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des Landes Oberösterreich
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VwSen-103573/16/Weg/Ri

Linz, 28.06.1996

VwSen-103573/16/Weg/Ri Linz, am 28. Juni 1996 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Wegschaider über die Berufung des Ing. J K, vertreten durch Rechtsanwalt Mag. M, vom 28.

Februar 1996 gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft ... vom 7. Februar 1996, VerkR..., nach der am 26. Juni 1996 durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung zu Recht erkannt:

Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis behoben und das Verfahren eingestellt.

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs.4 AVG iVm § 24, § 5 Abs.1, § 45 Abs.1 Z1, § 51 Abs.1, § 51i VStG.

Entscheidungsgründe:

1. Die Bezirkshauptmannschaft ... hat mit dem in der Präambel zitierten Straferkenntnis über den Berufungswerber nachstehendes Straferkenntnis (wörtliche Wiedergabe) erlassen:

"Sie haben als verantwortlicher handelsrechtlicher Geschäftsführer und damit gem. § 9 Abs.1 VStG 1960 als zur Vertretung nach außen berufenes Organ der Ing. H K Ges.m.b.H., ..., ..., als Zulassungsbesitzerin des von J G am 18.10.1994 um 10.30 Uhr in ..., ..., nächst dem Haus Nr...., gelenkten Kraftwagens (LKW), Kennz. ..., und des mit diesem gezogenen Anhängewagens, Kennz. ..., nicht dafür gesorgt, daß diese den kraftfahrrechtlichen Vorschriften entsprechen, weil 1) beim LKW die Reifen der rechten inneren Räder der zweiten und dritten Achse sowie der Reifen des linken äußeren Rades der zweiten Achse und der Reifen des linken inneren Rades der dritten Achse auf der Lauffläche Schnitte und Ablösungen bis zu ca. 20 x 10 cm, die durch die Gummischicht bis zur Gewebeschicht reichten, aufwiesen, 2) beim LKW an der rechten Längsseite ein gelb-roter Rückstrahler und rechts hinten der rote Rückstrahler fehlten, 3) an der rechten Außenseite des LKW der Name des Erzeugers, die Fahrgestellnummer, die Länge und die Angaben zur Messung der Länge von Fahrzeugkombinationen nicht vollständig sichtbar, dauernd gut lesbar und unverwischbar angeschrieben waren, 4) der LKW insofern nicht mit mindestens zwei geeigneten Rückblickspiegeln ausgerüstet war, als der rechte Rückblickspiegel (Außenspiegel) zerbrochen war, 5) die linke Schlußleuchte des Anhängers fehlte, 6) an der rechten Außenseite des Anhängers der Name des Erzeugers, die Fahrgestellnummer, die Länge und die Angaben zur Messung der Länge von Fahrzeugkombinationen nicht vollständig sichtbar, dauernd gut lesbar und unverwischbar angeschrieben waren.

7) der andere als leichte Anhänger nicht mit mindestens zwei Unterlegkeilen ausgestattet war und 8) am Anhänger an der linken Längsseite der gelb-rote Rückstrahler fehlte und die rechte vordere Begrenzungsleuchte nicht funktionierte.

Weiters haben Sie als verantwortlicher handelsrechtlicher Geschäftsführer und damit gem. § 9 Abs.1 VStG als zur Vertretung nach außen berufenes Organ der Ing. H K Ges.m.b.H. ..., ..., J G mit dem Kraftwagen (LKW), Kennz.

..., den Anhängewagen, Kennz. ..., aufgrund der mit Bescheid des Amtes der o.ö. Landesregierung vom 28.7.1994, VerkR-..., gem. §§ 101 Abs.5, 104 Abs.9 und 39 KFG 1967 erteilten Bewilligung am 18.10.1994 um 10.30 Uhr in Linz, ...straße, nächst dem Haus Nr. ..., ziehen lassen, obwohl Sie 9) die im Bescheid unter Ziff.13 enthaltene Auflage, daß die zur Durchführung des Transportes beauftragten Bediensteten auf die Einhaltung der Auflagen des Bescheides hinzuweisen sind, nicht erfüllt haben.

Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschrift(en) verletzt:

1) § 103 Abs.1 Ziff.1 KFG 1967 i.V.m. § 7 Abs.1 KFG 1967 2) § 103 Abs.1 Ziff.1 KFG 1967 i.V.m. § 14 Abs.5 KFG 1967 3) § 103 Abs.1 Ziff.1 KFG 1967 i.V.m. § 27 Abs.3 KFG 1967 4) § 103 Abs.1 Ziff.1 KFG 1967 i.V.m. § 23 KFG 1967 5) § 103 Abs.1 Ziff.1 KFG 1967 i.V.m. § 14 Abs.4 KFG 1967 6) § 103 Abs.1 Ziff.1 KFG 1967 i.V.m. § 27 Abs.3 KFG 1967 7) § 103 Abs.1 Ziff.1 KFG 1967 i.V.m. § 7 Abs.3 KFG 1967 8) § 103 Abs.1 Ziff.1 KFG 1967 i.V.m. § 16 Abs.2 KFG 1967 9) § 104 Abs.2 lit.f KFG 1967 i.V.m. § 104 Abs.9 KFG 1967 Wegen dieser Verwaltungsübertretung(en) wird über Sie folgende Strafe verhängt:

Geldstrafe von falls diese uneinbringlich ist gemäß § Schilling Ersatzfreiheitsstrafe von 1) 2.000,-- 2 Tage 1) bis 9):

2) 200,-- 5 Stunden 134/1 3) 300,-- 7 Stunden KFG 1967 4) 300,-- 7 Stunden 5) 300,-- 7 Stunden 6) 300,-- 7 Stunden 7) 300,-- 7 Stunden 8) 300,-- 7 Stunden 9) 500,-- 12 Stunden Ferner haben Sie gemäß § 64 des Verwaltungsstrafgesetzes (VStG) zu zahlen:

450,-- Schilling als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens, d.s. 10% der Strafe (je ein Tag Freiheitsstrafe wird gleich 200 S angerechnet); Der zu zahlende Gesamtbetrag (Strafe/Kosten/Barauslagen) beträgt daher 4.950,-- Schilling. Außerdem sind die Kosten des Strafvollzuges zu ersetzen (§ 54d VStG)." 2. Begründet wird dieses Straferkenntnis hinsichtlich der angeführten Mängel am LKW und am Anhänger und hinsichtlich des nicht ergangenen Hinweises nach Punkt 9 mit dem Verweis auf eine Sachverhaltsdarstellung in der Anzeige der Bundespolizeidirektion ... vom 27. Oktober 1994, welche auf der dienstlichen Wahrnehmung eines Straßenaufsichtsorganes beruht. Im übrigen wird in der Begründung des angefochtenen Straferkenntnisses auf das Vorliegen der Verantwortlichkeit iSd § 9 VStG sowie auf die Strafbemessungsumstände iSd § 19 VStG eingegangen.

3. Der Berufungswerber bringt in seiner rechtzeitigen und auch sonst zulässigen Berufung sinngemäß vor, daß hinsichtlich der Feststellung der Behörde über die Unterfertigung der Erklärung gemäß § 9 VStG durch F W eine unrichtige Beweiswürdigung vorliege. Es sei dem Mitarbeiter F W - unabhängig von der rechtlichen Qualifikation der Bestellung zum verantwortlichen Beauftragten - bereits vor 30 Jahren die alleinige und ausschließliche Verantwortung für die Wartung und Reparatur bzw. den ordnungsgemäßen Zustand der im Betrieb eingesetzten Kraftfahrzeuge übertragen worden. Der Berufungswerber habe diesen Mitarbeiter auch bevollmächtigt, die entsprechenden Anordnungen zu treffen, was sich aus einer zeugenschaftlichen Aussage des Mitarbeiters W vom 18. August 1995 ergäbe. Es zeige sich auf Grund der Aussagen des Zeugen W im erstinstanzlichen Verfahren, daß dieser bereits vor dem Tatzeitpunkt zum verantwortlichen Beauftragten bestellt worden sei. Der Berufungswerber versucht noch darzulegen, daß sich der Zeuge ... anläßlich einer Aussage im erstinstanzlichen Verfahren über das Datum und die Unterfertigung der Übertragung der strafrechtlichen Verantwortlichkeit geirrt haben müsse.

Der Berufungswerber verweist schließlich darauf, daß über ihn keinerlei einschlägige Vorstrafen verhängt worden seien, sodaß keinerlei Veranlassung dazu bestanden habe, an der Zuverlässigkeit und an der ordnungsgemäßen Erfüllung der dem Mitarbeiter ... übertragenen Aufgaben zu zweifeln. Darüber hinaus habe er sich trotz der 30-jährigen ordnungsgemäßen Erfüllung der Aufgaben durch seinen Mitarbeiter immer wieder davon überzeugt, daß der Mitarbeiter ... den ihm übertragenen Pflichten ordnungsgemäß nachkommt, indem er nämlich im Zuge seiner Baustellenkontrollen immer wieder die Fahrzeuge auf deren ordnungsgemäßen Zustand überprüft habe, wobei es niemals einen Grund zur Beanstandung gegeben habe.

Das Verhalten des Beschuldigten sei nicht als fahrlässig zu qualifizieren. Fahrlässig handle, wer die Sorgfalt außer Acht läßt, zu der er nach den Umständen verpflichtet ist.

Auf Grund der 30-jährigen ordnungsgemäßen Einhaltung der Vorschriften im Zusammenhang mit der durchgeführten ständigen Kontrolle bestehe keine Verpflichtung zu einer darüber hinausgehenden Sorgfalt.

Letztlich bringt der Berufungswerber noch vor, daß - sollte trotzdem ein Verschulden vorliegen - dieses äußerst gering anzusetzen sei, sodaß - zumal die Tat keinerlei nachteilige Folgen nach sich gezogen habe - die Vorraussetzungen des § 21 VStG vorliegen würden. Letztlich beantragt der Berufungswerber die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung.

4. Der unabhängige Verwaltungssenat hat in Stattgebung des Antrages auf eine mündliche Berufungsverhandlung eine solche für den 26. Juni 1996 anberaumt und auch durchgeführt. Dabei wurden als Zeugen der den gegenständlichen LKW-Zug gelenkt habende J G, der im Betrieb des Beschuldigten beschäftigte KFZ-Mechaniker F ... und der die Fahrzeugmängel festgestellt habende Bez.Insp. H H von der motorisierten Verkehrsgruppe der Bundespolizeidirektion ... geladen.

Im Hinblick auf die Erklärung des Beschuldigten eingangs der Verhandlung, daß die objektive Tatbildmäßigkeit der dem Berufungswerber zum Vorwurf gemachten Verwaltungsübertretungen nicht bestritten werde, also das Vorliegen der festgestellten Mängel eingestanden wird, erübrigte sich die Vernehmung des erschienen Zeugen Bez.

Insp. .... Der Beschuldigte schränkt unter Hinweis auf die bisherigen Schriftsätze seine Berufung auf die Verantwortlichkeit bzw. auf die subjektive Tatseite iSd § 5 VStG ein.

Auf Grund der Aktenlage und des Vorbringens des Berufungswerbers, welchem auch vom Vertreter der belangten Behörde nicht widersprochen wurde, steht fest, daß der Beschuldigte seit vielen Jahren ein Bauunternehmen betreibt und in diesem Bauunternehmen, welches ca. 30 Personen beschäftigt, 6 LKWs, 1 Tiefladeanhänger sowie 4 PKWs oder Kombis und 1 Kleinbus eingesetzt sind. Der Beschuldigte ist alleiniger handelsrechtlicher und gewerberechtlicher Geschäftsführer dieses unter der Ing. H K Ges.m.b.H.

firmierenden Bauunternehmens. Gegen den Berufungswerber scheinen trotz des nicht unbeträchtlichen Fuhrparkes und trotz der jahrelangen Betreibung dieses Bauunternehmens keinerlei einschlägige Verwaltungsvormerkungen auf. Dies ist nach Aussage des Beschuldigten darauf zurückzuführen, daß er vor ca. 30 Jahren einen KFZ-Mechaniker, nämlich Herrn ..., mit der Reparatur und der Wartung des Fuhrparkes betraut hat und es in dieser Zeit niemals zu den geringsten Anständen gekommen ist. Dabei sei Herrn ... auch die Verantwortlichkeit dahingehend übertragen worden, daß sich die Kraftfahrzeuge in einem den Vorschriften des KFG entsprechenden Zustand befinden. Dieser Übertragung der Verantwortlichkeit sei auch zugestimmt worden und sei sich Herr ... auch über die Verantwortlichkeit im Klaren gewesen.

Der Berufungswerber erklärt die Ungereimtheiten bezüglich des Datums der Unterfertigung der Bestellungsurkunde nach § 9 VStG damit, daß im Zuge einer Änderung des Arbeitsinspektionsgesetzes von seinem Rechtsvertreter entsprechende Bestellungsurkunden ausformuliert und ihm übermittelt worden seien und daß alle diese Urkunden mit 1.

Juni 1994 datiert gewesen seien. Im Hinblick auf die im erstinstanzlichen Verfahren von Herrn ... gemachte Aussage, daß er die in Rede stehende Urkunde keinesfalls mit 1. Juni 1994 sondern wahrscheinlich mit 1. Juni 1995 unterfertigt habe, bringt der Beschuldigte vor, daß sich das genaue Datum der Unterfertigung nicht mehr ermitteln lasse, daß aber die Unterfertigung vor dem Tatzeitpunkt erfolgt sein müsse.

Der dazu befragte Zeuge ... konnte sich anläßlich der mündlichen Verhandlung an das Datum der Unterfertigung nicht mehr erinnern, bestätigte jedoch, daß er auf Grund einer mündlichen Vereinbarung schon viele Jahre der verantwortliche Beauftragte für den Fuhrpark gewesen sei.

Dies bestätigte auch der als Zeuge vernommene Kraftfahrer G, welcher den Zeugen ... als die rechte Hand des Chefs bezeichnete und welcher ausführte, daß hinsichtlich der Einhaltung der kraftfahrrechtlichen Vorschriften innerhalb des Betriebes ausschließlich Herr ... zuständig gewesen sei.

Vorweg eine rechtliche Würdigung der Verantwortungsübertragung bzw. des Zustimmungsnachweises des verantwortlichen Beauftragten:

Die Übertragung der verwaltungsstrafrechtlichen Haftung setzt eine vor dem Begehen einer Verwaltungsübertretung erfolgte wirksame Bestellung eines verantwortlichen Beauftragten voraus. Diese inkludiert den Zustimmungsnachweis des verantwortlichen Beauftragten. Von einem aus der Zeit vor der Begehung der Verwaltungsübertretung stammenden Zustimmungsnachweis kann aber nur dann gesprochen werden, wenn ein die Zustimmung zur Bestellung zum verantwortlichen Beauftragten betreffendes Beweisergebnis schon vor der Begehung der Tat vorhanden war.

Da dies auf ein erst nach diesem Zeitpunkt zustandegekommenes Beweisergebnis nicht zutrifft, genügt zur Erbringung des vom Gesetzgeber geforderten Zustimmungsnachweises jedenfalls nicht die Berufung auf eine erst im Verwaltungsstrafverfahren herauskommende schon vor der Tat bestanden habende wirksame Bestellung. Dieser Nachweis ist dem Berufungswerber nicht gelungen, vor allem nicht mit der Vorlage der mit 1. Juni 1994 datierten Urkunde, weil diese erst zu einem späteren Zeitpunkt unterfertigt wurde. Auch wenn sie vor dem Tatzeitpunkt unterfertigt worden wäre, was nach den Ermittlungsergebnissen eher bezweifelt wird, so liegt kein Nachweis vor, der aus der Zeit vor Begehung der Tat stammt.

Die mit 1. Juni 1994 datierte Urkunde stellt naturgemäß keinen solchen Nachweis dar, ebensowenig der erbrachte Nachweis, daß die Bestellung schon vor vielen Jahren mündlich erfolgt sei, weil dieses Beweisergebnis aus der Zeit nach Begehung der Tat stammt. Von einer wirksamen Bestellung und der Übertragung der Verantwortlichkeit an F ... kann - auf die gegenständliche Tat bezogen - sohin nicht die Rede sein.

Es stellte sich im Zuge der mündlichen Verhandlung jedoch heraus, daß Herr ... - unabhängig von der mündlich erfolgten Übertragung der Verantwortlichkeit - zumindest Erfüllungsgehilfe des Beschuldigten war, wobei ... der Erfüllung der ihm übertragenen Aufgaben über 30 Jahre hinweg nachkam, ohne daß es jemals zu Beanstandungen kam.

Der Berufungswerber hat sich zur Einhaltung der ihn treffenden Verwaltungsvorschriften also einer anderen Person bedient und sich wegen des Betriebsumfanges und der in seiner Person kaum vorliegenden speziellen Kenntnisse betreffend die ordnungsgemäße Reparatur und Wartung der Fahrzeuge auch bedienen müssen. Ob nun der - wie oben ausgeführt - verwaltungsstrafrechtlich verantwortliche Geschäftsführer alle Vorkehrungen betreffend die Überwachung dieser Person getroffen hat oder ob ihn diesbezüglich eine Pflichtverletzung trifft, hat das Beweisverfahren folgendes ergeben:

Der Berufungswerber hat nach nicht widerlegbarer eigener Aussage immer wieder auch den Zustand der eingesetzten Kraftfahrzeuge auf einen KFG-konformen Zustand überprüft und während eines Zeitraumes von 30 Jahren - seit eben Herr ...

mit der Erfüllung dieser Aufgaben betraut war - keinen wie immer gearteten Anlaß dafür entdecken können, daß Herr ...

als Erfüllungsgehilfe seinen Verpflichtungen nicht voll nachkommt. Der Berufungswerber hat sich also einer den übertragenen Aufgaben in jeder Weise gerecht werdenden Person bedient, sodaß von einer culpa in eligendo nicht auszugehen ist.

Abschließend und zusammenfassend wird also als erwiesen angenommen, daß der Berufungswerber bei der Bestellung des für den Fuhrpark verantwortlichen F ... und bei der Kontrolle der Tätigkeiten dieses Erfüllungsgehilfen nicht sorgfaltswidrig gehandelt hat, und er nach den im Beweisverfahren hervorgekommenen Umständen (30-jährige fehlerlose Verrichtung der übertragenen Arbeiten) nicht zu einem noch rigideren Kontrollsystem verpflichtet war. Dem Beschuldigten Gegenteiliges anzulasten, wäre lebensfremd.

Allgemein wird gelten:

Je besser ausgebildet, erfahrener und erprobter eine Person ist und je länger diese Person die ihr übertragene Tätigkeit ohne jeden Anstand ausgeübt hat, desto weniger rigid muß die begleitende Kontrolle sein.

Es wird zusammenfassend festgestellt, daß es dem Berufungswerber gelungen ist, die ihm angelastete Sorgfaltswidrigkeit und Fahrlässigkeit zu entkräften.

5. Der unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

Gemäß § 5 Abs.1 VStG genügt zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten, wenn eine Verwaltungsvorschrift über das Verschulden nichts anderes bestimmt. Fahrlässigkeit ist bei Zuwiderhandeln gegen ein Verbot oder bei Nichtbefolgung eines Gebotes (wie im gegenständlichen Fall) dann ohne weiteres anzunehmen, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und der Täter nicht glaubhaft macht, daß ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft.

Die im gegenständlichen Fall allenfalls in Betracht kommende unbewußte Fahrlässigkeit läge dann vor, wenn der Täter zufolge Außerachtlassung der gebotenen Sorgfalt verkennt, daß er einen tatbildmäßigen Sachverhalt verwirklichen könne.

Zur Frage des Ausmaßes der objektiven Sorgfaltspflicht hat der VwGH bereits wiederholt ausgesprochen, daß der hiefür geltende Maßstab ein objektiv - normativer ist. Maßfigur ist der einsichtige und besonnene Mensch, den man sich in die Lage des Täters versetzt zu denken hat. Objektiv sorgfaltswidrig handelt der Täter folglich nur dann, wenn sich ein einsichtiger und besonnener Mensch des Verkehrskreises, dem der Handelnde angehört, an seiner Stelle anders verhalten hätte. Die Strafbehörde hat sich dabei zu hüten, die Anforderungen an die objektive Sorgfaltspflicht zu überspannen. Nicht schon die Versäumung bloßer Sorgfaltsmöglichkeiten, sondern die Verletzung solcher Sorgfaltspflichten, die die Rechtsordnung nach den gesamten Umständen des Falles vernünftigerweise auferlegen darf, machen das Wesen der objektiven Sorgfaltswidrigkeit aus.

Auf den gegenständlichen Fall bezogen ist der O.ö.

Verwaltungssenat der Ansicht, daß der Berufungswerber glaubhaft gemacht hat, nicht sorgfaltswidrig und somit nicht fahrlässig gehandelt zu haben.

Nach der modernen Fahrlässigkeitsdogmatik gehört die objektive Sorgfaltswidrigkeit (als das Unrechtselement der Fahrlässigkeit) zum Tatbestand jedes Fahrlässigkeitsdeliktes, sodaß Verhaltensweisen, die objektiv sorgfaltsgemäß sind, nicht tatbestandsmäßig sind.

Das bedeutet, daß der Berufungswerber die ihm zur Last gelegten Verwaltungsübertretungen nicht begangen hat, weshalb iSd § 45 Abs.1 Z1 VStG von der Fortführung des Strafverfahrens abzusehen und die Einstellung zu verfügen war.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Dr. Wegschaider

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