Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-103896/2/Le/La

Linz, 27.01.1997

VwSen-103896/2/Le/La Linz, am 27. Jänner 1997 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Leitgeb über die Berufung des Dr. N F, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck vom 11.6.1996, Zl. VerkR96-16347-1995, mit dem der Einspruch gegen das Ausmaß der mit Strafverfügung verhängten Strafe wegen Übertretung der Straßenverkehrsordnung abgewiesen wurde, zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird keine Folge gegeben und das angefochtene Straferkenntnis vollinhaltlich bestätigt.

II. Der Berufungswerber hat einen Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens in Höhe von 20 % der verhängten Strafe, das sind 300 S, binnen zwei Wochen ab Zustellung dieses Erkenntnisses bei sonstiger zwangsweiser Einhebung zu entrichten.

Rechtsgrundlage:

Zu I.: § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 - AVG, BGBl.Nr. 51/1991 idgF iVm §§ 24, 51 Abs.1, 51c und 51e Abs.1 des Verwaltungsstrafgesetzes 1991 - VStG, BGBl.Nr. 52/1991 idgF.

Zu II.: § 64 Abs.1 und Abs.2 VStG.

Entscheidungsgründe:

Zu I.:

1. Mit dem angefochtenen Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck vom 11.6.1996 wurde der Einspruch des nunmehrigen Berufungswerbers (im folgenden kurz: Bw) gegen die Strafverfügung derselben Behörde vom 28.11.1995, VerkR96-16347-1-1995, mit dem ausdrücklich nur die Höhe der verhängten Strafe angefochten worden war, als unbegründet abgewiesen. Mit der genannten Strafverfügung war der nunmehrige Bw bestraft worden, weil er am 14.9.1995 gegen 17.07 Uhr mit dem Kombi mit dem Kennzeichen W auf der A1 Westautobahn im Bereich der Gemeinde Oberwang zwischen Km 251 und Km 252 Richtung Salzburg das Vorschriftszeichen "Geschwindigkeitsbeschränkung (erlaubte Höchstgeschwindigkeit)" mit der Zusatztafel "bei Regen und Schneefall" mißachtet hatte, weil er mit 130 km/h (statt 100 km/h) gefahren war.

Die Geschwindigkeitsübertretung war von der Besatzung eines Einsatzfahrzeuges, das dem Bw in gleichbleibendem Abstand nachgefahren war, festgestellt worden. Der Geschwindigkeitsmesser des Einsatzfahrzeuges zeigte dabei ständig einen Wert von ca. 145 km/h.

1.2. Gegen diese Strafverfügung erhob der nunmehrige Bw mit Schriftsatz vom 28.12.1995 eine Strafmilderungsbitte, in der er vorbrachte, daß er um 17.15 Uhr in Salzburg einen Termin hatte und zu spät dran gewesen sei (was selbstverständlich seine Schuld gewesen wäre). Er gab ausdrücklich an, daß der Sachverhalt absolut richtig dargestellt sei und daß es keine Diskussion darüber gäbe, daß er zu schnell gewesen wäre und das Verkehrszeichen mit der erlaubten Höchstgeschwindigkeit (100 km/h) nicht beachtet habe. Er hielt aber fest, daß es lediglich leicht geregnet hätte.

Weiters wies er darauf hin, daß er für seine Gattin und zwei minderjährige Kinder unterhaltspflichtig sei.

1.3. Die Erstbehörde ersuchte daraufhin mit Schreiben vom 30.1.1996 den Bw um Bekanntgabe der Einkommens-, Vermögensund Familienverhältnisse, was dieser jedoch unbeantwortet ließ.

Weiters holte die Erstbehörde eine Verwaltungsstrafregisterauskunft bei der Bundespolizeidirektion Wien ein, woraus ersichtlich ist, daß der Bw eine rechtskräftige Vorstrafe wegen Übertretung des § 99 Abs.1b iVm § 5 Abs.2 StVO aufzuweisen hat.

1.4. Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom 11.6.1996 wurde der Einspruch gegen das Ausmaß der mit Strafverfügung vom 28.11.1995 verhängten Strafe abgewiesen.

In der Begründung führte die Erstbehörde nach einer Wiedergabe der maßgeblichen Rechtslage aus, daß der Schutzzweck der übertretenen Norm darin liege, alle Gefahren im Straßenverkehr zu vermeiden, die eine erhöhte Geschwindigkeit mit sich bringen. Das Ausmaß der Geschwindigkeitsüberschreitung sowie die Fahrbahnverhältnisse (nasse Fahrbahn durch Regen) mußten daher als straferschwerend berücksichtigt werden, da gerade Geschwindigkeitsübertretungen immer wieder die Ursache von schweren Verkehrsunfällen wären und daß der Beschuldigte durch die von ihm eingehaltene Geschwindigkeit nicht ausschließen konnte, daß durch sein Verhalten eine Gefährdung anderer Straßenbenützer, die bei einer derartigen Geschwindigkeit nicht mehr korrigierbar gewesen wäre, erfolgen konnte.

Als strafmildernd wurde gewertet, daß der nunmehrige Bw wegen einer derartigen Übertretung bisher noch nicht bestraft werden mußte; von einem Überwiegen der Milderungsgründe könne jedoch in Anbetracht des erschwerenden Umstandes nicht die Rede sein und mußte daher die im Spruch angeführte Strafe ausgesprochen werden, um ihn in Hinkunft von derartigen Übertretungen abzuhalten.

Bei der Strafbemessung wurde ein fiktives monatliches Einkommen von 20.000 S als Akademiker angenommen, zumal er dazu keine Angaben machte; weiters wurden die Sorgepflichten für Gattin und zwei Kinder berücksichtigt.

2. Dagegen richtet sich die rechtzeitig eingebrachte Berufung vom 25.6.1996, mit der beantragt wird, die Höhe der Strafe auf das übliche Ausmaß bei Erstdelikten für vergleichbare Sachverhalte herabzusetzen.

Zur Begründung führte der Bw aus, daß zum gegenständlichen Zeitpunkt kaum Verkehrsteilnehmer auf der Westautobahn unterwegs gewesen wären und eine konkrete Gefahr durch die Geschwindigkeitsübertretung seinerseits daher nicht gegeben gewesen wäre. Die einzige Gefahr hätte darin bestanden, wie das amtshandelnde Dienstfahrzeug bei der Autobahnstation Mondsee ohne Betätigung des Fahrtrichtungsanzeigers von der Autobahn abgefahren sei.

Zum Ausmaß der Geschwindigkeitsübertretung führte der Bw aus, daß er mit einer Geschwindigkeit von rund 115 km/h unterwegs gewesen wäre und dies eine Übertretung von 15 % darstelle. Bei einer Übertretung von 15 km/h könne man daher nicht von einem "erschwerenden Umstand" sprechen. Nach seiner Information würden derartige Geschwindigkeitsübertretungen mit Geldstrafen mit 600 S bis 800 S geahndet.

Zur geringeren Höhe der Geschwindigkeitsübertretung machte der Bw zwei Zeugen namhaft.

Schließlich fand es der Bw als sonderbar, daß die attestierte Unbescholtenheit wegen einer derartigen Übertretung nicht als Milderungsgrund gewertet worden sei.

Wäre die Geschwindigkeitsübertretung so gravierend gewesen, daß eine konkrete Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer gegeben gewesen wäre, so wäre es die Verpflichtung des anzeigenden Beamten gewesen, ihn anzuhalten und entsprechende Maßnahmen zu setzen. Dies sei jedoch nicht geschehen.

3. Die Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck hat die Berufung und den zugrundeliegenden Verwaltungsakt dem unabhängigen Verwaltungssenat zur Entscheidung vorgelegt.

Der unabhängige Verwaltungssenat hat aus dem vorgelegten Verwaltungsakt einen ausreichend ermittelten Sachverhalt vorgefunden, sodaß die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung - auch im Hinblick auf die geringe Höhe der verhängten Strafe - entbehrlich war.

4. Der O.ö. Verwaltungssenat hat erwogen:

4.1. Im Verwaltungsstrafverfahren steht den Parteien gemäß § 51 Abs.1 VStG das Recht der Berufung an den unabhängigen Verwaltungssenat jenes Landes zu, in dem die Behörde, die den Bescheid erlassen hat, ihren Sitz hat.

Daraus ergibt sich die Zuständigkeit des O.ö. Verwaltungssenates.

4.2. Die Strafbemessung richtet sich nach den Grundsätzen des § 19 VStG. In Abs.1 leg.cit. ist folgendes bestimmt:

"(1) Grundlage für die Bemessung der Strafe ist stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat." 4.2.1. Vorauszuschicken ist, daß der Bw nicht - wie er in seiner Berufung darstellte - mit 115 km/h (statt der erlaubten 100 km/h) gefahren ist, sondern mit mindestens 130 km/h (siehe Strafverfügung vom 28.11.1995). Die anzeigenden Beamten hatten am Tacho ihres Dienstkraftwagens ständig ca.

145 km/h abgelesen, den Wert der gefahrenen Geschwindigkeit jedoch zugunsten des Bw bei der Anzeige reduziert.

Da in der Strafverfügung der Wert von 130 km/h vorgeworfen worden war und dieser Tatvorwurf unbeeinsprucht geblieben und daher rechtskräftig geworden ist, war in der vorliegenden Berufungsentscheidung davon auszugehen und erübrigte sich die Einvernahme der beiden beantragten Zeugen.

4.2.2. Der Bw zieht in Zweifel, daß durch seine Geschwindigkeitsüberschreitung eine konkrete Gefahr gegeben gewesen sei, weil kaum Verkehrsteilnehmer auf der Westautobahn unterwegs gewesen wären und daß die einzige Gefahr darin bestanden hätte, daß das amtshandelnde Dienstfahrzeug bei der Autobahnstation Mondsee ohne Betätigung des Fahrtrichtungsanzeigers von der Autobahn abgefahren sei.

Dem letzteren Vorbringen ist zu entgegnen, daß das Verhalten des Dienstfahrzeuges im gegenständlichen Verfahren nur insoweit relevant ist, als dadurch die dem Bw vorgeworfene Geschwindigkeitsübertretung festgestellt worden war. Im übrigen hat der Bw nicht einmal ansatzweise dargelegt, inwieweit das Abfahren eines Einsatzfahrzeuges, das hinter dem Kombi des Bw gefahren war - selbst unter Annahme, daß dies ohne Betätigung des Fahrtrichtungsanzeigers erfolgt ist - eine Gefahr für den Bw dargestellt hätte.

Dagegen gehört es jedoch zum Basiswissen eines jeden Autolenkers, daß einerseits Geschwindigkeitsbeschränkungen eingehalten werden müssen und weiters, daß gerade bei regennasser Fahrbahn die Gefahr von Aquaplaning mit Erhöhung der gefahrenen Geschwindigkeit überproportional steigt.

Dadurch, daß der Bw die erlaubte Höchstgeschwindigkeit um zumindest 30 % überschritten hatte, schuf er nicht nur eine Gefahr für sich selbst (als Familienvater mit zwei Kindern!), sondern auch für seine beiden Mitfahrer (die vom Bw in der Berufung angegebenen Zeugen für die von ihm gefahrene Geschwindigkeit konnten logischerweise nur seine Mitfahrer sein!), sowie für die übrigen Verkehrsteilnehmer, deren Existenz der Bw im übrigen auch gar nicht bestritten hat.

4.3. Nach § 19 Abs.2 VStG sind im ordentlichen Verfahren überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen.

Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

Der Bw konnte den Milderungsgrund der absoluten Unbescholtenheit nicht mehr für sich in Anspruch nehmen, da er bereits eine, wenn auch nicht einschlägige, Vormerkung wegen Übertretung der Straßenverkehrsordnung hatte.

Das Verschulden stellte sich nach der eigenen Angabe des Bw im Einspruch nicht bloß als Fahrlässigkeit, sondern vielmehr als Vorsatz dar, weil er die Geschwindigkeitsbeschränkung nicht bloß übersehen, sondern die Überschreitung wegen Termindrucks bewußt begangen hatte.

Die Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Bw konnten wegen Verweigerung von diesbezüglichen Angaben durch ihn nicht berücksichtigt werden. Festzustellen ist jedoch, daß die Annahme der Erstbehörde (Einkommen von 20.000 S pro Monat) ohnedies sehr niedrig angesetzt ist.

Auch bei Berücksichtigung der übrigen Strafzumessungskriterien des § 19 VStG bestand daher keine Veranlassung, die ohnedies gering bemessene Strafe noch weiter herabzusetzen, sondern war spruchgemäß zu entscheiden.

Zu II.:

Gemäß § 64 Abs.1 und 2 VStG ist in jeder Entscheidung eines unabhängigen Verwaltungssenates, mit der ein Straferkenntnis bestätigt wird, auszusprechen, daß der Bestrafte einen Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens zu leisten hat, der mit weiteren 20 % der verhängten Strafe zu bemessen ist.

Diese Rechtslage ist auch für den vorliegenden Fall anzuwenden, weil mit dem angefochtenen Bescheid der Erstbehörde die in der Strafverfügung vom 28.11.1995 verhängte Geldstrafe bestätigt worden war. Nach Lehre und Judikatur (siehe Hauer-Leukauf, Handbuch des Österreichischen Verwaltungsverfahrens, 5. Auflage, Seite 1125 unten) hat der unabhängige Verwaltungssenat im Falle der Abweisung der Berufung einen Kostenbeitrag von 20 % festzusetzen.

Da eine Geldstrafe in Höhe von 1.500 S verhängt wurde, beträgt der Verfahrenskostenbeitrag für das Berufungsverfahren 300 S.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Dr. L e i t g e b

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