Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
FAQs| Sitemap| Weblinks

VwSen-104115/9/WEG/Ri

Linz, 30.04.1997

VwSen-104115/9/WEG/Ri Linz, am 30. April 1997 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Wegschaider über die Berufung des Dkfm. E K, vertreten durch die Rechtsanwälte Dr. E Hund Dr. K H, vom 4. Oktober 1996 gegen das Straferkenntnis der Bundespolizeidirektion Linz vom 19. September 1996, III/VU/S/6355/95/H, nach der am 23. April 1997 durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung zu Recht erkannt:

Der Berufung wird hinsichtlich der Tatbildmäßigkeit iSd § 4 Abs.1 lit.a StVO 1960 und § 4 Abs.5 StVO 1960 keine Folge gegeben und diesbezüglich das angefochtene Straferkenntnis bestätigt.

Die Geldstrafen werden zum Faktum 1 auf 2.000 S und zum Faktum 2 auf 1.000 S reduziert. Die Ersatzfreiheitsstrafen vermindern sich zum Faktum 1 auf 3 Tage und zum Faktum 2 auf 1 Tag.

III. Der Kostenbeitrag zum Strafverfahren vor der ersten Instanz ermäßigt sich auf insgesamt 300 S. Ein Kostenbeitrag zum Berufungsverfahren war nicht vorzuschreiben.

Rechtsgrundlage: § 66 Abs.4 AVG iVm § 24, § 19, § 51, § 51i, § 64 und § 65 VStG.

Entscheidungsgründe:

1. Die Bundespolizeidirektion Linz hat mit dem in der Präambel zitierten Straferkenntnis über den Berufungswerber wegen der Verwaltungsübertretungen nach 1.) § 4 Abs.1 lit.a StVO 1960 und 2.) § 4 Abs.5 StVO 1960 Geldstrafen (Ersatzfreiheitsstrafen) von 1.) 3.000 S (6 Tage) und 2.) 1.500 S (36 Stunden) verhängt, weil dieser am 13. November 1995 gegen 17.10 Uhr in L Lgasse vor dem Haus Nr., den PKW L-gelenkt und 1.) es unterlassen hat, nach einem Verkehrsunfall mit dem sein Verhalten am Unfallort in ursächlichem Zusammenhang stand, sein Fahrzeug sofort anzuhalten, 2.) es unterlassen hat, nach einem Verkehrsunfall mit Sachschaden, mit dem sein Verhalten am Unfallort in ursächlichem Zusammenhang stand, die nächste Sicherheitsdienststelle ohne unnötigen Aufschub zu verständigen, obwohl ein gegenseitiger Nachweis von Name und Anschrift mit dem Unfallbeteiligten unterblieben ist.

Außerdem wurde ein Kostenbeitrag zum Strafverfahren in der Höhe von 450 S in Vorschreibung gebracht.

2. Die Erstbehörde begründet ihr Straferkenntnis auf die Verkehrsunfallanzeige vom 1. Dezember 1995 sowie auf das Ergebnis des durchgeführten Ermittlungsverfahrens. Demnach habe der Beschuldigte einen PKW auf der Lstraße stadteinwärts gelenkt und sei nach links in die Lgasse eingebogen. Dabei sei er nahe an die am rechten Fahrbahnrand abgestellten Fahrzeuge herangefahren und habe zumindest den PKW L gestreift, sodaß am linken vorderen Kotflügel Kratzspuren und am linken Außenspiegel ebenfalls eine Beschädigung eingetreten sei. Das Fahrzeug des Beschuldigten sei ebenfalls leicht beschädigt worden. Die Schäden würden miteinander korrespondieren. In der Folge habe der Beschuldigte sein Fahrzeug nicht sofort angehalten, sondern sei er langsam auf der Lgasse in Richtung Krankenhaus gefahren. Ein Zeuge sei dem Beschuldigtenfahrzeug nachgelaufen und habe auf Grund der langsamen Fahrweise den Beschuldigten einholen können. Auf ein Klopfen am Seitenfenster habe der Beschuldigte die Fahrertür geöffnet. Dabei habe der Zeuge dem Beschuldigten vorgehalten, geparkte Fahrzeuge gestreift zu haben, worauf der Beschuldigte zu verstehen gegeben habe, daß nur die Spiegel gestreift hätten und nichts passiert sei. Der Beschuldigte sei nicht aus dem Fahrzeug ausgestiegen, sondern anschließend weitergefahren, ohne sich die Unfallstelle genauer anzusehen. Der Beschuldigte hätte nicht bestritten, ein leichtes "Klickern" an seinem rechten Außenspiegel wahrgenommen zu haben. Es sei auch unbestritten gewesen, daß kein sofortiges Anhalten sondern ein Anhalten einige Autolängen später erfolgt sei. Es sei auch unbestritten, daß sich der Beschuldigte in weiterer Folge von der Unfallstelle entfernte, ohne bei der nächsten Polizeidienststelle Meldung zu erstatten.

Dieses Verhalten des Beschuldigten wurde unter die Bestimmungen des § 4 Abs.1 lit.a und des § 4 Abs.5, jeweils StVO 1960 subsumiert, was die Begehung zweier Verwaltungsübertretungen bedeute, weshalb spruchgemäß zu entscheiden gewesen sei. Hinsichtlich der persönlichen Verhältnisse ging die Behörde von einem monatlichen Einkommen in der Höhe von 15.000 S, von keinem Vermögen und von keinen Sorgepflichten aus. 3. Der Berufungswerber wendet in seiner rechtzeitigen und auch sonst zulässigen Berufung sinngemäß ein, er habe sein Fahrzeug, nachdem er von einem Zeugen angesprochen wurde - nicht nur angehalten, sondern sei auch ausgestiegen und habe seinen PKW besichtigt. Er habe den PKW sofort bei der nächsten Parklücke angehalten. Es habe ein reges Verkehrsaufkommen geherrscht, weshalb er durch ein Anhalten in der Lgasse den übrigen Verkehr nicht behindern habe wollen. Außerdem müsse man einem älteren Menschen (78 Jahre) zubilligen, daß er sich einen geeigneten Parkplatz sucht, von dem er gefahrlos aus seinem PKW aussteigen könne. Eine Verwaltungsübertretung nach § 4 Abs.1 lit.a StVO 1960 liege daher nicht vor.

Zur Verwaltungsübertretung nach § 4 Abs.5 StVO 1960 bringt der Berufungswerber sinngemäß vor, daß es nicht gesichert sei, daß die Schäden an den Fahrzeugen korrespondierend seien. Im übrigen habe der Berufungswerber aufgrund der Besichtigung seines eigenen Fahrzeuges, an welchem kein Schaden erkennbar gewesen sei, mit Recht davon ausgehen können, daß er auch keinen Fremdschaden verursacht hat.

Im übrigen läge ein geringfügiges Verschulden vor, sodaß die Behörde mit einer Ermahnung hätte das Auslangen finden können. Letztlich beantragt der Berufungswerber eine mündliche Verhandlung anzuberaumen. 4. In Befolgung des Antrages des Berufungswerbers wurde für den 23. April 1997 eine öffentliche mündliche Verhandlung anberaumt. Zu dieser erschienen der Rechtsvertreter des Berufungswerbers sowie der straßenverkehrstechnische Amtssachverständige Ing. L Verlesen wurde zu Beginn des Beweisverfahrens die Anzeige vom 1. Dezember 1995 sowie die niederschriftlich festgehaltene Aussage des Beschuldigten vom 13. November 1995.

Demnach steht fest, daß der Beschuldigte beim Einbiegen in die Lgasse mit seinem rechten Außenspiegel mit dem linken Außenspiegel eines geparkten Fahrzeuges kollidierte. Der Beschuldigte hörte es dabei zweimal klappen. Während er langsam weiterfuhr (ca. 20 m) hörte er, wie ein Passant an die Seitenscheibe seines Fahrzeuges klopfte und ihm nach dem Öffnen der Fahrertür vorhielt, er sei soeben an einem geparkten Kraftfahrzeug angefahren. Der Berufungswerber entgegnete, daß nur die Spiegel gestreift hätten und ist deshalb weitergefahren. Ca. 50 m später, beim Krankenhaus der Barmherzigen Schwestern, hielt er seinen PKW an und sah am rechten Außenspiegel nach, ob ein Sachschaden entstanden ist. Da er einen solchen nicht erkennen konnte, ist er in der Annahme, es sei nichts passiert, weitergefahren. Etwa 50 Minuten später kam die Tochter des Beschuldigten zu ihm in die Kkirche und teilte ihm mit, daß die Polizei in der Wohnung gewesen sei und nach ihm suche. In der Folge ist er sofort zum Verkehrsunfallkommando gefahren, um die Angelegenheit zu klären.

Die Verursachung des Sachschadens am PKW L wurde in der Verhandlung nicht bestritten. Der Berufungswerber legte zum Beweis für den geringen Sachschaden die Rechnung über die Reparatur des gegnerischen Fahrzeuges vor. Den Schaden hat der Berufungswerber aus der eigenen Tasche getragen. Er betrug etwas mehr als 2.000 S. Eine Spiegelreparatur ist auf dieser Rechnung nicht ausgewiesen. Auf dem von der Werkstätte angefertigten Foto ist lediglich eine leichte Streifung des linken Kotflügels mit einer leichten Lackbeschädigung ersichtlich. Der Rechtsfreund des Berufungswerbers brachte noch vor, daß sein in der Zwischenzeit 79-jähriger Mandant seit Februar d.J. aus eigenem Antrieb darauf verzichtet, weiterhin Kraftfahrzeuge zu lenken. Spezialpräventive Maßnahmen seien deshalb nicht mehr angebracht. Den von der Erstbehörde geschätzten persönlichen Verhältnissen trat der Rechtsfreund des Berufungswerbers nicht entgegen.

5. Der unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

Zuerst wird sowohl hinsichtlich der zitierten Gesetzesstellen (§ 4 Abs.1 lit.a und § 4 Abs.5 StVO 1960) auf die diesbezüglichen Ausführungen in der Begründung des angefochtenen Straferkenntnisses verwiesen. Ebenso hinsichtlich der Subsumierung des Verhaltens des Berufungswerbers unter diese Bestimmungen.

Zu den Einwendungen des Berufungswerbers, er habe seinen PKW deshalb nicht sofort angehalten, weil er den übrigen Verkehr nicht behindern wollte und sohin nach einer passenden Parklücke Ausschau gehalten habe, wird unter Hinweis auf die Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes (VwGH 25.11.1988, 85/18/0091) entgegnet, daß die Verpflichtung, nach einem Verkehrsunfall sofort anzuhalten, grundsätzlich auch bei lebhaftem Verkehrsaufkommen gilt. Die Einwendung, der Lenker habe den Verkehr durch sofortiges Anhalten nicht blockieren wollen und einen freien Parkplatz gesucht, vermag diesen nicht zu entschuldigen. Dabei kommt es auch nicht auf die Höhe des verursachten Sachschadens an. Auch die sonstige Judikatur zu § 4 Abs.1 lit.a StVO 1960 spricht gegen den Berufungswerber. Er hätte also - zumal er durch das Klappen der Außenspiegel (also durch objektive Umstände) vom Verkehrsunfall und von der Möglichkeit eines Sachschadens Kenntnis erlangte - sofort Anhalten müssen, auch wenn es dadurch zu einem Verkehrsstau kommt. Schuldmindernd wird in diesem Zusammenhang der Umstand gewertet, daß es sich beim Berufungswerber um einen schon älteren Menschen handelt, der derartigen Streßsituationen vielleicht nicht mehr so gewachsen ist.

Zur Verwaltungsübertretung nach § 4 Abs.5 StVO 1960 ist anzuführen, daß der Berufungswerber es verabsäumt hat, zur nahegelegenen Unfallstelle zurückzukehren, um Nachschau zu halten, ob und welchen Fremdschaden er verursacht hat. Das bloße Betrachten des eigenen rechten Außenspiegels und das Nichtfeststellen einer Beschädigung an diesem Außenspiegel reicht nicht aus, um den Berufungswerber von der Verpflichtung, den Verkehrsunfall (mit möglichem Sachschaden) ohne unnötigen Aufschub zu melden, zu befreien.

Zur Strafhöhe wird bemerkt, daß mit der spruchgemäßen Korrektur deshalb das Auslangen gefunden werden kann, weil der Berufungswerber in Hinkunft keine PKWs mehr lenkt und somit spezialpräventive Maßnahmen nicht mehr nötig erscheinen. Auch die für den Beschuldigten entstandene und von ihm nicht bewältigte Streßsituation wird im Hinblick auf das angeführte Alter als schuldmindernd gewertet. Sonstige Milderungsgründe traten nicht zutage, insbesondere liegt keine verwaltungsstrafrechtliche Unbescholtenheit vor. Zwei aufscheinende Verwaltungsübertretungen nach § 38 Abs.5 StVO 1960 aus dem Jahre 1993 und 1994 (Rotlicht) sind Indiz dafür, daß der Berufungswerber eine richtige Entscheidung getroffen hat, wenn er in Hinkunft keine Kraftfahrzeuge mehr lenken will.

Es war sohin spruchgemäß zu entscheiden.

6. Die Kostenentscheidung ist eine gesetzliche Folge der §§ 64 und 65 VStG.

Rechtsmittelbelehrung: Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis: Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Dr. Wegschaider

DruckersymbolSeite drucken
Seitenanfang Symbol Seitenanfang
www.uvs-ooe.gv.at| Impressum