Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-103551/2/Bi/La

Linz, 08.08.1996

VwSen-103551/2/Bi/La Linz, am 8. August 1996 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Bissenberger über die Berufung des Herrn H T, H, S, vertreten durch die Rechtsanwälte Dr. J L, G, S, vom 20. Februar 1996 (Datum des Poststempels) gegen Punkt 2) des Straferkenntnisses der Bundespolizeidirektion Linz vom 1. Februar 1996, III/ST. 12.058/95 IN, wegen Übertretung der Straßenverkehrsordnung 1960 zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird keine Folge gegeben und Punkt 2) des angefochtenen Straferkenntnisses vollinhaltlich mit der Maßgabe bestätigt, daß der Spruch zu lauten hat:

"Sie haben am 24. September 1995 um 22.57 Uhr in L auf der W Straße nächst dem Haus Nr. den PKW mit dem Kennzeichen gelenkt und das von einem Straßenaufsichtsorgan deutlich sichtbar gegebene Zeichen zum Anhalten zwecks Lenker- und Fahrzeugkontrolle - der Meldungsleger hielt den Arm senkrecht nach oben, wobei er eine rot leuchtende Signaltaschenlampe in der Hand hielt - insofern nicht beachtet, als Sie die Fahrt ohne anzuhalten fortsetzten. Sie haben dadurch eine Verwaltungsübertretung gemäß §§ 97 Abs.5 iVm 99 Abs.3 lit.j StVO 1960 begangen ...." II. Der Rechtsmittelwerber hat zusätzlich zu den Verfahrenskosten der Erstinstanz den Betrag von 200 S, ds 20 % der verhängten Geldstrafe, als Kostenbeitrag zum Rechtsmittelverfahren zu leisten.

Rechtsgrundlage:

zu I.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 51 Abs.1, 44a Z1 und 3 und 19 VStG, §§ 97 Abs.5 iVm 99 Abs.3 lit.j StVO 1960 idF BGBl.Nr. 518/94.

zu II.: § 64 Abs.1 und 2 VStG.

Entscheidungsgründe:

zu I.:

1. Die Bundespolizeidirektion Linz hat im Punkt 2) des angefochtenen Straferkenntnisses über den Beschuldigten wegen der Verwaltungsübertretung gemäß §§ 97 Abs.5 iVm 99 Abs.3 lit.a StVO 1960 eine Geldstrafe von 1.000 S und für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 36 Stunden verhängt, weil er am 24. September 1995 um 22.57 Uhr in L auf der W Straße nächst dem Haus Nr. den PKW mit dem Kennzeichen gelenkt und das deutlich sichtbar gegebene Zeichen eines Straßenaufsichtsorganes für "Halt" nicht beachtet habe. Gleichzeitig wurde ihm ein anteiliger Verfahrenskostenbeitrag von 100 S auferlegt.

2. Dagegen hat der Rechtsmittelwerber fristgerecht Berufung erhoben, die seitens der Erstinstanz ohne Berufungsvorentscheidung dem unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich vorgelegt wurde. Da keine 10.000 S übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, war durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden (§ 51c VStG). Die Anberaumung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung erübrigte sich, weil im Punkt 2) eine 3.000 S nicht übersteigende Geldstrafe verhängt und auf die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung ausdrücklich verzichtet wurde (§ 51e Abs.2 VStG).

3. Der Rechtsmittelwerber macht im wesentlichen geltend, er sei zum maßgeblichen Zeitpunkt mit seinem PKW in L auf der W Straße stadtauswärts gefahren und habe auf kurze Entfernung eine vor dem Haus W Straße annähernd in der Mitte seines Fahrstreifens stehende, dunkel gekleidete Person wahrgenommen. Er habe weder eine rote Signalampel, die von dieser Person auf und ab geschwenkt worden wäre, wahrgenommen, noch daß es sich dabei um einen Wachebeamten gehandelt habe. Er habe vielmehr angenommen, daß es sich bei dieser Person um einen Zivilisten handle, der aus irgend einem Grund auf der Straße gestanden sei. Er habe daher das Fahrzeug etwas über die Fahrbahnmitte gelenkt, wobei er auch die Leitlinie überquert und Hupzeichen gegeben habe, um diese Person auf die nicht ungefährliche Verkehrssituation, die sie hervorgerufen habe, aufmerksam zu machen. Er habe auch nicht bemerkt, daß ihn dieser Wachebeamte zu einer Lenker- und Fahrzeugkontrolle zum Anhalten auffordern wollte. Die Tatsache, daß er kurze Zeit später den deutlichen Signalen der Wachebeamten Folge geleistet und angehalten habe, zeige, daß ihm im gegenständlichen Fall die Situation nicht deutlich erkennbar gewesen sei, sodaß er auch nicht dementsprechend handeln habe können. Er beantragt daher die Einstellung des Verfahrens.

4. Der unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt der Erstinstanz. Daraus geht hervor, daß der Meldungsleger RI S am 24. September 1995 um 22.57 Uhr im Rahmen des Rayonsdienstes feststellte, daß der Lenker des PKW auf der W Straße stadtauswärts fahrend vor dem Haus Nr. die durch Leitlinien gekennzeichnete Fahrbahnmitte mit der Hälfte seines Fahrzeuges ohne ersichtlichen Grund überfahren habe. Aufgrund dieser Feststellung wollte er den Lenker von seinem Standort W Straße Nr. aus zu einer Lenker- und Fahrzeugkontrolle anhalten und gab ihm zu diesem Zweck mit senkrecht nach oben zeigendem Arm, in dem er eine rot leuchtende Signaltaschenlampe hielt, ein deutliches Haltezeichen von der Mitte des stadtauswärts führenden Fahrstreifens aus. Laut Anzeige habe die Signallampe einwandfrei funktioniert und rotes Licht ausgestrahlt, der Lenker habe aber das Haltezeichen mißachtet, sei ohne anzuhalten weitergefahren und habe im Vorbeifahren ein akustisches Warnzeichen abgegeben. Durch das Überfahren der Fahrbahnmitte sei aufgrund des geringen Verkehrsaufkommens niemand gefährdet worden.

Aufgrund dieses Sachverhalts wurde über Funk an die Funkwagenbesatzung RI P und RI S eine Fahndung nach dem Lenker dieses PKW eingeleitet. Die beiden Beamten konnten um 23.00 Uhr auf der W Straße, Höhe P Straße, den PKW anhalten. Bei der Amtshandlung hat sich der Rechtsmittelwerber damit verantwortet, er habe kein Haltezeichen gesehen, die Fahrbahnmitte nicht überfahren und auch kein akustisches Warnzeichen abgegeben.

Laut Anzeige wurde im Anschluß daran ein Alkotest mit dem Rechtsmittelwerber durchgeführt, der um 23.20 Uhr einen geringsten Wert von 0,91 mg/l AAK ergab. Der Rechtsmittelwerber habe angegeben, unmittelbar vorher in einem Lokal 2 Halbe Bier getrunken zu haben.

Der unabhängige Verwaltungssenat vertritt die Auffassung, daß es einem für die Wahrnehmung von Vorgängen im Straßenverkehr und auch im Hinblick auf die Durchführung von Anhaltungen zwecks Lenker- und Fahrzeugkontrollen geschulten und geübten Polizeibeamten zuzumuten ist, einwandfrei feststellen zu können, ob ein sich ihm nähernder Fahrzeuglenker grundlos die Fahrbahnmitte überfährt, und ihm gegebenenfalls ein deutlich sichtbares Zeichen zum Anhalten zu geben. Nach Auffassung des unabhängigen Verwaltungssenates ist die Feststellung des Überfahrens der Fahrbahnmitte ohne ersichtlichen Grund im Bereich des Hauses W Straße Nr. vom Standort W Straße Nr. aus mit Sicherheit möglich - die W Straße verläuft dort gerade und ist übersichtlich - und es besteht auch kein Zweifel an der Glaubwürdigkeit des Meldungslegers, wenn dieser ausführt, er habe mit senkrecht nach oben gestrecktem Arm dem herankommenden Lenker ein deutlich sichtbares Zeichen zum Anhalten gegeben, wobei er eine rot leuchtende Signaltaschenlampe in der Hand gehalten habe.

Dieses Zeichen kann objektiv nicht anders verstanden werden als als Zeichen zum Anhalten und es ist auch davon auszugehen, daß dieses Zeichen von einem mit der erforderlichen Aufmerksamkeit am Straßenverkehr teilnehmenden PKW-Lenker als solches wahrgenommen werden muß.

Der Verantwortung des Rechtsmittelwerbers, er sei erst über die Fahrbahnmitte gefahren, als er dieser dunkel gekleideten Person ausweichen wollte, und er habe diese Person im Vorbeifahren nicht als Polizeibeamten erkannt und schon gar kein Zeichen zum Anhalten wahrgenommen - in diesem Zusammenhang wird festgestellt, daß von einem "Auf- und Abschwenken einer roten Signalampel" nie die Rede ist -, vermag der unabhängige Verwaltungssenat hingegen keinen Glauben zu schenken. Der Rechtsmittelwerber wies eine halbe Stunde später einen Atemalkoholgehalt von 0,91 mg/l auf und hat offenbar größere Mengen Alkohol zu sich genommen, sodaß anzunehmen ist, daß er an einer Anhaltung durch einen Polizeibeamten nicht sonderlich interessiert war. Der Funkstreifenbesatzung konnte er offenbar nicht mehr entkommen, was aber nicht als Zeichen für seinen guten Willen und die Unmöglichkeit der Wahrnehmung des Meldungslegers als Straßenaufsichtsorgan aufzufassen ist.

Der unabhängige Verwaltungssenat geht daher davon aus, daß die Angaben des Meldungslegers in der Anzeige der Wahrheit entsprechen, während die Beschuldigtenverantwortung in freier Beweiswürdigung für unglaubwürdig gehalten wird.

In rechtlicher Hinsicht ist auszuführen, daß gemäß § 97 Abs.5 StVO 1960 die Organe der Straßenaufsicht berechtigt sind, durch deutlich sichbare Zeichen Fahrzeuglenker zwecks Lenker- oder Fahrzeugkontrolle oder anderer den Fahrzeuglenker oder eine beförderte Person betreffenden Amtshandlungen zum Anhalten aufzufordern. Der Fahrzeuglenker hat der Aufforderung Folge zu leisten.

Das auf der Grundlage der obigen Ausführungen als erwiesen angenommene Verhalten des Rechtsmittelwerbers ist zweifellos unter diesen Tatbestand zu subsumieren, wobei der Schuldspruch den gesetzlichen Bestimmungen anzupassen war. Verjährung im Hinblick auf diese Spruchkonkretisierung ist deshalb nicht eingetreten, weil die ergänzten Teile bereits in der Anzeige enthalten waren, die dem Rechtsmittelwerber bereits innerhalb der sechsmonatigen Verfolgungsverjährungsfrist zur Kenntnis gebracht wurde. Er hat daher durch sein Verhalten den ihm (nunmehr in ergänzter Form) zur Last gelegten Tatbestand erfüllt und sein Verhalten als Verwaltungsübertretung zu verantworten.

Zur Strafbemessung ist auszuführen, daß der Strafrahmen des § 99 Abs.3 StVO 1960 eine Geldstrafe bis 10.000 S bzw eine Ersatzfreiheitsstrafe bis zu zwei Wochen vorsieht.

Aus der Begründung des Straferkenntnisses geht hervor, daß die vom Rechtsmittelwerber angegebenen wirtschaftlichen Verhältnisse (16.000 S monatlich, keine Sorgepflicht, kein Vermögen) für die Strafbemessung herangezogen wurden. Wegen einer Vormerkung nach dem Kraftfahrgesetz 1967 aus dem Jahr 1995 kommt dem Rechtsmittelwerber der Milderungsgrund der verwaltungsstrafrechtlichen Unbescholtenheit nicht zugute und auch sonstige Milderungsgründe waren nicht zu finden.

Die verhängte Strafe liegt im untersten Bereich des gesetzlichen Strafrahmens, wobei im gegenständlichen Fall weder Unbesonnenheit anzunehmen ist - es war im Gegenteil jedenfalls von grober Fahrlässigkeit auszugehen - , noch ein Milderungsgrund dahingehend gegeben ist, daß bei dem Vorfall kein Personen- oder Sachschaden entstanden ist. Auch die möglicherweise in zwei Jahren anfallenden Kosten für einen eventuellen Erwerb eines neuen Führerscheins sind nicht als Milderungsgrund anzusehen. Erschwerend war kein Umstand.

Die verhängte Strafe soll den Rechtsmittelwerber zur genauesten Beachtung der straßenverkehrsrechtlichen Vorschriften anhalten. Es steht ihm frei, mit der Erstinstanz eine Ratenvereinbarung zu treffen.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

zu II.:

Der Ausspruch über den Verfahrenskostenersatz ist gesetzlich begründet.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Mag. Bissenberger

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