Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-103748/2/Fra/Ka

Linz, 16.07.1996

VwSen-103748/2/Fra/Ka Linz, am 16. Juli 1996 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Fragner über die Berufung des E B, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. J P, Rechtsanwalt in gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Braunau/Inn vom 27.3.1996, VerkR96-6842-1-1994-Ga, betreffend Übertretung des § 103 Abs.1 iVm § 7 Abs.1 KFG 1967 iVm § 4 Abs.4 KDV 1967, zu Recht erkannt:

Der Berufung wird stattgegeben. Das angefochtene Straferkenntnis wird behoben und das Verfahren infolge Verfolgungsverjährung eingestellt; der Berufungswerber hat keine Beiträge zu den Kosten des Strafverfahrens zu leisten.

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 31 Abs.1 und Abs.2 und 45 Abs.1 Z3 VStG.

Entscheidungsgründe:

1. Die Bezirkshauptmannschaft Braunau/Inn hat mit dem in der Präambel angeführten Straferkenntnis über den Berufungswerber (Bw) wegen Übertretung des § 103 Abs.1 iVm § 7 Abs.1 KFG 1967 iVm § 4 Abs.4 KDV 1967 eine Geldstrafe von 2.000 S (Ersatzfreiheitsstrafe 72 Stunden) verhängt, weil er als Zulassungsbesitzer nicht dafür gesorgt hat, daß das Kraftfahrzeug mit dem pol. Kz.: am 20.10.1994 um 8.10 Uhr in Straßwalchen auf der B 157 auf Höhe Strkm. 0,9, Fahrtrichtung Irrsdorf, den kraftfahrrechtlichen Vorschriften entsprach, zumal beide Vorderreifen abgefahren waren und die erforderliche Mindestprofiltiefe von 1,6 mm jedenfalls im mittleren Bereich der Lauffläche, der etwa drei Viertel der Laufflächenbreite einnimmt, nicht mehr gegeben war. Ferner wurde gemäß § 64 VStG ein Kostenbeitrag in Höhe von 10 % der verhängten Strafe vorgeschrieben.

2. Dagegen richtet sich die fristgerecht durch den ausgewiesenen Vertreter bei der Erstbehörde eingebrachte Berufung. Die Bezirkshauptmannschaft Braunau/Inn - als nunmehr belangte Behörde - sah sich zu einer Berufungsvorentscheidung nicht veranlaßt und legte das Rechtsmittel samt Akt dem unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich vor, der, weil eine 10.000 S nicht übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied entscheidet (§ 51c VStG).

3. Der unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

§ 1 Abs.2 VStG normiert, daß im Fall einer Änderung der Rechtslage zwischen Tat und Straferkenntnis erster Instanz in Ansehung eines zu beiden Zeitpunkten strafbaren Verhaltens, das für den Täter günstigere Recht anzuwenden ist.

Die gegenständliche Verwaltungsübertretung wurde am 20.10.1994 begangen. Zu diesem Zeitpunkt war § 4 Abs.4 KDV vor der Fassung der 40. KDV-Novelle anzuwenden. Nach dieser Bestimmung mußte die Tiefe der für die Ableitung des Wassers von der Lauffläche des Reifens erforderlichen Vertiefungen des Laufstreifens (Profiltiefe) auf der ganzen Lauffläche bei Kraftfahrzeugen mit einer Bauartgeschwindigkeit von mehr als 25 km/h mindestens 1,6 mm betragen.

Am 25.3.1995 ist die 40. KDV-Novelle in Kraft getreten. Nach § 4 Abs.4 KDV 1967 in der Fassung dieser Novelle muß die Tiefe der für die Ableitung des Wassers von der Lauffläche des Reifens erforderlichen Vertiefungen des Laufstreifens (Profiltiefe) im mittleren Bereich der Lauffläche, der etwa drei Viertel der Laufflächenbreite einnimmt, ua bei Kraftfahrzeugen mit einer Bauartgeschwindigkeit von mehr als 25 km/h mindestens 1,6 mm betragen.

Im gegenständlichen Fall ist daher - wie der Berufungswerber zutreffend ausführt - zwischen Tat und Erlassung des angefochtenen Straferkenntnisses eine für ihn günstigere Rechtslage eingetreten. Diese Änderung hatte Auswirkungen auf die Tatumschreibung insofern, als nunmehr bei Kraftfahrzeugen mit einer Bauartgeschwindigkeit von mehr als 25 km/h die Mindestprofiltiefe von 1,6 mm nicht mehr auf der ganzen Lauffläche, sondern nurmehr im mittleren Bereich der Lauffläche, der etwa drei Viertel der Laufflächenbreite einnimmt, gegeben sein muß. Diese Änderung der Rechtslage wurde hinsichtlich der Tatumschreibung im Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses berücksichtigt. Die ersten diesbezüglich tauglichen Verfolgungshandlungen wurden mit den Zeugeneinvernahmen der Meldungsleger vom 7.6.1995 somit außerhalb der Verfolgungsverjährungsfrist - gesetzt, weshalb Verfolgungsverjährung eingetreten ist. Die Strafverfügung vom 20.12.1994 ist unter dem Aspekt der oben dargestellten Rechtslage bzw deren Änderung nicht geeignet, eine taugliche Verfolgungshandlung zu bilden; der O.ö.

Verwaltungssenat verkennt nicht, daß diese Strafverfügung jedoch zum Zeitpunkt ihrer Erlassung im Hinblick auf die damalige Rechtslage eine taugliche Verfolgungshandlung bildete; insofern vermögen die Ausführungen des Bw, daß die Tatumschreibung auch deshalb nicht im Konkretisierungsgebot des § 44a Z1 VStG entspricht, weil die Art des Fahrzeuges nicht entsprechend beschrieben ist, nicht überzeugen. In der Strafverfügung vom 20.12.1994 ist die Art des Fahrzeuges umschrieben, nicht jedoch im Spruch des Straferkenntnisses.

Wäre somit nicht aus den oben dargestellten Gründen Verfolgungsverjährung eingetreten, so wäre eine den Anforderungen des § 44a Z1 VStG entsprechende Spruchergänzung zulässig gewesen.

Der Berufungswerber zitiert die Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes vom 12.2.1986, 86/18/0176 und vom 10.11.1989, 89/18/0104 und folgert daraus, daß die Formulierung, die Reifen wiesen nicht mehr die erforderliche Mindestprofiltiefe auf, gegen das sich aus § 44a VStG ergebende Konkretisierungsgebot verstößt, da daraus nicht hervorgeht, welche Mindestprofiltiefe tatsächlich gegeben war. Dazu ist folgendes zu sagen: Im erstzitierten Erkenntnis hat der Verwaltungsgerichtshof ausgesprochen, daß die Formulierung, die Reifen wiesen nicht mehr die "erforderliche Mindestprofiltiefe auf" gegen das sich aus § 44a Z1 VStG ergebende Konkretisierungsgebot verstößt, zumal daraus nicht hervorgeht, welche vorgeschriebene Mindestprofiltiefe bei dem in Rede stehenden LKW sowie dem Anhänger in Betracht kommen, weil dies aus den von der bei der Behörde zitierten Vorschriften ohne die Beschreibung der Art des Fahrzeuges sowie des Anhängers nicht zu entnehmen ist. Könnte somit im gegenständlichen Fall die Strafverfügung vom 20.12.1994 als taugliche Verfolgungshandlung angesehen werden, so würde der angefochtene Schuldspruch nach Ergänzung der Art des Fahrzeuges dem Konkretisierungsgebot des § 44a Z1 VStG entsprechen. Was nun den weiteren Einwand des Bw betrifft, daß weder im angefochtenen Straferkenntnis noch in der Begründung angeführt wird, welche Profiltiefe tatsächlich gegeben war, sodaß das angefochtene Straferkenntnis auch unter diesem Gesichtspunkt eine mangelnde Konkretisierung im Sinne des § 44a Z1 VStG aufweist, ist zu sagen, daß zumindest aus den Zeugenaussagen des Herrn H und des Herrn E hervorgeht, daß der linke Vorderreifen auf einer Breite von ca. 6 cm überhaupt kein Profil mehr hatte. Falls diese Verfolgungshandlungen rechtzeitig gesetzt worden wären, hätte auch diesbezüglich eine entsprechende Spruchergänzung stattfinden können.

4. Bei diesem Ergebnis entfällt für den Berufungswerber die Verpflichtung zur Leistung von Verfahrenskostenbeiträgen.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Dr. F r a g n e r

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