Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-104094/8/Bi/Fb

Linz, 09.12.1996

VwSen-104094/8/Bi/Fb Linz, am 9. Dezember 1996 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Bissenberger über die Berufung des Herrn A S, P, A, vom 30. Oktober 1996 gegen die Höhe der mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung vom 16. Oktober 1996, VerkR96-1284-1996-OJ/SI, wegen Übertretungen der Straßenverkehrsordnung 1960, verhängten Strafen zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird insofern Folge gegeben, als im Punkt 1) die Geldstrafe auf 2.500 S und im Punkt 2) die Geldstrafe auf 2.000 S und die Ersatzfreiheitsstrafe auf 60 Stunden herabgesetzt werden.

II. Der Verfahrenskostenbeitrag erster Instanz ermäßigt sich im Punkt 1) auf 250 S und im Punkt 2) auf 200 S. Im Rechtsmittelverfahren sind keine Kostenbeiträge zu leisten.

Rechtsgrundlage:

zu I.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 51 Abs.1 und 19 VStG, §§ 99 Abs.2 lit.a und 99 Abs.3 lit.b StVO 1960.

zu II.: §§ 64 und 65 VStG.

Entscheidungsgründe:

zu I.:

1. Die Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung hat mit dem oben angeführten Straferkenntnis über den Beschuldigten wegen der Verwaltungsübertretungen gemäß 1) §§ 99 Abs.2a iVm 4 Abs.1 lit.c StVO 1960 und 2) §§ 99 Abs.3b iVm 4 Abs.5 StVO 1960 Geldstrafen von jeweils 3.000 S und für den Fall der Uneinbringlichkeit Ersatzfreiheitsstrafen von 72 Stunden verhängt und ihm einen Verfahrenskostenbeitrag von 600 S auferlegt.

2. Dagegen hat der Rechtsmittelwerber fristgerecht Berufung erhoben, die seitens der Erstinstanz ohne Berufungsvorentscheidung dem unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich vorgelegt wurde. Da keine 10.000 S übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, war durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden (§ 51c VStG). Die Anberaumung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung erübrigte sich (§ 51e Abs.2 VStG).

3. Der Rechtsmittelwerber begründet seinen Antrag auf Herabsetzung der Strafen damit, daß er für seine Mutter zu sorgen habe und der von ihm verursachte Unfall beträchtliche finanzielle Verpflichtungen nach sich ziehe. Die Strafen träfen ihn daher außergewöhnlich hart. Er habe außerdem in Erfahrung bringen können, daß von anderen Bezirksverwaltungsbehörden in ähnlich gelagerten Fällen geringere Geldstrafen verhängt würden. Die Erstinstanz habe die "aktenkundigen" finanziellen Verhältnisse angeführt, ohne sich näher damit auseinanderzusetzen. Er verweise insbesondere auf seine bisherige Unbescholtenheit.

Wenn die Erstinstanz die gravierenden Unfallfolgen als er schwerend gewertet habe, habe sie verkannt, daß diesbezüglich ein Doppelverwertungsverbot bestehe. Dies gelte auch hinsichtlich der Ausführungen, daß durch sein Verhalten die Unfallerhebungen erheblich verzögert und erschwert worden seien. Die Behörde habe sich zum Unrechtsgehalt der Übertretungen und zum Verschuldensausmaß nicht näher geäußert. Er ersuche daher um Herabsetzung der Strafhöhe.

4. Der unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt der Erstinstanz und überdies den Rechtsmittelwerber schriftlich zu seinen derzeitigen finanziellen Verhältnissen befragt. Dieser hat einen Bescheid des Arbeitsmarkservice vom 15. Juli 1996 vorgelegt, aus dem hervorgeht, daß er unter anderem zuletzt in der Zeit von 26. Juli bis 12. Dezember 1996 Arbeitslosengeld von täglich 240,10 S bezieht bzw bezogen hat, dh ein Monatseinkommen von 7.200 S.

Den verhängten Strafen liegt laut Akteninhalt ein Vorfall vom 9. Februar 1996 zugrunde, bei dem der Rechtsmittelwerber als Lenker eines von der Freundin geliehenen PKW von der A auf der Abfahrt P kommend den PKW aus unerfindlichen Gründen nicht mehr hinter den wegen Rotlicht der dortigen VLSA wartenden Fahrzeugen zum Stehen bringen konnte, sondern auf das erste Fahrzeug auffuhr und dieses gegen die beiden davor stehenden PKW schob. Dabei entstand beträchtlicher Sachschaden an vier Kraftfahrzeugen und später trat auch eine Verletzung einer Zeugin zutage.

Aktenkundig ist, daß der Rechtsmittelwerber zunächst mit den Unfallbeteiligten gesprochen, dann mit der Erklärung, er werde die Polizei verständigen, den Unfallort verlassen hat und sich per Autostopp zu seiner Schwester nach H bringen ließ, ohne den ihm von der Straßenverkehrsordnung auferlegten Verpflichtungen nachgekommen zu sein. Da an der Unfallstelle seine Identität nicht bekannt und auch der von ihm gelenkte PKW nicht auf ihn zugelassen war, wurde eine Fahndung eingeleitet. Erst am Abend des 10. Februar 1996 erzählte der Rechtsmittelwerber seiner Schwester von dem Vorfall, die telefonisch das VUK verständigte. Aus dem Akt geht auch hervor, daß Unfallbeteiligten an der Unfallstelle am Rechtsmittelwerber Alkoholgeruch aufgefallen ist.

In rechtlicher Hinsicht ist auszuführen:

Gemäß § 19 Abs.1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat.

Gemäß § 19 Abs.2 leg.cit. sind überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen und auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der §§ 32 bis 35 des StGB sinngemäß anzuwenden.

Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

Die Erstinstanz hat die bisherige verwaltungsstrafrechtliche Unbescholtenheit des Rechtsmittelwerbers als Milderungsgrund und "die gravierenden Unfallfolgen" als erschwerend berücksichtigt. Ohne jede Wertung wurde darauf verwiesen, daß der Rechtsmittelwerber durch sein Verhalten die Unfallerhebungen erheblich verzögert und erschwert habe.

Der Strafbemessung wurde außerdem das aus dem beim VUK angefertigten Personalblatt ersichtliche Nettoeinkommen als Hilfsarbeiter von 10.000 S zugrundegelegt.

Seitens des unabhängigen Verwaltungssenates ist zunächst darauf zu verweisen, daß schon vom gesetzlichen Strafrahmen des § 99 Abs.2 StVO 1960, der Geldstrafen von 500 S bis 30.000 S bzw Ersatzfreiheitsstrafen von 24 Stunden bis sechs Wochen vorsieht - der Strafrahmen des § 99 Abs.3 reicht bis 10.000 S Geldstrafe bzw bis zu zwei Wochen Ersatzfreiheitsstrafe - von einem erheblichen Unrechtsgehalt einer solchen Verwaltungsübertretung auszugehen ist. Berücksichtigt man weiters, daß Zweck dieser Bestimmungen ist, daß es den Unfallgeschädigten, das waren im gegenständlichen Fall sogar mehrere Personen, durch das Verhalten des Rechtsmittelwerbers nicht möglich war, festzustellen, an wen sie sich bezüglich der zweifellos bestehenden Schadenersatzforderungen wenden würden können, zumal die Identität des Schädigers auch nicht über das Kennzeichen des von ihm gelenkten Fahrzeuges zu eruieren und auch die Zulassungsbesitzerin nicht sofort erreichbar war, so sind auch die Folgen dieser Übertretungen als nicht unbedeutend anzusehen.

Zum Verschulden ist auszuführen, daß der Rechtsmittelwerber selbst sein Verhalten damit begründet hat, daß er angesichts der Unfallfolgen in panische Angst geraten sei, zumal auch der von ihm gelenkte Wagen nicht ihm gehört habe. Nach Auffassung des unabhängigen Verwaltungssenates war schon deshalb von Vorsatz auszugehen, weil es dem Rechtsmittelwerber gerade darauf ankam, bei der vorhersehbaren Unfallaufnahme sowohl den Geschädigten als auch der Polizei gegenüber nicht namentlich in Erscheinung zu treten. Da außerdem schon an der Unfallstelle von Alkohol die Rede war, wäre es möglicherweise zu einer Aufforderung zum Alkotest gekommen.

Die Erstinstanz hat zutreffend die bisherige verwaltungsstrafrechtliche Unbescholtenheit als mildernden Umstand gewertet. Die ohne Zweifel gravierenden Unfallfolgen (Sachund Personenschaden) sind dagegen nicht als Erschwerungsgrund zu berücksichtigen, weil sie durch das Verhalten des Rechtsmittelwerbers nach dem Unfall nicht zu ändern gewesen wären. Die fahrerfluchtbedingte Ausforschung gehört zu den Aufgaben der Behörde. Ein Vergleich mit von anderen Erstinstanzen für derartige Verwaltungsübertretungen verhängten Strafen erbrachte keinen konkreten Hinweis auf eine Schlechterstellung des Rechtsmittelwerbers, sodaß aus diesem Grund eine Straf-Herabsetzung nicht gerechtfertigt wäre.

Weitere mildernde Umstände waren nicht zu finden und wurden auch nicht behauptet.

Die Herabsetzung der Strafen ist in den derzeitigen Einkommensverhältnissen des Rechtsmittelwerbers sowie im Wegfall des Erschwerungsgrundes der gravierenden Unfallfolgen begründet. Sie liegen im untersten Bereich der jeweiligen gesetzlichen Strafrahmen und sollen den Rechtsmittelwerber in Hinkunft zur genauesten Beachtung der straßenverkehrsrechtlichen Bestimmungen anhalten. Es steht ihm frei, mit der Erstinstanz eine Ratenvereinbarung zu treffen.

Im Punkt 1) war die Ersatzfreiheitsstrafe ohnehin günstig bemessen, zumal die finanziellen Verhältnisse nicht zu berücksichtigen waren; im Punkt 2) war sie geringfügig im Verhältnis zur Geldstrafe anzupassen.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

zu II.:

Der Ausspruch über den Verfahrenskostenersatz ist gesetzlich begründet.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Mag. Bissenberger

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