Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-104077/33/GU/Mm

Linz, 01.08.1997

VwSen-104077/33/GU/Mm Linz, am 1. August 1997 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch seine 2. Kammer (Vorsitzender: Dr. Langeder, Berichter: Dr. Guschlbauer, Beisitzer: Dr. Bleier) über die Berufung der R. L., vertreten durch die RAe Dr. F., gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft .. vom 19. September 1996, Zl. VerkR96-19-1996, wegen Übertretung der StVO 1960, nach den am 8. April 1997 und am 9. Juni 1997 durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlungen, zu Recht erkannt:

Die Berufung wird abgewiesen. Das angefochtene Straferkenntnis wird bestätigt, wobei der Spruch wie folgt neu gefaßt wird: "Frau R. L. war am 23.12.1995 verdächtig, um 15.37 Uhr den PKW mit dem Kennzeichen .., vom Marktplatz S. bis auf Höhe des Hauses L.straße Nr. 37, gelenkt zu haben, wobei sie sich vermutlich in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand befunden hat und sie weigerte sich am 23.12.1995 um 15.50 Uhr in L., gegenüber einem besonders geschulten und von der Behörde ermächtigten Organ der Straßenaufsicht, ihre Atemluft auf Alkoholgehalt untersuchen zu lassen, obwohl sie von diesem Organ dazu aufgefordert worden ist." Im übrigen wird der Ausspruch über die verletzte Norm, die verhängte Geld- und Ersatzfreiheitsstrafe, sowie über die auferlegten erstinstanzlichen Verfahrenskostenbeiträge bestätigt.

Die Rechtsmittelwerberin hat als Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens den Betrag von 2.200 S zu entrichten.

Rechtsgrundlage: § 66 Abs.4 AVG iVm § 24 VStG, § 5, § 19, § 44a Z1, § 64 Abs.1 und 2 VStG, § 5 Abs.2 2.Satz 1.Fall und 3.Satz StVO 1960, § 99 Abs.1 lit.b leg.cit.

Entscheidungsgründe:

Die Bezirkshauptmannschaft .. hat am 19.9.1996 zur Zl. VerkR96-19-1996, gegen die Rechtsmittelwerberin ein Straferkenntnis erlassen, dessen Spruch lautet:

"Sie lenkten am 23.12.1995 um 15.37 Uhr den PKW, Kennzeichen .., vom Marktplatz S. kommend in Richtung L. bis auf Höhe des Hauses L.straße Nr. 37.

Obgleich vermutet werden konnte, daß Sie sich beim Lenken des Fahrzeuges in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand befanden, weigerten Sie sich am 23.12.1995 bis 15.20 Uhr in L., gegenüber einem besonders geschulten und von der Behörde ermächtigten Organ der Straßenaufsicht, Ihre Atemluft auf Alkoholgehalt untersuchen zu lassen, obwohl Sie von diesem Organ dazu aufgefordert wurden." Wegen Verletzung des § 5 Abs.2 iVm § 99 Abs.1 lit.b StVO 1960 wurde ihr deswegen in Anwendung des § 99 Abs.1 lit.b leg.cit. eine Geldstrafe von 11.000 S, im Falle der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 168 Stunden und ein erstinstanzlicher Verfahrenskostenbeitrag von 1.100 S auferlegt. In der Begründung des angefochtenen Straferkenntnisses kam die erste Instanz in Würdigung der ihr zur Verfügung gestandenen Beweise zur Überzeugung, daß das Lenken des Kraftfahrzeuges durch die Aussage des Gendarmeriebeamten, der die Beschuldigte beim Einsteigen auf der Lenkerseite des Kraftfahrzeuges beobachtet habe, gegenüber den anderslautenden Aussagen der vernommenen Zeugen O.L. und D. S. überzeugen konnte.

In ihrer dagegen erhobenen Berufung bekämpft die rechtsfreundlich vertretene Beschuldigte diese Beweiswürdigung und führt aus, daß weder Inspektor H. gesehen habe, daß sie tatsächlich eingestiegen sei und schon gar nicht habe er irgendwelche Wahrnehmungen dazu angeben können, wer das Fahrzeug tatsächlich gelenkt habe, zumal er in einem Verfahren vor dem UVS betreffend eine Maßnahmenbeschwerde wegen einer vorläufigen Führerscheinabnahme nur ausgeführt habe, "ich sah Frau L. zum PKW gehen und sie machte auch Anstalten bei der Lenkerseite einzusteigen".

Die unter Wahrheitspflicht gemachten Zeugenaussagen des Gatten der Beschuldigten und der weiteren Mitfahrerin D. S. hätten ergeben, daß das Fahrzeug von O. L. und nicht von der Beschuldigten gelenkt worden sei.

Die einschreitenden Beamten seien in ihrem Haus nicht in der Lage gewesen den tatsächlichen Lenker zu eruieren, obwohl sie - die Beschuldigte - von vorneherein angegeben habe, daß sie das Fahrzeug nicht gelenkt habe.

Mangels Lenkens des Fahrzeuges dürfe eine Bestrafung nicht erfolgen. Ein Umschwenken auf den Vorwurf, daß seinerzeit der Verdacht bestanden hätte, sie habe ein Fahrzeug in alkoholisiertem Zustand gelenkt, sei infolge zwischenzeitig eingetretener Verfolgungsverjährung nicht mehr zulässig. Darüber hinaus sei nicht einmal die Annahme eines derartigen Verdachtes gerechtfertigt, zumal die einschreitenden Beamten von vorne herein ihre Aufmerksamkeit nur auf sie gerichtet hätten, eine Begründung hiefür jedoch nicht anzugeben in der Lage gewesen seien.

Im Schlußplädoyer hat der Rechtsfreund der Beschuldigten sein Berufungsvorbringen noch dahingehend ergänzt, daß der Zeitpunkt des Lenkens mit 15.37 Uhr unsicher sei, zumal zu diesem Zeitpunkt bloß eine angebliche Wahrnehmung des Postenkommandanten vom Einsteigen stattgefunden habe.

Auch hier bedeute eine Verschiebung der Lenkzeit eine Auswechselung der Tat.

Aus all diesen Gründen beantragt die Rechtsmittelwerberin das angefochtene Straferkenntnis aufzuheben und das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen.

Aufgrund der Berufung wurde am 8.4.1997 die mündliche Verhandlung in Gegenwart der Beschuldigten sowie ihres Rechtsfreundes und in Gegenwart des Vertreters der Bezirkshauptmannschaft ..durchgeführt und am 9.6.1997 nach Aufnahme eines weiteren Beweises geschlossen.

Im Rahmen der mündlichen Verhandlung wurde nach Darlegung der Aktenlage die Beschuldigte vernommen und ihr Gelegenheit zur Rechtfertigung geboten. Ferner wurden die Zeugen Bez.Insp. J. H., RI G. E., O. L. und D. S. vernommen. Am 9.6.1997 wurde schließlich ein Lokalaugenschein bezüglich der Wahrnehmungsmöglichkeiten des für die Fahrt vom Marktplatz S.bis zur Höhe des Hauses L.straße Nr. 37, benutzten Kraftfahrzeuges durchgeführt und die Verhandlungsschriften aus dem Verfahren vor dem O.ö. Verwaltungssenat zur Zl. VwSen-420092 vom 15.5.1996 und vom 5.6.1996, über Anregung der Parteien verlesen.

Folgender Sachverhalt ist erwiesen:

Die Beschuldigte, ihr Gatte und die den Ehegatten gut bekannte D. S., begaben sich am Abend des 22.12.1995 im PKW mit dem Kennzeichen .., zum Marktplatz nach S. Die Dreiergruppe besuchte ab ca. 19.00 Uhr das am Marktplatz befindliche Lokal "XY" bis in die Morgenstunden des 23.12.1995, nahm anschließend in einem nahegelegenen Kaffee das Frühstück ein und kehrte nach dem Wiederaufsperren des Lokals "XY" in dieses zurück, um dort weiterzumachen. Am Vormittag des 23.12.1995 fand im Lokal ein Raufhandel unter Burschen statt und mußte die Gendarmerie einschreiten, wobei das Ehepaar L. vom Postenkommandanten des GPK S. im Lokal allem Anschein nach alkoholisiert angetroffen wurde, wobei sie allerdings mit dem Raufhandel nichts zu tun hatten und über deren Hergang nichts aussagen konnten oder wollten.

Unabhängig davon, erhielten die Ehegatten L. im Lokal "XY" Lokalverbot. Es ging die vorgenannte Dreiergruppe zum Mittagessen in den Gasthof B. "XY" in S., um sich anschließend in das Wohnobjekt der Familie L. nach L., zu begeben.

Während des gesamten Aufenthaltszeitraumes in S. stand der vorangeführte PKW mit dem Kennzeichen .. am äußersten, der vor dem Lokal "XY" befindlichen Parkplätze nächst dem Elektrogeschäft G. Unmittelbar über dem Lokal "XY" (im selben Hause) sind im ersten Obergeschoß die Diensträume des Gendarmeriepostenkommandos S. eingerichtet. Dieser besteht aus sechs Diensträumen und einem Sozialraum, wobei sämtliche Diensträume so situiert sind, daß die Fensterflächen in Richtung Marktplatz weisen.

Der Postenkommandant Bez.Insp. H., hielt sich am Nachmittag des 23.12.1995 gegen 15.37 Uhr im Journaldienstraum auf, um mit der in der Nähe des Fensters vor einer Zwischenwand aufgestellten Computerschreibmaschine einen Bericht zu verfassen. Der Journaldienstraum ist im mittleren Bereich der Diensträume angeordnet, weist eine großflächige Fensterverglasung auf, wobei im unteren Bereich ein storemäßig ausgebildetes "Vorhangerl", welches allerdings die Sicht nach außen und unten freigibt, angeordnet ist. Zum vorerwähnten Zeitpunkt erhob sich der Postenkommandant von seinem Bürosessel, überblickte somit am Fenster stehend einen großen Teil des Marktplatzes, neigte sich ein wenig zum Fenster hin und nahm dabei zufällig wahr, wie Frau R. L. - die Beschuldigte - Anstalten machte auf der Fahrerseite, des vor dem Gendarmerieposten abgestellten Fahrzeuges mit dem Kennzeichen .., einzusteigen. Auf der Beifahrerseite sah er eine männliche Person einsteigen.

Da H. am Vormittag die Beschuldigte im Lokal "XY" angeheitert angetroffen hatte, gab er seinem Kollegen RI E., welcher allerdings die Situation um das Einsteigen nicht persönlich wahrgenommen hatte, kurz entschlossen den Auftrag, gemeinsam die Spurfolge aufzunehmen, um aufgrund der herrschenden Verdachtsmomente die Sache abzuklären.

Die beiden Gendarmen konnten mit ihrem Dienstwagen das Fahrzeug mit dem Kennzeichen .., nicht mehr sichten und demnach dieses nicht in Bewegung befindlich wahrnehmen. Nachdem dem Postenkommandanten der Wohnort des Ehepaares L. bekannt war, begaben sie sich zum Hause L.straße Nr. 37, fanden um ca. 15.42 Uhr den PKW mit warmer Motorhaube und heißem Auspuff vor, begaben sich in die Wohnung der Ehegatten Langthaler und fanden dort Herrn L. und seine Gattin - die Beschuldigte - die sich gerade eines Überbekleidungsstückes entledigte, vor.

Später kam auch noch Frau D. S. in die Wohnung.

Alle drei Personen waren kurz vor Eintreffen der Gendarmerie im PKW mit dem Kennzeichen .. zum Hause L.straße Nr. 37, gelangt.

Auf der Dienstfahrt hatte der Postenkommandant seinem Kollegen und Lenker des Dienstkraftwagens mitgeteilt, daß er aufgrund der vormittägigen Wahrnehmung und der Wahrnehmung beim Besteigen des Kraftfahrzeuges .., Frau L. verdächtigte, das Fahrzeug in einem vermutlich alkoholisierten Zustand gelenkt zu haben. Frau L. wies beim Eintreffen der Gendarmen erhebliche Alkoholisierungssymptome wie starken Alkoholgeruch aus dem Mund, schwankenden Gang und gerötete Bindehäute auf und wurde aus diesem Grunde von RI E., einem geschulten und ermächtigten Organ, zur Ablegung einer Atemalkoholuntersuchung aufgefordert. Die Beschuldigte verweigerte diese mit dem Hinweis, daß sie das Fahrzeug nicht gelenkt habe. Sie behauptete, daß die Lenkerin vielmehr die später eintretende Freundin D. S. gewesen sei, was letztere jedoch energisch und unter dem Hinweis auf einen Handgipsverband zurückwies.

Zwischenzeitig hatte der Postenkommandant mit Herrn L., der ihm persönlich bekannt war, gesprochen. In diesem Gespräch fiel wechselweise das Wort "Blödsinn".

Nachdem die Beschuldigte des Lenkens weiterhin dringend verdächtig, über Aufforderung die Fahrzeugpapiere dem RI E. herausgab, wurde sie neuerlich aufgefordert, die Atemalkoholuntersuchung durchzuführen, was sie abermals um 15.50 Uhr verweigerte. Daraufhin wurde die Amtshandlung abgeschlossen.

Der O.ö. Verwaltungssenat erblickt im Anstalten machen zum Einsteigen und zwar auf der Fahrerseite und insbesonders in der Überwindung der Fahrtstrecke vom Marktplatz S. bis zum Hause L.straße Nr. 37, im Fahrzeug .., einen begründeten Verdacht des Lenkens dieses Fahrzeuges am 23.12.1995 ab 15.37 Uhr zu Lasten der Beschuldigten.

Bei der Würdigung der Beweise war, da der Lebenssachverhalt schon geraume Zeit zurückliegt und das Erinnerungsvermögen der vor dem unabhängigen Verwaltungssenat vernommenen Zeugen teilweise verblaßt war, zur Rekonstruktion des Geschehens auch auf frühere Niederschriften des UVS vom Mai und Juni 1996 zurückzugreifen, was auch die Zustimmung der Parteien hatte.

Diese Niederschriften wurden im Rahmen eines Verfahrens über eine Maßnahmenbeschwerde der Beschuldigten gegen die vorläufige Abnahme des Führerscheines vom UVS aufgenommen. Die Maßnahmenbeschwerde hatte insofern Erfolg, als die vorläufige Führerscheinabnahme als sichernde Maßnahme deswegen seinerzeit rechtswidrig erklärt wurde, weil die Beschuldigte, da sie schon zuhause war, keine Anstalten machte, tatsächlich das Fahrzeug anschließend in Betrieb zu nehmen. Die Amtshandlung war, wie aus der Begründung des seinerzeit ergangenen Erkenntnisses vom 24.7.1996 zu VwSen-420092/34/Kl/Rd hervorgeht, nicht deswegen rechtswidrig, weil kein begründeter Verdacht gegeben gewesen wäre, daß die Beschuldigte das Fahrzeug zuvor gelenkt hätte.

Für die Würdigung der Beweise, insbesondere der Aussagen der vernommenen Zeugen, mußten für die Vertretung der Glaubwürdigkeit auch frühere, vor der ersten Instanz, abgelegten Zeugenaussagen herangezogen bzw. gegenübergestellt werden.

Unbestritten ist, daß die Beschuldigte, die der Aufforderung zur Ablegung der Atemalkoholuntersuchung vorangehende Fahrt im PKW mit dem Kennzeichen .., vom Marktplatz S. bis zu ihrer Wohnung in L.straße Nr. 37, absolviert hat.

Der Gatte der Beschuldigten und die gemeinsame Bekannte D. S. versuchten in ihrer zeugenschaftlichen Vernehmung die Verantwortung der Beschuldigten - nicht sie, sondern Herr L. habe auf der in Rede stehenden Fahrt das Fahrzeug gelenkt - zu stützen und damit die Aussage des Bez.Insp. H., daß eine Frau - die Beschuldigte - an der Lenkerseite eingestiegen sei, als denkunmöglich und unrichtig und somit einen Verdacht des Lenkens nicht rechtfertigend, hinzustellen.

Während Bez.Insp. H. neben der bloßen Tatsache, daß die Beschuldigte zur Tatzeit auf dem Weg nach Hause sich im konkreten Fahrzeug befand und damit für die Vermutung des Lenkens einen wesentlichen Faktor bildete, bei seinen Angaben, ausgehend vom Einsatzbefehl an seinen Kollegen E. ein zielgerichtetes Vorgehen gegen Frau L. vor Augen hatte, weil er diese auf der Lenkerseite habe einsteigen gesehen, worauf er den Verdacht des Lenkens gegründet bzw. verstärkt hielt und dies im erstinstanzlichen Verfahren sowie in seiner Vernehmung vor dem O.ö. Verwaltungssenat am 15.5.1996 bekräftigte, war hingegen die Erinnerung daran bei seiner Vernehmung durch die zweite Kammer des O.ö. Verwaltungssenates am 8.4.1997 soweit verblaßt, daß er nur mehr mit Sicherheit sagen konnte, daß es eine Frau war, die an der Lenkerseite eingestiegen ist.

In der Gesamtheit seiner Aussage kommt jedoch hervor, daß es sich seinerzeit um ein zielgerichtetes Handeln gegen die Verdächtige R. L. - die Beschuldigte - gehandelt hat.

Der vernommene, seinerzeit im Einsatz gestandene Bez.Insp. E., bekräftigte bei seiner Vernehmung vor dem O.ö. Verwaltungssenat aus Anlaß der Maßnahmenbeschwerde am 5.6.1996 und vor der 2.Kammer des O.ö. Verwaltungssenates am 8.4.1997, daß ihm am Nachmittag des Tattages sein Vorgesetzter Bez.Insp. H. mitteilte, daß Frau L. mit dem PKW weggefahren sei und er vom Vormittag gewußt hatte, daß Frau L. im Lokal "XY" einen alkoholisierten Eindruck gemacht hatte. Dies sei auch auf der Fahrt zum Hause L. besprochen worden. Daraus ergibt sich die Zielgerichtetheit des Einschreitens aufgrund einer Mitteilung seines Chefs, auf deren Wahrheitsgehalt er aufgrund der Umstände durchaus vertrauen durfte.

Auch hiedurch ist die Lücke des zuletzt verblaßten Erinnerungsvermögens des die persönliche Wahrnehmung machenden Bez.Insp. H. nach den Umständen und der allgemeinen Lebenserfahrung geschlossen.

Die Zeugin D. S., Herr O L. und die Beschuldigte vermeinen durch ihre im wesentlichen auf das Lenken des Fahrzeuges vor der Aufforderung durch Herrn L. übereinstimmende Aussage, daß Vorliegen eines begründeten Verdachtes des Lenkens durch die Beschuldigte abwenden zu können.

Die Details, die sie zum Teil in der mündlichen Verhandlung dargetan haben, sind, gerade was den Aufbruch vor der Heimfahrt, das Einlangen beim Fahrzeug, das Einnehmen der Sitzplätze, den Alkoholkonsum durch Herrn O. L. anlangt, zum Teil widersprüchlich. Die Beschuldigte selbst hat in der mündlichen Verhandlung, was eine Befragung des Gatten durch die einschreitenden Gendarmerieorgane anlangt, ihre Darstellung gewechselt und zunächst gemeint, daß ihr Gatte sehr wohl scherzhaft von einem Gendarmen zum Alkotest aufgefordert worden sei, was sie dann gleich anschließend widerrief.

Da die Beschuldigte auf die erste Konfrontation mit dem Vorwurf des Lenkens hin, den Verdacht sofort auf die immerhin befreundete und unmittelbar in Gesellschaft befindliche D. S. lenken wollte, auch wenn sie (annahmeweise) ihren Mann schonen wollte und sich dabei nicht aufs bloße Leugnen beschränkte, macht ihre Verantwortung, durch die an den Tag gelegte leichtfertige Umgangsform, wo sie doch damit auch ihre Freundin mit hineinziehen konnte, nicht glaubwürdiger, zumal alle drei Personen, die im PKW .. zur Wohnung gelangten, vom Alkohol gezeichnet, eine Untersuchung der Atemluft auf Alkoholgehalt nicht mit ruhigem Gewissen entgegensehen konnten.

Aber auch Frau D. S. zeichnete sich nicht durch besondere Glaubwürdigkeit aus. Hatte sie noch am 14.6.1996 vor der ersten Instanz zeugenschaftlich befragt angegeben, daß um ca. 15.30 Uhr des Tattages (nach dem Mittagessen) gemeinsam zum Fahrzeug der L.s gegangen wurde, wobei Herr L. und S. gleich in das Fahrzeug eingestiegen seien und Herr L. am Fahrersitz Platz genommen habe und Frau L. noch kurz in das Lokal "XY" gegangen sei, so gab sie am 8.4.1997 von der 2.Kammer des UVS vernommen an, daß Herr L. noch zum Billa einkaufen gegangen sei, aber dennoch vor den beiden Frauen nämlich vor ihr und der mit ihr gehenden Beschuldigten beim PKW gewartet habe.

Auch die schnelle Ausrede auf den Gipsverband am Arm, der ihr das Lenken des PKW mit dem Kennzeichen .., auf die belastende Angabe der Beschuldigten hin, unmöglich gemacht haben sollte, war in sich nicht glaubwürdig, zumal sie ja nach der Ankunft vor dem Hause L.straße Nr. 37 zu ihrem - also der D. S. gehörenden - PKW zurückgegangen ist um Zigaretten zu holen; dieser PKW der Zeugin S. fuhr ja nicht von sich aus zum letzterwähnten Abstellort.

Hatte die Beschuldigte im Eingang ihrer Vernehmung noch dargetan, daß ihr Gatte um etwa 14.00 Uhr des Tattages vom Gasthaus, in dem das Mittagessen gemeinsam eingenommen worden sei, zum Billa einkaufen gegangen sei und die beiden Frauen sich Richtung PKW bewegten, wobei Frau S. sich in den PKW begeben hätte, während die Beschuldigte noch ins Lokal "XY" auf ein 10 Minuten-Gespräch gegangen sei und beim Eintreffen der Beschuldigten beim PKW der Gatte vom Einkauf schon beim PKW gewesen sei, hat sie ihre Darstellung in der Verhandlung dann geändert, ein Mißverständnis angegeben und gemeint, daß die beiden Frauen noch ca. 1 Stunde im Speiselokal verblieben, ehe sie sich auf den Weg zum Auto machten.

Die Zeugin S., in deren Gegenwart die Beschuldigte ihre Verantwortung in der mündlichen Verhandlung am 8.4.1997 änderte, schwenkte dann in ihrer Zeugenaussage auf die Darstellung der Beschuldigten um. Der Gatte der Beschuldigten hat nach einer Unterbrechung der Verhandlung zur Erholung der Beteiligten, die Ankunft der zwei Frauen, nachdem er bereits im Auto gesessen sei, wobei sich seine Frau dann noch kurz in das Gastlokal "XY" begeben habe, angegeben.

Von einer gleichzeitigen Ankunft von zwei Frauen beim PKW oder dem bloßen Besteigen des PKW von einer Frau (ohne männlichen Begleiter) vor dem Fahrtantritt, hat aber der Zeuge Bez.Insp. H. niemals gesprochen.

Angesichts des Umstandes, daß der Zeuge O. L. vermeinte, während der um 19.00 Uhr des 22.12.1995 mit mehrfachem Lokalwechsel bis 23.12.1995, 14.00 Uhr, dauernden Lokalaufenthalte, infolge einer Erkältung nur Tee mit Zitrone getrunken zu haben, wurde er immerhin am Vormittag des 23.12.1995 sowohl von Bez.Insp. H. als auch von RI E. im Lokal "XY" offensichtlich angeheitert angetroffen, welchen Zustand geschulte Gendarmen sicherlich zu erkennen vermögen. Auch die Lebenserfahrung hatte der Zeuge bei einem so langen Lokalaufenthalt gegen sich. Mit dieser Aussage macht er sich weitestgehend unglaubwürdig.

Wenngleich, was aus dem Anzeigedatum ersichtlich ist, die Anzeige gegen die Beschuldigte vom GPK S. nicht bereits am 23.12.1995, sondern erst am 27.12.1995 erstattet wurde und als Abstellort des PKW ein Ort vor dem Kaufgeschäft Billa am Marktplatz in S. beschrieben wird, zumal diese Anzeige von RI E., der dazu keine persönliche Wahrnehmung hatte, verfaßt wurde und daher diese offensichtliche Unrichtigkeit in den Text kam, so wurde durch die noch in guter Erinnerung gemachten Aussagen des Bez.Insp. H. am 15.5.1996, dessen Wahrnehmungsvermögen durch nichts, insbesonders durch keine durchzechte Nacht getrübt war, soweit klar gestellt, daß er den Verdacht haben konnte, daß die Beschuldigte den PKW zur vorgeworfenen Zeit gelenkt hat.

Das Vorliegen der Alkoholisierungssymptome, die Aufforderung zur Untersuchung der Atemluft und die Verweigerung dieses Testes in der Wohnung in L.straße Nr. 37 in L. am 23.12.1995 mit Abschluß der Amtshandlung um 15.50 Uhr, ist ohnedies nicht bestritten.

Aufgrund des festgestellten Sachverhaltes war folgendes rechtlich zu bedenken:

Gemäß § 5 Abs.2 StVO 1960 idFd 19.Novelle, welche zur Tatzeit bereits galt, sind Organe des amtsärztlichen Dienstes oder besonders geschulte und von der Behörde hiezu ermächtigte Organe der Straßenaufsicht berechtigt, jederzeit die Atemluft von Personen, die ein Fahrzeug lenken, in Betrieb nehmen oder zu lenken oder in Betrieb zu nehmen versuchen, auf Alkoholgehalt zu untersuchen.

Sie sind außerdem berechtigt, die Atemluft von Personen, die verdächtig sind, in einem vermutlich durch Alkohol beeinträchtigten Zustand, 1) ein Fahrzeug gelenkt zu haben
oder 2) als Fußgänger einen Verkehrsunfall verursacht zu haben, auf Alkoholgehalt zu untersuchen. Wer zu einer Untersuchung der Atemluft aufgefordert wird, hat sich dieser zu unterziehen.

Gemäß § 99 Abs.1 lit.b StVO 1960 idFd 19.Novelle begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit einer Geldstrafe von 8.000 S bis 50.000 S, im Falle ihrer Uneinbringlichkeit mit Arrest von einer bis sechs Wochen zu bestrafen, wer sich bei Vorliegen der in § 5 bezeichneten Voraussetzungen weigert, seine Atemluft auf Alkoholgehalt untersuchen oder sich vorführen zu lassen oder sich bei Vorliegen der bezeichneten Voraussetzungen nicht der ärztlichen Untersuchung unterzieht.

Der Verpflichtung zur Untersuchung der Atemluft, welche im Weigerungsfall den Tatbestand des § 99 Abs.1 lit.b leg.cit. erfüllt, obliegt im Sinn des zweiten Satzes des § 5 Abs.2 StVO 1960 idFd 19.Novelle bereits die Person die verdächtig ist, in einem vermutlich durch Alkohol beeinträchtigten Zustand ein Fahrzeug gelenkt zu haben. Auf das tatsächliche Erwiesensein des Lenkens kommt es in diesem Fall nicht an (siehe VwGH 23.2.1996, 95/02/0567, eines für viele).

Der O.ö. Verwaltungssenat vertritt die Auffassung, daß im Sinne der vorstehenden Sachverhaltsfeststellungen die einschreitenden Gendarmerieorgane einen begründeten Verdacht des Lenkens des PKW zur vorgeworfenen Zeit am vorgeworfenen Ort haben konnten. Da die Beschuldigte die geforderte Atemluftprobe verweigerte, erfüllte sie die objektive Tatseite.

Bezüglich der subjektiven Tatseite hat die Rechtsmittelwerberin im Sinn des § 5 Abs.1 VStG nichts vorgebracht, was ihr Verschulden ausschließen könnte.

Es war daher der Schuldspruch gerechtfertigt, wobei unter einem der Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses im Hinblick auf die Tatbestandsmäßigkeit neu zu fassen war.

Hiezu war der O.ö. Verwaltungssenat nicht nur berechtigt sondern gemäß § 66 Abs.4 AVG iVm § 24 VStG auch verpflichtet. Die neue Fassung des Spruches in Abkehr vom Lenken hin zum Verdacht des Lenkens bedeutete keine Auswechselung der Tat nach Verfolgungsverjährung, zumal neben der Ladung als Beschuldigte vom 8.1.1996 durch die förmliche Gewährung der Akteneinsicht der Bezirkshauptmannschaft .. vom 23.1.1996 an die Vertreter der Beschuldigten, insofern eine rechtzeitige Verfolgungshandlung im Sinn des § 32 Abs.2 VStG gesetzt wurde, als in dem Akt die Anzeige des GPK S. am 27.12.1995, GZ: P 2051/95 erlag und unter dem Punkt a) "Darstellung der Tat", alternativ das Lenken als auch der Verdacht des Lenkens erfaßt ist.

Daß dies von den Vertretern der Beschuldigten ebenso verstanden wurde, ergibt sich aus der auf die Gewährung der Akteneinsicht erfolgten Stellungnahme vom 19.2.1996.

Die Rechtsmittelwerberin wurde daher durch die Neufassung des Spruches in keinem Verteidigungsrecht beschränkt (vgl. hiezu VwGH v. 12.2.1997, 96/03/0305).

Bezüglich der genauen Dauer der Lenkzeit wird ebenfalls auf die ständige Spruchpraxis des Verwaltungsgerichtshofes verwiesen, wonach bei einem Verweigerungsdelikt diese kein wesentliches Tatbestandselement darstellt.

Der Zeitpunkt der Verweigerung war erst mit Abschluß der Amtshandlung um 15.50 Uhr gegeben, da die einschreitenden Gendarmerieorgane nach ihrer Ankunft im Hause der Beschuldigten um 15.42 Uhr und der danach erfolgten Aufforderung zur Durchführung der Atemalkoholuntersuchung unmittelbar danach die Amtshandlung noch nicht für geschlossen erklärt hatten, sondern an die Beschuldigte eine zweite Aufforderung erging und erst gleich danach um 15.50 Uhr die Amtshandlung für geschlossen erklärt wurde und damit die Verweigerung vollendet war.

Obwohl sich in der Berufung kein Eventualantrag auf Herabsetzung der Strafe fand war von Amts wegen zu bedenken:

Gemäß § 19 Abs.1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat.

Gemäß § 19 Abs.2 VStG sind im ordentlichen Verfahren (§§ 40 bis 46) überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

Wie bereits vorhin erwähnt beträgt der Strafrahmen für die Verweigerung einer Untersuchung der Atemluft in Geld von 8.000 S bis 50.000 S, im Fall der Uneinbringlichkeit mit Arrest von einer bis zu sechs Wochen.

Der in die Strafnorm gegossene Unrechtsgehalt war im verwirklichten Lebenssachverhalt durch keine Umstände minder zu gewichten.

Hinsichtlich der subjektiven Tatseite fiel der Beschuldigten kein bloßes Versehen zur Last.

Ausgehend von der Stellung als kaufmännische Angestellte wurde von der ersten Instanz das monatliche Einkommen unwidersprochen mit 10.000 S geschätzt, kein Vermögen angenommen und auch keine Sorgepflichten in Anschlag gebracht. Auch dies blieb unwidersprochen.

Erschwerende Umstände lagen nicht vor.

Die von der ersten Instanz als mildernd gewertete diesbezügliche Unbescholtenheit, gemeint wohl das frei sein von einschlägigen Vorstrafen - schlug nicht als mildernd zu Buche, weil, wie der Verwaltungsgerichtshof in seiner ständigen Rechtsprechung betont, der in Frage kommende besondere Milderungsgrund des § 34 Z2 StGB exakt nach seinem Gesetzestext auszurichten ist. Demnach muß ein bisheriger ordentlicher Lebenswandel vorliegen und die Tat mit dem sonstigen Verhalten einer Person im auffallenden Widerspruch stehen.

Die Beschuldigte hat mehrere Vormerkungen wegen Übertretungen des § 24 Abs.1 lit.a StVO 1960; demzufolge kommt ihr der besondere Milderungsgrund der gänzlichen Unbescholtenheit, und nur diesen benennt das Gesetz, nicht zugute.

In der Zusammenschau ist daher der ersten Instanz kein Ermessensmißbrauch unterlaufen, wenn sie die Geldstrafe mit 11.000 S festgesetzt hat. Auch die Ersatzfreiheitsstrafe von 168 Stunden entspricht dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz.

Nachdem die Berufung im Ergebnis ohne Erfolg blieb waren der Beschuldigten kraft ausdrücklicher gesetzlicher Bestimmungen des § 64 Abs.1 und 2 20 Prozent der bestätigten Geldstrafe als Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens aufzuerlegen.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Dr. Langeder

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