Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-103884/10/Gu/Mm

Linz, 08.01.1997

VwSen-103884/10/Gu/Mm Linz, am 8. Jänner 1997 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch sein Mitglied Dr. Hans GUSCHLBAUER über die Berufung des G. V., vertreten durch Rechtsanwalt Dr. J. P.

gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft B. vom 24. Juni 1996, Zl. VerkR96.., wegen Übertretung der StVO 1960 zu Recht:

Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren gegen den Beschuldigten gemäß § 45 Abs.1 Z1, zweiter Sachverhalt VStG, eingestellt.

Der Rechtsmittelwerber hat keine Verfahrenskostenbeiträge zu leisten.

Rechtsgrundlagen:

§ 66 Abs.4 AVG iVm § 24 VStG, § 51 e Abs.1, § 66 Abs.1 VStG, Art.4 des 7. Zusatzprotokolles zur Menschenrechtskonvention.

Entscheidungsgründe:

Die Bezirkshauptmannschaft B. hat den Rechtsmittelwerber mit dem angefochtenen Straferkenntnis schuldig erkannt, am 4.

Februar 1996 gegen 02.00 Uhr den PKW mit dem Kennzeichen .., auf der K. Landesstraße von F. in Richtung S. bis Straßenkilometer 2,674 gelenkt zu haben und sich dabei aufgrund des gemessenen Atemluftalkoholgehaltes von über 0,4 mg/l in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand befunden zu haben.

Wegen Verletzung des § 5 Abs.1 iVm § 99 Abs.1 lit.a StVO 1960 wurde ihm deswegen eine Geldstrafe von 10.000 S (Ersatzfreiheitsstrafe 10 Tage) und ein erstinstanzlicher Verfahrenskostenbeitrag von 10 Prozent der ausgesprochenen Geldstrafe auferlegt.

In seiner dagegen erhobenen Berufung macht der rechtsfreundliche Vertreter des Beschuldigten geltend, daß er wegen der Tat, nämlich des Lenkens des vorzitierten PKWs, im alkoholbeeinträchtigten Zustand und des dabei verursachten Verkehrsunfalles, bei dem der Beifahrer F. V. in seiner körperlichen Sicherheit gefährdet war, vom Bezirksgericht M.

mit Urteil vom 18.6.1996 zur Zl. U.., wegen Gefährdung der körperlichen Sicherheit - nachdem er sich vor der Tat, wenn auch nur fahrlässig - durch den Genuß von Alkohol, in einem die Zurechnungsfähigkeit nicht ausschließenden Rauschzustand versetzt hatte und somit die Tat unter besonders gefährlichen Verhältnissen begangen hat, wegen des Vergehens nach § 89 (81/2) StGB, zu einer Geldstrafe von 100 Tagessätzen, im Nichteinbringungsfall 50 Tage Ersatzfreiheitsstrafe, verurteilt worden ist, wobei dieses Urteil am 22.6.1996 in Rechtskraft erwachsen ist.

Eine neuerliche Bestrafung wegen der Übertretung einer Verwaltungsvorschrift die auf demselben Lebenssachverhalt beruhe, verstoße gegen die Bestimmung des Art.4 des 7.

Zusatzprotokolles zur Europäischen Menschenrechtskonvention, welcher die Doppelbestrafung verbiete. Im besonderen verweist er auf das Urteil des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte vom 23. Oktober 1995, Z 33/1994/480/562, Serie A/328. Aus diesem Grunde regt er ein Gesetzesprüfungsverfahren vor dem Verfassungsgerichtshof an um die kumulative Strafnorm der StVO bzw. des VStG gegenüber der im Verfassungsrang stehenden Konventionsnorm auf den Prüfstand zu stellen.

Dieser Anregung ist der O.ö. Verwaltungssenat gefolgt. Der Verfassungsgerichtshof hat in einem Sammelverfahren bezüglich ähnlich lautender Gesetzesprüfungsanträge des O.ö.

Verwaltungssenates und anderer unabhängiger Verwaltungssenate auch den gegenständlichen Fall zum Anlaß genommen um mit Erkenntnis vom 5. Dezember 1996, Zl. G 197/96-7, die Verfassungswidrigkeit der Wortfolge "in Absatz 2, 2a, 2b, 3 oder 4, bezeichnete" im § 99 Abs.6 lit.c der StVO 1960, BGBL.Nr.159 idF der 19. Novelle BGBl.Nr.518/1994 zu erkennen und diese Wortfolge aufzuheben.

Die Anlaßfallwirkung gemäß Art. 140 Abs.7 B-VG bedeutet, daß die aufgehobene Gesetzesstelle im gegenständlichen Fall nicht anzuwenden ist.

Dies bedeutet im Kontext, daß gemäß § 99 Abs.6 StVO 1960 in der verbleibenden Fassung eine Verwaltungsübertretung nicht vorliegt, wenn eine Tat den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung verwirklicht. Daß letzteres vorliegt ist durch Urkundenbeweis dokumentiert. Aus diesem Grunde war ohne weiteres Verfahren mit der sofortigen Aufhebung des angefochtenen Straferkenntnisses und Einstellung vorzugehen (§ 51e Abs.1 2. Teilsatz VStG).

Aufgrund des Erfolges der Berufung war dem Rechtsmittelwerber auch kein Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens aufzuerlegen (§ 66 Abs.1 VStG).

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Dr. G u s c h l b a u e r

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