungsakt dem unabhängigen Verwaltungssenat zur Entscheidung vorgelegt; eine Berufungsvorentscheidung wurde nicht erlassen.

Da aus dem vorgelegten Verwaltungsakt ein ausreichend geklärter Sachverhalt zu entnehmen ist und in der Berufung nur eine unrichtige rechtliche Beurteilung behauptet wurde, konnte iSd § 51e Abs.2 VStG von einer öffentlichen mündlichen Verhandlung Abstand genommen werden.

4. Der O.ö. Verwaltungssenat hat erwogen:

4.1. Im Verwaltungsstrafverfahren steht den Parteien gemäß § 51 Abs.1 VStG das Recht der Berufung an den unabhängigen Verwaltungssenat jenes Landes zu, in dem die Behörde, die den Bescheid erlassen hat, ihren Sitz hat.

Daraus ergibt sich die Zuständigkeit des O.ö.

Verwaltungssenates.

4.2. Es steht fest, daß der Bw anläßlich der Feststellung des Grades seiner Alkoholisierung mittels Alkomat am 1.

November 1995 um 17.51 Uhr einen Wert von 0,43 mg/l Atemluft erreicht hatte. Die Messung um 17.49 Uhr hatte einen Wert von 0,45 mg/l ergeben. Die Durchführung der Messung erfolgte mittels eines geeichten Alkomates und liegt damit ein vom Gesetzgeber anerkannter gültiger Beweis für die Alkoholisierung des Bw vor. Konkrete Bedenken betreffend die Durchführung des Tests hat der Bw nicht geäußert und ergaben sich auch nicht aus dem Ermittlungsverfahren.

Gegen dieses Beweisergebnis bringt der Bw vor, daß er sich noch am selben Tage um 19.30 Uhr, also 99 Minuten später, vom Gemeindearzt Dr. J P Blut abnehmen lassen habe, das dann im Institut für gerichtliche Medizin, Dr. Sorgo in Salzburg, auf Blutalkoholgehalt untersucht wurde. Als Ergebnis wäre ein Blutalkoholwert von 0,11 %o zum Zeitpunkt der Blutabnahme festgestellt worden.

Der Bw glaubt, aus dieser Differenz zwischen den beiden Alkoholuntersuchungen für sich ableiten zu können, daß der mittels Alkomat festgestellte Wert unrichtig sei. Damit befindet er sich jedoch in einem Irrtum:

Vorauszuschicken ist, daß der Gesetzgeber hinsichtlich der Bestimmung des Grades der Alkoholisierung mittels Alkomat oder Blutuntersuchung nicht unterscheidet: Beide Methoden sind geeignet, den Grad der Alkoholisierung verläßlich festzustellen, wobei eines dieser Verfahren genügt.

Wenn jedoch in einem konkreten Fall beide Verfahren angewendet und dabei unterschiedliche Ergebnisse festgestellt wurden, so obliegt es der Behörde, im Rahmen der freien Beweiswürdigung darzulegen, welchem Ergebnis sie folgt. Im gegenständlichen Fall hat die Erstbehörde dem Ergebnis der Alkomatuntersuchung mehr Beweiskraft zuerkannt als der Blutuntersuchung - und zwar zu Recht:

Das Ergebnis der Blutalkoholuntersuchung ist auf folgendem Wege zustandegekommen:

Der Bw hat sich nach Beendigung der Amtshandlung bei der Bundespolizeidirektion ... nach ... begeben und dort seinen Hausarzt Dr. P aufgesucht, der gleichzeitig auch Gemeindearzt ist. Dr. P hat nach eigenen Aussagen am 1.

November 1995 um 19.30 Uhr dem ihm persönlich bekannten W F Blut abgenommen. Diese Blutprobe hat Herr Dr. P dem nunmehrigen Bw mitgegeben und hat sie dieser nach Salzburg in das Institut für gerichtliche Medizin Dr. Sorgo gebracht bzw. geschickt, wo sie am 3. November 1995 einlangte (siehe Schreiben des Institutes vom 7. November 1995 an Dr. P). Die Untersuchung ergab laut diesem Schreiben einen Gehalt von 0,11%o Ethanol, bezogen auf den "Zeitpunkt der Blutabnahme am ? um 19.30 Uhr".

Damit aber ist das Ergebnis der Blutuntersuchung nicht auf dem im § 5 Abs.8 StVO vorgesehenen Weg zustandegekommen.

Diese Bestimmung sieht nämlich vor, daß ein bei einer öffentlichen Krankenanstalt diensthabender Arzt eine Blutabnahme zum Zweck der Bestimmung des Blutalkoholgehaltes vorzunehmen hat, wenn eine Person dies verlangt und angibt, bei ihr habe eine Untersuchung nach § 5 Abs.2 StVO eine Alkoholbeeinträchtigung ergeben. Der Arzt hat die Blutprobe der nächstgelegenen Polizei- oder Gendarmeriedienststelle ohne unnötigen Aufschub zu übermitteln und dieser Namen, Geburtsdatum und Adresse des Probanden sowie den Zeitpunkt der Blutabnahme bekanntzugeben.

Diese im Gesetz vorgegebene Vorgangsweise wurde nicht eingehalten. Ein Gemeindearzt ist kein "bei einer öffentlichen Krankenanstalt diensthabender Arzt". Damit aber mangelt es dem Gemeindearzt bereits an der Befugnis, über Wunsch eines Probanden zum Zweck der Erlangung eines Gegenbeweises Blut abzunehmen.

Eine weitere Schwachstelle des angebotenen Gegenbeweises liegt darin, daß die Blutprobe von Herrn Dr. P nicht der nächstgelegenen Polizei- oder Gendarmeriedienststelle übermittelt, sondern Herrn F selbst mitgegeben wurde. Damit aber wurde das Beweismittel genau jener Person ausgehändigt, die ein spezifisches Interesse an einem bestimmten Verfahrensausgang hatte, der gerade durch dieses Beweismittel beeinflußt werden konnte.

Die Blutprobe langte schließlich auch nicht am selben oder am nächsten Tag beim gerichtsmedizinischen Institut ein, sondern erst am übernächsten Tag.

Auch wenn dem Bw keine Manipulationen an dieser Blutprobe unterstellt werden sollen, so kann doch auf Grund der Nichteinhaltung der im § 5 Abs.8 StVO normierten Vorgangsweise bei der Erhebung des Beweises diese Blutalkoholbestimmung nicht als gleichwertiges Ergebnis zum Ergebnis der Alkomatuntersuchung angewiesen werden, sodaß das auf einwandfreie Weise zustandegekommene Alkomatmeßergebnis durch die vorgelegte Blutuntersuchung nicht entkräftet werden konnte.

4.3. Damit aber steht fest, daß der Bw in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand ein Fahrzeug gelenkt und sohin gegen die Bestimmung des § 5 Abs.1 StVO verstoßen hat.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Zu II.:

Gemäß § 64 Abs.1 und 2 VStG ist in jeder Entscheidung eines unabhängigen Verwaltungssenates, mit der ein Straferkenntnis bestätigt wird, auszusprechen, daß der Bestrafte einen Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens zu leisten hat, der mit weiteren 20 % der verhängten Strafe zu bemessen ist. Da eine Geldstrafe in Höhe von 9.000 S verhängt wurde, beträgt der Verfahrenskostenbeitrag für das Berufungsverfahren 1.800 S.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Dr. L e i t g e b

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