Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-104161/2/Bi/Fb

Linz, 04.03.1997

VwSen-104161/2/Bi/Fb Linz, am 4. März 1997 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Bissenberger über die Berufung des Herrn J S, H, W, vom 12. November 1996 gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Perg vom 5.

November 1996, VerkR96-2632-1996, wegen Übertretung der Straßenverkehrsordnung 1960, zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird insofern Folge gegeben, als der Schuldspruch mit der Maßgabe bestätigt wird, daß er zu lauten hat: "Sie haben zumindest am 26. Juni 1996 um 11.00 Uhr auf einer Straße mit öffentlichem Verkehr, dem Wirtschaftsweg 'S', Gemeinde W, insofern eine Einrichtung zur Regelung und Sicherung des Verkehrs unbefugt angebracht, als Sie am Beginn des Wirtschaftswegs nach dem Kreuzungsbereich mit der H Bezirksstraße ein Verbotszeichen 'Fahrverbot für Fahrzeuge über 3,5 t Gesamtgewicht' aufgestellt haben ....", das Straferkenntnis wird jedoch im Strafausspruch behoben.

II. Verfahrenskostenbeiträge sind nicht zu leisten.

Rechtsgrundlage:

zu I.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 51 Abs.1 und 44a Z1 VStG, §§ 31 Abs.1 iVm 99 Abs.2 lit.e StVO 1960.

zu II.: § 66 VStG.

Entscheidungsgründe:

zu I.:

1. Die Bezirkshauptmannschaft Perg hat mit dem oben angeführten Straferkenntnis über den Beschuldigten wegen der Verwaltungsübertretung gemäß §§ 31 Abs.1 und 99 Abs.2 lit.e StVO 1960 eine Geldstrafe von 300 S und für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 24 Stunden verhängt, weil er zumindest am 26. Juni 1996 um 11.00 Uhr auf dem Wirtschaftsweg "S", Gemeinde W, Einrichtungen zur Regelung und Sicherung des Verkehrs unbefugt angebracht habe. Gleichzeitig wurde ihm ein Verfahrenskostenbeitrag von 30 S auferlegt.

2. Dagegen hat der Rechtsmittelwerber fristgerecht Berufung erhoben, die seitens der Erstinstanz ohne Berufungsvorentscheidung dem unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich vorgelegt wurde. Da keine 10.000 S übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, war durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden (§ 51c VStG). Die Anberaumung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung erübrigte sich (§ 51e Abs.2 VStG).

3. Der Rechtsmittelwerber beruft sich darauf, er sei überzeugt davon, daß es sich beim Wirtschaftsweg "S" um keine öffentliche Straße, sondern um eine Privatstraße handle. Die Straße befinde sich in einem sehr schlechten Zustand und vom Markgemeindeamt W seien bis heute keine Instandsetzungsarbeiten durchgeführt worden. Außerdem weist er darauf hin, daß vor dem Bau der Straße keine Abtretungserklärung für den Grund unterschrieben und die Straße bis heute nicht vermessen worden sei.

4. Der unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt der Erstinstanz.

Daraus geht hervor, daß der Rechtsmittelwerber bereits im Frühjahr 1996 auf dem Wirtschaftsweg "S" das Vorschriftszeichen "Fahrverbot für Fahrzeuge mit über 3,5 t Gesamtgewicht" aufgestellt hat und mit Schreiben des Bürgermeisters der Marktgemeinde W vom 4. Juni 1996 aufgefordert wurde, die Tafel unverzüglich, jedoch bis spätestens 14. Juni 1996, zu entfernen, da es sich beim Wirtschaftsweg um eine Straße mit öffentlichem Verkehr handle und derartige Verkehrsanordnungen ausschließlich von der Bezirksverwaltungsbehörde erlassen werden dürften. Am 26. Juni 1996 um 11.00 Uhr wurde vom Meldungsleger GI H festgestellt, daß das in Rede stehende Verkehrszeichen noch immer aufgestellt war, wobei der Rechtsmittelwerber auch nicht bereit war, dieses zu entfernen. Er berief sich gegenüber dem Meldungsleger darauf, daß er der Meinung sei, daß diese Straße nicht öffentlich sei, weil er immer noch die Steuern für die Verkehrsfläche zahle und andererseits der Zustand des Weges derart schlecht sei, daß man schwere Fahrzeuge nicht mehr fahren lassen könne. Der Meldungsleger hat daraufhin ein Foto des in Rede stehenden Verkehrszeichens angefertigt und die Anzeige verfaßt.

Das von der Erstinstanz durchgeführte Ermittlungsverfahren hat ergeben, daß der Wirtschaftsweg aufgrund einer Verpflichtungserklärung des Vaters des Rechtsmittelwerbers aus dem Jahr 1963 errichtet wurde, wobei laut Kostenaufstellung aus dem Jahr 1967 J S mehr als ein Drittel der Kosten des als Zufahrtsweg zu seinem Anwesen H errichteten Weges selbst geleistet hat und der Rest aus öffentlichen Mitteln bestritten wurde. Am 28. November 1966 wurde die Errichtung des Güterweges abgeschlossen und dieser in die Erhaltungspflicht des einzigen Interessenten Johann Sponseiler übergeben. Dieser hat sich verpflichtet, den Weg ständig in gut brauchbarem Zustand zu erhalten. Er wurde auch davon in Kenntnis gesetzt, daß bei Nichteinhaltung dieser Verpflichtung der Weg auch auf seine Kosten instandgesetzt werden könne und er wurde von der O.ö.

Landwirtschaftskammer aufmerksam gemacht, daß ihm bei allen bei seinem Weg anfallenden Arbeiten eine Beihilfe nicht gewährt werden könne.

Aus den im Akt befindlichen Unterlagen aus dem Jahr 1963 geht hervor, daß die durch die Neuanlage des ca 400 m langen Zufahrtsweges allein das Anwesen H erschlossen werden sollte, zumal keine mit Autos befahrbare Zufahrt von der H Bezirksstraße aus vorhanden war.

Aus dem im Akt befindlichen Lichtbild geht hervor, daß der Zufahrtsweg in keiner Weise als Privatstraße gekennzeichnet oder abgeschrankt ist.

In rechtlicher Hinsicht ist auszuführen, daß gemäß § 31 Abs.1 StVO 1960 Einrichtungen zur Regelung und Sicherung des Verkehrs (insbesondere Verkehrsampeln, Signalscheiben, Straßenverkehrszeichen, Verkehrsleiteinrichtungen) ... und das allenfalls mit solchen Einrichtungen verbundene Rückstrahlmaterial nicht beschädigt oder unbefugt angebracht, entfernt, verdeckt oder in ihrer Lage oder Bedeutung verändert werden dürfen.

Das Delikt nach § 31 Abs.1 iVm 99 Abs.2 lit.e betrifft unter anderem nur das unbefugte Anbringen von Verkehrszeichen auf einer Straße mit öffentlichem Verkehr, nicht die anschließende Unterlassung der Beseitigung dieses rechtswidrigen Zustandes (vgl VwGH vom 25. April 1990, 89/03/0192).

Gemäß § 1 Abs.1 StVO 1960 gilt dieses Bundesgesetz für Straßen mit öffentlichem Verkehr. Als solche gelten Straßen, die von jedermann unter den gleichen Bedingungen benützt werden können.

Eine Straße kann von jedermann unter den gleichen Bedingungen benützt werden, wenn einerseits jedermann faktisch in der Lage ist, die Straße zu benützen und andererseits keine für die Staßenbenützer sichtbaren Hinweise dafür vorhanden sind, daß es sich um eine Straße ohne öffentlichen Verkehr handelt (vgl VwGH vom 11. Jänner 1973, 1921/71). Eine Straße wird dann von jedermann unter den gleichen Bedingungen benützt werden können, wenn sie nach dem äußeren Anschein zur allgemeinen Benützung freisteht. Eine im Privateigentum stehende Straße ist nur dann nicht als im öffentlichen Verkehr stehend anzusehen, wenn sie abgeschrankt ist oder ihre Benützung unter Hinweis auf ihre Eigenschaft als Privatstraße der Allgemeinheit ersichtlich verboten wird (vgl VwGH vom 30. Jänner 1974, 227/72). Der Begriff "öffentliche Straße" ist nicht mit dem Begriff der "Straße mit öffentlichem Verkehr" der StVO identisch. Eine im Privateigentum stehende Straße, die von jedermann zu Fuß ohne jedwede Beschränkung benutzt werden darf, gilt schon aus diesem Grund als Straße mit öffentlichem Verkehr (vgl VwGH vom 30. Jänner 1978, 2259/76).

Im gegenständlichen Fall ist aus dem im Akt befindlichen Lichtbild eindeutig und zweifelsfrei erkennbar, daß es sich bei dem in Rede stehenden landwirtschaftlichen Zufahrtsweg um eine Straße mit öffentlichem Verkehr handelt, dh daß dieser sowohl für den Fahrzeug- als auch für den Fußgängerverkehr von jedermann unter den gleichen Bedingungen benützt werden kann. Die Eigentumsverhältnisse bzw die Frage der Tragung der Instandsetzungs- und Erhaltungskosten sind für die Beurteilung einer Straße als solche mit öffentlichem Verkehr irrelevant und ändern nichts am Charakter des Zufahrtsweges als Straße mit öffentlichem Verkehr.

Daraus folgt aber, daß der Rechtsmittelwerber tatsächlich nicht befugt war, ein Straßenverkehrszeichen als Einrichtung zur Regelung des Verkehrs am Beginn dieses Zufahrtsweges aufzustellen, sondern es hätte lediglich die Möglichkeit bestanden, seine Bedenken im Hinblick auf die bauliche Eignung des Zufahrtsweges für Fahrzeuge über 3,5 t Gesamtgewicht im Wege eines Verfahrens vor der Bezirksverwaltungsbehörde anzumelden und auf diese Weise seine Interessen durchzusetzen. Es mag zwar verständlich sein, wenn er nicht für durch nicht zu seinem Anwesen fahrende Schwerfahrzeuge verursachte Schäden im Weg der Erhaltungskostentragung allein aufkommen will und kann, jedoch berechtigt ihn dies nicht, Verbotszeichen auf einer Straße mit öffentlichem Verkehr eigenmächtig aufzustellen.

Der unabhängige Verwaltungssenat gelangt daher zu der Auffassung, daß der Rechtsmittelwerber sein Verhalten als Verwaltungsübertretung zu verantworten hat. Die nunmehrige ausführliche Umschreibung des Tatverhaltens im Spruch war zur genaueren Konkretisierung der zur Last gelegten Verwaltungsübertretung iSd § 44a Z1 VStG erforderlich. Auch ist diesbezüglich noch keine Verjährung eingetreten.

Zum Strafausspruch ist auszuführen, daß § 99 Abs.2 StVO 1960 einen Strafrahmen von 500 S bis 30.000 S Geldstrafe und im Fall der Uneinbringlichkeit von 24 Stunden bis sechs Wochen Ersatzfreiheitsstrafe vorsieht.

Das bedeutet, daß jedenfalls eine Mindeststrafe von 500 S zu verhängen gewesen wäre. Die tatsächliche Verhängung einer Geldstrafe von 300 S im gegenständlichen Fall war als rechtswidrig anzusehen.

Gleichzeitig ergibt sich aus dem Verfahrensakt, daß der Rechtsmittelwerber keinerlei verwaltungsstrafrechtliche Vor merkungen aufweist, sodaß von seiner verwaltungsstrafrechtlichen Unbescholtenheit als wesentlicher Milderungsgrund auszugehen gewesen wäre. Tatsächlich geht aus der Begründung des Straferkenntnisses hervor, daß die Erstinstanz weder Milderungs- noch Erschwerungsgründe bei der Strafbemessung berücksichtigt hat. Auch läßt sich nicht ersehen, welche finanziellen Verhältnisse des Rechtsmittelwerbers die Erstinstanz ihren Überlegungen zur Strafbemessung zugrundegelegt hat, obgleich sie, sollten ihr die finanziellen Verhältnisse unbekannt sein, diese im Schätzweg ermitteln hätte müssen.

Der unabhängige Verwaltungssenat gelangt auf dieser Grundlage zur Auffassung, daß die Überlegungen der Erstinstanz zur Strafbemessung im gegenständlichen Fall nicht nachvollziehbar sind, wobei außerdem zu berücksichtigen ist, daß im Fall einer Übertretung nach § 99 Abs.2 StVO 1960 gemäß § 100 Abs.5 leg.cit. weder der Ausspruch einer Ermahnung noch die Anwendung der außerordentlichen Strafmilderung zum Tragen kommen kann.

Aus diesem Grund war mit der bloßen Aufhebung des Strafausspruchs vorzugehen. Es steht der Erstinstanz frei, die Strafe neu zu bemessen.

Aus der Sicht des unabhängigen Verwaltungssenates ist grundsätzlich zu bemerken, daß das Problem des Rechtsmittelwerbers gegebenenfalls durch ein Gespräch über die Beteiligung weiterer Interessenten an der Kostentragung eher zu lösen wäre.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

zu II.:

Der Ausspruch über den Entfall des Verfahrenskostenersatzes ist gesetzlich begründet.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Mag. Bissenberger

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