Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
FAQs| Sitemap| Weblinks

VwSen-104015/12/Sch/Rd

Linz, 13.01.1997

VwSen-104015/12/Sch/Rd Linz, am 13. Jänner 1997 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch das Mitglied Dr. Schön über die Berufung des JG, vertreten durch RA, vom 21. August 1996 gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck vom 8. August 1996, VerkR96-14363-1994, wegen mehrerer Übertretungen der Straßenverkehrsordnung 1960, nach öffentlicher mündlicher Berufungsverhandlung am 8. Jänner 1997 zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird hinsichtlich Faktum 1 Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis in diesem Punkt behoben und das Verfahren eingestellt.

Im übrigen wird die Berufung abgewiesen und das oa Straferkenntnis bestätigt.

II. Hinsichtlich des stattgebenden Teils der Berufung entfällt die Verpflichtung zur Leistung jeglicher Verfahrenskostenbeiträge.

Insoweit die Berufung abgewiesen wurde (Fakten 2 und 3) hat der Berufungswerber einen Kostenbeitrag zum Berufungsverfahren von insgesamt 400 S (20 % der verhängten Geldstrafen) zu leisten.

Rechtsgrundlagen:

zu I.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 51, 19 bzw 45 Abs.1 Z2 VStG.

zu II.: §§ 64ff VStG.

Entscheidungsgründe:

Zu I.:

1. Die Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck hat mit Straferkenntnis vom 8. August 1996, VerkR96-14363-1994, über Herrn JG, wegen der Verwaltungsübertretungen gemäß 1) § 16 Abs.2 lit.b StVO 1960, 2) § 16 Abs.1 lit.c StVO 1960 und 3) § 16 Abs.1 lit.a StVO 1960 Geldstrafen von 1) 1.000 S, 2) 1.000 S und 3) 1.000 S sowie für den Fall der Uneinbringlichkeit Ersatzfreiheitsstrafen von 1) 48 Stunden, 2) 48 Stunden und 3) 48 Stunden verhängt, weil er am 24. August 1994 gegen 13.40 Uhr den Kombi mit dem Kennzeichen auf der Hausruck Bundesstraße von U kommend in Richtung V gelenkt habe, wobei er 1) bei der Einfahrt in den Dießenbachwald in der dortigen unübersichtlichen Rechtskurve bei Kilometer 50,4 ein Fahrzeug vorschriftswidrig überholt habe.

2) Anschließend habe er im Bereich des Kilometers 51,7 einen Teil einer Fahrzeugkolonne überholt, obwohl er nicht erkennen habe können, daß er sein Fahrzeug nach dem Überholvorgang ohne Gefährdung oder Behinderung anderer Straßenbenützer wieder in den Verkehr einordnen werde können, und habe er dabei 3) ein Fahrzeug überholt, obwohl andere Straßenbenützer gefährdet oder behindert hätten werden können.

Überdies wurde der Berufungswerber zu einem Kostenbeitrag zum Verfahren in der Höhe von insgesamt 300 S verpflichtet.

2. Gegen dieses Straferkenntnis hat der Berufungswerber rechtzeitig Berufung erhoben. Vom Instrumentarium der Berufungsvorentscheidung hat die Erstbehörde nicht Gebrauch gemacht und die Berufung vorgelegt. Damit ist die Zuständigkeit des unabhängigen Verwaltungssenates gegeben.

3. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat folgendes erwogen:

Zur Verwaltungsübertretung gemäß § 16 Abs.2 lit.b StVO 1960 (Faktum 1):

Nach der einschlägigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes (VwGH 10.7.1981, 81/02/0017 ua) kann von einer unübersichtlichen Straßenstelle dann nicht gesprochen werden, wenn der überholende Kfz-Lenker in der Lage ist, das Straßenstück bei Beginn des Überholvorganges zur Gänze zu überblicken, das er für diese Maßnahme einschließlich des ordnungsgemäßen Wiedereinordnens seines KFZ auf dem rechten Fahrstreifen benötigt. Es ist sohin zu beurteilen, wie weit die Sicht eines überholenden Fahrzeuglenkers gemessen von seiner Position zu Beginn des Überholmanövers ausreichte, welche Länge die Überholstrecke hatte und inwieweit das gegenständliche Straßenstück ihm bis zum Ende der Überholstrecke nicht die erforderliche Übersichtlichkeit geboten hat.

Anläßlich der eingangs erwähnten öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung wurde ein Lokalaugenschein abgeführt und anhand der Angaben des zeugenschaftlich einvernommenen Meldungslegers der angezeigte Überholvorgang einer fachlichen Beurteilung durch einen beigezogenen technischen Amtssachverständigen unterzogen. Dieser ist in seinem Gutachten, ausgehend von den für den Berufungswerber günstigsten Prämissen, zu dem Schluß gekommen, daß dieser zu Beginn seines Überholmanövers eine größere Sichtweite hatte, als der tatsächliche Überholweg, also die Überholstrecke, betragen hat.

Das Verwaltungsstrafverfahren war sohin in diesem Punkt einzustellen, ohne noch näher darauf eingehen zu müssen, ob nach der Beweislage das Berufungsvorbringen glaubwürdig war, nämlich daß das Überholmanöver bereits vor der vom Zeugen geschilderten Örtlichkeit zu Ende gewesen sei.

Zu den Verwaltungsübertretungen gemäß §§ 16 Abs.1 lit.c und 16 Abs.1 lit.a StVO 1960 (Fakten 2 und 3):

Diesbezüglich ist eingangs festzuhalten, daß sich die Schilderungen des Zeugen und des Berufungswerbers im Hinblick auf die Örtlichkeit, an der mit dem Überholmanöver begonnen wurde, decken. Während vom Berufungswerber allerdings vorgebracht wurde, er habe lediglich ein Fahrzeug höchstens zwei, überholt, so hat der Zeuge diesbezüglich ausgesagt, daß der Genannte drei vor ihm fahrende PKW überholt habe. Die Berufungsbehörde gibt den glaubwürdigen und schlüssigen Angaben des Zeugen diesbezüglich - aber auch noch im Hinblick auf seine weiteren Angaben zum Überholmanöver - den Vorzug. Nach der allgemeinen Lebenserfahrung kann ein Fahrzeuglenker, der unmittelbar hinter einem anderen vor Beginn eines Überholmanövers des Genannten hergefahren ist, diesbezüglich zweifelsohne detaillierte Angaben machen, wo noch dazu kommt, daß es sich beim Zeugen um einen Gendarmeriebeamten handelt, bei dem von vornherein erwartet werden kann, daß er in der Lage ist, entsprechende Vorgänge im Straßenverkehr wahrzunehmen und auch hierüber konkrete Angaben zu machen. Abgesehen davon war ihm der Berufungswerber aufgrund eines vorangegangenen Überholmanövers, das dem Zeugen bedenklich erschienen ist, schon aufgefallen.

Nach den Schilderungen des Zeugen war im Hinblick auf die Beurteilung des entscheidungsrelevanten Sachverhaltes davon auszugehen, daß das Überholmanöver aus der gleichen Geschwindigkeit wie die zu überholenden Fahrzeuge heraus begonnen wurde, da der Zeuge geschildert hat, daß der Berufungswerber vorerst auf diese Fahrzeugkolonne "aufgelaufen" war. Die günstigere vom Zeugen angegebene Fahrgeschwindigkeit dieser Kolonne ("60 bis 70 km/h"), also 60 km/h, und eine vom Berufungswerber eingehaltene Überholgeschwindigkeit von 100 km/h ergaben unter Einbeziehung eines mit 100 km/h fahrenden Gegenverkehrs eine benötigte Überholsichtweite von ca. 437 m, welche nach den schlüssigen Berechnungen des technischen Amtssachverständigen allerdings tatsächlich um etwa 57 m zu gering war. Der Bw hat sohin zu Beginn seines Überholmanövers nicht einwandfrei erkennen können, ob er sein Fahrzeug nach dem Überholvorgang in den übrigen Verkehr wieder einordnen wird können, ohne andere Straßenbenützer zu gefährden oder zu behindern.

Nach der Beweislage - und hier wird wieder auf die oa Zeugenaussage verwiesen - war durch das Überholmanöver des Berufungswerbers ein im Gegenverkehr befindlicher Fahrzeuglenker gezwungen, seine Fahrgeschwindigkeit massiv zu reduzieren und sein Fahrzeug so weit wie möglich nach rechts zu lenken.

Auch in diesem Punkt wird am Wahrheitsgehalt der Aussage des Zeugen nicht gezweifelt, welcher dieses Fahrmanöver des Gegenverkehrs eingehend schilderte und insbesondere darauf hinwies, daß seines Erachtens ein Verkehrsunfall nur dadurch verhindert wurde, daß der Lenker das geschilderte Fahrmanöver setzte, wobei die Verringerung der Fahrgeschwindigkeit vom Zeugen auch durch ein "Einknicken" dieses Fahrzeuges beobachtet wurde. Ein anderer Grund hiefür als der erwähnte Überholvorgang des Berufungswerbers kann nach der Beweislage ausgeschlossen werden.

Es kann sohin nicht daran gezweifelt werden, daß der Berufungswerber die ihm zur Last gelegten Delikte (Fakten 2 und 3) zu verantworten hat.

Zur Strafzumessung ist zu bemerken:

Gemäß § 19 Abs.1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat.

Daß Überholdelikte zu den schwerwiegendsten Verstößen gegen die straßenverkehrsrechtlichen Vorschriften gehören, kann als bekannt vorausgesetzt werden. Schließlich kommt es durch vorschriftswidrige Überholvorgänge immer wieder zu zumindest abstrakten Gefährdungen des übrigen Verkehrs, im vorliegenden Fall muß sogar von einer konkreten Gefährdung, insbesondere des Gegenverkehrs, ausgegangen werden.

Die von der Erstbehörde verhängten Geldstrafen in der Höhe von jeweils 1.000 S halten einer Überprüfung anhand dieser Kriterien ohne weiteres stand. Der Milderungsgrund der verwaltungsstrafrechtlichen Unbescholtenheit des Berufungswerbers wurde berücksichtigt, Erschwerungsgründe lagen nicht vor.

Die persönlichen Verhältnisse des Genannten, insbesondere sein monatliches Einkommen von 14.000 S, lassen erwarten, daß er zur Bezahlung der über ihn verhängten Geldstrafen ohne Gefahr für seinen Lebensunterhalt in der Lage sein wird.

Zu II.:

Die Entscheidung über die Kosten stützt sich auf die im Spruch angeführten gesetzlichen Bestimmungen.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

S c h ö n

DruckersymbolSeite drucken
Seitenanfang Symbol Seitenanfang
www.uvs-ooe.gv.at| Impressum