Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-103508/9/Sch/<< Rd>> Linz, am 11. April 1996 VwSen103508/9/Sch/<< Rd>>

Linz, 11.04.1996

VwSen 103508/9/Sch/<< Rd>> Linz, am 11. April 1996
VwSen-103508/9/Sch/<< Rd>> Linz, am 11. April 1996 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch das Mitglied Dr. Schön über die Berufung des WH, vertreten durch RA, vom 6. Februar 1996 gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Braunau/Inn vom 8. Jänner 1996, VerkR96-9287-1995-Li, wegen zweier Übertretungen der Straßenverkehrsordnung 1960 nach öffentlicher mündlicher Berufungsverhandlung und Verkündung am 10. April 1996 zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird hinsichtlich Faktum 2) des angefochtenen Straferkenntnisses Folge gegeben, dieses in diesem Punkt behoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

Im übrigen (Faktum 1)) wird die Berufung abgewiesen und das angefochtene Straferkenntnis bestätigt.

II. Hinsichtlich des stattgebenden Teils der Berufung entfällt die Verpflichtung zur Leistung jeglicher Verfahrenskostenbeiträge.

Insoweit die Berufung abgewiesen wird ist ein Kostenbeitrag zum Berufungsverfahren von 2.000 S (20 % der diesbezüglich verhängten Strafe) zu leisten.

Rechtsgrundlagen:

zu I.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 51, 19 bzw. 45 Abs.1 Z1 VStG.

zu II.: §§ 64ff VStG.

Entscheidungsgründe:

Zu I.:

1. Die Bezirkshauptmannschaft Braunau/Inn hat mit Straferkenntnis vom 18. Jänner 1996, VerkR96-9287-1995-Li, über Herrn WH, wegen der Verwaltungsübertretungen gemäß 1) § 5 Abs.2 iVm § 99 Abs.1 lit.b StVO 1960 und 2) § 16 Abs.1 lit.a StVO 1960 Geldstrafen von 1) 10.000 S und 2) 1.000 S sowie für den Fall der Uneinbringlichkeit Ersatzfreiheitsstrafen von 1) zehn Tagen und 2) 48 Stunden verhängt, weil er am 4.

April 1995 um 11.15 Uhr den PKW mit dem Kennzeichen auf der B 148 in St. Peter aH (Ortsteil Bergheim), Bezirk Braunau/Inn, in Richtung Altheim bis Straßenkilometer 27,2 gelenkt und 1) sich am 4. April 1995 um 11.47 Uhr am GP Altheim gegenüber einem besonders geschulten und von der Behörde hiezu ermächtigten Organ der Straßenaufsicht, einem Gendarmeriebeamten, geweigert habe, seine Atemluft mittels Alkomat auf Alkoholgehalt untersuchen zu lassen, obwohl aufgrund von Alkoholisierungssymptomen vermutet habe werden können, daß er sich bei der angeführten Fahrt in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand befunden habe, zumal er infolge unzureichender Beatmung einen ungültigen Test durchgeführt habe, und 2) am 4. April 1995 um 11.12 Uhr auf der B 148 in Fahrtrichtung Altheim bei Straßenkilometer 28,4 ein Fahrzeug überholt habe, obwohl andere Straßenbenützer (insbesondere der Gegenverkehr) gefährdet oder behindert hätten werden können.

Überdies wurde der Berufungswerber zu einem Kostenbeitrag zum Verfahren in der Höhe von insgesamt 1.100 S verpflichtet.

2. Gegen dieses Straferkenntnis hat der Berufungswerber rechtzeitig Berufung erhoben. Vom Instrumentarium der Berufungsvorentscheidung hat die Erstbehörde nicht Gebrauch gemacht und die Berufung vorgelegt. Damit ist die Zuständigkeit des unabhängigen Verwaltungssenates gegeben.

3. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat folgendes erwogen:

a) Zur Verwaltungsübertretung gemäß § 5 Abs.2 iVm § 99 Abs.1 lit.b StVO 1960 (Faktum 1)):

Wie der anläßlich der eingangs angeführten öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung zeugenschaftlich einvernommene Meldungsleger angegeben hat, habe er den nunmehrigen Berufungswerber vor der Durchführung der Alkomatuntersuchung dahingehend belehrt, wie er sich zu verhalten habe, um ein gültiges Ergebnis zustandezubringen. Es sei dem Berufungswerber gesagt worden, daß er tief Luft holen und in das Gerät hineinblasen müsse. Nach dem ersten Blasversuch sei auf dem Display des Alkomaten abzulesen gewesen, daß zu kurz geblasen worden sei. Der Berufungswerber sei dann neuerlich entsprechend belehrt worden, insbesondere daß er länger blasen müsse. Trotzdem seien vom Berufungswerber keine tauglichen Blasversuche bewirkt worden, jedesmal sei die Blaszeit zu kurz gewesen. In der Folge habe der Berufungswerber erklärt, nun wolle er nicht mehr mitwirken.

Für die Berufungsbehörde sind nicht die geringsten Anhaltspunkte dahingehend hervorgetreten, daß diese Angaben des Meldungslegers nicht der Wahrheit entsprechen könnten. Demgegenüber wurde vom Rechtsmittelwerber behauptet, ihm sei zu wenig Zeit zum Hineinblasen eingeräumt worden. Zum einen ist dieses Vorbringen durch die erwähnte Zeugenaussage widerlegt und zum anderen wäre es auch völlig unschlüssig anzunehmen, daß ein Gendarmeriebeamter einem Probanden keine Zeit zum Hineinblasen in den Alkomaten einräumen würde. Der Zweck einer Alkomatuntersuchung liegt ja darin, feststellen zu können, ob ein Fahrzeuglenker tatsächlich alkoholbeeinträchtigt ist oder nicht. Solange keine gegenteiligen konkreten Anhaltspunkte vorhanden sind, geht die Berufungsbehörde davon aus, daß ein Gendarmeriebeamter diesem Untersuchungszweck nicht diametral entgegenwirkt.

Es ist also zusammenfassend festzustellen, daß den glaubwürdigen und schlüssigen Angaben des Meldungslegers, die unter Wahrheitspflicht gemacht wurden, bei weitem der Vorzug zu geben war gegenüber den im wesentlichen auf das Bestreiten beschränkten Vorbringen des Berufungswerbers.

Im Hinblick auf das Vorliegen der Vermutung einer Alkoholbeeinträchtigung des Berufungswerbers wurde nichts vorgebracht, sodaß sich ein näheres Eingehen darauf erübrigt.

Abgesehen davon bestehen nach der Aktenlage und den Angaben des Berufungswerbers selbst (Konsumation von 3 Bier vor der Anhaltung) ohnedies keine diesbezüglichen Zweifel.

Zur Strafzumessung ist zu bemerken:

Gemäß § 19 Abs.1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat.

Übertretungen des § 5 StVO 1960, also die sogenannten "Alkoholdelikte", gehören zu den gravierendsten Verstößen gegen die straßenverkehrsrechtlichen Vorschriften. Es kann als bekannt vorausgesetzt werden, daß es durch alkoholbeeinträchtigte Fahrzeuglenker immer wieder zu schweren Verkehrsunfällen kommt. Solche Lenker stellen daher häufig nicht nur eine abstrakte, sondern eine konkrete Gefährdung der Verkehrssicherheit dar.

Es besteht daher ein immanentes öffentliches Interesse daran, feststellen zu können, ob sich ein Fahrzeuglenker in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand befindet oder nicht. Diesem Beweissicherungszweck dient die Bestimmung des § 5 Abs.2 iVm § 99 Abs.1 lit.b StVO 1960.

Die von der Erstbehörde festgesetzte Geldstrafe im Ausmaß von 10.000 S ist als relativ geringfügig über der Mindeststrafe gelegen anzusehen. Sie kann daher schon aus diesem Grund nicht als überhöht bezeichnet werden. Erschwerungsgründe lagen nicht vor, dem Berufungswerber kamen aber auch keine Milderungsgründe, insbesonders nicht jener der verwaltungsstrafrechtlichen Unbescholtenheit, zugute.

Wenngleich die persönlichen Verhältnisse des Berufungswerbers, im besonderen seine finanzielle Situation, derzeit als eingeschränkt angesehen werden müssen, so vermag dieser Umstand allein eine Herabsetzung der verhängten Strafe unter Bedachtnahme auf den hohen Unrechtsgehalt der Tat nicht zu rechtfertigen. Es muß vielmehr erwartet werden, daß er zur Bezahlung der Strafe, allenfalls im Ratenwege, ohne unzumutbare Beeinträchtigung seiner Lebensführung in der Lage sein wird.

Der eventualiter beantragten Anwendung des § 20 VStG stand abgesehen von den obigen Ausführungen - die Bestimmung des § 100 Abs.5 StVO 1960 entgegen.

b) Zur Verwaltungsübertretung gemäß § 16 Abs.1 lit.a StVO 1960 (Faktum 2)):

In diesem Punkt vertritt die Berufungsbehörde die Ansicht, daß der Nachweis der dem Berufungswerber vorgeworfenen Tat nicht mit einer für die Fällung eines Schuldspruches notwendigen Sicherheit gelungen ist. Wenngleich es sich bei dem zeugenschaftlich einvernommenen - nicht mit dem erstgenannten Gendarmeriebeamten identischen - Meldungsleger ebenfalls um einen handelt, der nach dem Eindruck der Berufungsbehörde seine Wahrnehmungen korrekt und objektiv geschildert hat, so bleiben doch gewisse Widersprüchlichkeiten, die eine Anwendung des Grundsatzes "in dubio pro reo" rechtfertigen. Um von Wiederholungen im Detail Abstand zu nehmen, wird auf die anläßlich der Berufungsverhandlung aufgenommene Niederschrift bzw. jene im Rahmen des erstbehördlichen Verfahrens wegen der Entziehung der Lenkerberechtigung des Berufungswerbers angefertigte verwiesen.

Solche Widersprüchlichkeiten sind keinesfalls lebensfremd und sprechen auch nicht gegen den Zeugen, sie sind vielmehr durch den relativ langen Zeitablauf zwischen dem Vorfallstag und der Berufungsverhandlung ohne weiteres erklärlich. Wenngleich also die Argumentation des Berufungswerbers keinesfalls überzeugend war, so konnte sie ihm nicht hinreichend widerlegt werden. Aufgrund dieser Berufungsentscheidung erübrigt sich auch ein Eingehen auf den vom Berufungswerber gestellten Beweisantrag auf Durchführung eines Lokalaugenscheines, welcher übrigens bereits im Rahmen des erstbehördlichen Verfahrens relativ kurze Zeit nach dem Vorfall gestellt wurde und zu diesem Zeitpunkt möglicherweise der Wahrheitsfindung dienlich hätte sein können.

Lediglich der Vollständigkeit halber ist noch darauf hinzuweisen, daß für Übertretungen des § 16 Abs.1 lit.a StVO 1960 der § 99 Abs.1 lit.b leg.cit. nicht die Strafnorm darstellt.

Zu II.:

Die Entscheidung über die Kosten stützt sich auf die im Spruch angeführten gesetzlichen Bestimmungen.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

S c h ö n