Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-104076/11/BI/FB

Linz, 28.04.1997

VwSen-104076/11/BI/FB Linz, am 28. April 1997 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Bissenberger über die Berufung des Herrn R S, M, W, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. F S, S, W, vom 7. Oktober 1996 gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Grieskirchen vom 18. September 1996, VerkR96-6041-1995, wegen Übertretung der Straßenverkehrsordnung 1960, nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung samt mündlicher Verkündung am 17. April 1997 zu Recht erkannt:

Die Berufung wird hinsichtlich des Schuldspruches abgewiesen, die verhängte Geldstrafe jedoch auf 2.500 S und die Ersatzfreiheitsstrafe auf 72 Stunden herabgesetzt.

Der Verfahrenskostenbeitrag erster Instanz ermäßigt sich auf 250 S, im Rechtsmittelverfahren ist kein Kostenbeitrag zu leisten.

Rechtsgrundlage: zu I.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 19, 24, 51 Abs.1 und 51i VStG, § 1 lit.c Z1 der VO des BMin f. öff. Wirtschaft und Verkehr vom 2. November 1989 über Geschwindigkeitsbeschränkungen auf bestimmten Autobahnen zur Nachtzeit, BGBl.Nr. 527/1989 iVm § 99 Abs.3 lit.a StVO 1960. zu II.: §§ 64 und 65 VStG.

Entscheidungsgründe:

zu I.:

1. Mit dem angeführten Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Grieskirchen wurde über den Berufungswerber (Bw) eine Geldstrafe von 3.700 S (Ersatzfreiheitsstrafe von 111 Stunden) verhängt, weil er am 22. Oktober 1995 um 00.50 Uhr im Gemeindegebiet von P, Bezirk G, O, auf der Innkreisautobahn A auf Höhe des Strkm 49,539 aus Richtung W kommend in Fahrtrichtung S als Lenker des PKW der Marke Mazda, Typ 323, mit dem behördlichen Kennzeichen , die auf der Innkreisautobahn in der Zeit von 22.00 Uhr bis 05.00 Uhr zulässige Höchstgeschwindigkeit von 110 km/h wesentlich (um 61 km/h) überschritten habe.

2. Die dagegen rechtzeitig eingebrachte Berufung wurde seitens der Erstinstanz dem unabhängigen Verwaltungssenat ohne Berufungsvorentscheidung vorgelegt. Da keine 10.000 S übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, war durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden. Am 17. April 1997 wurde eine öffentliche mündliche Berufungsverhandlung in Anwesenheit des Parteienvertreters Dr. S und der Zeugen GI F und Insp. G durchgeführt. Der Behördenvertreter hat sich entschuldigt.

3. Der Rechtsmittelwerber macht im wesentlichen geltend, GI F sei bei der Ablesung der Werte am Laser-Verkehrsgeschwindigkeitsmesser ein Ablesefehler insofern unterlaufen, als er die Ziffern 4 und 7 verwechselt habe, sodaß er irrtümlich zum Ergebnis gelangt sei, er wäre statt den tatsächlichen 140 km/h über 170 km/h gefahren. Im übrigen habe er aus seiner Fahrtrichtung kommend keinerlei Geschwindigkeitsbeschränkungszeichen wahrnehmen können; eine Erklärung dafür könne nur darin liegen, daß diese Beschränkungszeichen verschmutzt oder verdreht gewesen seien. Er habe überdies zuvor die Seitenfenster seines Fahrzeugs durch eine längere Strecke hindurch teilweise geöffnet gehabt, was zu einem höheren Lärmpegel geführt habe, und unmittelbar vor Annäherung an die Parkplatzausfahrt die Seitenfenster geschlossen, sodaß er durch den nunmehr niedrigen Geräuschpegel die geringfügige Erhöhung der Fahrgeschwindigkeit (auf 140 km/h) übersehen habe. Es liege somit auch kein Verschulden seinerseits vor. 4. Der unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den erstinstanzlichen Verfahrensakt sowie Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung, bei der der Parteienvertreter gehört und die Gendarmeriebeamten zeugenschaftlich vernommen wurden. Auf dieser Grundlage ist folgender Sachverhalt als erwiesen anzusehen: In der Nacht zum 22. Oktober 1995 führten die Beamten der Autobahngendarmerie R GI F und Insp. G im Rahmen des Verkehrsüberwachungsdienstes auf der A Innkreisautobahn Geschwindigkeitsmessungen mit dem zuletzt vorher am 7. März 1995 geeichten Laser-Verkehrsgeschwindigkeitsmeßgerät des Typs LTI 20.20 TS/KM-E, Nr. 7655, durch. Laut dem bei der Verhandlung eingesehenen Meßprotokoll wurden bereits ab Mitternacht Geschwindigkeitsmessungen durchgeführt und um 00.45 Uhr stellte GI F das von außen als solches erkennbare Gendarmeriefahrzeug im Bereich der Parkplatzausfahrt Grübl-Nord in annähernd 45ï‚° zur Richtungsfahrbahn Suben so ab, daß ca 500 m Sicht auf den ankommenden Verkehr bestand. Nach Durchführung der vorgeschriebenen Kontrollen, nämlich der Gerätefunktionskontrolle, der Zielerfassungskontrolle und der 0-km/h-Messung, begann er vom Lenkersitz aus unter Aufstützen des Geräts beim geöffneten Seitenfenster mit den Messungen, wobei wegen des geringen Verkehrsaufkommens jedes ankommende Fahrzeug gemessen wurde, so auch der um ca. 00.50 Uhr in Richtung Suben fahrende PKW des Rechtsmittelwerbers, der laut Aussagen beider Zeugen augenscheinlich eine höhere Geschwindigkeit einhielt. GI F visierte das Fahrzeug zwischen den Scheinwerfern auf Höhe des Kennzeichens an und konnte die gemessene Geschwindigkeit von 177 km/h sofort in der Visieroptik eingeblendet sehen. Zugleich ertönte der Piepston, der bei Geräten dieser Bauart eingestellt werden kann, um zusätzlich die Überschreitung einer bestimmten Geschwindigkeit - idR 160 km/h - ohne Ablesen auf dem Display erkennen zu können. GI F übergab das Meßgerät dem auf dem Beifahrersitz befindlichen Insp. G und startete das Gendarmeriefahrzeug, um dem PKW nachzufahren. Dieser konnte nach ca. 2 km auf der O angehalten werden. Die Amtshandlung nahm Insp. G vor, der die gemessene Geschwindigkeit auf dem Lasergerät abgelesen hatte. Der Rechtsmittelwerber reagierte nach Aussagen des Zeugen keineswegs überrascht. Die Daten wurden anhand der eingesehenen Dokumente, die dem Akt in Kopie beiliegen, notiert und auch die auf dem Lasergerät ersichtlichen Daten, nämlich die auf die Entfernung von 191 m gemessene Geschwindigkeit von 177 km/h sowie die unter Abzug des vorgeschriebenen Toleranzwertes von 3 %, ds 5,31 km/h, ermittelte und dem Tatvorwurf zugrundegelegte Geschwindigkeit von 171 km/h, aufgeschrieben.

Der Zeuge hat ausgeführt, er räume bei solchen Amtshandlungen normalerweise dem beanstandeten Lenker die Möglichkeit ein, die gemessene Geschwindigkeit auf dem wegen der Stromversorgung im Gendarmeriefahrzeug verbleibenden Lasermeßgerät abzulesen, nehme aber an, er habe dem Rechtsmittelwerber solches nicht angeboten, weil dieser die vorgeworfene Geschwindigkeit akzeptiert habe. Er habe sich damit verantwortet, er sei unbedacht gewesen und habe nicht gewußt, daß man auf dieser Autobahn nach 22.00 Uhr nur mehr 110 km/h fahren dürfe. Sowohl GI F als auch Insp. G haben einen Ablesefehler konkret ausgeschlossen und dies damit begründet, ein solcher Fehler eines Beamten hätte vom anderen zweifllos bemerkt werden müssen.

Für den unabhängigen Verwaltungssenat besteht auf dieser Grundlage kein Anlaß, an den schlüssigen und nachvollziehbaren Aussagen beider Zeugen zu zweifeln. Ein Irrtum beim Ablesen der gemessenen Geschwindigkeit eines Zeugen hätte dem anderen Zeugen jedenfalls auffallen müssen und auch der von GI F bestätigte "Aufmerksamkeitston" läßt den Schluß auf eine Überschreitung der eingestellten Geschwindigkeit - idR 160 km/h - zu. Außerdem ist anzunehmen, daß der Rechtsmittelwerber sich sofort auf eine niedrigere Geschwindigkeit berufen hätte. Seine Verantwortung ist auch insofern unschlüssig, weil nicht einsehbar ist, warum die Ziffer 7 bei 177 km/h iSv 147 km/h unrichtig abgelesen worden sein soll und nicht iSv 174 km/h. Die dem Verwaltungsstrafverfahren zugrundegelegte Geschwindigkeit von 171 km/h wurde nicht abgelesen, sondern durch Kopfrechnen ermittelt. Anhaltspunkte für Meßfehler konnten nicht gefunden werden und wurden auch nie behauptet. Auf dieser Grundlage gelangt der unabhängige Verwaltungssenat zu der Überzeugung, daß der Rechtsmittelwerber die ihm vorgeworfene Geschwindigkeit von 171 km/h tatsächlich eingehalten hat.

In rechtlicher Hinsicht ist auszuführen: Gemäß § 1 lit.c Z1 der VO des Bundesministers für öffentliche Wirtschaft und Verkehr vom 2. November 1989 über Geschwindigkeitsbeschränkungen auf bestimmten Autobahnen zur Nachtzeit, BGBl.Nr. 527/1989, wird zur Sicherheit des Verkehrs und zur Fernhaltung von Gefahren und Belästigungen, insbesondere durch Lärm und Schadstoffe, für den Bereich der gesamten Innkreisautobahn A in der Zeit von 22.00 Uhr bis 05.00 Uhr die erlaubte Höchstgeschwindigkeit für Lenker von Personenkraftwagen mit 110 km/h festgesetzt.

Die vom Rechtsmittelwerber eingehaltene Geschwindigkeit liegt zweifellos erheblich über der in dieser Verordnung festgesetzten Geschwindigkeitsbeschränkung. Seine Einwände, er habe ein entsprechendes Verkehrszeichen nicht gesehen, weil es möglicherweise verdreht oder verschmutzt gewesen sei - im übrigen hätten die Beamten der Autobahngendarmerie dafür zu sorgen, daß solche Zeichen einwandfrei sicht- und ablesbar seien - und er habe nicht gewußt, daß auf dieser Autobahn zur Nachtzeit nur eine geringere Geschwindigkeit erlaubt sei, gehen allesamt ins Leere, weil zum einen ein Fahrzeuglenker, der eine bestimmte Autobahnstrecke befährt, sich über für ihn geltende Bestimmungen informieren muß und ihm daher die auf sämtlichen Auffahrten auf die Innkreisautobahn und in deren Verlauf gut sichtbar angebrachten Hinweiszeichen auffallen müssen. Auf der Fahrt zum Verhandlungsort wurde festgestellt, daß entsprechende Hinweiszeichen zB nach den Auffahrten G und R einwandfrei ablesbar angebracht sind, an denen der Rechtsmittelwerber vorbeigekommen sein muß und die ihm daher bei der zu erwartenden Aufmerksamkeit auffallen hätten müssen, gerade weil er diese Autobahnstrecke offenbar selten befahrt. Daß alle diese Hinweiszeichen zum Vorfallszeitpunkt verdreht oder verschmutzt gewesen sein könnten, ist eine bloße Vermutung des Rechtsmittelwerbers, für deren Zutreffen keinerlei Hinweise gefunden werden konnten. Abgesehen davon wurde diese Geschwindigkeitsbeschränkung im Bundesgesetzblatt kundgemacht, so daß die Hinweistafeln keine Kundmachung einer straßenpolizeilichen Verordnung darstellen (vgl. VfGH v 16. März 1993, B 1218/91-15, - darin wurde auch ausgesprochen, daß der Schutz der Bevölkerung vor Lärmbelästigungen in der Nacht entlang den aufgezählten Straßenstrecken - dazu gehören auch die Transitrouten Pyhrn-, Tauern-, Inntal-, Brenner- und Rheintalautobahn - einen iSd Gleichheitssatzes hinlänglichen sachlichen Grund für die Erlassung der Geschwindigkeitsbeschränkungen darstellt). Das Argument des Rechtsmittelwerbers, er habe gerade zuvor das Seitenfenster geschlossen und durch den nunmehr niedrigeren Geräuschpegel die Geschwindigkeitsüberschreitung nicht wahrnehmen können, sodaß ein Verschulden seinerseits nicht vorliege, kann ebenfalls nicht zum Erfolg führen, weil nicht einmal er behauptet hat, daß er den gerade zur Feststellung der eingehaltenen Geschwindigkeit eingebauten Tachometer, der idR ein Fahren "auf Gehör" entbehrlich macht, aus irgendwelchen Gründen zu beobachten nicht in der Lage gewesen wäre. Für den unabhängigen Verwaltungssenat steht daher fest, daß der Rechtsmittelwerber den ihm zur Last gelegten Tatbestand erfüllt und sein Verhalten als Verwaltungsübertretung zu verantworten hat. Zur Strafbemessung ist auszuführen: Der Strafrahmen des § 99 Abs.3 StVO 1960 reicht bis zu 10.000 S Geld- bzw bis zu 2 Wochen Ersatzfreiheitsstrafe. Laut Begründung des angefochtenen Straferkenntnisses hat die Erstinstanz zutreffend die bisherige verwaltungsstrafrechtliche Unbescholtenheit des Rechtsmittelwerbers als mildernd gewertet und mangels entsprechender Bekanntgabe dessen geschätzten finanziellen Verhältnisse (14.000 S netto monatlich als Geschäftsführer, keine Sorgepflichten, kein Vermögen) zugrundegelegt. Auch für den unabhängigen Verwaltungssenat war von anderen Verhältnissen nicht auszugehen. Zu bemerken ist aber, daß eine Geschwindigkeit von 171 km/h auch weit über der untertags erlaubten Höchstgeschwindigkeit auf Autobahnen liegt. Eine geringfügige Herabsetzung der verhängten Strafe ist jedoch insofern gerechtfertigt, als zur Vorfallszeit offenbar geringfügiges Verkehrsaufkommen herrschte und keinerlei Hinweise auf eine vom Beschuldigtenfahrzeug ausgehende überdurchschnittliche Lärmentwicklung bestehen.

Die nunmehr verhängte Strafe liegt im unteren Bereich des gesetzlichen Strafrahmens, hält generalpräventiven Überlegungen stand und soll den Rechtsmittelwerber in Hinkunft zur genauesten Beachtung von Geschwindigkeitsbestimmungen anhalten. Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

zu II.: Der Ausspruch über die Verfahrenskosten ist gesetzlich begründet.

Rechtsmittelbelehrung: Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis: Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Mag. Bissenberger

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