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VwSen-103522/10/Gu/Atz

Linz, 09.04.1996

VwSen-103522/10/Gu/Atz Linz, am 9. April 1996 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Hans GUSCHLBAUER über die Berufung des H. L. sen., vertreten durch Rechtsanwalt Dr. W.

R., gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Braunau am Inn vom 16.1.1996, VerkR96-7130-1-1994-Ga, wegen Übertretung des KFG 1967, zu Recht erkannt:

Der Berufung wird hinsichtlich des Schuldspruches mit der Maßgabe keine Folge gegeben, daß die verletzte Rechtsvorschrift wie folgt zu ergänzen ist:

§ 103 Abs.1 iVm § 101 Abs.1 lit.a "iVm § 4 Abs.7a KFG 1967 idF BGBl.Nr. 654/1994".

Die Strafanwendungsnorm § 134 Abs.1 KFG 1967 ist zu ergänzen durch die Worte: "in der vorzitierten Fassung".

Die verhängte Geldstrafe wird auf 2.000 S, die Ersatzfreiheitsstrafe auf 2 Tage und der erstinstanzliche Verfahrenskostenbeitrag auf 200 S herabgesetzt.

Ein Kostenbeitrag zum Berufungsverfahren entfällt.

Rechtsgrundlagen:

§ 66 Abs.4 AVG iVm § 24 VStG, § 19 VStG, § 65 VStG.

Entscheidungsgründe:

Die Bezirkshauptmannschaft Braunau am Inn hat den Rechtsmittelwerber mit dem angefochtenen Straferkenntnis schuldig erkannt, als Zulassungsbesitzer des Sattelkraftfahrzeuges (Sattelzugfahrzeug BR-... und Sattelanhänger BR-...) nicht dafür gesorgt zu haben, daß dieses Kraftfahrzeug am 8.11.1994 gegen 16.10 Uhr im Gemeindegebiet von Lohnsburg auf der Kirchheimer Bezirksstraße, bei Str.km 1,195, Gemeinde Lohnsburg, Ortschaft Magetsham, von der sogenannten Häuperlkreuzung in Richtung Riegerting fahrend den kraftfahrrechtlichen Vorschriften entsprach, zumal das höchstzulässige Gesamtgewicht von 38.000 kg durch die Beladung verbotenerweise um 8.140 kg überschritten gewesen sei.

Wegen Verletzung des § 103 Abs.l iVm § 101 Abs.1 lit.a KFG 1967 wurde ihm in Anwendung des § 134 Abs.1 leg.cit. eine Geldstrafe von 4.000 S (Ersatzfreiheitsstrafe 4 Tage) und ein erstinstanzlicher Verfahrenskostenbeitrag von 400 S auferlegt.

In seiner dagegen eingebrachten Berufung macht der rechtsfreundlich vertretene Beschuldigte die Verletzung von Verfahrensvorschriften sowie eine unrichtige rechtliche Beurteilung geltend. Im wesentlichen bringt er vor, daß der Sachverhalt von der ersten Instanz nicht ausreichend ermittelt worden sei und nicht alle erforderlichen Beweise aufgenommen worden wären. Die Aussage des Zeugen A. sei nichtssagend gewesen. Hätte die Behörde einen Vertreter der Firma B. (von der Schotter bezogen wurde) und die Einvernahme des H. G. L. durchgeführt und ihn selbst angehört, hätte sie herausgefunden, daß der Beschuldigte sehrwohl im Sinn des § 103 KFG 1967 seiner Sorgepflicht nachgekommen sei und im gegenständlichen Fall alle nach den Umständen in Betracht kommenden Maßnahmen getroffen habe.

Entgegen der Ansicht der ersten Instanz habe der Beschuldigte seinen Sohn darüber in Kenntnis gesetzt, welche Erfahrungswerte hinsichtlich des Gewichtes des von ihm aufzunehmenden Ladegutes in Rechnung zu stellen sei. Es sei vom Beschuldigten - in Kenntnis des Defektes der Wiegeeinrichtung - genau abgesprochen worden, daß nur die übliche, bei diesen Transporten verwendete Menge zur Verladung gelangte und habe jede Fuhre bis zu diesem Zeitpunkt auch tatsächlich den kraftfahrrechtlichen Vorschriften, insbesondere jenen des § 101 Abs.1 lit.a KFG entsprochen. Der Beschuldigte besitze eine 31-jährige Erfahrung in der Branche, was von der belangten Behörde nicht in Frage gestellt werden könne. Beim Sohn des Beschuldigten (Lenker) habe es sich nicht um einen Kraftfahrer gehandelt, der nur gelegentlich eingesetzt worden sei und schon gar nicht um einen Kraftfahrer, der im Unternehmen erst kurze Zeit beschäftigt gewesen sei. Der Sohn (mitbeschuldigter Lenker) sei bereits seit vier Jahren als LKW-Fahrer im Betrieb seines Vaters tätig und am 8.11.1994 nur aushilfsweise für das betreffende Sattelfahrzeug zum Einsatz gelangt. Jener Fahrer, der üblicherweise mit dem Fahrzeug die Fuhren vorgenommen habe, sei in dieser Woche auf Urlaub gewesen. Die von der ersten Instanz zitierte VwGH-Entscheidung gehe somit ins Leere.

Darüber hinaus bezweifelt der Beschuldigte die Richtigkeit des Wiegevorganges, die Funktionstüchtigkeit der Waage und deren Eichung und rügt die Nichtaufnahme diesbezüglicher Beweise.

Die erste Instanz sei verpflichtet gewesen, auch die entlastenden Umstände zu berücksichtigen. Durch das Unterlassen der Ermittlungen in dieser Richtung sei der Sachverhalt in einem wesentlichen Punkt ergänzungsbedürftig geblieben. Wären die Beweise aufgenommen worden, hätte die belangte Behörde zu einem anderen Bescheid kommen können.

Als Beweise werden angeboten die Wiegekarte der Firma B. vom 27.10.1994, die Einvernahme eines informierten Vertreters der Firma B., die Einvernahme des Beschuldigten, die Einvernahme des mitbeschuldigten Sohnes und Lenkers, H. G.

L. jun., die Einvernahme des Kundendienstfahrers der Firma L., Eichzertifikat der Radlastwaage, SV-Gutachten aus dem Eich- und Vermessungswesen.

Aus all den Gründen beantragt der Rechtsmittelwerber die Behebung des angefochtenen Straferkenntnisses und Einstellung des Verfahrens.

Aufgrund der Berufung wurde am 28. März 1996 die öffentliche mündliche Verhandlung durchgeführt, in deren Rahmen der Beschuldigte vernommen, der Wiegeschein der Lagerhausfiliale Lohnsburg vom 8.11.1994 zur Erörterung gestellt, die Auskunft des zuständigen Vertreters des Eichamtes Gmunden über die Eichung und Nacheichung der Waage der Lagerhausfiliale Lohnsburg zur Kenntnis gebracht und Gelegenheit geboten zur Aussage des mitbeschuldigten Sohnes und des meldungslegenden Zeugen Bez.Insp. A., welcher in der mündlichen Verhandlung betreffend das Berufungsverfahren des Lenkers vernommen worden war, Stellung zu beziehen.

Demnach ergibt sich folgender Sachverhalt:

Der Rechtsmittelwerber ist seit vielen Jahren als Fuhrunternehmer tätig und betreibt auch eine Schottergrube.

Er ist Alleininhaber der M. L. OHG und ist als Einzelkaufmann im Firmenbuch protokolliert. Als solcher ist er Zulassungsbesitzer des eingangs erwähnten Sattelzuges. In Erfüllung eines Geschäftsauftrages, welcher die Hinterfüllung einer in einer Künette verlaufenden Gasleitung mit 0,1 cm Körnung zum Inhalt hatte, beauftragte er anstelle des sonst mit dem Lenken des vorerwähnten Sattelzuges beschäftigten Arbeitnehmers infolge dessen Urlaubes seinen ebenfalls bei ihm beschäftigten Sohn H. L., geb. 31.8.1970, mit der Übernahme dieser Kabelsandtransporte. Sein Sohn war zu dieser Zeit bereits vier Jahre im Unternehmen, und zwar in mehrfachen Aufgabenbereichen als Arbeiter beschäftigt und hatte auch schon mehrfach Kiestransporte durchgeführt, in der Regel aber mit einem Zweiachs-LKW.

Daß Näheres über die Ladung und die Höchstgewichte besprochen worden ist, ist nicht erwiesen, zumal die Darstellungen des Sohnes (des Lenkers) und jene des Beschuldigten über die vor Antritt der Fahrt gepflegten Gespräche auseinander gehen. Nach Darstellung des mitbeschuldigten Sohnes und Lenkers habe ihm sein Vater erklärt, er könne aufgrund der Erfahrungswerte ca. 14 - 15 m3 auflegen und der Kabelsand besitze ein spezifisches Gewicht von ca. 1.300 kg pro m3. Nach Darstellung des Beschuldigten habe er dem Sohn vor der Abfahrt erklärt, daß er auflegen könne, was am Sattelzug Platz habe, weil der Kabelsand nur ein spezifisches Gewicht von 1,3 - 1,5 Tonnen pro m3 habe.

Dem Beschuldigten war bekannt, daß bei der Erfüllung des Auftrages mit der Lieferung des Kabelsandes von seiten des Schottergrubenbetreibers der Firma B. bislang ein Radlader eingesetzt worden war, bei dem durch eine integrierte Wiegevorrichtung das Gewicht des aufzuladenden Gutes kontrolliert werden konnte.

Daß dieser Radlader an jenem 8.11.1994 defekt und außer Betrieb war und somit mit einem normalen - ohne Gewichtsanzeige versehenen - Radlader verladen werden mußte und sein Sohn von der Gendarmerie zur Gewichtskontrolle verhalten und beanstandet worden ist, erfuhr er von dem Sohn (Lenker) erst am Abend nach dessen Heimkehr.

In der Zusammenschau dieses Lebenssachverhaltes hat der Verwaltungsgerichtshof in seinem Festhalten an der Beweislastumkehr (Glaubhaftmachung des Nichtverschuldens) im Sinn des § 5 Abs.1 VStG in ähnlich gelagerten Fällen keine Glaubhaftmachung der Unschuld erblickt. Auch der Verfassungsgerichtshof hat diese Rechtsvermutung im Strafrecht - ohne sich allerdings mit ihr genau auseinanderzusetzen - als zulässig erkannt. Beide Höchstgerichte haben sich mit dem Urteil des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte vom 23. Oktober 1995, A 328-A betreffend Schmautzer-UmlauftGradinger u.a. bezüglich der Nichtgeltung des Vorbehaltes der Republik Österreich betreffend die maßgebliche Bestimmung im Vergleich zu Artikel 6 Abs.1 EMRK infolge Unbestimmtheit des Vorbehaltes (Art. 64 Abs.2 EMRK) nicht auseinandergesetzt.

Der O.ö. Verwaltungssenat erkennt im Anlaßfall keine Notwendigkeit, dieses Spannungsfeld in einem Zwischenverfahren vor dem Verfassungsgerichtshof auszutragen, weil es im gegenständlichen Fall keiner Umkehr der Beweislast bedarf, sondern weil der beschuldigte Zulassungsbesitzer den Lenker nicht hinreichend über die Schätzungshilfen (z.B.

Füllungsgrad der Ladefläche) des zulässigen Ladegewichtes einer losen Ladung (in dem Fall von Schotter) hinreichend aufgeklärt hat, welche Anhaltspunkte für die Größenordnungen des Volumens unter Bedachtnahme auf die Feuchtigkeit und das schwankende spezifische Gewicht zu Rate zu ziehen sind, falls ein Gewichtsmeßgerät, welches allemale ausfallen kann oder sonst nicht zur Verfügung steht, um eine Überladung auf der sicheren Seite zu vermeiden.

Damit hat er die Sorgfalt eines gewissenhaften Zulassungsbesitzers außer Acht gelassen, zu der er nach den geschilderten Umständen verpflichtet war und nach seinen geistigen und körperlichen Verhältnissen, insbesondere aufgrund seiner langjährigen Erfahrung befähigt war und die ihm auch zuzumuten war und deshalb nicht erkannte, daß er einen Sachverhalt verwirklichen könne, der dem Tatbild des § 103 Abs.1 iVm § 101 Abs.1 lit.a iZ § 4 Abs.7a KFG 1967 idF BGBl.Nr. 654/1994 entspricht.

Diese Fahrlässigkeit hat der Beschuldigte somit zu verantworten. Hiebei geht der O.ö. Verwaltungssenat allerdings davon aus, daß deren Gewicht angesichts der vom Beschuldigten vermuteten Verwendung des Radladers mit Meßeinrichtung, auf die er allerdings nicht restlos vertrauen durfte, geringer war als sie von der ersten Instanz eingeschätzt wurde.

Dies mußte bei der Strafbemessung Wirkung zeigen.

Gemäß § 19 Abs.1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat.

Gemäß § 19 Abs.2 VStG sind im ordentlichen Verfahren (§§ 40 bis 46) überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

Der Strafrahmen für die zuvor beschriebene Verwaltungsübertretung beträgt gemäß § 134 Abs.1 KFG an Geldstrafe bis zu 30.000 S, im Falle der Uneinbringlichkeit Freiheitsstrafe bis zu sechs Wochen. Die erste Instanz hat der Strafbemessung ein geschätztes - unwidersprochen gebliebenes - monatliches Nettoeinkommen von 20.000 S zugrundegelegt und kein Vermögen in Anschlag gebracht. Diesbezügliche nachteilige Verhältnisse sind im Berufungsverfahren nicht offenkundig geworden. Wie bereits von der ersten Instanz gewürdigt, so war für den Beschuldigten seine verwaltungsstrafrechtliche Unbescholtenheit mildernd. Straferschwerende Umstände lagen nicht vor.

Der Unrechtsgehalt der Überladung über 8.000 kg schlug auch auf den Zulassungsbesitzer mit bedeutendem Gewicht durch. Aus diesem Grunde war auch ein Absehen von einer Bestrafung im Sinn des § 21 Abs.1 VStG nicht möglich.

Aufgrund des geringeren Maßes an Fahrlässigkeit war jedoch die verhängte Strafe um die Hälfte zu reduzieren, was sich auch dementsprechend auf die erstinstanzlichen Verfahrenskosten auswirken mußte.

Nachdem der Berufung im Ergebnis ein Teilerfolg beschieden war, ist der Rechtsmittelwerber von Beiträgen zu den Kosten des Berufungsverfahrens gemäß § 65 VStG befreit.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Ergeht an:

1. Herrn H. L. sen., geb. 24.12.1944, z.Hd. Herrn Rechtsanwalt Dr. W. R., O. 26, .... M.; 2. Bezirkshauptmannschaft Braunau am Inn zur Zahl VerkR-7130-1-1994-Ga, Hammersteinplatz 1, 5280 Braunau am Inn, unter Aktenrückschluß mit dem Ersuchen um nachweisbare Zustellung der Entscheidung an den Vertreter des Rechtsmittelwerbers.

Beilagen Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Dr. Guschlbauer

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