Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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Linz, 14.10.1996

VwSen-103791/10/Ki/Shn VwSen-103793/9/Ki/Shn VwSen-103794/9/Ki/Shn VwSen-103795/10/Ki/Shn VwSen-103909/8/Ki/Shn Linz, am 14. Oktober 1996 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch das Mitglied Mag. Alfred Kisch über die Berufungen des Karl W, vom 29. Mai 1996 gegen die Straferkenntnisse des Magistrates der Landeshauptstadt Linz (Bezirksverwaltungsamt) vom 8. Mai 1996, GZ 101-5/3-33/42439, GZ 101-5/3-33/41408, GZ 101-5/3-57/4201, GZ 101-5/3-33/40288 sowie vom 15. Juli 1996 gegen das Straferkenntnis des Magistrates der Landeshauptstadt Linz (Bezirksverwaltungsamt) vom 20. Juni 1996, GZ 101-5/3-33/44790, nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 9. Oktober 1996 zu Recht erkannt:

I: Die Berufung wird hinsichtlich Straferkenntnis vom 20. Juni 1996, GZ 101-5/3-33/44790, als unbegründet abgewiesen. Diesbezüglich wird das angefochtene Straferkenntnis nach der Maßgabe bestätigt, daß als Tatort "B115, auf Höhe des Strkm (iSd Kilometrierung)" konkretisiert wird.

Bezüglich der restlichen in der Präambel zitierten Straferkenntnisse wird der Berufung Folge gegeben. Diese Straferkenntnisse werden behoben und die Verfahren eingestellt.

II: Bezüglich Straferkenntnis vom 20. Juni 1996, GZ 101-5/3-33/44790, hat der Berufungswerber zusätzlich zu den Verfahrenskosten 1. Instanz als Kosten für das Berufungsverfahren einen Beitrag von 2.000 S, ds 20 % der verhängten Geldstrafe, zu entrichten.

Bezüglich der übrigen Straferkenntnisse entfällt die Verpflichtung zur Leistung jeglicher Verfahrenskostenbeiträge.

Rechtsgrundlagen:

zu I: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 19, 24, 45 Abs.1 Z3 und 51 VStG zu II: §§ 64 Abs.1 und 2 bzw 66 Abs.1 VStG Entscheidungsgründe:

I.1. Mit den angefochtenen Straferkenntnissen wurden über den Berufungswerber (Bw) gemäß § 99 Abs.3 lit.j StVO 1960 Geldstrafen in Höhe von jeweils 10.000 S (Ersatzfreiheitsstrafen 14 Tage) verhängt. Es wurde ihm vorgeworfen, er habe es als handelsrechtlicher Geschäftsführer der G Ges.m.b.H. zu verantworten, daß im Gemeindegebiet von St. O.Ö., Straßenkilometer zu verschiedenen Zeiten diverse Werbungen auf einem Werbeträger angebracht waren, obwohl dies gemäß § 84 Abs.2 StVO verboten sei und keine Ausnahmebewilligung gemäß § 84 Abs.3 StVO vorgelegen sei. Er habe dadurch § 99 Abs.3 lit.j i.V.m. § 84 Abs.2 StVO (Werbung auf Werbeträger) verletzt.

Außerdem wurde er gemäß § 64 VStG zur Leistung von Beiträgen zu den Kosten der Strafverfahren in Höhe von jeweils 1.000 S verpflichtet.

I.2. Die dagegen erhobenen Berufungen begründet der Bw im wesentlichen, daß er prinzipiell der Meinung sei, daß auch dann, wenn es sich um unterschiedliche Werbungen handle, ein Dauerdelikt vorliege, sodaß jedenfalls nur eine einheitliche Verurteilung erfolgen hätte dürfen. Die Verurteilung sei jedoch zu Unrecht erfolgt, er habe gegen den Entfernungsauftrag der BH Steyr-Land Berufung erhoben, diese Berufung sei beim Amt der o.ö. Landesregierung anhängig und noch nicht entschieden worden. Er sei daher davon ausgegangen, daß der fragliche Bescheid nicht in Rechtskraft erwachsen wäre und er berechtigt sei, die Tafeln stehen zu lassen, zumal sich diese genau in der Fluchtlinie der Ortstafel und sohin innerhalb des Ortsgebietes befinden würden. Im Hinblick auf diese Umstände sei einerseits der Tatbestand nicht gegeben und sei er andererseits von der subjektiven Tatseite her jedenfalls in einem Irrtum behaftet. Weiters sei die ausgesprochene Strafe bei weitem überhöht und es hätte mit einer Verwarnung das Auslangen gefunden werden können.

I.3. Die Erstbehörde hat die Berufungen samt Verfahrensakte dem O.ö. Verwaltungssenat zur Entscheidung vorgelegt und damit dessen Zuständigkeit ausgelöst. Dieser hatte, da weder primäre Freiheitsstrafen noch 10.000 S übersteigende Geldstrafen verhängt wurden, durch ein Einzelmitglied zu entscheiden.

I.4. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in die Verfahrensakte und Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung am 9. Oktober 1996. Weiters wurden - dem Antrag des Bw folgend - die Akte VerkR1102/75/1993 der BH Steyr-Land bzw VerkR180.054/2-1994 des Amtes der o.ö. Landesregierung beigeschafft.

Bei der Berufungsverhandlung wurde jener Gendarmeriebeamte, welcher die verfahrensgegenständlichen Anzeigen erstattet hat, als Zeuge einvernommen. Der Rechtsvertreter des Bw sowie ein Vertreter der Erstbehörde haben an der Verhandlung teilgenommen, der Bw selbst ist zur Verhandlung nicht erschienen.

I.5. Im Rahmen seiner Einvernahme führte der Gendarmeriebeamte aus, daß es sich im gegenständlichen Falle um ein und denselben Werbeträger handle. Diese inkriminierende Werbetafel befinde sich jedoch eindeutig außerhalb des Ortsgebietes. Er habe den genauen Tatort derart ermittelt, daß er von der Straßenkilometrierung eine Messung vorgenommen habe. Er habe die gegenständlichen Überprüfungen über Anordnung seines Postenkommandanten vorgenommen. Etwa im August dieses Jahres dürfte die verfahrensgegenständliche Werbetafel bereits entfernt worden sein.

I.6. In freier Beweiswürdigung gelangt die erkennende Berufungsbehörde zur Auffassung, daß der Aussage des Gendarmeriebeamten Glauben geschenkt werden kann. Die Aussage ist schlüssig und steht nicht im Widerspruch zu den Denkgesetzen bzw den Erfahrungen des Lebens. Der Gendarmeriebeamte hat seine Aussage unter Wahrheitspflicht getätigt und es sind auch keine Gründe hervorgekommen, welche an seiner Objektivität zweifeln lassen könnten. Es wird daher als erwiesen angenommen, daß der verfahrensgegenständliche Werbeträger, auf welchem die inkriminierenden Werbungen angebracht waren, außerhalb des Ortsgebietes situiert war.

Die oben erwähnten Administrativakte der BH Steyr-Land bzw des Amtes der o.ö. Landesregierung bestätigen das Vorbringen des Bw, wonach über diese Administrativangelegenheit noch nicht entschieden ist (Wiedereinsetzung in den vorigen Stand), dies ist jedoch, wie noch dargelegt wird, nicht verfahrensrelevant.

I.7. Nach freier Beweiswürdigung hat der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich wie folgt erwogen:

Gemäß § 84 Abs.2 StVO 1960 sind außerhalb von Ortsgebieten Werbungen und Ankündigungen an Straßen innerhalb einer Entfernung von 100 Meter vom Fahrbahnrand verboten. Dies gilt jedoch nicht für die Nutzung zu Werbezwecken gemäß § 82 Abs.3 lit.f.

Das durchgeführte Ermittlungsverfahren hat ergeben, daß der Werbeträger bzw die auf diesem Werbeträger plazierten Werbeplakate im Bereich des vorgeworfenen Tatortes situiert waren und es wird daher dieser Umstand der Entscheidung bzw den nachfolgenden Überlegungen zugrundegelegt.

Der Bw argumentiert, daß über seine Berufung gegen einen Entfernungsauftrag durch die BH Steyr-Land noch nicht entschieden sei. Dem ist zu entgegnen, daß Werbungen in der verfahrensgegenständlichen Art, solange keine Ausnahmebewilligung iSd § 84 Abs.3 StVO 1960 erteilt wurde, eben verboten sind. Wie auch in anderen administrativ-rechtlichen Materien (vgl etwa Baurecht) ist es ohne gesetzliche Ermächtigung unzulässig, bereits vor Erteilung einer Bewilligung Anlagen zu errichten bzw im konkreten Falle Werbungen außerhalb des Ortsgebietes an Straßen innerhalb einer Entfernung von 100 Meter vom Fahrbahnrand vorzunehmen.

Gerade als handelsrechtlicher Verantwortlicher eines Werbeunternehmens obliegt es dem Bw, daß er sich über die entsprechenden administrativ-rechtlichen bzw verfahrensrechtlichen Vorschriften entsprechend informiert. Eine Gutgläubigkeit bzw ein daraus resultierender Rechtsirrtum vermag daher den Rechtsmittelwerber im vorliegenden konkreten Falle in keiner Weise zu entlasten.

Hinsichtlich der subjektiven Tatseite wird festgestellt, daß es sich bei der gegenständlichen Verwaltungsübertretung um ein sogenanntes Ungehorsamkeitsdelikt handelt, bei dem der Gesetzgeber (§ 5 Abs.1 VStG) den Täter schon durch den objektiven Tatbestand belastet und die Schuld als gegeben ansieht. Gründe, welche ein Verschulden des Bw an der Verletzung der gegenständlichen Verwaltungsvorschrift ausschließen würden, sind im Verfahren nicht hervorgekommen.

Insbesondere vermag das nicht abgeschlossene Administrativverfahren den Bw diesbezüglich nicht zu entlasten.

Eine wesentliche Frage bildet allerdings im Hinblick auf die mehrfache Bestrafung im vorliegenden Fall die Beurteilung, ob für die gegenständlichen Werbungen eine Mehrfachbestrafung zulässig ist oder ein fortgesetztes Delikt mit der Folge, daß nur eine Strafe verhängt werden darf, vorliegt.

Die Beurteilung dieser Frage ist unter Berücksichtigung der allgemeinen strafrechtlichen Prinzipien vorzunehmen. Eines dieser Prinzipien stellt das Prinzip der Rechtstaatlichkeit dar, was bedeutet, daß eine strafrechtliche Sanktion nur wegen einer Tat verhängt werden darf, die unter eine ausdrückliche gesetzliche Strafdrohung fällt (nullum crimen sine lege). Auch für das Verwaltungsstrafrecht wurde dies im § 1 Abs.1 VStG ausdrücklich festgelegt. Aus diesem Grundsatz ist aber auch abzuleiten, daß dann, wenn wohl ein strafbares Verhalten festgestellt wurde, hinsichtlich der Art der Strafbarkeit aus dem Gesetz jedoch verschiedene Bestrafungsformen abzuleiten sind, die für den Beschuldigten günstigere Form heranzuziehen ist. Die günstigere Bestrafungsform ist im vorliegenden Falle die Annahme eines fortgesetzten Deliktes.

Wesentlich ist, daß strafbare Tatbestände weder durch Analogie noch durch jede andere Art von Lückenschließung geschaffen bzw erweitert oder verschärft werden dürfen.

Zulässig ist im (Verwaltungs-)strafverfahren die bloße Auslegung gesetzlicher Bestimmungen, wobei jedoch jede Auslegung ihre äußerste Grenze im möglichen Wortsinn der auszulegenden Norm haben muß. Verbleiben demnach Zweifel bzw sind mehrere Auslegungen des Gesetzes möglich, so ist die für den Beschuldigten günstigere Möglichkeit zu wählen.

Darüber hinaus vertritt der O.ö. Verwaltungssenat die Auffassung, daß die Auslegung der jeweils fraglichen Gesetzesbestimmung am objektiven Verständnis eines Durchschnittsbürgers (des von der Norm betroffenen Verkehrskreises) zu messen ist.

Der Begriff "Werbung" bzw "Werbungen" ist in der Straßenverkehrsordnung 1960 nicht ausdrücklich definiert. Es ist lediglich ableitbar, daß dieser Begriff in einem wirtschaftlichen Sinn verwendet wird und man unter Werbung ua die Anpreisung bestimmter Waren und Dienstleistungen versteht.

Klargestellt ist, daß von der verfahrensgegenständlichen Norm die bloße Werbung, nicht jedoch der dazugehörige Werbeträger, erfaßt ist, was jedoch nicht ausschließt, daß letztlich eine Verknüpfung bzw Gesamtbetrachtung von Werbeträger und Werbung von Relevanz sein könnte.

Die Berufungsbehörde verkennt nicht, daß das Anbringen verschiedener Plakate jeweils eine verschiedene - gesondert zu bestrafende - Tathandlung darstellen könnte. Dies ist insbesondere für administrativ-rechtliche Belange von Bedeutung, zumal durchaus die Verschiedenartigkeit der Werbungen im Hinblick auf die Sicherheit des Straßenverkehrs gesonderte Betrachtungsweisen erfordern kann.

Dem Wortlaut nach kann jedoch aus der gegenständlichen Verbotsnorm auch abgeleitet werden, daß im Hinblick auf die Gleichartigkeit der Begehungsform bzw die Ähnlichkeit der äußeren Begleitumstände und zeitlichem Zusammenhang eine verbotswidrige Werbung einen Gesamtvorgang darstellen könnte und sohin die Kriterien des fortgesetzten Delikts erfüllt sind.

In Anbetracht der oben dargelegten strafrechtlichen Prinzipien ist daher im vorliegenden Falle von der für den Beschuldigten günstigeren Bestrafungsform, nämlich einem fortgesetzten Delikt, auszugehen, weshalb für die vom Verfahren erfaßten Werbungen letztlich nur eine Bestrafung zulässig ist. Der Berufung war daher insoferne Folge zu geben, als nur eine Bestrafung bestätigt werden konnte, während die restlichen Straferkenntnisse zu beheben und diesbezüglich die Strafverfahren einzustellen waren.

Der O.ö. Verwaltungssenat stellt jedoch ausdrücklich fest, daß diese strengen Auslegungskriterien ausschließlich im Strafverfahren anzuwenden sind und die vorliegende Entscheidung daher keinerlei präjudizielle Wirkung für allfällige Administrativverfahren darstellt. Es erscheint in diesen Fällen durchaus für zulässig, daß eine ausschließlich den Interessen der öffentlichen Sicherheit entsprechende Auslegung der verfahrensgegenständlichen Gesetzesbestimmung vorgenommen wird.

Die erfolgte Spruchergänzung hinsichtlich des Tatortes war zur Konkretisierung des Tatvorwurfes erforderlich.

I.8. Was die Strafbemessung (§ 19 VStG) anbelangt, so wird festgestellt, daß der Strafrahmen nunmehr seit dem Inkrafttreten der 19. StVO-Novelle bis zu 10.000 S Geldstrafe bzw eine Ersatzfreiheitsstrafe bis zu zwei Wochen beträgt.

Der Gesetzgeber hat damit zum Ausdruck gebracht, daß Übertretungen gegen Werbeverbote keine Bagatelldelikte darstellen.

Der Berufungsbehörde ist bekannt, daß der Bw bereits mehrere einschlägige Verwaltungsübertretungen zu vertreten hat, was jedenfalls als Straferschwerungsgrund zu werten ist. Nachdem diverse Bestrafungen den Bw nicht davon abhalten konnten, sich bezüglich des Werbeverbotes dem Gesetz gemäß zu verhalten, ist es aus spezialpräventiven Gründen erforderlich, gegen ihn mit einer äußerst strengen Bestrafung vorzugehen, wobei darauf hingewiesen wird, daß gemäß § 100 Abs.1 StVO 1960 über eine Person, welche einer Verwaltungsübertretung nach § 99 schuldig ist, derentwegen sie bereits einmal bestraft worden ist, anstelle der Geldstrafe eine Arreststrafe im Ausmaß der für die betreffende Tat angedrohten Ersatzfreiheitsstrafe verhängt werden könnte. Strafmildernde Umstände können im vorliegenden Fall keine gewertet werden.

Die Bestrafung ist sohin tat- und schuldangemessen und auch in Anbetracht der von der Erstbehörde der Bestrafung zugrundegelegten - unbestrittenen - Einkommens-, Vermögensund Familienverhältnisse des Beschuldigten durchaus vertretbar. Darüber hinaus ist eine entsprechende Bestrafung auch aus generalpräventiven Gründen erforderlich.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

II. Der Kostenausspruch stützt sich auf die im Spruch angeführten gesetzlichen Bestimmungen.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Beilagen Mag. K i s c h

 

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