Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-103511/3/Bi/Fb

Linz, 15.10.1996

VwSen-103511/3/Bi/Fb Linz, am 15. Oktober 1996 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Bissenberger über die Berufung des Herrn W S, B, L, vom 6. Februar 1996 unter anderem gegen die Punkte 1) und 4) des Straferkenntnisses der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom 16. Jänner 1996, VerkR96-25777-1994-Hu, wegen Übertretungen der Straßenverkehrsordnung 1960 und des Kraftfahrgesetzes 1967, zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird insofern Folge gegeben, als Punkt 1) des angefochtenen Straferkenntnisses behoben und das Verwaltungsstrafverfahren diesbezüglich eingestellt wird.

Im Punkt 4) wird die Berufung hinsichtlich des Schuldspruchs abgewiesen, die Geldstrafe jedoch auf 100 S und die Ersatzfreiheitsstrafe auf 6 Stunden herabgesetzt.

II. Im Punkt 1) entfallen jegliche Verfahrenskostenbeiträge.

Im Punkt 4) ermäßigt sich der Kostenbeitrag für das Verfahren erster Instanz auf 10 S; im Rechtsmittelverfahren sind keine Kostenbeiträge zu leisten.

Rechtsgrundlage:

zu I.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 51 Abs.1 und 19 VStG, §§ 23 Abs.1 iVm 99 Abs.3a StVO 1960 und §§ 102 Abs.5a iVm 134 Abs.1 KFG 1967.

zu II.: §§ 64, 65 und 66 VStG.

Entscheidungsgründe:

zu I.:

1. Die Bezirkshauptmannschaft Linz-Land hat in den Punkten 1) und 4) des angefochtenen Straferkenntnisses über den Beschuldigten wegen der Verwaltungsübertretungen gemäß 1) §§ 23 Abs.1 iVm 99 Abs.3a StVO 1960 und 4) §§ 102 Abs.5a iVm 134 Abs.1 KFG 1967 Geldstrafen von 1) 400 S und 4) 200 S und für den Fall der Uneinbringlichkeit Ersatzfreiheitsstrafen von 1) 24 und 2) 12 Stunden verhängt, weil er am 19. Oktober 1994 um 0.55 Uhr in L, W, am Parkdeck des I vor dem Lokal "M" das Taxifahrzeug, Kennzeichen , 1) so aufgestellt habe, daß andere Straßenbenützer am Vorbeifahren gehindert worden seien und .... 4) als Lenker des Kraftfahrzeuges den Führerschein nicht mitgeführt habe. Gleichzeitig wurde ihm ein anteiliger Verfahrenskostenbeitrag von 60 S auferlegt.

2. Unter anderem dagegen hat der Rechtsmittelwerber fristgerecht Berufung erhoben, die seitens der Erstinstanz ohne Berufungsvorentscheidung dem unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich vorgelegt wurde. Da keine 10.000 S übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, war in den Punkten 1) und 4) durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden (§ 51c VStG). Die Anberaumung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung erübrigte sich (§ 51e Abs.2 VStG).

3. Der Rechtsmittelwerber macht im wesentlichen geltend, es habe sich bei der in Rede stehenden Straße um keine solche mit öffentlichem Verkehr gehandelt. Es sei egal, ob der Schranken nur dazu diene, Feuerwehr und Rettung das Zufahren zu ermöglichen. Tatsache sei, daß die Verkehrsfläche abgeschrankt sei. Die Fahrzeuge hätten während der Amtshandlung sehr wohl ohne Erschwernis sein Fahrzeug passieren können; durch das extrem hohe Fußgängeraufkommen sei es ohnehin nicht möglich, schneller als im Schrittempo zu fahren.

Er macht weiters geltend, daß es die Behörde bis heute verabsäumt habe, zu prüfen, daß die Sicherheitsausgänge der Lokale mit Autos verstellt seien, obwohl die Flächen mit Halte- und Parkverbotsschildern gekennzeichnet seien, keine sonstige Parkordnung eingehalten werde und die fast alle 10 min vorbeifahrenden Polizeiautos weder die betroffenen Taxis noch die Privatautos abmahnten. Er sei durch die Vorgangsweise bei ihm im Gleichheitsgrundsatz verletzt worden.

Daß er bei einem fixen Fahrpreis keinen Taxameter einschalte sei üblich und die Wartezeit werde unabhängig von der Dauer auch bezahlt. Daß die Behörde seine Rechtfertigungsangaben als Schutzbehauptung abgehandelt habe, führe jeden Einspruch und dadurch jede Rechtsstaatlichkeit ad absurdum, weshalb er ersuche, den Bescheid aufzuheben.

4. Der unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt der Erstinstanz sowie Durchführung eines Ortsaugenscheins an der in Rede stehenden Örtlichkeit.

Aus dem Akteninhalt geht hervor, daß der Rechtsmittelwerber in seinem Taxi, das gegenüber dem Lokal "M" am Parkdeck des I in L abgestellt war, sitzend vom Meldungsleger RI G beanstandet wurde, weil ua das Fahrzeug außerhalb von markierten Parkplätzen abgestellt war und er keinen Führerschein zur Überprüfung aushändigen konnte. Der Rechtsmittelwerber hat laut Anzeige dem Meldungsleger gegenüber angegeben, er warte auf einen Fahrgast und den Führerschein habe er in einer anderen Jacke.

Aus der Anzeige geht außerdem hervor, daß das Fahrzeug verkehrsbehindernd abgestellt worden sei, wobei der Meldungsleger bei seiner Einvernahme vor der Bundespolizeidirektion Linz am 8. Juni 1995 zeugenschaftlich ausgesagt hat, daß PKW am Beschuldigtenfahrzeug vorbeifahren konnten, jedoch nur erschwert und langsam. Der angeführte Schranken sei tagsüber immer geöffnet. Er werde nur von Angestellten des Lokals manchmal geschlossen, um einen Stau zu verhindern. Das zuständige Wachzimmer sei vom Magistrat Linz ersucht worden, den Bereich, bei dem es sich um eine öffentliche Verkehrsfläche handle, zu überwachen.

Bei dem am 14. Oktober 1996 vom erkennenden Mitglied des unabhängigen Verwaltungssenates durchgeführten Ortsaugenschein wurde festgestellt, daß bei der Parkplatzeinfahrt des I von der W aus eine Tafel angebracht ist, die auf einen Privatparkplatz, auf dem die Straßenverkehrsordnung gilt, hinweist, sowie auf ein Einfahrtverbot für LKW und Busse und eine Geschwindigkeitsbeschränkung auf 15 km/h. Auf dem Parkplatz befindet sich rechts die Auffahrt zum oberen Parkdeck zu mehreren Lokalen, ua zur "M". Über der Fahrbahn ist eine Höhenbeschränkung auf 2,5 m angebracht. Rechts befindet sich ein Schranken, der geöffnet war. Nirgends ist ein Hinweis darauf erkennbar, daß ein Personenkreis oder bestimmte Personen von der Benützung des oberen Parkdecks ausgeschlossen wären.

Auf dem oberen Parkdeck sind mehrere Lokale und auch ein Zugang zum M.

In rechtlicher Hinsicht ist auszuführen:

Gemäß § 1 Abs.1 StVO 1960 gilt die Straßenverkehrsordnung für Straßen mit öffentlichem Verkehr, das sind solche, die von jedermann unter den gleichen Bedingungen benützt werden können. § 1 Abs.1 KFG 1967 verweist auf diese Bestimmung der Straßenverkehrsordnung und legt fest, daß auch die Bestimmungen des Kraftfahrgesetzes - mit hier nicht relevanten Ausnahmen - auf Straßen mit öffentlichem Verkehr anzuwenden sind.

Die Frage, ob es sich beim in Rede stehenden Parkdeck im Bereich des I um eine Straße mit öffentlichem Verkehr handelt, oder ob allein daraus, daß am Fuß dieser Auffahrt ein (manchmal geschlossener) Schranken vorhanden ist, die rechtliche Qualifikation dieses Areals als Straße ohne öffentlichen Verkehr zu begründen vermag, ist zunächst durch die im § 1 Abs.1 StVO 1960 enthaltene Definition einer Straße mit öffentlichem Verkehr zu klären.

Nach ständiger Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes kann eine Straße dann von jedermann unter den gleichen Bedingungen benützt werden, wenn sie nach dem äußeren Anschein zur allgemeinen Benützung freisteht. Für die Widmung als Straße mit öffentlichem Verkehr ist somit ein Widmungsakt nicht erforderlich und es kommt auch nicht auf die Eigentumsverhältnisse am Straßengrund an, dh also nicht darauf, ob die Landfläche ganz oder teilweise in Privateigentum steht.

Es kann daher grundsätzlich davon ausgegangen werden, daß es sich bei einer Straße dann um eine solche mit öffentlichem Verkehr handelt, wenn sie weder abgeschrankt noch als Privatstraße gekennzeichnet ist noch auf dieser auf die Beschränkung des öffentlichen Verkehrs hinweisende Tafeln aufgestellt sind (vgl VwGH vom 25. April 1990, 89/03/0192).

Im gegenständlichen Fall befindet sich zwar am Beginn der Auffahrt rechts ein Schranken, der auch zum Vorfallszeitpunkt geöffnet war, es ist aber kein Hinweis ersichtlich, daß das Befahren der Auffahrt oder die Benützung der oberen Parkfläche (für einen bestimmten Personenkreis oder allgemein) verboten wäre. Allein das Vorhandensein eines ständig geöffneten Schrankens vermag keineswegs den äußeren Eindruck zu erwecken, daß die obere Parkfläche nicht für jedermann unter den gleichen Bedingungen zu benützen wäre. Es ist im Gegenteil davon auszugehen, daß die Betreiber der nur vom oberen Parkdeck aus zugänglichen Lokale jedem potentiellen Kunden, dh jedermann, die Möglichkeit zum Abstellen des Fahrzeuges auf dem oberen Parkdeck und damit den Besuch des Lokals eröffnen. Da die Auffahrt zum oberen Parkdeck gleichzeitig die einzige Abfahrt von dort darstellt und nach Auffassung des unabhängigen Verwaltungssenates die auf eigener Erfahrung beruhenden Schilderungen des Meldungslegers, dieser Schranken werde nur bei Überfüllung des oberen Parkdecks bzw der obenliegenden Lokale geschlossen, durchaus als schlüssig und daher glaubwürdig anzusehen ist, wird die Rechtsansicht vertreten, daß es sich bei der oben gelegenen Parkfläche ebenso wie bei der Auf- bzw Abfahrt um eine Straße mit öffentlichem Verkehr handelt. Zweck des dort befindlichen Schrankens ist jedenfalls nicht der Ausschluß von der Benützung dieser Verkehrsflächen, sondern dient offenbar nur feuer- und sicherheitspolizeilichen Zwecken.

Zu Punkt 1) des Straferkenntnisses:

Gemäß § 23 Abs.1 StVO 1960 hat der Lenker das Fahrzeug zum Halten oder Parken unter Bedachtnahme auf die beste Ausnützung des vorhandenen Platzes so aufzustellen, daß kein Straßenbenützer gefährdet und kein Lenker eines anderen Fahrzeuges am Vorbeifahren oder am Wegfahren gehindert wird.

Dem Rechtsmittelwerber wurde vorgeworfen, er habe sein Fahrzeug so aufgestellt, daß andere Straßenbenützer am Vorbeifahren gehindert worden seien. Gleichzeitig ergibt sich aus den zeugenschaftlichen Angaben des Meldungslegers, daß ein langsames Vorbeifahren sehr wohl möglich gewesen ist.

Nach ständiger Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes bedeutet der Begriff "Hindern" nicht bloß eine Behinderung sondern eine fahrtechnische oder rechtliche Unmöglichkeit des Vorbei- bzw Wegfahrens (vgl OGH ua vom 15. September 1977, 2 Ob 157/77). Im gegenständlichen Fall ist daher nicht von einer tatsächlichen Hinderung anderer Verkehrsteilnehmer auszugehen, da es diesen möglich war, sich langsam am PKW des Rechtsmittelwerbers vorbeizubewegen. Es ist außerdem nicht mit der für ein Strafverfahren erforderlichen Sicherheit davon auszugehen, daß das langsame Fortbewegen allein auf den vom Rechtsmittelwerber abgestellten PKW zurückzuführen ist, sodaß spruchgemäß zu entscheiden war.

Zu Punkt 2) des Straferkenntnisses:

Gemäß § 102 Abs.5a KFG 1967 hat der Lenker den Führerschein auf Fahrten mitzuführen und den Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes oder der Straßenaufsicht auf Verlangen zur Überprüfung auszuhändigen.

Der Rechtsmittelwerber hat die ihm zur Last gelegte Verwaltungsübertretung grundsätzlich nicht bestritten, sondern sich damit verantwortet, er habe den Führerschein in der anderen Jacke vergessen.

Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes besteht eine Verpflichtung zum Mitführen und zum Vorweis des verlangten Dokumentes nur, wenn zwischen dem Lenken des Kraftfahrzeuges und der späteren Überprüfung ein enger Zusammenhang in zeitlicher, räumlicher und sachlicher Hinsicht besteht (vgl VwGH vom 30. November 1984, 83/17/0121).

Da im gegenständlichen Fall der Rechtsmittelwerber selbst ausgeführt hat, er habe gerade auf einen Fahrgast gewartet, und er auch im Fahrzeug am Lenkersitz sitzend angetroffen wurde, ist davon auszugehen, daß dieser enge Zusammenhang mit seiner Lenktätigkeit bestanden hat, auch wenn bereits aus der Anzeige hervorgeht, daß der Meldungsleger den Rechtsmittelwerber nicht tatsächlich beim Lenken des Fahrzeuges beobachtet hat.

Das Verhalten des Rechtsmittelwerbers läßt sich unschwer unter den ihm vorgeworfenen Tatbestand subsumieren, wobei das Vergessen des Führerscheins in einer anderen Jacke zur Glaubhaftmachung, daß den Rechtsmittelwerber an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft, nicht geeignet ist. Er hat daher sein Verhalten als Verwaltungsübertretung zu verantworten.

Zur Strafbemessung ist zu bemerken, daß aus der Begründung des Straferkenntnisses hervorgeht, daß die Erstinstanz straferschwerend gewertet hat, daß der Rechtsmittelwerber dort vorbestraft aufscheine, wobei mildernd kein Umstand zu berücksichtigen gewesen sei.

Dem Akt liegt ein Vormerkungsverzeichnis bei, aus dem sich ergibt, daß der Rechtsmittelwerber zum Zeitpunkt des Vorfalls zwei rechtskräftige, aber nicht einschlägige Vormerkungen aufgewiesen hat, die nicht als erschwerend zu berücksichtigen waren, weshalb eine Herabsetzung der verhängten Strafe gerechtfertigt war.

Die nunmehr verhängte Strafe entspricht unter Bedachtnahme auf die Bestimmungen des § 19 VStG sowohl dem Unrechts- und Schuldgehalt der Übertretung als auch den finanziellen Verhältnissen des Rechtsmittelwerbers (7.500 S monatlich netto, kein Vermögen, keine Sorgepflichten).

Die verhängte Strafe liegt im untersten Bereich des gesetzlichen Strafrahmens (§ 134 Abs.1 KFG 1967 sieht Geldstrafen bis 30.000 S bzw Ersatzfreiheitsstrafen bis zu sechs Wochen vor) und soll den Rechtsmittelwerber in Hinkunft zur genauesten Einhaltung der kraftfahrrechtlichen Bestimmungen anhalten.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Hinsichtlich der Punkte 2), 3) und 5) des Straferkenntnisses ergeht eine gesonderte Berufungsentscheidung durch das zuständige Mitglied.

zu II.:

Der Ausspruch über den Verfahrenskostenersatz ist gesetzlich begründet.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Mag. Bissenberger

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