Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-103617/2/Sch/<< Rd>> Linz, am 2. April 1996 VwSen103617/2/Sch/<< Rd>>

Linz, 02.04.1996

VwSen 103617/2/Sch/<< Rd>> Linz, am 2. April 1996
VwSen-103617/2/Sch/<< Rd>> Linz, am 2. April 1996 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch das Mitglied Dr. Schön über die Berufung des DH, vertreten durch RA, vom 28. Februar 1996 gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Kirchdorf/Krems vom 12. Februar 1996, VerkR96-1781-1995/Bi/Pr, wegen einer Übertretung der Straßenverkehrsordnung 1960 zu Recht erkannt:

I. Die Berufung wird abgewiesen und das angefochtene Straferkenntnis bestätigt.

II. Der Kostenbeitrag zum Berufungsverfahren wird mit 600 S (20 % der verhängten Geldstrafe) bestimmt.

Rechtsgrundlagen:

zu I.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 51 und 19 VStG.

zu II.: §§ 64ff VStG.

Entscheidungsgründe:

Zu I.:

1. Die Bezirkshauptmannschaft Kirchdorf/Krems hat mit Straferkenntnis vom 12. Februar 1996, VerkR96-1781-1995/Bi/Pr, über Herrn DH, wegen der Verwaltungsübertretung gemäß § 4 Abs.1 lit.a StVO 1960 eine Geldstrafe von 3.000 S und für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 72 Stunden verhängt, weil er am 9. April 1995 um 1.00 Uhr den PKW mit dem Kennzeichen auf der Nußbacher-Landesstraße bei Straßenkilometer 4,650 im Gemeindegebiet von Adlwang von Nußbach kommend in Richtung Adlwang gelenkt habe und es nach einem Verkehrsunfall, mit dem sein Verhalten in ursächlichem Zusammenhang gestanden sei, unterlassen habe, das von ihm gelenkte Fahrzeug sofort anzuhalten.

Überdies wurde der Berufungswerber zu einem Kostenbeitrag zum Verfahren in der Höhe von 300 S verpflichtet.

2. Gegen dieses Straferkenntnis hat der Berufungswerber rechtzeitig Berufung erhoben. Vom Instrumentarium der Berufungsvorentscheidung hat die Erstbehörde nicht Gebrauch gemacht und die Berufung vorgelegt. Damit ist die Zuständigkeit des unabhängigen Verwaltungssenates gegeben.

Die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung erwies sich als nicht erforderlich (§ 51e Abs.2 VStG).

3. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat folgendes erwogen:

Der Berufungswerber bestreitet die ihm zur Last gelegte Verwaltungsübertretung im wesentlichen mit der Begründung, er habe sein Fahrzeug unmittelbar nach der Streifung in der unübersichtlichen Linkskurve zum Stillstand und nach Rücksprache mit dem Unfallbeteiligten dieses zur nahegelegenen Tankstelle gebracht. Dies sei deshalb erfolgt, da er eine Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer durch das abgestellte Fahrzeug hintanhalten habe wollen.

Dieser Sachverhaltsdarstellung stehen zum einen die Angaben des Meldungslegers in der Anzeige des GPK Bad Hall vom 13. April 1995 entgegen. Dieser zufolge habe der Berufungswerber dem Gendarmeriebeamten gegenüber angegeben, erst bei der Tankstelle H in Adlwang angehalten zu haben. Er sei auch nicht zur Unfallstelle zurückgefahren.

Zum anderen hat OG - ein unbeteiligter Fahrzeuglenker, der zum relevanten Zeitpunkt die Unfallstelle passiert hat zeugenschaftlich anläßlich der Niederschrift vom 19. Juni 1995, aufgenommen von der Bezirkshauptmannschaft Kirchdorf/Krems, ausgeführt, daß er die Streifung zwischen einem vor ihm fahrenden Fahrzeug und dem Fahrzeug des nunmehrigen Berufungswerbers wahrgenommen habe.

Letztgenannter habe sein Fahrzeug nicht angehalten, sondern sei erst nach etwa schätzungsweise 200 m bis 300 m stehengeblieben. Der Zeuge habe nach Wahrnehmung des Verkehrsunfalles sein Fahrzeug gewendet und sei hinter dem Berufungswerber nachgefahren, wobei er diesem nach dem Anhalten mitgeteilt habe, er und der andere Fahrzeuglenker würden auf die Polizei warten.

Dieser zweitbeteiligte Lenker hat anläßlich der erstbehördlichen Niederschrift vom gleichen Tag angegeben, daß der Berufungswerber seine Fahrt ohne anzuhalten fortgesetzt habe.

Ausgehend von diesen drei Beweismitteln - die Angaben in der Anzeige wurden vom in der Folge zeugenschaftlich einvernommenen Meldungsleger bestätigt - ist die Berufungsbehörde zu der Überzeugung gelangt, daß es dem Rechtsmittelwerber nicht gelungen ist, ein sofortiges Anhalten nach dem Verkehrsunfall, wie es die Bestimmung des § 4 Abs.1 lit.a StVO 1960 verlangt, überzeugend darzulegen. Es kann dahingestellt bleiben, ob sich die erwähnte Tankstelle tatsächlich in einer Entfernung von etwa 200 m bis 300 m von der Unfallstelle befindet oder etwas weiter hievon. Nach der gegebenen Beweislage - die Berufungsbehörde sieht keine Veranlassung, an den glaubwürdigen und schlüssigen Angaben dreier Zeugen zu zweifeln - hat der Berufungswerber nach dem Verkehrsunfall eine Fahrtstrecke von etwa 200 m bis 300 m zurückgelegt. Ein solches Verhalten entspricht keinesfalls mehr dem Gebot zum sofortigen Anhalten. Der Verwaltungsgerichtshof hat bereits einen Verstoß gegen die Bestimmung des § 4 Abs.1 lit.a StVO 1960 für erwiesen angenommen, wenn das beteiligte Fahrzeug etwa 40 m nach der Unfallstelle angehalten wird (VwGH 19.2.1982, 81/02/0267).

§ 4 Abs.1 StVO 1960 sieht bei den Unfallpflichten für Beteiligte eine Reihenfolge in der Form vor, daß sofort anzuhalten ist und sodann allfällige Absicherungsmaßnahmen zu tätigen sind. Ein Fahrzeuglenker, der an der Unfallstelle nicht sofort anhält, kann sich nicht damit rechtfertigen, er habe durch sein Verhalten Folgeschäden vermeiden wollen. Das Argument der Schadensbegrenzung könnte nur dann überzeugen, wenn sich nach dem Anhalten und dem entsprechenden Überzeugen von den Unfallfolgen herausstellen würde, daß das Wegbringen des Fahrzeuges von der Unfallstelle unabdingbar ist, um mögliche Schäden dritter Verkehrsteilnehmer zu vermeiden. Es kann also nicht so sein, daß sich ein Fahrzeuglenker im Hinblick auf das nicht sofortige Anhalten mit einer quasi "vorausschauenden Absicherungshandlung" rechtfertigt.

Geht man davon aus, daß der Berufungswerber laut Aktenlage zum Zeitpunkt des Verkehrsunfalles eine Fahrgeschwindigkeit von höchstens 90 km/h eingehalten hat, so ist der für das Anhalten erforderliche Weg als bei weitem geringer anzunehmen, als die tatsächlich zurückgelegten 200 m bis 300 m.

Es geht also auch dieses Argument des Berufungswerbers ins Leere.

Gegenüber diesem Beweisergebnis mußte die Aussage des Zeugen WG in den Hintergrund treten. Zu einem hier nicht mehr relevanten Tatvorwurf hat dieser Zeuge angegeben, er "glaube" nicht, daß der nunmehrige Berufungswerber die Fahrbahnmitte überfahren hat. Weiters hat der Zeuge ausgeführt, er bestätige den Einspruch von Herrn H vom 17.

Mai 1995 vollinhaltlich. Hiedurch ist aber für den Berufungswerber deshalb nichts zu gewinnen, da in diesem Einspruch - der dem Zeugen offensichtlich vorgelesen wurde davon die Rede ist, daß der Berufungswerber "durch" die Streifung sein Fahrzeug angehalten habe. Damit wird aber über die zurückgelegte Wegstrecke zwischen Unfallort und Anhalteort nichts ausgesagt. Unbeschadet dessen verweist die Berufungsbehörde nochmals darauf, daß für sie am Wahrheitsgehalt der Angaben der erstgenannten drei Zeugen keine Zweifel bestehen und auch nicht bestehen würden, wenn der Zeuge G hievon abweichende Angaben gemacht hätte. Die Entfernung zwischen Unfallort und Anhalteort kann nämlich insbesonders schon deshalb nicht nur - wie vom Berufungswerber behauptet - der zurückgelegte Anhalteweg gewesen sein, da der hinter dem zweitbeteiligten Fahrzeuglenker nachfahrende Lenker nach dem Verkehrsunfall vorerst noch sein Fahrzeug gewendet hat und erst dann dem Berufungswerber nachfahren konnte. Bei diesem Wendemanöver mußte das Fahrzeug nahezu oder gänzlich angehalten werden, wonach es erst wiederum entsprechend beschleunigt werden konnte. Es ist als unschlüssig anzusehen, daß der Berufungswerber in diesem Zeitraum lediglich den Anhalteweg ausgehend von einer Fahrgeschwindigkeit von höchstens 90 km/h (laut eigenen Angaben) zurückgelegt hat.

Zur Strafzumessung ist zu bemerken:

Gemäß § 19 Abs.1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat.

Der Schutzzweck des § 4 StVO 1960 ist ein mehrfacher.

Insbesondere sollen hiedurch mögliche weitergehende Folgen eines Verkehrsunfalles hintangehalten, die Ursachen eines solchen möglichst umgehend ermittelt werden können, aber auch soll ein Unfallgeschädigter in die Lage versetzt werden, ohne unverhältnismäßigen Aufwand davon Kenntnis zu erlangen, mit wem er sich hinsichtlich der Schadensregulierung auseinanderzusetzen haben wird. Der Unrechtsgehalt von Übertretungen des § 4 StVO 1960 muß daher als erheblich angesehen werden.

Die von der Erstbehörde festgesetzte Geldstrafe im Ausmaß von 10 % der Höchststrafe (Strafrahmen von 500 S bis 30.000 S) kann nicht als überhöht bezeichnet werden. Der Milderungsgrund der verwaltungsstrafrechtlichen Unbescholtenheit des Berufungswerbers wurde berücksichtigt, Erschwerungsgründe lagen nicht vor. Schließlich lassen die persönlichen Verhältnisse des Rechtsmittelwerbers (monatliches Einkommen ca. 12.000 S, kein Vermögen) erwarten, daß er zur Bezahlung der über ihn verhängten Geldstrafe ohne unzumutbare Beeinträchtigung seiner Lebensführung in der Lage sein wird.

Zu II.:

Die Entscheidung über die Kosten stützt sich auf die im Spruch angeführten gesetzlichen Bestimmungen.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

S c h ö n


 

 

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