Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-103761/13/Fra/Ka

Linz, 23.09.1996

VwSen-103761/13/Fra/Ka Linz, am 23. September 1996 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Fragner über die Berufung des S B vertreten durch Rechtsanwälte Dr. M, gegen das Straferkenntnis der Bundespolizeidirektion Linz vom 18.4.1996, Zl. III/VU/S/3862/95 W, betreffend Übertretung des § 103 Abs.2 KFG 1967, nach der am 13. September 1996 durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung und Verkündung, zu Recht erkannt:

I. Die Berufung wird in der Schuldfrage als unbegründet abgewiesen. Das angefochtene Straferkenntnis wird diesbezüglich bestätigt. Der Berufung wird jedoch hinsichtlich der Strafe insofern Folge gegeben, als die verhängte Geldstrafe auf 3.000 S herabgesetzt wird. Für den Fall der Uneinbringlichkeit wird eine Ersatzfreiheitsstrafe von 4 Tagen festgesetzt.

II. Der Berufungswerber hat zum Verfahren vor dem O.ö.

Verwaltungssenat keinen Kostenbeitrag zu leisten. Für das Verfahren erster Instanz ermäßigt sich der Kostenbeitrag auf 300 S, ds 10 % der neu bemessenen Geldstrafe.

Rechtsgrundlage:

zu I.: § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 - AVG, BGBl. Nr. 51/1991, zuletzt geändert durch BGBl.Nr.471/1995 iVm §§ 16, 19 und 24 Verwaltungsstrafgesetz 1991 - VStG, BGBl.Nr.52/1991, zuletzt geändert durch BGBl.Nr.620/1995.

zu II.: §§ 64 und 65 VStG.

Entscheidungsgründe:

I.1. Die Bundespolizeidirektion (BPD) Linz hat mit dem in der Präambel angeführten Straferkenntnis über den Berufungswerber (im folgenden: Bw) wegen Übertretung des § 103 Abs.2 KFG 1967 gemäß § 134 Abs.1 leg.cit. eine Geldstrafe von 4.000 S (Ersatzfreiheitsstrafe 5 Tage) verhängt, weil er als Zulassungsbesitzer des KFZ: der Behörde (BPD Linz) auf deren schriftliches Verlangen vom 21.8.1995, zugestellt per Post durch Hinterlegung (Beginn der Abholfrist: 25.8.1995), bekanntzugeben, wer am 12.6.1995 um ca. 16.00 Uhr das obgenannte KFZ gelenkt hat, nicht binnen zwei Wochen ab Zustellung der Aufforderung, somit bis 8.9.1995, Auskunft erteilt hat, indem er mit Schreiben vom 28.8.1995, bei der Behörde eingelangt am 29.8.1995, lediglich bekanntgab, daß das obgenannte KFZ zum gegenständlichen Zeitpunkt weder von ihm selbst noch von seiner V B gelenkt worden sei. Ferner hat die BPD Linz gemäß § 64 VStG einen Kostenbeitrag zum Strafverfahren in Höhe von 10 % der verhängten Strafe vorgeschrieben.

I.2. Dagegen richtet sich die rechtzeitig durch die ausgewiesenen Vertreter bei der Erstbehörde eingebrachte Berufung. Die BPD Linz - als nunmehr belangte Behörde - sah sich zu einer Berufungsvorentscheidung nicht veranlaßt und legte das Rechtsmittel samt bezughabenden Akt dem unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich vor, der, weil eine 10.000 S nicht übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied entscheidet (§ 51c VStG).

I.3. Der unabhängige Verwaltungssenat hat nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung am 13.9.1996 wie folgt erwogen:

I.3.1. Die BPD Linz geht im angefochtenen Straferkenntnis aufgrund der Aussagen des Zeugen H sowie aufgrund eines eingeholten KFZ-Sachverständigengutachtens davon aus, daß das in Rede stehende KFZ am 12.6.1995 um ca. 16.00 Uhr in Linz, vor dem Haus A, gelenkt wurde. Der Zeuge H gab schon bei der Ersteinvernahme vor dem VUK der BPD Linz am 26.6.1995 an, daß er zu dem in Rede stehenden Zeitpunkt gegenüber dem Hause A in seinem LKW gesessen sei und hiebei habe wahrnehmen können, daß eine Lenkerin des PKW, Marke Opel Astra, dunkelfärbig, mit dem Kennzeichen: beim Zurückschieben an einen Opel Kadett, rot, mit dem Kennzeichen , angestoßen sei. Nachdem sie ihr KFZ abgestellt hatte, sei sie zum Haus A gegangen. Da sie dort aufgesperrt hätte, habe er angenommen, daß sie dort wohnen würde. Er habe sich trotzdem das Kennzeichen des Opel Astra notiert.

Im weiteren Verfahren wiederholte dieser Zeuge seine Angaben und erklärte dezidiert, Marke, Type und Farbe des Schädiger-KFZ erkannt zu haben. Aufgrund des eingeholten KFZ-Sachverständigengutachtens ist die Erstbehörde davon ausgegangen, daß die Anstoßstellen beider Fahrzeuge exakt miteinander korrespondieren.

Die Erstbehörde schließt aufgrund dieser Erhebungsergebnisse, daß die Angaben des Beschuldigten nur dazu dienen, die tatsächliche Lenkerin des Kraftfahrzeuges zum Unfallszeitpunkt zu decken, dh unbedingt verschleiern zu wollen, auch unter Inkaufnahme eines Verwaltungsstrafverfahrens wegen § 103 Abs.2 KFG 1967, daß deren Identität bekannt wird.

Die Angaben des Bw an die belangte Behörde erschöpfen sich darin, daß zum fraglichen Zeitpunkt weder er noch seine Gattin V B das gegenständliche Kraftfahrzeug gelenkt haben.

Diese Angaben sind aus der Sicht des Bw deshalb glaubwürdig, weil der Zeuge H eindeutig und dabei jeden Irrtum ausschließend angab, daß das gegenständliche Kraftfahrzeug zum fraglichen Zeitpunkt von einer Frau gelenkt wurde und er somit als Lenker ausscheide. Aber auch seine Gattin, Frau V B, könne nicht Lenkerin des gegenständlichen Kraftfahrzeuges gewesen sein. Sie sei selbst im Besitz eines Kraftfahrzeuges und fahre ausschließlich mit diesem. Weiters sei seine Frau zum fraglichen Zeitpunkt mit ihrem eigenen PKW außerhalb von Linz gewesen. Nach Auffassung des Bw's sei auch aus dem eingeholten Sachverständigengutachten eine Korrespondenz der behaupteten Anstoßstelle nicht abzuleiten.

Der Bw beantragt daher seinem Rechtsmittel Folge zu geben, das angefochtene Straferkenntnis zu beheben und das Verfahren einzustellen, in eventu gemäß § 21 VStG von der Verhängung einer Strafe abzusehen oder die verhängte Strafe erheblich herabzusetzen.

I.3.2. Die entscheidende Frage, die es im gegenständlichen Verfahren zu klären gilt, ist, ob das Fahrzeug mit dem Kennzeichen am 12.6.1995 um ca. 16.00 Uhr in Linz, vor dem Haus A gelenkt wurde. Ist diese Frage zu bejahen, hat der Bw die ihm zur Last gelegte Übertretung zu verantworten, weil sich seine Lenkerauskunft insofern erschöpfte, als er angab, daß das KFZ weder von ihm noch von seiner Gattin V B gelenkt wurde. Aus den Angaben und den Rechtfertigungen des Bw ist abzuleiten, daß das gegenständliche Fahrzeug zu dem in Rede stehenden Zeitpunkt überhaupt nicht gelenkt wurde bzw sich nicht an der Unfallstelle befand. Im gegenständlichen Zusammenhang ist jedoch zu bedenken, daß der Lenkeranfrage der BPD Linz eine Anzeige zugrundeliegt, derzufolge eine unbekannte Lenkerin das gegenständliche Kraftfahrzeug zur Vorfallszeit gelenkt hat. Mit der Rechtfertigung des Bw, daß weder er noch seine Gattin das Fahrzeug gelenkt hat, wird die Richtigkeit dieser Anzeige in Frage gestellt. Es ist daher gegenständlich der Grundsatz der freien Beweiswürdigung (§ 45 Abs.2 AVG) hinsichtlich der oa Frage anzuwenden.

I.3.3. Da sich die Berufung nicht nur gegen die Strafhöhe und/oder gegen die rechtliche Beurteilung richtet, war im Rahmen einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung der Sachverhalt neu aufzunehmen. Im Zuge dieser Verhandlung führte der Zeuge Leopold Hinterndorfer im wesentlichen aus, daß er zum Vorfallszeitpunkt in einem LKW genau vis a vis vom Eingang des Hauses A Nr.30 saß. Er sei als Kraftfahrer im Zuge von Bauarbeiten beschäftigt gewesen. Er habe gerade eine Jause zu sich genommen, als er sah, wie ein PKW, der von einer Frau gelenkt wurde, am LKW vorbeifuhr. Er habe den Eindruck gehabt, daß sie auf Parkplatzsuche ist. Sie sei links in den Parkplatz eingefahren und habe den PKW anschließend im Rückwärtsgang zurückgeschoben. Sie schlug nach rechts ein und stieß an den dort abgestellten PKW, Opel Kadett, rot, mit dem Kennzeichen . Durch den Anstoß hat dieser PKW leicht gewackelt. Sie sei dann wieder nach vor gefahren und habe genau vis a vis von diesem PKW, den sie vorher beschädigt hatte, eingeparkt. Sie sei auf der Fahrerseite ausgestiegen, habe sich den PKW angeschaut und sei dann in das Haus A Nr.30 gegangen. Sie habe die Tür aufgesperrt und sei zum Postkastl gegangen, habe dieses aufgesperrt, eine Zeitung herausgenommen und sei dann nach rechts weggegangen. Er habe sich den Vorfall aufgezeichnet, alles notiert. Um ca. 16.30 Uhr sei dann der Polier gekommen, dem er den Vorfall geschildert habe, weil er nicht wollte, daß es unter Umständen heiße, ein Arbeiter von der Baufirma habe den Vorfall verursacht. Zur Frage, ob die Lenkerin die Gattin des Bw, die bei der Berufungsverhandlung anwesend war, gewesen sein könnte, gab der Zeuge an, daß sie von der Statur und von der Haarfarbe die Lenkerin gewesen sein könnte.

Der Amtssachverständige, Dipl.-Ing. H erstattete bei der Berufungsverhandlung einen Befund und Gutachten zu der Frage, ob durch die Anstoßhöhen der am gegenständlichen Verkehrsunfall beteiligten Fahrzeuge die Korrespondenz der Schadensstellen abgeleitet werden kann. Dabei wurde das Fahrzeug, PKW: Opel Kadett, Kz.: , Zulassungsbesitzer: H S, so abgestellt, wie es laut Aussage des Zeugen H zum Vorfallszeitpunkt abgestellt war. Das Fahrzeug des Beschuldigten wurde sodann so zurückgelenkt, wie dies der Zeuge Hinterndorfer wahrgenommen hat. Der Amtsachverständige ist in seinem Gutachten schlüssig zum Ergebnis gekommen, daß die Schadensstellen der beteiligten Fahrzeuge eindeutig korrelieren.

Aufgrund dieses Verhandlungsergebnisses ist eindeutig davon auszugehen, daß das gegenständliche Beschuldigtenfahrzeug zum Vorfallszeitpunkt vor dem Hause A Nr.30 von einer Frau gelenkt wurde und beim beschriebenen Parkmanöver am Fahrzeug, Kz: , den im Akt beschriebenen Schaden verursacht hat. Der Zeuge H wurde erstmals am 26.6.1995 von der BPD Linz, Verkehrsunfallkommando, niederschriftlich vernommen.

Im erstinstanzlichen Verfahren wurde dieser Zeuge ein weiteres Mal am 5.10.1995 im Rechtshilfewege vom Marktgemeindeamt Unterweißenbach zeugenschaftlich vernommen.

Die bei der Berufungsverhandlung abgelegte Zeugenaussage stimmt inhaltlich im wesentlichen mit seinen früheren Aussagen überein. Der Zeuge H wirkte bei seinen Schilderungen absolut glaubwürdig. Weiters konnte bei der Berufungsverhandlung festgestellt werden, daß der Zeuge Hinterndorfer von seiner Position aus den von ihm festgestellten Sachverhalt eindeutig wahrnehmen konnte. Der Amtssachverständige Dipl.Ing. H hat sein Gutachten an Ort und Stelle erstattet und ist - wie oben erwähnt - zum Ergebnis gekommen, daß die Schadensstellen eindeutig einander korrelieren. Dieses Gutachten ist schlüssig und wurde auch vom Berufungswerber nicht in Zweifel gezogen.

Somit steht zweifelsfrei fest, daß der gegenständliche PKW am Tatort zur Tatzeit von einer Frau gelenkt wurde. Der O.ö.

Verwaltungssenat geht aufgrund der Aussage der Gattin des Bw am 26.6.1995 bei der BPD Linz, Verkehrsunfallkommando, und aufgrund ihrer Anwesenheit bei der Berufungsverhandlung, wo sie diese Aussagen (Anmerkung: nicht protokolliert) wiederholte, nicht davon aus, daß sie die Lenkerin des verfahrensgegenständlichen PKW's war. Wer schließlich die unbekannte Lenkerin des PKW's war, braucht im gegenständlichen Verfahren - weil nicht entscheidungsrelevant - nicht untersucht zu werden. Da der Bw die gegenständliche Lenkeranfrage lediglich dahingehend beantwortet hat, daß weder er noch seine Gattin V den PKW gelenkt hat, war seine Auskunft unvollständig und nicht dem Gesetz entsprechend.

I.3.4. Der Bw hat somit den objektiven Tatbestand des § 103 Abs.2 KFG 1967 erfüllt. Weil es sich bei dieser Übertretung um ein sogenanntes Ungehorsamsdelikt im Sinne des § 5 Abs.1 zweiter Satz VStG handelt (vgl. VwGH 18.1.1989, Zl.88/03/0155), bei dem der Täter glaubhaft zu machen hat, daß ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft, ist es Sache des Beschuldigten, initiativ alles darzulegen, was für seine Entlastung spricht. Mit der bloßen Behauptung, daß weder er noch seine Gattin das Fahrzeug gelenkt hat, hat der Bw mangelndes Verschulden nicht glaubhaft gemacht. Er hat somit die ihm zur Last gelegte Übertretung zu verantworten.

I.3.5. Zur Strafe wird ausgeführt:

Die Anwendung des § 21 VStG - wie vom Bw beantragt - war nicht vertretbar, weil die Voraussetzungen hiefür nicht vorliegen. Einerseits liegt kein geringfügiges Verschulden vor und andererseits sind die Folgen der Übertretung nicht unbedeutend, denn es wurde durch die gegenständliche Übertretung das Interesse an einer unnötigen Verzögerung der Ermittlung einer Person, welche im Verdacht steht, eine Übertretung der StVO begangen zu haben, geschädigt. Die Herabsetzung der Strafe auf das nunmehr bemessene Ausmaß war jedoch deshalb vorzunehmen, weil das angefochtene Straferkenntnis in unzulässiger Weise den Unrechts- und Schuldgehalt der gegenständlichen Übertretung mit jenem Delikt, welches Anlaß für das Auskunftsverlangen war, vermengt. Die belangte Behörde führt nämlich ua an, daß die Strafe in der verhängten Höhe deshalb festzusetzen war, weil die gegenständliche Übertretung durch den Beschuldigten völlig bewußt und absichtlich gesetzt wurde, um der Behörde die Identität des tatsächlichen Lenkers des Kraftfahrzeuges zum Unfallszeitpunkt zu verschleiern. Diese Überlegungen sind jedoch nicht beim Verschulden anzusetzen, sondern sind - siehe oben - eine Frage des Unrechtsgehaltes der Tat. Es darf in diesem Zusammenhang nämlich nicht übersehen werden, daß das Grunddelikt ja nicht verfolgt und daher auch von einem Nachweis dieser Übertretung nicht ausgegangen werden kann. Eine weitere Herabsetzung war jedoch aufgrund des erheblichen Unrechtsgehaltes der Übertretung - siehe oben sowie aufgrund des Verschuldensgrades (der Bw hat überhaupt keine Gründe vorgebracht, die sein Verschulden als geringfügig erscheinen lassen) nicht vertretbar. Mit der nunmehr verhängten Strafe wird der gesetzliche Strafrahmen zu 10 % ausgeschöpft und ist diese Strafe auch aus spezialpräventiven Gründen geboten.

Es war somit spruchgemäß zu entscheiden.

II. Die Kostenentscheidung ist gesetzlich begründet.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Dr. F r a g n e r

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