Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-110290/20/Kon/Ke

Linz, 22.11.2002

VwSen-110290/20/Kon/Ke Linz, am 22. November 2002

DVR.0690392

E R K E N N T N I S

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Robert Konrath über die Berufung des Herrn G., N., gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung vom 10.7.2001, VerkGe96-22-3-2001-Nihd, wegen Übertretung des Gelegenheitsverkehrsgesetzes 1996 nach Anberaumung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung für den 28.2.2002, zu Recht erkannt:

  1. Der Berufung gegen den Schuldspruch wird keine Folge gegeben und das angefochtene Straferkenntnis diesbezüglich bestätigt.
  2. Der Berufung gegen die Strafhöhe wird insoweit Folge gegeben, als die verhängte Geldstrafe auf den Betrag von 72,67 Euro (ATS 1.000), die Ersatzfreiheitsstrafe auf die Dauer von 24 Stunden und der Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens erster Instanz auf den Betrag von 7,27 Euro (ATS 100) herabgesetzt werden.

Rechtsgrundlage:

zu I. und II.: § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 - AVG iVm § 24 Verwaltungsstrafgesetz 1991 - VStG jeweils idF Verwaltungs-
reformgesetz 2001.

Entscheidungsgründe:

Im angefochtenen Straferkenntnis wird der Berufungswerber G. (im Folgenden: Bw) der Verwaltungsübertretung gemäß § 15 Abs.1 Z4 GelverkG iVm Art.3a Abs.3 der Verordnung (EWG) Nr.684/1992 idF der Verordnung (EG) Nr.11/1998 für schuldig erkannt und über ihn gemäß § 15 Abs.2 GelverkG eine Geldstrafe in der Höhe von ATS 20.000 (1.453,46 Euro), falls diese uneinbringlich jist eine Ersatzfreiheitsstrafe in der Dauer von 60 Stunden verhängt.

Ferner wurde der Bw verpflichtet, 2.000 ATS (145,35 Euro) als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens erster Instanz zu zahlen.

Dem Schuldspruch liegt nachstehender Tatvorwurf zu Grunde:

"Sie haben am 09.05.2001 - wie von Organen des Zollamtes Weigetschlag im Zuge der Ausgangsabfertigung um ca. 10.35 Uhr festgestellt wurde - mit dem Omnibus mit dem amtlichen deutschen Kennzeichen einen grenzüberschreitenden Personengelegenheitsverkehr mit 43 Insassen von Deutschland nach Weigetschlag und weiter nach Tschechien durchgeführt und konnten den einschreitenden Beamten auf Verlangen keine Gemeinschaftslizenz gemäß der Verordnung (EWG) Nr. 684/1992 in der Fassung der Verordnung (EG) Nr. 11/1998 vorweisen.

Gemäß Artikel 3a Abs.3 wird die Gemeinschaftslizenz auf den Namen des Verkehrsunternehmers ausgestellt. Sie kann von diesem nicht an Dritte übertragen werden. Eine beglaubigte Kopie ist in den Fahrzeugen mitzuführen und den Kontrollberechtigen auf Verlangen vorzuweisen.

Da Sie die Gemeinschaftslizenz nicht vorweisen konnten, haben Sie gegen die oben angeführte Verordnung verstoßen."

Hiezu führt die belangte Behörde, was die objektive Tatseite der gegenständlichen Verwaltungsübertretung betrifft, begründend im Wesentlichen aus, dass die im Spruch angeführte Verwaltungsübertretung dem Bw auf Grund der Feststellungen der Beamten des Zollamtes Weigetschlag, festgehalten in deren Anzeige vom 9.5.2001, zur Last gelegt werde.

Eine beglaubigte Kopie der Gemeinschaftslizenz sei nach Art.3a Abs.3 der Verordnung (EG) Nr.11/1998 zur Änderung der Verordnung (EWG) Nr.684/1992 zur Einführung gemeinsamer Regeln für den grenzüberschreitenden Personenverkehr mit Kraftomnibussen mitzuführen und den Kontrollberechtigten auf Verlangen vorzuzeigen.

Das Nichtmitführen der Gemeinschaftslizenz sei ausschließlich dem Fahrzeuglenker zuzurechnen. Eine Verpflichtung des Verkehrsunternehmers für das Mitführen der Gemeinschaftslizenz bestehe nicht.

Da der Bw von der Gelegenheit sich zu rechtfertigen nicht fristgerecht gebrauch gemacht habe, sei das Strafverfahren in weiterer Folge ohne seine Anhörung durchzuführen und abzuschließen gewesen.

Das Vorliegen der subjektiven Tatseite iSd Verschuldens wird von der belangten Behörde unter Heranziehung der Bestimmungen des § 5 Abs.1 VStG begründet, wobei sie die Schuldform der Fahrlässigkeit annimmt. Fahrlässigkeit des Bw liege deshalb vor, weil er, auch wenn er lediglich als Aushilfsfahrer unterwegs gewesen wäre, er sich vor Fahrtantritt hätte vergewissern müssen, ob alle erforderlichen Dokumente für den grenzüberschreitenden Personengelegenheitsverkehr vorhanden seien.

Schuldausschließungsgründe oder sonstige Entlastungsgründe hätten nicht gefunden werden können.

Ausgehend von einem monatlichen Nettoeinkommen von ca. 3.000 DM bei sonstiger Vermögenslosigkeit und dem Nichtvorliegen von Sorgepflichten wurde über den Bw die gesetzliche Mindeststrafe in der Höhe von 20.000 ATS verhängt.

Dieser hat gegen dieses Straferkenntnis rechtzeitig Berufung erhoben und entsprechend dem an ihn ergangenen Verbesserungsauftrag gemäß § 13 Abs.3 AVG der Aktenlage noch fristgerecht einen begründeten Berufungsantrag nachgereicht. Die Berufung wurde dadurch auch zulässig.

Der unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

Es ist zunächst festzuhalten, dass weder der Bw noch die belangte Behörde zur anberaumten Berufungsverhandlung erschienen sind. Der unabhängige Verwaltungssenat konnte sich daher nur mit dem Sachverhalt laut Aktenlage, der sich im Übrigen als ausreichend ermittelt und unter Beweis gestellt erweist, auseinandersetzen.

Da der Bw letztlich selbst da Nichtmitführen der Gemeinschaftslizenz eingestanden hat und die von ihm hiefür angeführte Ursache ihn auch nicht von seinem Verschulden zu befreien vermag, ist die volle Tatbestandmäßigkeit der gegenständlichen Verwaltungsübertretung gegeben und der Schuldspruch der belangten Behörde zu Recht ergangen.

Gleiches gilt auf Grund der zum Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Straferkenntnisses bestehenden Rechtslage auch für den Strafausspruch. In Bezug auf diesen ist festzuhalten, dass weder Anhaltspunkte für die Anwendung der außerordentlichen Strafmilderung iSd § 20 VStG noch für ein Absehen von der Strafe iSd § 21 VStG zu verzeichnen sind.

Der dennoch im Berufungsverfahren erfolgten drastischen Herabsetzung der Strafe liegt das über h. Normenprüfungsantrag ergangene Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 1.10.2002, G 143/02-7 zu Grunde.

Mit dem zitierten VfGH-Erkenntnis wurde die in § 15 Abs.2 letzter Satz des Gelegenheitsverkehrsgesetzes 1996 idF BGBl. I Nr.135/1999 festgelegte Mindeststrafe als verfassungswidrig aufgehoben.

Die Aufhebung wurde vom VfGH im Wesentlichen damit begründet, dass die im Gesetz vorgesehene und im gegenständlichen Fall auf den Bw angewendete Mindeststrafe sich als überschießende und damit unsachliche Regelung erweise. So würde durch eine Mindeststrafe in der Höhe von 20.000 ATS gerade ein Personenkreis bedroht, nämlich unselbständige Lenker, die zum einen aus der inkriminierten Tätigkeit in aller Regel keinen wirtschaftlichen Vorteil erzielten, zum anderen die für die Einhaltung dieser Vorschriften erforderlichen Vorkehrungen oft gar nicht im eigenen Verantwortungsbereich treffen könnten und zudem auch nicht selten unter dem Druck des Arbeitgebers stünden.

Was den vorliegenden Fall betrifft, ist jedenfalls festzustellen, dass dem Bw nicht zu unterstellen ist, aus der angelasteten Verwaltungsübertretung einen wirtschaftlichen Vorteil erzielen zu wollen.

Der vom unabhängigen Verwaltungssenat im Berufungsverfahren anzuwendende Strafrahmen enthält auf Grund des aufhebenden VfGH-Erkenntnisses keine Mindeststrafe mehr und ist nach oben hin mit 7.267 Euro (ATS 100.000) begrenzt (Art.5 Euro-Umstellungsgesetz Verkehr, Innovation und Technologie-EUGVIT, BGBl. I Nr.32/2002).

Eine Novellierung des § 15 Abs.2 GelverkG mit einem engeren Strafrahmen hat der Gesetzgeber bislang noch nicht beschlossen. Ein solcher novellierter Strafrahmen wäre im gegenständlichen Fall auch noch nicht anwendbar, da das erstbehördliche Straferkenntnis noch vor dem Inkrafttreten einer entsprechenden Gesetzesnovelle erlassen wurde, sodass das Günstigkeitsprinzip im Sinne des § 1 Abs.2 VStG noch nicht zum Tragen gekommen wäre.

Aufzuzeigen ist, dass der Verfassungsgerichtshof die für Lenker (Arbeitnehmer) von LKWs im Güterbeförderungsgesetz vorgesehene Mindeststrafe ebenfalls und zwar aus den gleichen Gründen wie im vorliegenden Fall aufgehoben hat. Der zwischenzeitlich vom Gesetzgeber im Güterbeförderungsgesetz auf Grund dieser Aufhebung novellierte Strafrahmen sieht für (Bedienstete) Lenker bei Übertretungen von Vorschriften der Europäischen Union eine Höchststrafe von 726 Euro (ATS 10.000) vor.

Auf Grund der gleichartigen Problemgestalt, die den Aufhebungen der Mindeststrafenregelungen sowohl im Güterbeförderungsgesetz wie auch im Gelegenheitsverkehrsgesetz zu Grunde lag, erachtet es der unabhängige Verwaltungssenat für gerechtfertigt, sich im vorliegenden Fall am Strafrahmen des Güterbeförderungsgesetzes mit der Strafobergrenze von 726 Euro zu orientieren.

Da auf Grund der aktenkundigen Umstände das Fahrlässigkeitsverschulden des Bw als verhältnismäßig gering angesetzt werden kann einerseits und Straferschwerungsgründe, insbesondere einschlägige Vormerkungen, nicht zu verzeichnen waren, andererseits, erweist sich die verhängte Geldstrafe, welche einer 10%igen Ausschöpfung des gleichartigen Strafrahmens im Güterbeförderungsgewerbe entspricht als dem Schuld- und Unrechtsgehalt der Tat angemessen.

Anhaltspunkte dafür, dass die verhängte Geldstrafe wirtschaftlich unzumutbar ist, liegen nicht vor.

Ein Absehen von der Strafe gemäß § 21 VStG war jedoch nicht in Betracht zu ziehen, weil hiefür das Ausmaß der Ordnungswidrigkeit, die sich mit der Tat verbindet, zu groß ist.

Es war daher wie im Spruch zu entscheiden.

Auf Grund dieses Verfahrensergebnisses sind dem Bw gemäß § 65 VStG keine Kosten für das Berufungsverfahren vorzuschreiben gewesen.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

Dr. Konrath

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