Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-103578/10/Weg/Ri

Linz, 23.05.1996

VwSen-103578/10/Weg/Ri Linz, am 23. Mai 1996 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Wegschaider über die Berufung des M K, vertreten durch die Rechtsanwälte x, vom 26. Februar 1996 gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft ... vom 12.

Februar 1996, VerkR..., nach der am 21. Mai 1996 durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung zu Recht erkannt:

Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis behoben und das Verfahren eingestellt.

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs.4 AVG iVm § 24, § 45 Abs.1 Z1, § 51 Abs.1, § 51i VStG.

Entscheidungsgründe:

1. Die Bezirkshauptmannschaft ... hat mit dem in der Präambel zitierten Straferkenntnis über den Berufungswerber wegen der Verwaltungsübertretung nach § 11 Abs.1 iVm § 99 Abs.3 lit.a StVO 1960 eine Geldstrafe von 300 S und für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 12 Stunden verhängt, weil dieser am 22. August 1994, gegen 17.45 Uhr, das Motorfahrrad mit dem Kennzeichen ... auf der ... Landesstraße, Gemeinde ..., in Richtung ... bis Strkm ... gelenkt und die Fahrtrichtung nach links geändert hat, ohne sich vorher zu überzeugen, daß dies ohne Gefährdung oder Behinderung anderer Straßenbenützer möglich ist.

Außerdem wurde ein Kostenbeitrag zum Strafverfahren in der Höhe von 30 S in Vorschreibung gebracht.

2. Die Erstbehörde stützt dieses Straferkenntnis im wesentlichen auf die Anzeige des Gendarmeriepostenkommandos ... und auf die zu § 11 Abs.1 StVO 1960 ergangene Judikatur.

Die Einspruchsausführungen des Berufungswerbers, daß er bereits 100 m bis 150 m vor der Unfallstelle zu blinken begonnen und sich zur Fahrbahnmitte hin eingereiht hätte, dabei noch in den Rückspiegel gesehen, jedoch keinen überholenden PKW hätte erkennen können, wurden mit dem Hinweis entkräftet, daß der Beschuldigte bei entsprechender Sorgfalt und einem ordnungsgemäß eingestellten Rückspiegel das überholende Fahrzeug hätte erkennen müssen.

3. Der Berufungswerber führt in seiner rechtzeitigen und auch sonst zulässigen Berufung aus, er hätte das Linksabbiegemanöver vorschriftsmäßig durchgeführt. Aus der Anzeige des GPK ... mit den angeschlossenen Lichtbildern gehe hervor, daß der gegenständliche Verkehrsunfall offenbar auf Grund eines groben Aufmerksamkeitsfehlers oder rücksichtsloser Fahrweise des überholenden PKW-Lenkers zustandegekommen sei. Er hätte sein Abbiegemanöver zeitgerecht durch Setzen des linken Blinkers und Einordnen zur Fahrbahnmitte angezeigt. Er habe auch den Nachfolgeverkehr im Rückspiegel genau beobachtet und habe sogar Farbe und Type der hinter ihm fahrenden PKW's schildern können. Diese Fahrzeuge hätten keine Anstalten gemacht, ihn zu überholen. Auf Grund der Unfallsörtlichkeit wäre unmittelbar vor dem Linksabbiegen ein allenfalls auftauchender Gegenverkehr genau zu beobachten gewesen. Aus den Lichtbildern ergebe sich, daß unmittelbar nach der gegenständlichen Kreuzung eine schlecht einsehbare Linkskurve beginne, ein allfälliger Gegenverkehr könne sich dort auf Grund der Lage im Freilandgebiet plötzlich mit hoher Geschwindigkeit nähern, sodaß diesem Gegenverkehr in der letzten Phase des Linksabbiegemanövers die gesamte Aufmerksamkeit gewidmet werden müsse. Zu einem zweiten Blick in den Rückspiegel unmittelbar vor dem Abbiegen sei er daher nicht verpflichtet gewesen. Er hätte damit auch nicht rechnen müssen, daß ihn an dieser Stelle unmittelbar vor der unübersichtlichen Linkskurve noch jemand überholen würde, da sich ja die hinter ihm fahrenden Fahrzeuge schon rund 150 m lang auf sein Linksabbiegemanöver eingestellt hätten und gemäß § 3 StVO er keinesfalls damit zu rechnen gehabt habe, daß an dieser Stelle ein weiterer PKW-Lenker drei Fahrzeuge auf einmal überholen würde.

4. Der unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis aufgenommen durch Einsichtnahme in den vorgelegten Verwaltungsstrafakt, durch zeugenschaftliche Befragung der unbeteiligten Unfallzeugin x, durch zeugenschaftliche Befragung des Unfallgegners G S und durch Vernehmung des Beschuldigten selbst anläßlich der mündlichen Verhandlung am 21. Mai 1996, bei der auch ein Lokalaugenschein durchgeführt wurde. Ein Vertreter der belangten Behörde ist nicht erschienen, die Ladung von Gendarmeriebeamten war entbehrlich, da diese den Vorfall nicht beobachtet haben und bei der Aufnahme der Unfalldaten die Unfallstelle nicht mehr in unverändertem Zustand vorfanden, zumal das Motorfahrrad von der Fahrbahn geschafft wurde.

Nach den angeführten Beweismitteln steht fest, daß das Linksabbiegemanöver des Beschuldigten an einer Stelle der ... Landesstraße stattgefunden hat, an der eine unübersichtliche Linkskurve anschließt und auf den allenfalls sich nähernden Gegenverkehr nur eine Sicht von ca. 60 m besteht. Der Beschuldigte fuhr mit seinem Motorfahrrad eine Geschwindigkeit von maximal 50 km/h, während der Unfallgegner seine Eigengeschwindigkeit mit ca.

80 km/h bis 90 km/h bezifferte. Dies deckt sich auch im wesentlichen mit der Zeugenaussage der H R.

Die Zeugin H R führte aus, daß der Mopedlenker sich schon ca. 100 m vor der gegenständlichen Kreuzung zur Fahrbahnmitte hin eingeordnet hat und somit ein bevorstehendes Abbiegemanöver zu erkennen gab. Sie selbst habe sich allerdings darüber gewundert, weil sie aus ihrer Position den abzweigenden Ortschaftsweg nicht erkennen habe können. Es sind hinter dem Mopedlenker zwei PKW's mit etwa der selben Geschwindigkeit wie der Mopedlenker über schon längere Zeit nachgefahren und habe weder die Zeugin noch der andere unbekannt gebliebene PKW-Lenker Anstalten zum Überholen des Mopedlenkers gemacht. Ob der Mopedlenker den Blinker betätigt hat, konnte die Zeugin nicht sagen.

Aus dem Akt und der kriminaltechnischen Untersuchung der Blinkanlage ergibt sich kein schlüssiger Beweis dafür, daß der Blinker nicht eingeschaltet gewesen wäre. Der Unfallgegner, der mit einer Geschwindigkeit von 80 km/h bis 90 km/h die zwei vor ihm fahrenden PKW's zu überholen begann, führte dieses Überholmanöver fließend durch und fuhr vor dem Überholen nicht hinter den vor ihm fahrenden Fahrzeugen in gleichbleibendem Abstand nach. Wenn nun der Unfallgegner behauptet, er sei sich sicher, daß der Mopedlenker den Blinker nicht betätigt hat, so ist dies möglicherweise auf einen Wahrnehmungsfehler zurückzuführen, da zwei vor ihm fahrende PKW's ein gewisses Sichthindernis darstellten. Der Aussage des Unfallgegners, daß der Beschuldigte nicht zur Fahrbahnmitte hin eingereiht war, sondern in der Mitte seines Fahrstreifens fuhr, wird im Hinblick auf die eindeutige Aussage der Zeugin R keine Glaubwürdigkeit geschenkt. Es wird also der Verantwortung des Beschuldigten, die im wesentlichen durch die Zeugenaussage der H R abgesichert ist, beigetreten, daß nämlich der Linksabbiegevorgang so stattgefunden hat, wie er dies - noch nicht anwaltlich vertreten - im Verfahren vor der Erstbehörde dargelegt hat. Die Glaubwürdigkeit des Berufungswerbers wird noch dadurch bestärkt, daß er die Tatörtlichkeit und die auf Grund der anschließenden Linkskurve gefährliche Situation bestens kennen mußte, da er ganz nahe der Unfallstelle wohnt und diese Strecke täglich gefahren ist. Aus der Sicht des Berufungswerbers, der dem nachfolgenden Verkehr durch sein Zufahren zur Fahrbahnmitte ausreichend Platz für ein Rechtsvorbeibewegen gab, bestand auch im Hinblick auf die anschließende unübersichtliche Linkskurve - kein Anlaß zur Annahme, daß ein weiterer, sich schnell nähernder PKW-Lenker den Entschluß zum Linksüberholen faßt. Der Berufungswerber hat durch sein ordnungsgemäßes Einordnen und durch einen Kontrollblick in den Rückspiegel zum Zeitpunkt des Beginnes des Einordnens und auch noch in der weiteren Folge, bei der die Geschwindigkeit des Mopeds wegen des Abbiegens im rechten Winkel entsprechend vermindert wurde, kein verkehrswidriges Verhalten gesetzt und es ist in Anbetracht der notwendigen Konzentration auf einen allfälligen Gegenverkehr unzumutbar, direkt zum Zeitpunkt des Abbiegens noch einmal in den Rückspiegel zu blicken, um ein allenfalls weiteres noch nicht sichtbar gewesenes und in einer bedenklichen Verkehrssituation überholendes Fahrzeug erblicken zu können.

Den Ausführungen des Berufungswerbers betreffend den Vertrauensgrundsatz wird beigepflichtet.

Es wird sohin - zumindest im Zweifel - nicht als erwiesen angenommen, daß der Berufungswerber das Linksabbiegemanöver in der ihm vorgeworfenen Form und vor allem nicht schuldhaft durchgeführt hat.

5. Der unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

Gemäß § 45 Abs.1 Z1 VStG ist von der Fortführung eines Strafverfahrens abzusehen und die Einstellung zu verfügen, wenn die dem Beschuldigten zur Last gelegte Tat nicht erwiesen werden kann.

Nachdem - wie oben ausgeführt - diese Verwaltungsübertretung zumindest hinsichtlich der Schuldfrage nicht nachgewiesen werden kann, war spruchgemäß zu entscheiden.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Dr. Wegschaider

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