Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-103930/2/Le/Fb

Linz, 21.08.1996

VwSen-103930/2/Le/Fb Linz, am 21. August 1996 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Leitgeb über die Berufung des G F, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom 18.6.1996, VerkR96-1083-1996-Za, mit dem ein Einspruch zurückgewiesen wurde, zu Recht erkannt:

Der Berufung wird Folge gegeben und der angefochtene Bescheid ersatzlos behoben.

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 AVG iVm §§ 24, 49 Abs.1 und 51 Abs.1 des Verwaltungsstrafgesetzes 1991 - VStG, BGBl.Nr. 52/1991 idgF.

Entscheidungsgründe:

1. Mit dem angefochtenen Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom 18.6.1996 wurde der Einspruch des nunmehrigen Berufungswerbers (im folgenden kurz: Bw) als verspätet eingebracht zurückgewiesen.

In der Begründung wurde dargelegt, daß die Strafverfügung der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom 29.2.1996 am 14.3.1996 ordnungsgemäß zu eigenen Handen zugestellt wurde.

Die Frist zur Erhebung des Einspruches hätte daher mit Ablauf des 28.3.1996 geendet, während der gegenständliche Einspruch erst am 10.6.1996 (Datum des Poststempels) zur Post gegeben worden sei.

Überdies wurde dem Bw mitgeteilt, daß aufgrund der Heckansicht des Radarfotos der Fahrzeuglenker nicht erkennbar wäre.

2. Dagegen richtet sich die rechtzeitig eingebrachte Berufung vom 25.6.1996. Darin führt der Bw aus, daß es ihm nicht möglich sei, den Fahrer des Personenwagens, der die Geschwindigkeitsüberschreitung begangen haben solle, ausfindig zu machen. Er stelle daher den Antrag, nicht ihn als Halter des Fahrzeuges, sondern den Fahrzeuglenker zur Zahlung aufzufordern bzw zur Verantwortung zu ziehen.

3. Die Bezirkshauptmannschaft Linz-Land hat diese Berufung und den zugrundeliegenden Verwaltungsakt dem unabhängigen Verwaltungssenat zur Entscheidung vorgelegt; eine Berufungsvorentscheidung wurde nicht erlassen.

Aus dem vorgelegten Verwaltungsakt ergibt sich folgender Sachverhalt:

Aufgrund einer Anzeige des Landesgendarmeriekommandos für Oberösterreich wurde Herr G F als Lenker des Kraftfahrzeuges mit dem Kennzeichen P bestraft, weil er am 25.11.1995 um 22.53 Uhr im Gemeindegebiet von Ansfelden auf der Autobahn A1 in Richtung Salzburg die erlaubte Höchstgeschwindigkeit von 100 km/h überschritten hätte, indem er eine Geschwindigkeit von 156 km/h gefahren wäre.

Diese Strafverfügung wurde mit internationalem Rückschein dem Bw am 14.3.1996 zu eigenen Handen zugestellt.

Mit Schreiben vom 8.6.1996 wandte sich der nunmehrige Bw an die Bezirkshauptmannschaft Linz-Land mit folgendem Schreiben:

"VerkR96-1083-1966 - Geldstrafe in Höhe von ÖS 3.000,00 Sehr geehrte Damen und Herren! In unserer Firma fahren auch Betriebsangehörige mit den Firmenfahrzeugen. Aus diesem Grund bitten wir Sie, uns das Foto von der Radarkontrolle zu übersenden, damit wir feststellen können, wer gefahren ist, dann muß der Fahrer die Strafe bezahlen.

Mit freundlichen Grüßen".

Unter diesem Schreiben findet sich sodann der Firmenstempel des Bw sowie seine eigenhändige Unterschrift.

Die Bezirkshauptmannschaft Linz-Land hat dieses Schreiben als "Einspruch" iSd § 49 Abs.1 VStG gewertet und dieses mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid als verspätet eingebracht zurückgewiesen.

4. Der O.ö. Verwaltungssenat hat erwogen:

4.1. Im Verwaltungsstrafverfahren steht den Parteien gemäß § 51 Abs.1 VStG das Recht der Berufung an den unabhängigen Verwaltungssenat jenes Landes zu, in dem die Behörde, die den Bescheid erlassen hat, ihren Sitz hat.

Daraus ergibt sich die Zuständigkeit des O.ö. Verwaltungssenates.

4.2. Der Bestimmung des § 49 VStG ist nicht zu entnehmen, welche Formvorschriften ein "Einspruch" zu erfüllen hat, um als solcher zu gelten. Daher ist davon auszugehen, daß für den Einspruch weitgehende Formfreiheit herrscht. Allerdings müssen bestimmte Anforderungen an den Einspruch gestellt werden, damit dieser als solcher angesehen werden kann. Dazu ist es erforderlich, daß die angefochtene Strafverfügung vollständig und richtig bezeichnet und zum Ausdruck gebracht wird, daß die Strafverfügung bekämpft wird.

Beim gegenständlichen Schreiben des Bw vom 8.6.1996 fällt auf, daß das Datum der Strafverfügung nicht angeführt wurde und auch die Geschäftszahl (Jahreszahl) falsch geschrieben wurde. Es fehlt weiters nicht nur die ausdrückliche Bezeichnung als Einspruch, sondern auch jegliches Bekämpfen der zugrundeliegenden Strafverfügung.

Das Schreiben erweckt vielmehr den Eindruck, daß der Bw es durchaus akzeptiert, daß eine Strafverfügung ergangen ist, daß er jedoch denjenigen Betriebsangehörigen ausforschen wollte, der diese Verwaltungsübertretung tatsächlich begangen hat. Da er offensichtlich kein Fahrtenbuch führte, ersuchte er daher die Erstbehörde um Übersendung des Radarfotos, um aus diesem Foto ersehen zu können, wer mit dem Fahrzeug gefahren ist.

Damit aber fehlen der Eingabe vom 8.6.1996 die entscheidenden Kriterien, um als Einspruch zu gelten.

Die Erstbehörde hätte daher den angefochtenen Bescheid nicht erlassen dürfen. Dadurch, daß der Bescheid dennoch ergangen ist, wurde der Bw insofern in seinen Rechten verletzt, als über einen Antrag entschieden wurde, den er gar nicht gestellt hatte.

4.3. Die Strafverfügung vom 29.2.1996 ist aufgrund der Nichterhebung eines rechtzeitigen Einspruches rechtskräftig und vollstreckbar geworden. Die Erstbehörde hätte im Sinne einer bürgernahen Verwaltung den Antragsteller auf die Vollstreckbarkeit der Strafverfügung hinweisen müssen und - eventuell gegen Kostenersatz - ein Radarfoto übersenden sollen.

Aus verwaltungsökonomischen Gründen wird der Bw darauf hingewiesen, daß nach den in Österreich geltenden Vorschriften des Kraftfahrgesetzes und des Arbeitszeitgesetzes ein Arbeitgeber und Zulassungsbesitzer, der sein Kraftfahrzeug auch anderen Personen überläßt, verpflichtet ist, ein Fahrtenbuch zu führen. Aus diesem Fahrtenbuch hat unter anderem hervorzugehen, welcher Person das Kraftfahrzeug zu welchen Zeiten überlassen wurde. Wenn der Antragsteller ein solches Fahrtenbuch geführt hätte, hätte er daraus entnehmen können, wer zum Tatzeitpunkt das verfahrensgegenständliche Kraftfahrzeug gelenkt und die angelastete Verwaltungsübertretung begangen hat. Es wäre dann an ihm gelegen, dies der Behörde bekanntzugeben, damit diese den schuldtragenden Lenker zur Verantwortung ziehen kann.

Dadurch aber, daß Herr F die gegen ihn gerichtete Strafverfügung rechtskräftig werden ließ, ist nunmehr er zur Zahlung des vorgeschriebenen Strafbetrages verpflichtet.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Dr. L e i t g e b

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