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des Landes Oberösterreich
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VwSen-103852/6/Ki/Shn

Linz, 01.10.1996

VwSen-103852/6/Ki/Shn Linz, am 1. Oktober 1996 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch das Mitglied Mag. Alfred Kisch über die Berufung des Markus W, vom 21. Juni 1996 gegen das Straferkenntnis der BH Braunau/Inn vom 17. Mai 1996, Zl.VerkR96-11601-1-1995-Kb, nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 23. September 1996 zu Recht erkannt:

I: Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen und das angefochtene Straferkenntnis wird vollinhaltlich bestätigt.

II: Zusätzlich zu den Verfahrenskosten 1. Instanz hat der Berufungswerber als Kosten für das Berufungsverfahren einen Beitrag von 200 S, ds 20 % der verhängten Geldstrafe, zu entrichten.

Rechtsgrundlagen:

zu I: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 19, 24 und 51 VStG zu II: § 64 Abs.1 und 2 VStG Entscheidungsgründe:

I.1. Die Bezirkshauptmannschaft Braunau/Inn hat mit Straferkenntnis vom 7. Mai 1996, VerkR96-11601-1-1995-Kb, gemäß § 99 Abs.3 lit.b StVO über den Berufungswerber (Bw) eine Geldstrafe von 1.000 S (Ersatzfreiheitsstrafe 48 Stunden) verhängt, weil er am 4.7.1995 um ca 07.00 Uhr den PKW mit dem Kennzeichen, auf der M Landesstraße in Richtung Pfaffstätt, bis Strkm, Gemeinde Pfaffstätt lenkte und es unterlassen hat, nach einem Verkehrsunfall mit vorerst nur Sachschaden (der Personenschaden wurde erst Stunden später bekannt), mit dem sein Verhalten am Unfallsort in ursächlichem Zusammenhang stand, die nächste Polizei oder Gendarmeriedienststelle ohne unnötigen Aufschub zu verständigen, obwohl ein gegenseitiger Nachweis von Name und Anschrift der Unfallbeteiligten unterblieben ist. Er habe dadurch § 4 Abs.5 StVO 1960 verletzt. Außerdem wurde er gemäß § 64 VStG zur Leistung eines Beitrages zu den Kosten des Strafverfahrens in Höhe von 100 S (10 % der verhängten Geldstrafe) verpflichtet.

I.2. Gegen dieses Straferkenntnis hat der Bw mit Schriftsatz vom 21. Juni 1996 Berufung erhoben und beantragt, seiner Berufung nach Durchführung einer mündlichen Berufungsverhandlung Folge zu geben, das Straferkenntnis der BH Braunau vom 7.5.1996 aufzuheben und das Verfahren einzustellen.

Der Bw vertritt die Auffassung, daß die Erstbehörde die Bestimmung des § 4 Abs.5 StVO viel zu streng auslege. Das Beweisergebnis habe ergeben, daß er einen Lichtbildausweis, nämlich seinen Führerschein vorgewiesen habe, ansonsten das Ausfüllen der vorgelegten Urkunde nicht möglich gewesen wäre. Ob sich die Unfallbeteiligte gegenständlich dieses Vorweises bewußt sei, ob sie dies interessiert habe oder ob sie sich darum gekümmert habe, liege nicht in seiner Sphäre.

Dem Gesetz könne nicht entnommen werden, daß ein Unfallbeteiligter verpflichtet sei, die mit einem Lichtbild versehene Urkunde dem anderen Unfallbeteiligten direkt vor Augen zu halten oder diesem gar auszuhändigen. Beim Ausfüllen des Unfallberichtes, in welchem sich seine Führerscheindaten finden, sei die Unfallgegnerin dabei gestanden, daß es sich beim Urkundeninhalt und seiner Person um ein und dieselbe Person gehandelt hat, sei von vornherein zweifellos. Es sei keinesfalls so, daß sich die Unfallbeteiligte seinen Führerschein aus einem anderen Auto hätte holen müssen, zumal alle Beteiligten beim Ausfüllen der Unfallmeldung rund um seinen Versicherungsvertreter gestanden seien. Ob nun die Unfallgegnerin diesen Umstand zum Anlaß nahm, auch persönliche Aufzeichnungen über diese Daten zu machen, sei nicht tatbildlich. Er habe seinen Führerschein seinem Versicherungsvertreter vor den Augen der weiteren Unfallbeteiligten ausgehändigt, was diese auch gesehen hätte.

Der gesetzlich vorgesehene Identitätsnachweis habe lediglich den Sinn, die Identität des Unfallgegners zweifelsfrei festzustellen.

I.3. Die Erstbehörde hat die Berufung samt Verfahrensakt dem O.ö. Verwaltungssenat zur Entscheidung vorgelegt und damit dessen Zuständigkeit ausgelöst. Dieser hatte, da weder eine primäre Freiheitsstrafe noch eine 10.000 S übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, durch ein Einzelmitglied zu entscheiden.

I.4. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt sowie Abhaltung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 23. September 1996 Beweis erhoben. Bei dieser Verhandlung wurde der Bw im Beisein seines Rechtsvertreters einvernommen. Dem Antrag um Einvernahme des Herrn Ludwig M (Versicherungsvertreter) zum Beweis dafür, daß der Führerschein des Bw vorgezeigt wurde und dem Geschädigten zur jederzeitigen Einsichtnahme bereitgestellt worden ist, wurde nicht stattgegeben. Die Erstbehörde hat sich für die Teilnahme an der mündlichen Berufungsverhandlung entschuldigt.

I.5. Der Bw hat in seiner Aussage nicht bestritten, daß der Führerschein der Unfallgegnerin nicht persönlich ausgefolgt wurde bzw auch diese den Führerschein dem Bw nicht persönlich ausgefolgt hat. Der Führerschein sei bei der Unfallaufnahme auch für die Unfallbeteiligte zur Einsichtnahme zur Verfügung gestanden. Die Aufnahme der Unfalldaten sei beim Fahrzeug des Herrn M erfolgt. Sämtliche Beteiligte wären bei diesem Fahrzeug gestanden und es sei für ihn klar gewesen, daß auch die Unfallbeteiligte den Führerschein gesehen haben muß.

Er habe der Unfallbeteiligten sofort angeboten, die Gendarmerie zu verständigen. Diese wollte dies nicht, weshalb er dann eben seinen Versicherungsvertreter angerufen habe.

Konkret befragt, warum er diesen Umstand nicht bereits im Rahmen seiner ersten Einvernahme so deutlich ausgesagt hat, führte der Bw aus, daß er sich ursprünglich nicht gedacht hätte, daß daraus so ein Problem entstehen könnte.

Auf Befragung, ob er der Unfallgegnerin bereits vor dem Telefonat mit seinem Versicherungsvertreter den Führerschein gezeigt habe, führte er aus, daß sie sich einander vorgestellt hätten. Die Unfallgegnerin habe die Versicherungskarte gesucht, jedoch nicht gefunden. Er selbst habe ihr die Versicherungskarte gezeigt. Die Unfallgegnerin sei beim Ausfüllen der Versicherungsdaten unmittelbar dabei gewesen.

Der Bw bzw seine Versicherung seien bereits für den Schaden aufgekommen.

Die vom Bw beantragte Einvernahme des Herrn M als Zeugen war objektiv gesehen nicht erforderlich, zumal den Angaben des Bw ohnehin Glauben geschenkt wird und diese Angaben der Entscheidung zugrundeliegen.

Gemäß § 4 Abs.5 StVO 1960 haben, wenn bei einem Verkehrsunfall nur Sachschaden entstanden ist, die im Abs.1 genannten Personen (alle Personen, deren Verhalten am Unfallsort mit einem Verkehrsunfall in ursächlichem Zusammenhang steht) die nächste Polizei- oder Gendarmeriedienststelle vom Verkehrsunfall ohne unnötigen Aufschub zu verständigen. Eine solche Verständigung darf jedoch unterbleiben, wenn die im Abs.1 genannten Personen oder jene, in deren Vermögen der Schaden eingetreten ist, einander ihren Namen und ihre Anschrift nachgewiesen haben.

Entgegen der Auffassung des Bw vertritt der O.ö.

Verwaltungssenat die Auffassung, daß die Erstbehörde die Bestimmung des § 4 Abs.5 StVO nicht streng ausgelegt hat. Die gegenständliche Vorschrift hat den Zweck, daß so rasch und so vollständig als möglich Klarheit über das Unfallgeschehen besteht. Gerade das gegenständliche Verfahren zeigt, daß eine Nichtbeachtung dieser Vorschrift zu späteren Problemen sowohl für die Unfallbeteiligten als auch im Hinblick auf die Feststellung des Sachverhaltes bilden können.

Laut Rechtsprechung des VwGH muß auch der gegenseitige Identitätsnachweis ohne unnötigen Aufschub erfolgen (VwGH vom 27.6.1990, 90/18/001). Umso mehr ist es auch notwendig, daß im Falle eines Nichtzustandekommen des Identitätsnachweises die nächste Polizei- oder Gendarmeriedienststelle ohne unnötigen Aufschub zu verständigen ist.

Es mag nun zutreffen, daß die Unfallgegnerin des Bw selbst nicht wollte, daß die Gendarmerie verständigt werde. Dieses Verlangen entbindet jedoch den Bw in keiner Weise, dennoch eine Verständigung ohne unnötigen Aufschub vorzunehmen.

Im vorliegenden Falle hätte demnach der Bw, nachdem der gegenseitige Identitätsnachweis offensichtlich nicht sofort zustandegekommen ist, anstelle seines Versicherungsvertreters vorerst die nächste Gendarmeriedienststelle verständigen müssen, was jedoch unbestritten unterblieben ist.

Es kann daher dahingestellt bleiben, inwieweit das Aufliegen des Führerscheines bei der Unfallaufnahme der gesetzlichen Verpflichtung des § 4 Abs.5 StVO 1960 entsprochen hätte. Die Verwirklichung des der Bestrafung zugrundeliegenden Sachverhaltes wird daher objektiv als erwiesen angesehen.

Was die subjektive Tatseite (§ 5 VStG) anbelangt, so sind in dem Verfahren keine Anhaltspunkte hervorgekommen, welche den Bw diesbezüglich entlasten könnten. Ein allfälliger Irrtum über die Meldepflicht ist insoferne nicht relevant, zumal von einem geprüften Kraftwagenlenker zu erwarten ist, daß er die relevanten Bestimmungen der Straßenverkehrsordnung 1960 kennt. Er hat daher die vorgeworfene Verwaltungsübertretung auch in subjektiver Hinsicht zu vertreten.

I.7. Zur Strafbemessung (§ 19 VStG) wird festgestellt, daß die sogenannten "Fahrerfluchtdelikte" zu den gravierendsten Verstößen der Verkehrsordnung zählen und zur Hintanhaltung aus generalpräventiven Gründen eine entsprechend strenge Bestrafung erforderlich ist. Die Erstbehörde hat sowohl die Geld- als auch die Ersatzfreiheitsstrafe tat- und schuldangemessen unter Berücksichtigung der - unbestrittenen - Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Bw festgesetzt. Im Hinblick auf die vorgesehene Höchstgeldstrafe (bis zu 10.000 S) wurde die Geldstrafe mit 10 % dieser Höchststrafe äußerst gering bemessen, was jedoch gerechtfertigt ist, zumal letztlich doch innerhalb eines zeitlich vertretbaren Rahmens eine Aufklärung des Unfallgeschehens im Beisein des Versicherungsvertreters erfolgte.

Im Hinblick auf eine Vormerkung aus dem Jahre 1995 kommt der Milderungsgrund der verwaltungsstrafrechtlichen Unbescholtenheit nicht zum Tragen.

Sowohl aus generalpräventiven als auch aus spezialpräventiven Gründen ist eine Herabsetzung sowohl der Geld- als auch der Ersatzfreiheitsstrafe im vorliegenden Fall nicht vertretbar.

Zusammenfassend wird daher festgestellt, daß die Erstbehörde die Strafbemessung im Rahmen des ihr eingeräumten Ermessens vorgenommen hat. Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

II. Der Kostenausspruch stützt sich auf die im Spruch angeführte gesetzliche Bestimmung.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Beilage Mag. K i s c h

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