Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-104017/15/Weg/Km

Linz, 11.07.1997

VwSen-104017/15/Weg/Km Linz, am 11. Juli 1997 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Wegschaider über die Berufung des J K, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. W R, vom 20. August (richtg wohl: September) 1996, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Braunau am Inn vom 29. August 1996, VerkR96-8284-1994-Ga, nach der am 8. Juli 1997 durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung zu Recht erkannt:

Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis behoben und das Verfahren eingestellt.

Rechtsgrundlage: § 66 Abs.4 iVm § 24, § 45 Abs.1 Z1, § 51 Abs.1, § 51i, § 64 und § 65 VStG. Entscheidungsgründe:

1. Die Bezirkshauptmannschaft Braunau am Inn hat mit dem in der Präambel zitierten Straferkenntnis über den Berufungswerber wegen der Verwaltungsübertretungen nach 1. § 16 Abs.1 lit.a StVO 1960 und 2. § 7 Abs.1 erster Satz, StVO 1960 Geldstrafen (Ersatzfreiheitsstrafen von 1) 2.000 S (72 Stunden) und 2) 500 S (24 Stunden) verhängt, weil dieser am 24. Oktober 1994 um 23.10. Uhr den Pkw mit dem Kennzeichen auf der B147 von M kommend in Fahrtrichtung B gelenkt hat und 1. bei Strkm 21,3 ein Überholmanöver durchgeführt habe, das zufolge gehabt hätte, daß der Lenker des überholten Fahrzeuges dieses stark abbremsen und der entgegenkommende Radfahrer auf das Bankett ausweichen habe müssen, um einen Zusammenstoß zu verhindern. Dadurch habe er ein Fahrzeug überholt, obwohl andere Straßenbenützer gefährdet worden seien. 2. Habe er bei Strkm. 22,35 der B147 die Fahrbahnmitte um ca. 1 m überfahren und somit das Fahrzeug nicht so weit rechts gelenkt, wie dies unter Bedachtnahme auf die Leichtigkeit und Flüssigkeit des Verkehrs zumutbar und dies ohne Gefährdung, Behinderung oder Belästigung anderer Straßenbenützer und ohne Beschädigung von Sachen möglich gewesen wäre.

Außerdem wurde ein Kostenbeitrag zum Strafverfahren in der Höhe von 250 S in Vorschreibung gebracht.

2. Dem Straferkenntnis liegt ein Sachverhalt zugrunde, den zwei Gendarmeriebeamte am 25. Oktober 1994 zur Anzeige brachten. Neben den gegenständlichen Verwaltungsübertretungen wurden in dieser Anzeige dem Berufungswerber noch zwei weitere Delikte zum Vorwurf gemacht, die aber letztlich die Bezirkshauptmannschaft Braunau nicht mehr weiterverfolgte.

3. Der Berufungswerber wendet in seiner rechtzeitigen und auch sonst zulässigen Berufung sinngemäß ein, er habe anläßlich des Überholmanövers keinesfalls eine Verwaltungsübertretung gemäß § 16 Abs.1 lit.a StVO 1960 begangen. Es wäre geradezu absurd, wenn man ihm unterstellen würde, daß er ein deutlich erkennbares Gendarmeriefahrzeug überholen würde, obwohl ein entgegenkommender Radfahrer schon bei Überholbeginn erkennbar gewesen sei. In Wirklichkeit sei es so gewesen, daß er den Radfahrer erst gesehen habe, als er mit dem Gendarmeriefahrzeug auf gleicher Höhe war, daraufhin sofort das Überholmanöver abbrechen wollte, was jedoch - weil auch das Gendarmeriefahrzeug abgebremst wurde - letztlich nicht geschah. Vielmehr hat er in Anbetracht dieser Situation das Überholmanöver zügig fortgesetzt. Der Radfahrer sei auf das Bankett ausgewichen aber keinesfalls abgesprungen. Insgesamt treffe ihn jedenfalls keine Schuld. Hinsichtlich der Übertretung nach § 7 Abs.1 StVO 1960 führt der Berufungswerber aus, er habe angesichts eines am rechten Fahrbahnrand oder Straßenrand gesehenen Tieres etwas nach links ausgelenkt und die Leitlinie in der dort übersichtlichen Kurve überfahren. Gegenverkehr habe keiner geherrscht. Eine Gefährdung sei damit nicht verbunden gewesen. Es sei das einzig richtige Alternativverhalten gewesen, um mit dem außerhalb des Straßenrandes befindlichen Tier nicht zu kollidieren.

Der Berufungswerber stellt den Antrag auf Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung mit Lokalaugenschein unter Beiziehung eines technischen Amtssachverständigen.

4. Der unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis aufgenommen durch zeugenschaftliche Befragung der Gendarmeriebeamten Rev.Insp. F und Insp. H, durch Vernehmung des Beschuldigten, durch Beiziehung des straßenverkehrstechnischen Amtssachverständigen Dipl.-Ing. H und durch Verlesung der zeugenschaftlichen Aussage des G W (Beifahrer) anläßlich der am 8. Juli 1997 durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung, bei der auch ein Lokalaugenschein durchgeführt wurde.

Demnach steht fest (und zwar auch nach Aussage der Gendarmeriebeamten), daß der Berufungswerber den Radfahrer erst erkennen konnte und auch erkannte, als er sich beim Überholmanöver auf etwa gleicher Höhe mit dem Gendarmeriefahrzeug befand. Er hatte nämlich auf gleicher Höhe befindlich auf das Fernlicht umgeschaltet und dann den Radfahrer erkennen können. Die Gendarmeriebeamten sahen den Radfahrer ebenfalls erst ab jenem Zeitpunkt, als sich der Berufungswerber bereits neben ihnen, etwa auf gleicher Höhe fahrend, befand. Das dem Berufungswerber angesichts dieser Situation vorwerfbare Verhalten wäre, daß er das Überholmanöver nicht abgebrochen hat. Diesen Gedanken hatte der Berufungswerber auch, er wollte seinen Pkw abbremsen, mußte jedoch gleichzeitig erkennen, daß auch das Gendarmeriefahrzeug abgebremst wurde, sodaß die Fortsetzung des Überholmanövers ein nach Ansicht des technischen Amtssachverständigen richtiges und verkehrskonformes Verhalten darstellte. Der Sachverständige kam zum Schluß, daß der Berufungswerber einerseits auf Sicht fuhr und andererseits jedenfalls der Beginn des Überholmanövers zulässig war. Nach Ansicht des Sachverständigen kann dem Berufungswerber bei diesem Überholmanöver weder ein Fahrfehler noch eine Übertretung des § 16 Abs.1 lit.a StVO 1960 zum Vorwurf gemacht werden.

Zur Verletzung des § 7 Abs.1 StVO 1960 wurde der Zeuge Insp. H befragt, in welchem Abstand das Patrouillenfahrzeug hinter dem Beschuldigtenfahrzeug nachgefahren sei, was dieser mit "100 m bis 300 m" beantwortete. Der Beschuldigte behauptete, daß in der ersten Phase des Nachfahrmanövers der Abstand etwa 300 m betragen hat und sich nach seinem Gefühl sogar noch vergrößert habe. Es ist also in Anbetracht der Aussage Insp. Hagers davon auszugehen bzw. ist es nicht auszuschließen, daß der Nachfahrabstand 300 m betragen hat. Bei einem derartigen Abstand jedoch konnte das Fahrmanöver des Beschuldigten nicht im Scheinwerferlicht beobachtet werden, sodaß keine zuverlässige und alle Details beinhaltende Feststellungen möglich waren. Auch wenn es als Schutzbehauptung klingt, so ist es jedenfalls nicht denkunmöglich, daß in der sich dort befindlichen Gebüschgruppe am rechten Fahrbahnrand sich ein Tier bewegte, was den Berufungswerber letztlich veranlaßte, die dort befindliche übersichtliche Linkskurve dieser ca. 6 m breiten Straße zu schneiden. Dies ist - setzt man das Vorhandensein eines Tieres voraus - jedenfalls ein zulässiges Fahrmanöver, weil ein Gegenverkehr nicht in Sicht war. Es steht somit einer für ein Strafverfahren ausreichenden Sicherheit nicht fest, daß der Berufungswerber die ihm angelasteten Verwaltungsübertretungen begangen hat. Die Beweismittel reichten für einen Schuldspruch nicht aus, im Gegenteil, durch die Aussage der Gendarmeriebeamten und durch die Ausführungen des technischen Amtssachverständigen kam zutage, daß sich - vor allem hinsichtlich des Überholmanövers - der Vorfall so zugetragen hat, wie sich der Beschuldigte immer schon verantwortete.

5. Der unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

Gemäß § 45 Abs.1 Z1 VStG ist von der Fortführung eines Strafverfahrens abzusehen und die Einstellung zu verfügen, wenn die dem Beschuldigten zur Last gelegte Tat nicht erwiesen werden kann.

Nachdem die Beweisbarkeit - wie oben dargelegt - nicht vorliegt, war in Befolgung der zitierten Gesetzesstelle spruchgemäß zu entscheiden.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Dr. Wegschaider

Beschlagwortung: Berufung verspätet

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