Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-103514/20/Sch/Rd

Linz, 15.01.1997

VwSen-103514/20/Sch/Rd Linz, am 15. Jänner 1997 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch das Mitglied Dr. Schön über die Berufung des FG, vertreten durch die RAe, vom 12. Februar 1996 gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Braunau/Inn vom 23. Jänner 1996, VerkR96-10904-1995-Kb, wegen mehrerer Übertretungen der Straßenverkehrsordnung 1960 bzw. einer der Kraftfahrgesetz-Durchführungsverordnung 1967 nach öffentlicher mündlicher Berufungsverhandlung am 23. Oktober 1996, zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird hinsichtlich der Fakten 2 und 3 des angefochtenen Straferkenntnisses Folge gegeben, dieses insoweit aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

Im übrigen (Faktum 1) wird die Berufung abgewiesen und das oa Straferkenntnis mit der Maßgabe bestätigt, daß der Spruch wie folgt ergänzt wird:

"... von S in Richtung M bis Straßenkilometer 6,450 ...".

II. Bezüglich des stattgebenden Teils der Berufung entfällt die Verpflichtung zur Leistung jeglicher Verfahrenskostenbeiträge.

Der Berufungswerber hat als Kostenbeitrag zum Berufungsverfahren hinsichtlich Faktum 1 den Betrag von 2.000 S (20 % der verhängten Geldstrafe) zu leisten.

Rechtsgrundlagen:

zu I.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 51 und 19 bzw 45 Abs.1 Z2 und Z3 VStG.

zu II.: §§ 64ff VStG.

Entscheidungsgründe:

Zu I.:

1. Die Bezirkshauptmannschaft Braunau/Inn hat mit Straferkenntnis vom 23. Jänner 1996, VerkR96-10904-1995-Kb, über Herrn FG, wegen der Verwaltungsübertretungen gemäß 1) § 5 Abs.1 StVO 1960, 2) § 7 Abs.1 StVO 1960 und 3) § 102 Abs.1 KFG 1967 iVm § 4 Abs.4 KDV 1967 Geldstrafen von 1) 10.000 S, 2) 1.000 S und 3) 1.000 S sowie für den Fall der Uneinbringlichkeit Ersatzfreiheitsstrafen von 1) 10 Tagen, 2) 48 Stunden und 3) 48 Stunden verhängt, weil er am 1. Juli 1995, gegen 2.55 Uhr den PKW mit dem Kennzeichen auf der Sauwald Bundesstraße B 136 von S kommend in Richtung M gelenkt und 1) er sich aufgrund des bei ihm gemessenen Atemluft alkoholgehaltes von über 0,4 mg/l in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand befunden habe; 2) er sein Fahrzeug nicht so weit rechts gelenkt habe, wie dies unter Bedachtnahme auf die Leichtigkeit und Flüssigkeit des Verkehrs zumutbar und dies ohne Gefährdung, Behinderung oder Belästigung anderer Straßenbenützer, ohne eigene Gefährdung und ohne Beschädigung von Sachen möglich gewesen sei, zumal er bei Straßenkilometer 6.450, nächst der Ortschaft W, Gemeinde B, rechts auf das Straßenbankett gekommen sei und in der Folge in die Fahrbahnmitte zurückgeschleudert und schließlich rechts von der Fahrbahn abgekommen sei; 3) er sich als Lenker vor Antritt der Fahrt, obwohl es zumutbar gewesen sei, nicht davon überzeugt habe, daß das Kraftfahrzeug den kraftfahrrechtlichen Vorschriften entsprochen habe, da beide Vorderreifen nicht mehr die gesetzlich vorgeschriebene Mindestprofiltiefe von 1,6 mm aufgewiesen habe.

Überdies wurde der Berufungswerber zu einem Kostenbeitrag zum Verfahren in der Höhe von insgesamt 1.200 S verpflichtet.

2. Gegen dieses Straferkenntnis hat der Berufungswerber rechtzeitig Berufung erhoben. Vom Instrumentarium der Berufungsvorentscheidung hat die Erstbehörde nicht Gebrauch gemacht und die Berufung vorgelegt. Damit ist die Zuständigkeit des unabhängigen Verwaltungssenates gegeben.

3. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat folgendes erwogen:

Zum stattgebenden Teil der Berufung:

Der Verwaltungsgerichtshof hat in seinem Erkenntnis vom 10. Oktober 1995, 95/02/0276, im Zusammenhang mit der Bestimmung des § 7 Abs.1 StVO 1960 ua nachstehendes ausgesprochen:

"Entgegen der Ansicht der belangten Behörde kann dieser Bestimmung nur entnommen werden, sich bei Benützung der Fahrbahn so weit als hier umschrieben (Sicherheitsabstand) rechts zu halten, nicht jedoch ein Verbot, die Fahrbahn nach rechts hin zu verlassen." Im nunmehr vorliegenden Fall ist der Berufungswerber mit dem von ihm gelenkten PKW nach rechts von der Fahrbahn abgekommen und gegen einen Baum gestoßen; der Grund hiefür war dem Genannten nicht bekannt und konnte auch nicht erhoben werden.

Es ist daher in diesem Punkt festzustellen, daß der vorliegende Sachverhalt nicht unter die Bestimmung des § 7 Abs.1 StVO 1960 zu subsumieren war.

Hinsichtlich der Übertretung nach § 102 Abs.1 KFG 1967 iVm § 4 Abs.4 KDV 1967 ist zu bemerken, daß in gleichgelagerten Fällen bereits mehrere entsprechende - auch der Erstbehörde bzw. dem Vertreter des Berufungswerbers bekannte - Entscheidungen ergangen sind, auf welche, um unnötige Wiederholungen zu vermeiden, verwiesen wird (vgl. etwa VwSen-103765 vom 16. September 1996).

Zur Verwaltungsübertretung gemäß § 5 Abs.1 StVO 1960:

Eingangs ist zu bemerken, daß in der Berufung behauptet wird, der erstbehördliche Ladungsbescheid vom 17. August 1995 sei die einzige fristgerechte Verfolgungshandlung gewesen. Diese Behauptung ist allerdings aktenwidrig, da vom Rechtsvertreter des Berufungswerbers beim Stadtamt M am 21.

September 1995 Akteneinsicht genommen wurde. Unzutreffend ist auch, daß im Spruch eines Straferkenntnisses der Grad der Alkoholbeeinträchtigung (in mg/l Atemluft bzw. in Promille Blutalkoholgehalt) ausgeführt sein muß. In diesem Zusammenhang wird auf die zahlreiche einschlägige Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes verwiesen (etwa VwGH 9.5.1984, 84/03/0062 uva).

Substantiell wird vom Berufungswerber bestritten, daß der Lenkzeitpunkt, wie von der Erstbehörde angenommen, gegen 2.55 Uhr des 1. Juli 1995 gelegen gewesen sei. Es wurde behauptet und auch von zwei einvernommenen Zeuginnen bestätigt, daß sich der Berufungswerber am Vorabend in einer Diskothek in S aufgehalten habe. Dort sei er bis etwa 0.00 Uhr bzw. 1.00 Uhr früh geblieben. Die Fahrzeit zwischen dieser Diskothek und dem Unfallort könne mit etwa 5 bis 10 Minuten angenommen werden, sodaß der Unfallzeitpunkt als wesentlich früher festzulegen sei. Die genannten Zeuginnen bestätigten diese Zeitangaben im wesentlichen, wobei sie allerdings einschränkend feststellten, daß sie den Berufungswerber beim Verlassen der Diskothek nicht beobachtet hätten, ihn aber nach dem genannten Zeitpunkt dort nicht mehr gesehen hätten.

Dieser "Tatzeitvariante" ist allerdings folgendes entgegenzuhalten:

Nach der allgemeinen Lebenserfahrung kommt Angaben, die unmittelbar nach einem Vorfall gemacht werden, in der Regel eine größere Bedeutung zu als solchen, die wesentlich später erfolgen. Der Berufungswerber wurde laut Aktenlage erstmals in dem eingangs erwähnten Ladungsbescheid mit dem Tatvorwurf, sohin auch der Tatzeit, konfrontiert. In der Stellungnahme vom 4. Oktober 1995 ist von dieser Verantwortung ebensowenig die Rede wie in der Stellungnahme vom 6. Dezember 1995. Erstmals in der Berufungsschrift vom 12. Februar 1996, also mehr als ein halbes Jahr nach dem Tattag, wurde die bisher unbestritten belassene Tatzeit in Abrede gestellt. Es stellt sich sohin die Frage, ob dieses Vorbringen als Beitrag des Berufungswerbers zur Sachverhaltsfeststellung zu werten ist oder als rein taktische Maßnahme abgetan werden muß. Der Berufungswerber hat im übrigen vor Ort sogar seine Lenkereigenschaft bestritten, diese Verantwortung aber - offenkundig deren völlige Unglaubwürdigkeit erkennend - in der Folge fallengelassen.

Überdies wurde vom zeugenschaftlich einvernommenen Meldungsleger angegeben, daß zur Absicherung der Unfallaufnahme eine weitere Gendarmeriestreife angefordert werden mußte. Diese Aussage läßt den lebensnahen Schluß zu, daß der Tatortbereich auch zur Nachtzeit von Fahrzeuglenkern in einer nicht unbeträchtlichen Dichte frequentiert wird. Dies wiederum resultiert den Schluß, daß der Berufungswerber ausgehend von seinen Angaben zum Lenkzeitpunkt in seinem verunfallten Fahrzeug in einer Entfernung von der Fahrbahn von lediglich 5 bis 6 Metern einen Zeitraum von immerhin nahezu zwei Stunden zu verbringen gehabt hätte, bevor er von einem vorbeifahrenden Fahrzeuglenker bemerkt wurde, was aber angesichts der obigen Umstände nicht als schlüssig eingestuft werden muß. Nach den von der Berufungsbehörde gepflogenen Erhebungen erfolgte die Unfallmeldung beim Roten Kreuz S um 3.06 Uhr. Die Argumente für den von der Erstbehörde angenommenen Unfallzeitpunkt kurz vor diesem Zeitpunkt erscheinen der Berufungsbehörde sohin überzeugender als das entsprechende Berufungsvorbringen.

Abgesehen davon ist noch folgendes zu bemerken:

Der Berufungswerber ist im vorliegenden Fall weder in seinen Verteidigungsrechten geschmälert noch ist er der Gefahr einer Doppelbestrafung ausgesetzt. Der Verwaltungsgerichtshof hat in seinem Erkenntnis vom 25. November 1994, 94/02/0370, ausgesprochen, daß, wenn im Spruch eines Straferkenntnisses das Lenken eines Kraftfahrzeuges in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand zu einem späteren Zeitpunkt als zu dem vom Beschwerdeführer behaupteten zur Last gelegt wird, er dadurch nicht einer Gefahr einer Doppelbestrafung ausgesetzt und somit nicht in seinen Rechten verletzt wurde, weil es sich bei dem gesamten Vorfall von der Verursachung eines Unfalles durch ihn bis zur von einem Gendarmeriebeamten erteilten Aufforderung zur Ablegung der Atemluftprobe um ein einheitliches Geschehen gehandelt und der Beschwerdeführer nicht behauptet hat, während dieses Vorganges ein zweites Mal ein Kraftfahrzeug gelenkt zu haben.

Dies bedeutet also, daß dem Unfallzeitpunkt nicht so große Bedeutung im Zusammenhang mit der Konkretisierung der Tat zukommt, wie der Berufungswerber vermeint. Selbst wenn der Unfallzeitpunkt tatsächlich als mit etwas früher anzunehmen wäre, so würde dies nichts an der Beurteilung des Sachverhaltes ändern, da dem Berufungswerber völlig bewußt sein mußte, um welchen einen Verkehrsunfall es im konkreten Verfahren ging, da er im zeitlichen Nahbereich keinen zweiten danach nicht hatte bzw. gar nicht haben konnte.

Die Ergänzung des Spruches des angefochtenen Straferkenntnisses im Zusammenhang mit dem Tatort (Straßenkilometer) schien der Berufungsbehörde aufgrund der teilweisen Stattgebung der Berufung und der damit verbundenen Auswirkungen auf den erstbehördlichen Bescheidspruch erforderlich; diesbezügliche fristgerechte und diese Vorgangsweise rechtfertigende Verfolgungshandlungen liegen vor.

Zur Strafzumessung ist zu bemerken:

Gemäß § 19 Abs.1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat.

Der Berufungswerber hat zum Untersuchungszeitpunkt, das war der 1. Juli 1995 um 5.09 Uhr, einen Alkoholgehalt der Atemluft von 0,51 mg/l aufgewiesen. Hieraus muß der Schluß gezogen werden, daß die Alkoholbeeinträchtigung zum Lenkzeitpunkt jedenfalls wesentlich jenseits von einem Promill Blutalkoholgehalt gelegen war. Eine solche Alkoholbeeinträchtigung kann keinesfalls als geringfügig angesehen werden.

Die von der Erstbehörde verhängte Geldstrafe in der Höhe von 10.000 S kann angesichts dessen nicht als überhöht bezeichnet werden. Der Milderungsgrund der verwaltungsstrafrechtlichen Unbescholtenheit des Berufungswerbers wurde berücksichtigt, Erschwerungsgründe lagen nicht vor. Den von der Erstbehörde angenommenen persönlichen Verhältnissen wurde in der Berufung - die sich im übrigen hinsichtlich der Strafzumessung ohnehin nicht ausläßt - nicht entgegengetreten. Bei der Berufungsverhandlung wurde das Einkommen geringfügig niedriger angegeben (12.000 S bis 13.000 S). Es kann aber jedenfalls erwartet werden, daß der Berufungswerber zur Bezahlung der Geldstrafe ohne relevante Einschränkung seiner Lebensführung in der Lage sein wird.

Zu II.:

Die Entscheidung über die Kosten stützt sich auf die im Spruch angeführten gesetzlichen Bestimmungen.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

S c h ö n

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