Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-103385/12/Bi/La VwSen103386/12/Bi/La

Linz, 26.07.1996

VwSen-103385/12/Bi/La

VwSen-103386/12/Bi/La Linz, am 26. Juli 1996

DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Bissenberger über die Berufungen des Herrn A U, S, A, vertreten durch Rechtsanwalt Mag. M B, F, L, vom 7. Dezember 1995 gegen 1) das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Rohrbach vom 27. November 1995, VerkR96/1865/1995, und 2) das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Rohrbach vom 27. November 1995, VerkR96/2085/1995, wegen Übertretungen der Straßenverkehrsordnung 1960, zu Recht erkannt:

Den Berufungen wird Folge gegeben, die angefochtenen Straferkenntnisse behoben und die Verwaltungsstrafverfahren diesbezüglich eingestellt.

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 51 Abs.1, 45 Abs.1 Z2 1.Alt. und 66 VStG, §§ 24 Abs.3 lit d iVm 99 Abs.3 lit.a StVO 1960 idF BGBl.Nr. 518/94.

Entscheidungsgründe:

1. Die Bezirkshauptmannschaft Rohrbach hat mit den oben angeführten Straferkenntnissen über den Beschuldigten jeweils wegen der Verwaltungsübertretung gemäß §§ 24 Abs.3 lit.d iVm 99 Abs.3 lit.a StVO 1960 Geldstrafen von jeweils 300 S und für den Fall der Uneinbringlichkeit Ersatzfreiheitsstrafen von jeweils 9 Stunden verhängt, weil er 1) am 21. Juni 1995 von 14.00 bis 16.00 Uhr den PKW mit dem polizeilichen Kennzeichen auf dem öffentlichen Ortschaftsweg S auf Höhe der Liegenschaft S Nr.14, A, geparkt habe, obwohl auf der Fahrbahn mit Gegenverkehr nicht mindestens zwei Fahrstreifen für den fließenden Verkehr freigeblieben seien, und 2) am 2. August 1995 von 13.05 bis 16.45 Uhr den PKW mit dem behördlichen Kennzeichen auf dem öffentlichen Weg, Parzelle Nr. in S, Gemeinde A, gegenüber der Scheunenausfahrt des landwirtschaftlichen Anwesens E, S Nr.4, A, geparkt habe, obwohl auf dieser Fahrbahn mit Gegenverkehr nicht mindestens zwei Fahrstreifen für den fließenden Verkehr freigeblieben seien.

Gleichzeitig wurden ihm jeweils 30 S als Beitrag zu den Verfahrenskosten auferlegt.

2. Gegen beide Straferkenntnisse hat der Rechtsmittelwerber fristgerecht Berufungen erhoben, die seitens der Erstinstanz ohne Berufungsvorentscheidung dem unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich vorgelegt wurden. Da keine 10.000 S übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, war durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden (§ 51c VStG). Die Anberaumung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung erübrigte sich, weil bereits aus der Aktenlage ersichtlich war, daß die angefochtenen Bescheide aufzuheben waren (§ 51e Abs.1 VStG) und der zunächst in den Berufungen gestellte Antrag auf Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung tele fonisch durch den Parteienvertreter am 23. April 1996 zurückgezogen wurde.

3. Der Rechtsmittelwerber macht im wesentlichen geltend, der PKW sei am 2. August 1995 nicht dort geparkt gewesen, weil er mit seiner Gattin an diesem Tag, ihrem Hochzeitstag, einen Ausflug gemacht habe.

Am 21. Juni 1995 sei der PKW so geparkt gewesen, daß er sich mit den rechten Rädern sogar 20 cm außerhalb des ohnehin eine Breite von 6,40 m aufweisenden Ortschaftsweges befunden habe, sodaß bei einer Fahrzeugbreite von 1,50 m auf dem Ortschaftsweg 5,10 m für den fließenden Verkehr freigeblieben seien.

Außerdem befinde sich die Liegenschaft S Nr.14 am Ende des Ortschaftsweges, sodaß mit Verkehr gar nicht zu rechnen sei.

Er stelle den PKW dort seit 30 Jahren ab und es sei noch nie zu irgendwelchen Beanstandungen gekommen. Die Anzeigen seien nur auf Animositäten seines Nachbarn E zurückzuführen, dem es nicht um eine Verkehrsbehinderung gehe, sondern darum, ihm Schwierigkeiten zu machen.

4. Der unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in die Verfahrensakte der Erstinstanz.

Daraus geht hervor, daß in beiden Fällen Anzeige durch den Zeugen J E, S in A, erstattet wurde, weil es diesem wegen des abgestellten Beschuldigten-PKW unmöglich war, mit dem Ladewagen in die Scheuneneinfahrt seines landwirtschaftlichen Anwesens zu gelangen. Er hat laut Anzeige den Rechtsmittelwerber bereits mehrmals ersucht, den PKW bei Heuerntearbeiten anderswo zu parken, jedoch weigert sich der Rechtsmittelwerber strikt, das zu tun. Den Akten ist weiters zu entnehmen, daß das Verhältnis zwischen den Nachbarn seit längerer Zeit angespannt ist.

Auf den Fotos ist auch die Lage des Ortschaftsweges im Hinblick auf die beiden Liegenschaften und die Scheunenzufahrt zum Anwesen E dokumentiert.

In rechtlicher Hinsicht ist von seiten des unabhängigen Verwaltungssenates darauf hinzuweisen, daß § 24 Abs.3 lit.d StVO 1960 das Parken auf Fahrbahnen mit Gegenverkehr verbietet, wenn nicht mindestens zwei Fahrstreifen für den fließenden Verkehr freibleiben.

Der in Rede stehende Ortschaftsweg ist so gestaltet, daß er im Bereich unmittelbar nach der Scheuneneinfahrt E in einen Feldweg übergeht, wobei der Asphalt am Rand ebenso wie am Ende des Weges nicht exakt endet, sondern in Wiese bzw Erdfläche hineinreicht. Dabei grenzen sowohl die Einfahrt zum Haus des Rechtsmittelwerbers als auch die Scheuneneinfahrt nicht direkt an diesen Weg, sondern sind etwas abseits gelegen. Die am 21. Juni 1995 vom Meldungsleger angefertigten Fotos zeigen den Abstellort des Beschuldigten-PKW vor dessen Einfahrt im Wiesenstreifen. Der asphaltierte Ortschaftsweg war demnach zumindest am 21. Juni 1995 zur Gänze frei und daher spruchgemäß zu entscheiden.

Das am 2. August vom Zeugen E angefertigte Foto zeigt den Beschuldigten-PKW oberhalb der "Engstelle" zwischen den beiden Häusern etwa gegenüber der Scheunenzufahrt abgestellt, wobei unterhalb dieser Stelle das etwas schräg plazierte Haus des Rechtsmittelwerbers unmittelbar an den Weg angrenzt, während vor dem Anwesen E ein schmaler Wiesenstreifen liegt. Aus dem Foto ergibt sich eindeutig, daß am 2. August 1995 der Beschuldigten-PKW zumindest mit dem in seiner Abstellrichtung gesehen linken vorderen Eck in die asphaltierte Fahrbahn des Ortschaftsweges hineinragte.

Der unabhängige Verwaltungssenat vertritt die Auffassung, daß im gegenständlichen Fall von einem Zufahrtsweg auszugehen ist, auf dem außer den Fahrzeugen des Rechtsmittelwerbers und des Zeugen E - und eventueller Besucher - kein Fahrzeugverkehr und daher kein "Gegenverkehr" iSd § 24 Abs.3 lit.d StVO 1960 zu erwarten ist. Es handelt sich aber um eine Straße mit öffentlichem Verkehr iSd § 1 Abs.1 StVO und es besteht auch keine Einbahnregelung. Damit wäre die örtliche Situation zwar der Definition nach auf jene des § 24 Abs.3 lit.d StVO zu projizieren, jedoch stellt das dort daran geknüpfte Parkverbot eine Regelung dar, die weder dem nachvollziehbar beabsichtigten Zweck dieser Norm - nämlich die Gewährleistung der Flüssigkeit des fließenden Verkehrs gerecht werden kann, noch für eine Straße, die lediglich die Zu- und Abfahrt zu zwei Anwesen und die Rückkehr zur "Durchzugsstraße" ermöglichen soll, demnach als Sackgasse anzusehen ist, ein solcher Regelungsbedarf überhaupt besteht.

Aus diesem Grund gelangt der unabhängige Verwaltungssenat zu der Auffassung, daß der Rechtsmittelwerber die ihm zur Last gelegte Verwaltungsübertretung schon deshalb nicht begangen hat, weil derart gestaltete Straßen keinen Verkehr aufweisen, dessen Sicherheit und Flüssigkeit aufrechterhalten werden müßte.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden; Verfahrenskostenbeiträge fallen nicht an.

Aus der Sicht des unabhängigen Verwaltungssenates ist aber zu betonen, daß die Argumentation des Rechtsmittelwerbers, der Nachbar habe nur Anzeige erstattet, um ihm Schwierigkeiten zu machen, schon deswegen ins Leere geht, weil hier offenbar Gegenseitigkeit besteht. Dabei ist aber zu bedenken, daß der Rechtsmittelwerber als Pensionist die Möglichkeit zu einer freien Tageseinteilung hat und daher nicht genau dann seinen PKW gegenüber der Scheunenzufahrt abstellen muß, wenn der Zeuge E Heuerntearbeiten durchzuführen hat, deshalb mit dem Ladewagen in die Scheune einfahren muß und freundlicherweise dem Rechtsmittelwerber diesen Umstand auch noch vorher ankündigt. Daß landwirtschaftliche Arbeiten wetter- und zeitgebunden sind und daher jedwede, noch dazu völlig unbegründete Verzögerungen durch den Rechtsmittelwerber dem nicht förderlich sind, liegt ebenso auf der Hand wie die Tatsache, daß der Nachbar eines landwirtschaftlichen Anwesens mit solchen Arbeiten rechnen muß. Dabei ist unerheblich, ob es für den Zeugen E gerade noch möglich ist, die Engstelle, die durch den offenbar immer genau passend abgestellten Beschuldigten-PKW entsteht, zu durchfahren, ohne diesen zu beschädigen, und ob die Gattin des Zeugen sich dazu nicht in der Lage sieht. Die Schilderung des Rechtsmittelwerbers von den Fahrkünsten seiner Nachbarn läßt den Schluß zu, daß er offenbar deren Heuerntearbeiten auch noch von einem geeigneten Beobachtungsstandort aus verfolgt, um nötigenfalls in (nur) von ihm geeignet angesehener Form reagieren zu können. Für den unabhängigen Verwaltungssenat ist das anscheinend geradezu zur Lebensanschauung gewordene Verhalten des Rechtsmittelwerbers nicht nur gänzlich unverständlich und mit dem Bestreben nach Förderung und Bewahrung seiner eigenen Lebensqualität - und damit auch der seiner Gattin - unvereinbar, sondern muß abgesehen davon von einer Persönlichkeit mit der Lebenserfahrung, der christlichen Weltanschauung und dem sozialen Umfeld des Rechtsmittelwerbers wohl erwartet werden können, mit den nun einmal in ihrer Landwirtschaft tätigen Nachbarn ein Einvernehmen zumindest im Hinblick auf ein friedliches und tolerantes Nebeneinanderleben zu erzielen.

Außerdem ist zu betonen, daß es nicht Aufgabe des unabhängigen Verwaltungssenates ist, als "Schiedsstelle" bei Nachbarschaftsstreitigkeiten zu fungieren.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Mag. Bissenberger

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