Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-104004/8/Ki/Shn

Linz, 14.11.1996

VwSen-104004/8/Ki/Shn Linz, am 14. November 1996 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch seine 9. Kammer (Vorsitzender Dr. Bleier, Beisitzer Dr. Leitgeb, Berichter Mag. Kisch) über die Berufung des J, vom 17. September 1996, gegen das Straferkenntnis der BH Grieskirchen vom 26. August 1996, VerkR96-2314-1996, nach Durchführung einer mündlichen Berufungsverhandlung am 7. November 1996 zu Recht erkannt:

I: Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis wird behoben und das Verfahren wird eingestellt.

II: Es entfällt die Verpflichtung zur Leistung jeglicher Verfahrenskostenbeiträge.

Rechtsgrundlagen:

zu I: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 45 Abs.1 Z1 und 51 VStG zu II: § 66 Abs.1 VStG Entscheidungsgründe:

I.1. Die BH Grieskirchen hat mit Straferkenntnis vom 26. August 1996, VerkR96-2314-1996, über den Berufungswerber (Bw) gemäß § 99 Abs.1 lit.b StVO 1960 eine Geldstrafe in Höhe von 11.000 S (Ersatzfreiheitsstrafe 230 Stunden) verhängt, weil er am 16.3.1996 um 17.30 Uhr den PKW mit dem Kennzeichen in W auf dem M von der B134 kommend in Richtung M Nr.4 in vermutlich durch Alkohol beeinträchtigtem Zustand gelenkt und anschließend um 18.15 Uhr in W, M 4, die von einem besonders geschulten und von der Behörde hiezu ermächtigten Organ berechtigt verlangte Alkomatentestprobe verweigert hat, obgleich aufgrund seiner vorangegangenen Fahrweise der Verdacht bestand, daß er zuvor im alkoholbeeinträchtigten Zustand einen PKW auf öffentlichen Straßen gelenkt hat (verletzte Rechtsvorschrift § 99 Abs.1 lit.b iVm § 5 Abs.2 Z1 StVO 1960). Außerdem wurde er gemäß § 64 VStG zur Leistung eines Beitrages zu den Kosten des Strafverfahrens in Höhe von 1.100 S (10 % der verhängten Geldstrafe) verpflichtet.

I.2. Der Bw erhob gegen das Straferkenntnis mit Schriftsatz vom 17. September 1996 Berufung mit dem Antrag, der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich möge das angefochtene Straferkenntnis aufheben und das gegenständliche Strafverfahren einstellen.

Im wesentlichen bestritt der Bw die inkriminierende Fahrweise, möglicherweise sei er im Zuge des Zigarettenanzündens einen kurzen Augenblick und wahrscheinlich nur geringfügig von der normalen Fahrspur abgekommen. Außerdem sei er auf der Wegstrecke zwischen Wels und Wallern bemüht gewesen, ein anderes Fahrzeug zu überholen und er habe deshalb mehrmals etwas nach links gelenkt. Da er sich aber aufgrund der Verkehrssituation letztlich kein Überholmanöver zutraute, habe er wieder nach rechts verlenken müssen.

Symptome einer Alkoholisierung seien anläßlich der Amtshandlung durch den Gendarmeriebeamten nicht gegeben gewesen, zumal derartiges im vom Zeugen verwendeten Anzeigenformular sogar von diesem ausgestrichen worden sei.

Nachfolgende anderslautende Angaben des Gendarmeriebeamten würden nur als Schutzbehauptungen zur Rechtfertigung der eigenen relativ forschen Vorgangsweise gewertet werden und wären daher nicht zuletzt wegen der Unschuldsvermutung irrelevant.

Im Hinblick auf die Verantwortung des Beschuldigten, aber auch für sich allein begründet das Fahren in Schlangenlinien keinen ausreichenden Verdacht, daß das Fahrzeug in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand gelenkt wurde. Da kein ausreichender Grund für die Annahme bestanden habe, der Beschuldigte hätte am 16.3.1996 im alkoholisierten Zustand ein Fahrzeug gelenkt, sei seine "Alkotestverweigerung" straflos. Die Voraussetzungen für die zwingende Durchführung eines Alkomattestes seien mangels Verdachts des Lenkens in alkoholisiertem Zustand nicht gegeben gewesen. Aus dem Straferkenntnis gehe nicht ein einziger Anhaltspunkt (gerötete Augen, lallen, etc) hervor, der eine Alkoholisierung am 16.3.1996 vermuten ließe.

I.3. Die Erstbehörde hat die Berufung samt Verfahrensakt dem O.ö. Verwaltungssenat zur Entscheidung vorgelegt und damit dessen Zuständigkeit ausgelöst. Dieser hatte, da eine 10.000 S übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, durch eine Kammer zu entscheiden.

I.4. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt sowie Abhaltung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 7. November 1996 Beweis erhoben.

Bei der Verhandlung wurden der Bw sowie als Zeuge RI August H einvernommen. Der Rechtsvertreter des Bw sowie ein Vertreter der Erstbehörde haben an der Verhandlung ebenfalls teilgenommen.

I.5. Der Bw führte bei seiner Einvernahme aus, daß er am Vorfallstag keine alkoholischen Getränke konsumiert habe. Es sei ihm klar, daß er, wenn er fahre, nichts trinken dürfe, zumal es für ihn als Montagearbeiter sehr von Nachteil wäre, wenn er den Führerschein verlieren würde. Er habe nach dem Tennisspielen glaublich einen gespritzten Apfelsaft und ca zwei Kaffee getrunken. Der Gendarmeriebeamte sei sehr forsch aufgetreten, weshalb die anwesenden Kinder zu weinen begonnen hätten. Er habe sich deshalb umgedreht und nichts mehr gesagt. Auf sein Fragen hin hätte ihm der Gendarmeriebeamte erklärt, daß dieser einen Anruf bekommen hätte, daß ihn jemand beobachtet hätte. Er habe im Bereich zwischen Wels und Haiding ein Kfz überholen wollen, mußte jedoch den Überholvorgang wegen einer 70 km/h Beschränkung abbrechen. Weiters habe er sich während der Fahrt eine Zigarette angezündet, nachdem er im Auto nicht rauchen dürfe, habe er das Fenster geöffnet und die Zigarette aus dem Fenster gehalten. Während der gesamten Fahrzeit habe kein anderes Fahrzeug mit ihm Verbindung aufzunehmen versucht, etwa durch Hupen udgl. Der Gendarmeriebeamte dürfte etwa 20 bis 30 min nach seinem Nachhausekommen erschienen sein. In der Zwischenzeit habe er geduscht und in der Folge mit den Kindern gespielt. Während der Amtshandlung hätte er seinen Sohn in den Armen gehalten.

Der Gendarmeriebeamte führte als Zeuge aus, daß der Bw zum Vorfallszeitpunkt ein gerötetes Gesicht hatte. Er habe vom Bw auf seinen Vorhalt hin keine gescheite Antwort erhalten.

Weil der Verdacht einer Alkoholisierung vorlag, sei er zweimal deutlich zum Mitkommen zum Alkotest aufgefordert worden. Der Bw habe rote Augen gehabt und er sei rot im Gesicht gewesen. Er sei in der Küche gestanden. Auf Vorhalt, daß hinsichtlich der geröteten Augen nichts in der Anzeige enthalten ist, führte der Zeuge aus, daß bei einer Verweigerung nicht vorgesehen sei, den Formularbogen auszufüllen. Der Bw sei in der Küche beim Fenster gestanden, er habe gewankt bzw habe er im Zuge der Amtshandlung ein Kind in den Arm genommen. Befragt, ob ihm etwas am Gang des Bw aufgefallen sei, als dieser von der Mitte der Küche bis zum Fenster ging, führte der Zeuge aus, daß dies kein sehr weiter Weg gewesen sei. Ob er den Verdacht der Alkoholisierung primär aufgrund der Anzeige oder primär aufgrund des Eindruckes des Bw gehabt hätte, führte der Zeuge aus, daß die Aufforderung bzw der Verdacht sicher aufgrund der Anzeige erfolgte. Die Anzeiger selbst seien dem Bw bis zu seinem Haus nachgefahren, er habe mit den Zeugen gesprochen, sie hätten ihm mitgeteilt, daß der Bw gerade in das Haus gegangen sei. Der Zeuge bestritt weiters, daß er forsch aufgetreten sei. Er versehe bereits seit 20 Jahren Dienst und er verhalte sich immer korrekt. Dies könnten seine Vorgesetzten mit Sicherheit bestätigen.

Auf Befragen, ob die Atemluft des Bw nach Alkohol gerochen habe, führte der Zeuge aus, daß er nicht sehr nahe zu ihm herangegangen ist, er lasse sich auch von Leuten niemals anhauchen. Er schließe jedoch daraus, daß der Bw von einem Fuß auf den anderen gestiegen ist, daß dieser gewankt habe, das Wanken könne eher durch eine Alkoholisierung hervorgerufen worden sein.

I.6. Nach Durchführung des Ermittlungsverfahrens hat der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erwogen:

Gemäß § 5 Abs.2 StVO 1960 sind Organe des amtsärztlichen Dienstes oder besonders geschulte und von der Behörde hiezu ermächtigte Organe der Straßenaufsicht berechtigt, die Atemluft von Personen, die verdächtig sind, in einem vermutlich durch Alkohol beeinträchtigten Zustand ein Fahrzeug gelenkt zu haben, auf Alkoholgehalt zu untersuchen.

Wer zu einer Untersuchung der Atemluft aufgefordert wird, hat sich dieser zu unterziehen.

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich verkennt nicht, daß nach ständiger Rechtsprechung des VwGH zur Begründung der Vermutung einer Alkoholbeeinträchtigung das Vorliegen eines typischen Alkoholisierungssymptomes genügt und es ohne Belang ist, auf welche Ursachen diese Symptome tatsächlich zurückzuführen sind. Dennoch konnte im verfahrensgegenständlichen Fall bei der vorliegenden Sachlage eine die Pflicht zur Atemluftuntersuchung begründende Vermutung nicht festgestellt werden. Wie aus der Aussage des als Zeugen einvernommenen Gendarmeriebeamten hervorgeht, konnten klassische Symptome einer Alkoholbeeinträchtigung, nämlich Alkoholgeruch der Atemluft, unsichere Geh- und Stehweise sowie lallende Aussprache jedenfalls nicht festgestellt werden bzw lagen solche Symptome nicht vor. Der Umstand, daß der Bw in der Küche seines Wohnhauses einen unsicheren Stand hatte bzw er bei seinem Weg von der Mitte der Küche bis zum Fenster möglicherweise gewankt hat, reicht im vorliegenden Fall bei weitem nicht aus, auf eine Alkoholisierung zu schließen, zumal insbesondere der Bw jedenfalls im Zuge der Amtshandlung seinen Sohn in die Arme genommen hat. Daß der Gendarmeriebeamte beim Bw auch gerötete Augen festgestellt hatte, wurde erst im Berufungsverfahren vorgetragen und es läßt daher auch dieser Umstand Zweifel offen, ob der Bw tatsächlich dieses Symptom aufwies.

Der Gendarmeriebeamte hat auch als Zeuge bestätigt, daß primär die Aufforderung zum Alkotest aufgrund der Anzeige und nicht aufgrund des Eindruckes, den er vom Bw hatte, erfolgte.

Die dem Bw vorgehaltene Fahrweise könnte zwar gegebenenfalls ebenfalls die Vermutung einer Alkoholisierung begründen, es ist jedoch nach Auffassung des O.ö. Verwaltungssenates hier eine sehr restrektive Betrachtungsweise geboten. Es spricht zwar für die Glaubwürdigkeit der Anzeiger, daß sie die Mühen der Folgen einer derartigen Anzeige (Zeugenaussagen udgl) in Kauf nahmen, andererseits darf jedoch nicht übersehen werden, daß gerade im Bereich der Privatanzeigen sehr oft auch subjektive Aspekte einfließen. In diesem Sinne schließt sich der O.ö. Verwaltungssenat der Rechtsprechung des VwGH an, daß etwa die bloße Tatsache, daß ein Kraftfahrer einen Unfall erlitten hat, sei es auch durch Zuwiderhandeln gegen Verkehrsvorschriften oder sonst durch eine Nachlässigkeit, für sich allein niemals die Vermutung der Alkoholisierung begründen kann, die die Vornahme einer Atemluftprobe rechtfertigt (VwGH 28.2.1986, 85/18/0376).

In Ermangelung eines Umfeldes, wie zB das Verlassen eines Lokales, entbehrte es im vorliegenden konkreten Fall einer objektiven Grundlage für die Vermutung einer Alkoholisierung und es kann daher der von der Erstbehörde erhobene Strafvorwurf nicht aufrechterhalten werden.

Es war daher der Berufung Folge zu geben und das Verwaltungsstrafverfahren gegen den Bw einzustellen.

II. Der Kostenausspruch stützt sich auf die im Spruch angeführte gesetzliche Bestimmung.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Beilage Dr. B l e i e r

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