Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-103623/7/Bi/Fb

Linz, 02.05.1996

VwSen-103623/7/Bi/Fb Linz, am 2. Mai 1996 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Bissenberger über die Berufung des Herrn Ing. R S, I, S vom 12. März 1996 gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom 22.

Februar 1996, VerkR96-1315-1996-Hu, wegen Übertretung des Kraftfahrgesetzes 1967, zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird Folge gegeben, das Straferkenntnis behoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

II. Verfahrenskostenbeiträge sind nicht zu leisten.

Rechtsgrundlage:

zu I.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 51 Abs.1 und 45 Abs.1 Z1 VStG, §§ 103 Abs.2 iVm 134 Abs.1 KFG 1967.

zu II.: § 66 VStG.

Entscheidungsgründe:

zu I.:

1. Die Bezirkshauptmannschaft Linz-Land hat mit dem oben angeführten Straferkenntnis über den Beschuldigten wegen der Verwaltungsübertretung gemäß §§ 103 Abs.2 und 134 Abs.2 KFG 1967 eine Geldstrafe von 1.800 S und für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 48 Stunden verhängt, weil er als Zulassungsbesitzer des Kombi, Kennzeichen , trotz schriftlicher Aufforderung der Bezirkshauptmannschaft Amstetten vom 14. Dezember 1995 Zl. 3-13165-95, in S, I, nicht binnen zwei Wochen, nämlich von 23. Dezember 1995 bis 5. Jänner 1996, der Behörde Auskunft darüber erteilt habe, wer dieses Fahrzeug am 17. Oktober 1995 um 16.58 Uhr gelenkt habe oder wer diese Auskunft erteilen könne.

Gleichzeitig wurde ihm ein Verfahrenskostenbeitrag von 180 S auferlegt.

2. Dagegen hat der Rechtsmittelwerber fristgerecht Berufung erhoben, die seitens der Erstinstanz ohne Berufungsvorentscheidung dem unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich vorgelegt wurde. Da keine 10.000 S übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, war durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden (§ 51c VStG). Die Anberaumung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung erübrigte sich, weil im Straferkenntnis eine 3.000 S nicht übersteigende Geldstrafe verhängt und eine mündliche Verhandlung nicht ausdrücklich beantragt wurde (§ 51e Abs.2 VStG).

3. Der Rechtsmittelwerber macht im wesentlichen geltend, er habe sich am 17. Oktober 1995 nicht in Österreich aufgehalten, sondern sei zusammen mit Freunden auf einem Segeltörn in Griechenland gewesen. Er habe die Autoschlüssel mitgehabt; der PKW sei auf dem Mietparkplatz seiner Firma abgestellt gewesen. Der einzige Reserveschlüssel habe sich in seinem Schreibtisch im Büro befunden, was aber in seinem Büro niemandem bekannt sei. Er könne sich nicht vorstellen, daß jemand in dieser Zeit mit seinem Auto gefahren sei, zumal ihm auch bei seiner Rückkehr nichts aufgefallen sei, was auf eine unbefugte Inbetriebnahme hinweisen könnte. Er habe die Verwaltungsübertretung nicht begangen.

4. Der unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt der Erstinstanz.

Daraus geht hervor, daß gegen den Lenker des Fahrzeuges seitens des Landesgendarmeriekommandos für Niederösterreich, Verkehrsabteilung - Außenstelle Amstetten, Anzeige erstattet wurde, weil dieser am 17. Oktober 1995 um 16.58 Uhr im Gemeindegebiet von S der A bei km Richtung W eine Geschwindigkeit von 170 km/h eingehalten hatte. Der Anzeige beigelegt war eine Kopie eines Radarfotos, auf dem wegen der Dunkelheit lediglich Rücklichter und ein Kennzeichen erkennbar sind.

Mit Schreiben vom 14. Dezember 1995 wurde der Rechtsmittelwerber seitens der Bezirkshauptmannschaft Amstetten gemäß § 103 Abs.2 KFG 1967 ersucht, Auskunft darüber zu erteilen, wer das näher bezeichnete Kraftfahrzeug zur angeführten Zeit am angeführten Ort Richtung W gelenkt habe. Gleichzeitig wurde auf das Delikt der Geschwindigkeitsüberschreitung um 40 km/h - Radar mit Foto - hingewiesen und die Bestimmung des § 103 Abs.2 KFG 1967 zitiert. Außerdem wurde der Rechtsmittelwerber darauf hingewiesen, daß wenn keine fristgerechte schriftliche Auskunft einlange, gegen ihn ein Strafverfahren wegen der Verletzung der Auskunftspflicht eingeleitet werde; das gleiche gelte auch für eine ungenaue oder unrichtige Auskunft. Das Schreiben wurde dem Rechtsmittelwerber am 22. Dezember 1995 zugestellt.

In seiner Antwort vom 27. Dezember, die laut Eingangsstempel bei der Bezirkshauptmannschaft Amstetten am 29. Dezember 1995 eingelangt ist, führte dieser aus, das Fahrzeug sei in L auf dem Mietparkplatz W abgestellt gewesen, zumal er vom Freitag, dem 13. Oktober, bis Samstag, dem 21. Oktober 1995, auf Segeltörn in Griechenland gewesen sei und die Autoschlüssel mitgehabt habe. Er führte gleichzeitig aus, dies alles sei ihm unverständlich und er nehme an, daß es sich um einen Irrtum handle.

Daraufhin wurde das Verfahren gemäß § 27 VStG an die Bezirkshauptmannschaft Linz-Land abgetreten, die mit Strafverfügung vom 23. Jänner 1996 das Verwaltungsstrafverfahren wegen Übertretung des § 103 Abs.2 KFG 1967 einleitete.

Der Rechtsmittelwerber hat im Rahmen des erstinstanzlichen Verfahrens und auch dem unabhängigen Verwaltungssenat gegenüber ausgeführt, er sei von 13. bis 21. Oktober 1995 zusammen mit weiteren sechs Crewmitgliedern auf Segeltörn in Griechenland gewesen. Entsprechende Unterlagen, nämlich eine Seemeilenbestätigung, eine Passagierliste und den den 17.

Oktober 1995 betreffenden Auszug aus dem Logbuch hat er in Kopie vorgelegt.

Für den unabhängigen Verwaltungssenat steht auf dieser Grundlage zweifelsfrei fest, daß der Rechtsmittelwerber selbst am 17. Oktober 1995 nicht in Österreich war und daher das Fahrzeug zur angegebenen Zeit nicht selbst gelenkt haben konnte.

In rechtlicher Hinsicht ist auszuführen, daß gemäß § 103 Abs.2 KFG 1967 die Behörde Auskünfte darüber verlangen kann, wer zu einem bestimmten Zeitpunkt ein nach dem Kennzeichen bestimmtes Kraftfahrzeug gelenkt oder einen nach dem Kennzeichen bestimmten Anhänger verwendet hat bzw zuletzt vor einem bestimmten Zeitpunkt an einem bestimmten Ort abgestellt hat. Diese Auskünfte, welche den Namen und die Anschrift der betreffenden Person enthalten müssen, hat der Zulassungsbesitzer zu erteilen; kann er diese Auskunft nicht erteilen, so hat er die Person zu benennen, die die Auskunft erteilen kann, diese trifft dann die Auskunftspflicht. ...

Die Auskunft ist unverzüglich, im Fall einer schriftlichen Aufforderung binnen zwei Wochen nach Zustellung zu erteilen; wenn eine solche Auskunft ohne entsprechende Aufzeichnungen nicht gegeben werden könnte, sind diese Aufzeichnungen zu führen. (Verfassungsbestimmung) Gegenüber der Befugnis der Behörde, derartige Auskünfte zu verlangen, treten Rechte auf Auskunftsverweigerung zurück.

Bei der Bestimmung des § 103 Abs.2 KFG 1967 handelt es sich um ein Ungehorsamsdelikt iSd § 5 Abs.1 VStG. Das bedeutet, daß die Behörde den objektiven Tatbestand, nämlich die Erteilung einer unrichtigen Auskunft oder die Nichterteilung einer Auskunft, dem Beschuldigten nachzuweisen hat, während diesen die Beweislast für das (mangelnde) Verschulden an der Verwaltungsübertretung trifft.

Gemäß § 5 Abs.1 VStG genügt, wenn eine Verwaltungsvorschrift über das Verschulden nichts anderes bestimmt, zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten. Fahrlässigkeit ist bei Zuwiderhandeln gegen ein Verbot oder bei Nichtbefolgung eines Gebotes dann ohne weiteres anzunehmen, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und der Täter nicht glaubhaft macht, daß ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft.

Auf der Grundlage des vorliegenden Radarbildes, aus dem das Kennzeichen des PKW eindeutig und zweifelsfrei hervorgeht, ist für den unabhängigen Verwaltungssenat als erwiesen anzunehmen, daß der PKW zur angeführten Zeit am angeführten Ort gelenkt worden ist. Auch wenn sich aus dem bei Dunkelheit aufgenommenen Radarfoto nur die Rücklichter erkennen lassen und daher die Zuordnung des Kennzeichens zur Marke und Type des auf den Rechtsmittelwerber zugelassenen PKW nicht einwandfrei möglich ist, ändert dies an dieser Tatsache nichts, weil nie behauptet wurde, daß der PKW oder das Kennzeichen gestohlen wurden.

Die vom Rechtsmittelwerber erteilte Auskunft, daß der PKW nicht gelenkt wurde, ist daher objektiv unrichtig.

Zweifellos fest steht, daß der Rechtsmittelwerber zur angeführten Zeit nicht der Lenker gewesen sein kann, weil er sich damals in Griechenland aufgehalten hat. Der PKW muß demnach von einer anderen Person gelenkt worden sein, die der Rechtsmittelwerber laut eigenen Angaben trotz intensivster Bemühungen bislang nicht ausfindig machen konnte.

Er hat wiederholt ausgeführt, er habe mit jedem einzelnen Mitarbeiter seiner Firma gesprochen und niemand habe zugegeben, den PKW gelenkt zu haben. Es sei vorgekommen, daß er mit einem Arbeitskollegen mitgefahren sei und dann seinen Autoschlüssel im fremden Fahrzeug vergessen habe. Aus diesem Grund habe er seinen Reserveschlüssel im Schreibtisch im Büro gelassen; davon habe er aber niemandem etwas gesagt.

Daß in seiner Abwesenheit jemand mit dem PKW, der auf dem Firmenparkplatz in der Garage gestanden sei, jemand ohne sein Wissen gefahren sei, sei für ihn unvorstellbar gewesen.

Seine Gattin habe ein eigenes Fahrzeug und hätte ihm sicher mitgeteilt, wenn sie gefahren wäre. Er habe seinen PKW auch schon in Notfällen verborgt, aber immer auf konkretes und direktes Ersuchen und nie auf längere Zeit. Während seines Urlaubes im Oktober 1995 sei das sicher nicht der Fall gewesen. Die Ein- und Ausfahrt des T sei durch eine Schrankenanlage gesichert und die entsprechende Karte bewahre er im PKW auf. Auch der Portier sei nicht immer anwesend. Diesbezüglich sei es ihm nicht gelungen, einen Lenker zu eruieren. Er habe auch nicht gewußt, wen er als auskunftserteilende Person benennen hätte sollen, da niemand ihm angedeutet habe, entsprechende Auskünfte erteilen zu können. Der PKW sei nach seinem Urlaub dort geparkt gewesen, wo er ihn abgestellt habe; auf eine unbefugte Inbetriebnahme habe nichts hingedeutet.

Für den unabhängigen Verwaltungssenat scheint es auf der Grundlage dieser umfangreichen Schilderungen denkbar, daß jemand, der doch von der Existenz des Reserveschlüssels wußte, den PKW, ohne jemandem Mitteilung davon zu machen, "ausgeborgt" hat und diesen doch nicht sehr vertrauensbestärkenden Umstand dem Rechtsmittelwerber gegenüber nicht zugeben wollte. Im übrigen sind dessen Schilderungen von den örtlichen Gegebenheiten des Autoabstellplatzes bzw dessen Sicherung durchaus glaubwürdig. Auf dieser Grundlage ist es ihm nach Auffassung des unabhängigen Verwaltungssenates gelungen, glaubhaft zu machen, daß die von ihm erteilte Auskunft seines Wissens nach richtig war und daß ihn weder ein Verschulden an der Erteilung dieser objektiv unrichtigen Auskunft noch an der Nichtbezeichnung einer Person, die die Auskunft erteilen hätte können, traf.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

zu II.:

Der Ausspruch über den Entfall des Verfahrenskostenersatzes ist gesetzlich begründet.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Mag. Bissenberger

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